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Anarchismus

****ta Frau
2.135 Beiträge
@**********henke
Was ist mit jenen, die stumpfsinnig vor sich hin existieren und ihre Verantwortung abgeben - an die Kirche, an Rechtsanwälte, ein Steuerberater?

Was soll mit denen sein? Es ist ihre Wahl, so zu leben.
Das sollte aber doch niemanden daran hindern - wenn er denn will - ein Konzept zu leben, das sich klar davon unterscheidet, und andere mitzieht, denen das gefällt.
Warum sollte man damit warten? Worauf? Wenn niemand sich ändern will, ändert sich gar nichts. Ideale Bedingungen für irgendetwas sind äusserst selten. Sie müssen geschaffen werden, und meistens ist das ein mühsamer Prozess, der aber dennoch bereichernd im nicht-monetären Sinn sein kann, denn: Alles, was ich weiter gebe, kommt auch mir zu Gute. Das merkt jeder, der sich gemeinschaftlich engagiert.

Eigentlich ist der Gedanke des BGE ein klassischer anarchischer Ansatz:
Hier ändern sich die Meinungen darüber schon. Was vor noch gar nicht langer Zeit als Spinnerei und Unmöglichkeit abgetan wurde, wird allmählich gesellschaftsfähig. Immer mehr Leute kapieren, was es heisst, auf Transferleistungen angewiesen zu sein, und das sie selbst nicht allzu weit davon entfernt sind. Spätestens dann, wenn sie alt sind und ihr bisschen Rente betrachten, das sie zwingen wird, im Alter noch ein oder zwei Jobs machen zu müssen, wenn sie einigermaßen gesund leben wollen.
Viele wissen jetzt schon, dass sie ihr sauer verdientes Geld besser direkt jenen geben können, die nicht viel haben, statt eine überbordende Bürokratie oder den Bau neuer Panzer zu bezahlen...
Und besser ist ein staatlich verordnetes BGE statt Transferleistungen, die die Menschen in Abhängigkeit halten.
Das löst zwar nicht das Problem der staatlichen Hoheit, aber ein Schritt nach dem anderen... die Menschen müssen in ihre Eigenverantwortlichkeit erst hinein wachsen, und viele brauchen geänderte Bedingungen, um sich selbst zu helfen, die erst einmal geschaffen werden müssen, und zwar von denen, die darin schon fitter sind.

Die Freiwilligkeit, die domsub ansprach, ist auch abhängig von den Bedingungen: Wenn es nur möglich ist, beim Eintrittsgeld für das Konzert zwischen A (Variante Kollekte) und B (Variante Fester Betrag) zu wählen, wird nicht berücksichtigt, dass es bei der Kollekte unter Umständen einem Drittel der Leute nicht möglich ist, etwas zu geben. Hätten sie die Wahl, könnten sie sich verpflichten, etwas anderes dafür zu tun, evtl. Mithilfe bei irgendwelchen Arbeiten... die das nicht tun wollen, sind eben an dem Konzert nicht so sehr interessiert.
Das hätte ich vielleicht noch schreiben sollen:

Wir haben dieses Phänomen 3 Jahre lang untersucht. Ergebnis ist eigentlich: Verantwortungslosigkeit.

Alle geben 1-3 Euro, in der Hoffnung, der Nachbar schmeißt 20 Euro hinein und gleicht es wieder aus. Jeder versucht die Verantwortung seinem Nachbar aufzudrücken. Es ist dann auch interessant was für Geldstücke hineingeworfen werden. Bei Kollektenkonzerte sind es überwiegend 1-50 Cent Stücke. Wenn man es so beobachtet lässt sich folgende These aufstellen und auch verifizieren.
Muss man für etwas bezahlen um etwas zu bekommen tut man das auch. Man kauft es bewusst. Bekommt man es Kostenlos, so scheint es wird nur aus dem Überfluss, dem was eh übrig bleibt, gegeben. Was beim Kollektenkonzert Unmengen an 1-50 Cent Münzen bedeutet.

Nach drei Jahren kennt man so ungefähr die Leute und die Zielgruppe, die ins Konzert kommen. Und es sind komischerweise sowohl beim Bezahlkonzert, als auch beim Kollektenkonzert die gleichen. Und sogar, das die Zugeknöpftheit bei gutverdienenden genauso hoch ist, also es hat nichts mit dem Einkommen zu tun. Das Problem ist kein monetäres Problem, sondern ein psychologisches Problem.
off topic .. der Neugierde
geschuldet.. ähemm ein DomSub der Kirchenkonzerte orgenisiert? Sub unter dem Domprälaten? Oder der Sub eines Dom´s im BDSM-Sinne? Ich rieche Weihrauch, Sagrotan und den Geruch benutzter Zewatücher.. verschwurbelte Olfaktorik... Schon auch Anarchistisch.. Eucharistischanarchistisch.. *rotfl*
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
Bleiben wir nicht mit diesen Entwürfen hinter den technischen und intellektuellen Möglichkeiten unserer heutigen Zeit zurück?

Die Unterscheidung zwischen Anarchie und Anomie kann ich zwar unter argumentativen Gesichtspunkten nachvollziehen, utopisch aber nicht billigen.

Sie ist geboren aus dem Bemühen heraus, einen dem Anarchismus gegenüber skeptisch eingestellten Mit-Diskutanden davon zu überzeugen, dass eine herrschaftsfreie Gesellschaft nicht notwendig in Mord und Totschlag enden muss. Weil es eben denkbar sei, ein auf freien Übereinkünften basierendes, herrschaftsfeies Regelwerk aufzustellen, das denselben Schutz-Zweck erfüllt, wie die Anordungen eines feudalen Monarchen.

Hierin verbergen sich zwei Giftpillen:

1) Der herrschaftsfreie Diskurs, der die Voraussetzung für die Erstellung dieses Regelwerks wäre, ist genauso eine Utopie wie die Anarchie als Gesellschaftmodell selber. Hier beißt sich die Katze in den eigenen Schwanz und macht den letzten Schritt in die anarchistische Gesellschaft zu einem zenon'schen Paradoxon.

2) Die Grundannahme, dass eine unregulierte Gesellschaft in Mord und Totschlag münden könnte, verleugnet bereits das Gute im Menschen. Wer sich hierauf einläßt, steht argumentativ von Anfang an auf verlorenem Posten, weil er den Diskurs von Angst regieren läßt.

Fest steht, dass Herrschaft nicht ohne Regeln und Gesetze auskommt.
Fraglich ist der Umkehrschluss: Führen zwischenmenschliche Verhaltens-Regeln und Gesetze notwendig zur Ausbildung von Herrschaft?
Ich sage: Ja.

Denn Regeln und Gesetze bedeuten notwendigerweise die Herrschaft der Großhirnrinde über das Wurzelchakra, Herrschaft des Über-Ichs über die Libido.

Wenn es aber irgendeine Willig-keit gibt, egalwiefrei, dann ist diese im Beckenboden verortet. Solange dieses erotische Wollen als Urtriebfeder jedweden