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Paare - inwieweit bleibt man Individuum?47
So dieses Paar-Dinges-Dasein ist ja schon was Schönes.
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Der kategorische Imperativ unter Kontrolle

****ta Frau
2.135 Beiträge
Themenersteller 
Der kategorische Imperativ unter Kontrolle
Maschinenlesbare Personalausweise.
Elektronische Gesundheitskarten.
Klickspionage.
Vernetzte Systeme, um jede unserer Schritte, unserer Handlungen zu überwachen.
Belauert von Konzernen, gesteuert von den Medien...

Wir erfahren das. Konsequent konsequenzenlos.
Aber
Was darf ein Individuum noch, ohne ausgebeutet und gemassregelt zu werden?
Ist unsere Meinungs- und Demonstrationsfreiheit nur noch Fassade, wie schon die Wahlfreiheit?

Ist die Freiheit des Individuums nur noch eine lange Leine, an der fortlaufend in die ein- oder andere Richtung gezogen wird? Leben wir in einer Staffage, umgeben von Wänden, auf der Filme laufen, die Welt in rosé tauchen, in denen am Ende alles gut wird? Damit wir weiter machen...

Was macht das mit Euch, wie fühlt ihr Euch dabei, und was macht das mit jedem einzelnen Menschen in dieser vernetzten Welt?

Und ja, um Fragen zuvor zu kommen, ich bin inzwischen hoffnungslos paranoid.
****ta:
Und ja, um Fragen zuvor zu kommen, ich bin inzwischen hoffnungslos paranoid.

an dem Punkt war aich auch schon, bzw. habe ihn gerade verlassen.

Alles ist Psychologie, und ein wechselspiel zwischen dem, wer wir sind, und dem den wir meinen zu sein. Und so kommen dann bizarre Konstellationen zustanden.

Im BDSM gibt es, und das ist erst bei Auseinandersetzung mit dem psychologischen Vorgang verständlich, eine Erfahrung bei Subs: "In der Unfreiheit das Gefühl von Freiheit zu erfahren."

Und genauso sehe ich das inzwischen beim Menschen. Der Mensch knechtet sich, um frei zu sein.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
In der Unfreiheit das Gefühl von Freiheit zu erfahren.

Es gibt ein ähnliches geflügeltes Zitat in der Philosphie:

Freiheit heißt Einsicht in die Notwendigkeit.

Die Frage ist: Von wem stammt das? Mit google's Hilfe landen wir bei Marx und Hegel, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diesen Satz auch bei Kant und Leibniz fand, hatte mir aber die Stellen nicht notiert. Und genau dies ist ja Teil des Problems, das Du, Mazita, anreißt.

Eine der bekanntesten Figuren der Literatur in Bezug auf Paranoia ist Winston Smith in George Orwells Roman "1984." Der Roman schließt mit dem Satz:

Er liebte den großen Bruder.

In meiner Interpretation geht auch dies in dieselbe Richtung.

OK: Was tun?

Das eine ist die grundlegende philosophische Erkenntnis, dass all unser Denken immer eingebettet bleibt in die spezifischen Rahmenbedingungen unseres individuellen Gewordenseins. Wir haben wenig Einfluss darauf, welche prägenden Einflüsse, Bücher, Filme, Menschen... uns das Schicksal im Laufe unseres Lebens vor den Bug und ins Hirn spült. Was bleiben könnte, ist vielleicht einfach Dankbarkeit für diejenigen Menschen und Einflüsse, die uns gut taten.

Das andere ist der Umgang mit dem aktuellen Stand der Technik. Sich klar zu machen, dass zunehmend undemokratische Großkonzerne sich anheischen, diese Einflüsse auf uns unter ihre vollständige Kontrolle zu bringen, ist ein erster wichtiger Schritt. Meine persönliche Konsequenz ist, dass ich nach Möglichkeit nur Techologien nutze, deren Funktionsweise ich zumndest in ihren Grundzügen verstehe(n kann), so dass meine informationelle Selbstbestimmung im Prinzip insofern gewährleistet ist, als ich selber bestimmte Funktionen eines komplexen Gerätes abschalten kann, wenn ich will.

Das ist nicht viel und wird nichts ändern, aber ich habe selber ein besseres Gefühl dabei. Und es schließt mich als Konsumenten für bestimmte Produkte und deren Hersteller aus, und das ist gut so.
**********henke Mann
9.667 Beiträge
Maschinenlesbare Personalausweise.
Elektronische Gesundheitskarten.
Klickspionage.
Vernetzte Systeme, um jede unserer Schritte, unserer Handlungen zu überwachen.
Belauert von Konzernen, gesteuert von den Medien...

In einem anderen Land gingen die Menschen gegen sowas (ähnliches) auf die Straße und bewirkten das Ende der Überwachung. Allerdings lebte in diesem Land keiner auf der Straße und Lebensmittel wurden nicht mit Konservierungsstoffen geschönt. Kinder konnten - am ersten September eingeschult, zu Weihnachten die ersten leichten Texte lesen.

Meine Freiheit hier endet bei den gelben Briefumschlägen, und immer geht es ums Geld.

Was ist besser?
unter Kontrolle?
Im kategorischen Imperativ "steht", schwebt, wabert das Gewissen über allem. Sein Wesen schliesst eine Kontrolle aus. Das kontrollierte Gewissen ist ein schönes Beispiel für ein Oxymoron. Das Gewissen steuert unseren Willen, nicht umgekehrt. Und mit einem schönen Schopenhauer Satz untermauert: Wer an die Freiheit des Willens glaubt hat nie gehaßt oder geliebt.
@*******enza [/quotFreiheit heißt Einsicht in die Notwendigkeit.e] Freiheit ist das Sollen wollen.
****66 Mann
220 Beiträge
Auch mir scheint der Begriff von "Freiheit" der Wesenskern der Themenstellung, im Kontext grenzüberschreitender (virtueller) Vereinnahmung des Individuums.

Der Mensch knechtet sich, um frei zu sein.

Diese Betrachtungsweise ist meines Erachtens absolut legitim. Und dennoch möchte ich gern den Begriff der "Freiheit" erst etwas genauer definieren, bevor ich mir überlege, in welchem Zustand von Freiheit (gesellschaftlicher Prozess) wir uns befinden.

Bedeutet Freiheit so etwas wie Unabhängigkeit? Bedeutet Freiheit, sich frei zu entscheiden: Was will ich essen, anziehen, arbeiten?

Ein Stammesmitglied aus einer Indiofamilie im tiefen Amazonasgebiet hat sicherlich einen anderen Begriff von Freiheit als ein(e) Freiberufler(in) in Deutschland. Was beide miteinander verbinden mag, ist der ideele Sockel, auf dem Freiheit gedeihen kann: Mündigkeit. Verantwortung. Selbstbestimmung.

Was kann ich verantworten? Was kann ich selbst bestimmen?

Mein Eindruck ist, dass das Korsett an Regelungen, Verordnungen, Gesetzen und Vorschriften in Deutschland dazu führt, dass freie Entfaltung kaum (noch) möglich ist. Ich kann beispielsweise nicht einfach meine Gitarre nehmen und an einem öffentlichen Platz musizieren. "Wenn das jeder machen würde." Das ist strafbar. Hierfür benötige ich eine Erlaubnis vom Ordnungsamt.

Interessant dabei ist, dass viele derjenigen, die sich aus Überzeugung anpassen und unterordnen, gern ihre Nachbarn oder andere denunzieren, wenn diese ausscheren. Was ich selbst nicht haben kann, darf auch mein Nachbar nicht haben oder tun.

Wir könnten die Freiheit in Korrelation zu anderen gesellschaftsrelevanten Prozessen untersuchen.
Freiheit vs. Markt
Freiheit vs. wirtschaftliche Zwänge
Freiheit vs. Trends, Strömungen
Freiheit vs. Kontrolle (Macht, Einflussnahme...)

Eine weitere Ebene sind biochemische Prozesse und das Unterbewusstsein. Unterliegt der freie Wille einer archaischen Programmierung? Entscheidet in uns eine Instanz längst bevor wir durch rationale Abwägung eine Richtung bevorzugen? Ich denke, dieser Aspekt von Freiheit war in der Themenstellung nicht vorgesehen. Es geht wohl mehr um die Fokussierung auf gesellschaftliche Prozesse, technische Einflüsse und sozio-kulturelle Konsequenzen.

Momentan würde ich für mich Freiheit wie folgt definieren:
Kontrolle ist gut. Vertrauen ist besser.
Ich meinte mit Unfreiheit eigentlich eine hierarchisch bedingte Unfreiheit.

Die Sub lebt davon, das sie innerhalb der Session für aber auch gar nichts die Verantwortung tragen muss. Nicht mal für ihre Gedanken. Sie kann Dinge geschehen lassen, die sie "im normalen Leben" zwar genießen würde, aber nie zulassen würde. Und so kann sie sich auch von 4 Kerlen Sex durchknallen lassen und es sogar genießen, ein anderer hats ja schließlich "befohlen" und somit muss sie es ja nicht verantworten, auch nicht vor ihrem Selbstbild..... Während dieser Zeit hat der DOM die ganze Zeit die Verantwortung für beide, für sich und die Sub.

Es dreht sich immer um die Verantwortung. Der Mensch wollte nicht die Krone der Schöpfung sein, als solcher hätte er auch die Verantwortung für die Erde gehabt. Als einfaches Säugetier bleibt man von dieser Verantwortung weitesgehends verschont.

Ein Blick in die Politik bestätigt das Bild. Wir leben in einer verkappten Monarchie. Der/die Bundeskanzler/in ist der Monarch, und der Bundestag der Hofstaat. Wie sollte es anders zu erklären sein, das wir es als Problem empfinden, wenn die Bundeskanzlerin nicht mehr über die notwendige Macht verfügt ihre (!) Politik durchzusetzen. Führungskrise oder Führungsschwäche heißt es dann in den Medien. In einer echten Demokratie gibt es aber sotwas nicht, denn die Mehrheit entscheidet und nicht die Fähigkeit/Mechanismen das irgendjemand in der Lage ist eine bestimmte Politik durchzuboxen (Siehe Fraktionszwang....)

Wir lieben die Monarchie auf Zeit, Wir lieben es, wenn andere Entscheidungen uns abnehmen, weil wir damit auch der Verantwortung entkommen (->Der hat gesagt ich soll das so machen). Wir Menschen lieben es jemanden über uns zu haben der uns die Richtung weist. Entscheidet er gut, partizipiere ich davon. Entscheidet er schlecht: weg mit ihm. Wie man es auch dreht, ich gewinne und brauch für nix die volle Verantwortung übernehmen.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Der kategorische Imperativ hat sich längst digitalisiert. Somit liegt die Verantwortung auch bei den Maschinen (den Rechnern)

>>Setze deine Algorithmen nur nach derjenigen Maxime, die dich zugleich in die Lage versetzt, größtmögliche Kontrolle zu erlangen<<
****66 Mann
220 Beiträge
@***le
Freiheit ist demnach mittlerweile abhängig von der Kapazität des Speichermediums.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Wie wir das live besprochen (und vorhergesagt ) haben.
Dank an Mazita für diese mentale Symetrie.
****66 Mann
220 Beiträge
@****ub
einmal abgesehen von der BDSM Terminologie ist Dein Gedanke sehr interessant: Freiheit aufgrund von Selbstaufgabe. Ich denke dabei an den Begriff von Huxley der "Happy Slaves"
Man verlagert die Verantwortung für sich selbst und das eigene Tun auf andere (Menschen, Institutionen, Maschinen, etc.) und fühlt sich durch frei.

Abgesehen von subjektiv empfundener Freiheit frage ich mich, wie sich der Begriff von Freiheit objektivieren lässt, um ihn philosophisch zu beackern.
**e Mann
2.564 Beiträge
Für mich bedeuten die technischen Errungenschaften unserer Zeit ein Mehr an Möglichkeiten. Den Freiheitsbegriff sehe ich ähnlich wie Yang. Meine Entscheidungen werden vom unbewussten Teil meines Gehirns getroffen.
Habe ich aber mehr Möglichkeiten zur Wahl, so ist meine gefühlte Freiheit größer und ich kann, wenn auch unbewusst, Entscheidungen besser an meine Lebensumstände anpassen. Das ist ein Gewinn für mich.

Das Mehr an Kontrolle habe ich noch nicht am eigenen Leib gespürt. Ich mag es, wenn die Werbung auf mich zugeschnitten ist, mir macht es nichts aus, wenn alle Welt liest und sammelt, was ich den ganzen Tag von mir gebe. Das ist mir das Mehr an Möglichkeiten wert.

Durch das Internet bin ich in der Lage, mir meine Nachrichten selbst zusammen zu stellen. Mein musikalisches Umfeld wird nicht mehr bestimmt von den Superkonzernen, die den weltweiten Geschmack bestimmten. Es gibt sie kaum noch, die großen Stars und wenn heutzutage einer schön musiziert, dann kann er es durch seine Likes zu bescheidener Berühmtheit bringen.

Die kommunikative Einbahnstraße der Medien des letzten Jahrhunderts ist überwunden. Wir sind nicht mehr unmündige Empfänger, sondern können von zu Hause aus in die ganze Welt senden.

Das Internet bietet mir zum ersten Mal die Möglichkeit, mitzubestimmen, was auf der Welt passieren soll. Es schafft mir die Möglichkeit zu mehr direkter Demokratie. Auch, wenn wir da noch ganz am Anfang stehen, so ist die Aussicht darauf doch sehr viel größer als noch vor 20 Jahren.

Natürlich gibt es auch negative Erscheinungen durch die Vernetzung. Sollte ich wählen, welche Welt mir lieber wäre, die von 1976 oder die von 2016, dann würde ich letztere ohne zu zögern vorziehen.
****66 Mann
220 Beiträge
Sollte ich wählen, welche Welt mir lieber wäre, die von 1976 oder die von 2016, dann würde ich letztere ohne zu zögern vorziehen.

Musikalisch würde ich eindeutig die 70er bevorzugen.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Für mich bedeuten die technischen Errungenschaften unserer Zeit ein Mehr an Möglichkeiten.

Opportunismus verursacht die allerwenigsten Schmerzen, aber zugleich nimmt er die Freiheit eigene Moralbegründungen erstellen zu müssen.
Müssen und Freiheit klingt paradox, wurde aber schon thematisch berührt.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
Durch das Internet bin ich in der Lage, mir meine Nachrichten selbst zusammen zu stellen.

Das ist sicher weitgehend der Fall.

Gleichwohl findet eine ziemlich subtile Einschränkung/Dominierung/Manipulation unseres Erkenntnishorizonts statt, deren Folgen wir nur ganz schwer abschätzen können. Ich gehe davon aus, dass der Begriff Filterblase Mazita über die Buschtrommeln erreicht hat und sie nur vergessen hat, diesen nochmal explizit zu erwähnen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Filterblase

Setze deine Algorithmen nur nach derjenigen Maxime, die dich zugleich in die Lage versetzt, größtmögliche Kontrolle zu erlangen

Dies bringt die Sache ziemlich auf den Punkt.

Die Überlegenheit der Maschinen wurde bei der Präsentation der praktischen Ergebnisse der künstlichen Ingelligenz bisher nur deshalb nicht offenbar, weil diese Ergebnisse sich an anthropozentrischen Maßstäben ausgerichtet haben: Besser Schach spielen können, besser Bergsteigen können, und so weiter. Es hat jedes Mal ziemlich lange gedauert, bis diese Schwellen überwunden wurden.

In dem Augenblick, wo KI-Heuristiken nicht mehr gezwungen werden, sich an einem so komplexen antropozentrischen Ziel zu beweisen, sondern mit einer genau so einfachen allgmeinen Regel ausgestattet werde, wie uncle das formuliert - und zwar auf ihrem ureigensten Terrain der Informationsverarbeitung - gehen die ab wie eine Rakete. Und wir werden das Ergebis nicht mehr verstehen, weil es aus unserer Sicht viel zu komplex ist.

Mein Gefühl sagt mir, dass so etwas gerade stattfindet.

Die Maschinen können in big Data abstrakte Muster entdecken, die für uns vollkommen unverständlich sind, die aber definitiv ein solches Ziel wie "mehr Kontrolle" oder "mehr Profit" anpeilen und erreichen können. Bar jedweder humanen Ethik.

----------------

Theoretisch müsste ich jetzt versuchen, dieses Bauchgefühl anhand der durchaus öffentlich zugänglichen Patentschriften zu solcher software zu belegen.

Als ich mir das letzte mal vor ca 10 Jahren eines solcher Patente näher angesehen hatte, hatte ich den Eindruck, dass bereits die Formulierung des Patents mit Computerunterstützung erfolgt war, so dass ein Mensch mit seinem beschänkten Abstraktionsspeicher das Patent kaum noch verstehen kann.

Ein ähnliches Phänomen hat bereits vor vielen Jahren die philosophische Erkenntnistheorie beschäftigt, als das Vierfarbenproblem von einem Computer gelöst wurde, mit einem mathematischen Beweis, der - auf Papier ausgedruckt - einige zehntausend Seiten lang gewesen wäre.

Selbst wenn die politische Diskursethik noch in Ordnung wäre, stünden wir hier also vor dem Problem, dass die Wohlbegründung der ethischen Relevanz eines Sachverhalts in der Praxis gar nicht mehr möglich ist.
*****ohr Mann
1.397 Beiträge
"Die Freiheit des Individuums" ...
... war schon IMMER lediglich eine Illusion.

Heute ist das ein wenig wie Orwell, nur "in bunt" und wider besseren Wissens meist freiwillig, wobei ich denke, dass es auf Dauer tatsächlich besser sein könnte, sein SOMA zu nehmen, oder unwissend in die "Matrix" zurückzukehren.

Früher in engen dörflichen Gemeinschaften und den Zünften war die direkte soziale Kontrolle auch nicht zu verachten ... lerne: Die Mittel ändern sich, die Inhalte nicht.

Liebe NSA: Und nun speichere das für die Nachwelt ab, dann muss ich`s nicht mehr in dicken Büchern niederschreiben, die eh keiner liest.
****ta Frau
2.135 Beiträge
Themenersteller 
In erster Linie: Ich bin begeistert, welches Echo mein Stein des Anstoßes hier gefunden hat, und in jedem Eurer Beiträge steckt Wertvolles. Danke für eure Gedanken.

Weil ich im Moment wenig Zeit habe, auf alles einzugehen, was ich als meinem Thema sehr nahe gekommen empfinde, und das auf seine Art gewürdigt werden will, gehe ich nur auf den letzten Beitrag von jin ein. Hier finde ich schon etliche Sequenzen, die meine Gedänkengänge aufgreifen.
Nur einer davon:

Selbst wenn die politische Diskursethik noch in Ordnung wäre, stünden wir hier also vor dem Problem, dass die Wohlbegründung der ethischen Relevanz eines Sachverhalts in der Praxis gar nicht mehr möglich ist.

Ich glaube, dass die Sammlung von Informationen über unsere Denkmuster zu nicht mehr rückgängig zu machenden Unschärfen führt. Die mosaiksteinartige Natur eines selektiven Prozesses führt nicht zu einer Komplettierung unserer Muster, sondern zu einer Deformierung.
Deshalb können wir aus den uns daraus erwachsenden 'individualisierten' Ergebnissen keinen eindeutigen Wiedererkennungswert ziehen, und auf die gesellschaftlichen Zusammenhänge auch nicht. Die sofortige Interpretation lässt das nicht zu.
Sobald wir einen unserer Gedanken in die Welt setzen (mit 'wir' meine ich alle diejenigen, die es wagen, irgendetwas über frei zugängliche öffentliche Kanäle zu geben), gehört er nicht mehr nur uns. Ein jeder kann sich seiner bedienen und seine ureigenen Schlüsse ziehen, indem er ihn für seine Interessen verarbeitet.
Diese Verarbeitung unserer Gedanken, dieses Sichbedienens aus einem riesigen Pool gab es zu allen Zeiten schon. Aber mittlerweile hat dies monströse Formen angenommen, die sich unkontrollierbar durch die Welt bewegen, und, selbst wenn man wollte, nicht mehr umkehrbar sind, indem man sie negiert, verbrennt oder sonst wie beseitigt.
Dass sie Allgemeingut werden, stört mich nicht, so lange sie dem Zweck dienen, andere Gehirne zu nähren.
Aber dass sie zu monetären Zwecken genutzt werden, zu Meinungsmache in irgendeine Richtung, zum Selbstzweck, weil sie nun mal verfügbar sind, werde ich das Gefühl nicht los, dass es auf eine Vergewaltigung hinausläuft.
Und genau an dieser Stelle verlässt die Möglichkeit zur Selbstbedienung den ethischen Rahmen. Keine Macht der Welt kann verhindern, dass das geschieht, und es geschieht zwangsläufig, weil es möglich ist.
Bei Lesen von Mazitas letzten Zeilen dachte ich an die Reformation. Auch dies erfasste Europa wie eine Lawine unaufhaltbar, unumkehrbar. Und endete auch manchmal dort, wo selbst der Initiator sie nicht hatte haben wollen (Bauernaufstände).

es hat schon was aus eine Mischung von Zauberlehrling und Lawine. Wir erleben Umstände, deren Ursache wir bewusst in Gang gesetzt haben und es fängt uns an zu dämmern, das diese Lawine trotz daß wir sie mit unserem Willen in Gang gesetzt haben sich nun nicht mehr durch unseren Willen beeinflussen lässt und uns nur noch den Gehorsam verweigert. Es kommt der Wunsch hoch, der Meister würde zurückkehren und uns erlösen. Aber auch hier kommt der Wille zur Verantwortungsverlagerung hoch. Er möge uns von der Konsequenz unseres Handelns, dem Ergebnis unserer Schöpfung, befreien.
ER-Forschung des KI
Der Kategorische Imperativ (KI) wurde von Kant in etwa 6 Formulierungen eingeführt (Ethik), eine geht so:

Handle so, dass die Maxime deines Handelns zu einem Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung werden Könne.

Jeder ahnt die Problematik, weil es in Frage gestellt werden kann, ob der Mensch immer nach Maximen handelt. Zum anderen ist die Regel zum Herausfinden dieses Prinzips offen. Sie kann schwer beim argentinischen Bauern gesucht werden. Jeder soll selbst prüfen, inwieweit er im Stande ist nun einfach mal so eine allgemeine Gesetzgebung aufzustellen ... Danach ist ja genau gefragt.

Wie komme ich von meiner Maxime, von meinem Grundsatz, zu einem allgemeinen Grundsatz. Auf dem Weg der Induktion? Wo ist dann die Transzendentalphilosophie mit ihren reinen Grundsätzen?

Kant selbst meint, dass man dieser KI in der Praxis auch nicht erwartet werden dürfe vorgefunden zu werden ...

Meiner Ansicht nach ist Kant hier gescheitert. Hier haben wir eher etwas für das Archiv der Geschichte der Philosophie.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
In einem anderen Land gingen die Menschen gegen sowas (ähnliches) auf die Straße und bewirkten das Ende der Überwachung. Allerdings lebte in diesem Land keiner auf der Straße und Lebensmittel wurden nicht mit Konservierungsstoffen geschönt.

Welches Land war das jetzt nochmal? Nord-Korea oder das Wendland?
Oder war es Panama und roch von oben bis unten nach Bananen?

dennoch möchte ich gern den Begriff der "Freiheit" erst etwas genauer definieren

och, nööö. menno. Nicht schon wieder Tante finis.
Dacht ich zuerst. aber das:

Momentan würde ich für mich Freiheit wie folgt definieren:
Kontrolle ist gut. Vertrauen ist besser.

ist wirklich mal schön gesagt.

Dass sie [unsere Gedanken] Allgemeingut werden, stört mich nicht, so lange sie dem Zweck dienen, andere Gehirne zu nähren.
Aber dass sie zu monetären Zwecken genutzt werden...

Ich glaube nicht, dass unsere Gedanken, so wie sie abstrakt-verbal in Foren formuliert weden, die Maschinen sonderlich interessieren. Wir und die Maschinen denken da in ganz anderen Mustern (synthetischen Apperzeptionen) und insofern auch ganz schön aneinander vorbei. Ist ja zwischen Männern und Frauen auch nicht anders, und Chancen und Risiken halten sich dort auch seit Jahrtausenden die Waage.

"Wo aber Gefahr ist wächst
das Rettende auch"

Hölderlin: "Hyperion" zitiert nach
M. Heidegger (1954): "Die Frage nach der Technik"

****66 Mann
220 Beiträge
Es zehrt und zerrt an allen Seiten. Ja wann kommt sie denn endlich, die Figur des Erlösers? Dann können wir uns wieder den wirklich wichtigen Dinge zuwenden wie z.B.: Gibt es einen Jahrhundertsommer?
****ta Frau
2.135 Beiträge
Themenersteller 
@jin
Wir und die Maschinen denken da in ganz anderen Mustern (synthetischen Apperzeptionen) und insofern auch ganz schön aneinander vorbei.

Wenn das so ist, wozu werden dann mediale Verhaltensanalysen durchgeführt? Warum glauben dann Regierungen und Konzerne, durch unsere Klickraten, Augenbewegungen und andere technische Tricks zum Abspeichern unserer Muster etwas über uns erfahren zu können?
Ich glaube nicht, dass es dann auch nur einen Menschen gäbe, der mit derlei synthetischen Apperzeptionen irgendetwas anfangen könnte.
Oder erliegen alle nur der Illusion, einen Nutzen daraus ziehen zu können?
Brauchen wir uns also keine Sorgen zu machen, denn:
Die Maschine berechnet, aber ich bin. anders.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
Wenn das so ist, wozu werden dann mediale Verhaltensanalysen durchgeführt?

Was Du hiermit meinst, ist ganz normale Statistik. (Verhaltens-)Eigenschaften der Nutzer oder Wähler werden zu Profiten oder Wahlergebnissen in Beziehung gesetzt.

In sozialen und neuronalen Netzen kommen Rückkopplungs-Effekte hinzu. Hierdurch wird das Verhalten des Menschen (Nutzers) durch die Maschine nicht nur beschrieben, sondern verändert.

Erinnert micht grad an ein berühmtes Marx Zitat.

Ich glaube nicht, dass es dann auch nur einen Menschen gäbe, der mit derlei synthetischen Apperzeptionen irgendetwas anfangen könnte.

Wozu auch? Die konkrete Struktur der Simulation interessiert nur noch den Algorithmus selber. Der Programmierer freut sich, wenn er seinen Job behält, und der Anteilseigner über die Kohle.
**e Mann
2.564 Beiträge
Ich lese hier von Monstern und Lawinen. Das klingt nach Angst und Angstmache.

Ich würde gerne mal in die Runde fragen, wovor konkrete Angst besteht?
Angst in Teilen
Angst besteht aus Angst-Reozonen (a-Lumen) im Neokortext (Stammhirn=Basis). Angst ist im Gleichklang mit Sicherheit die Basiskomponente unseres Daseins im Sein.
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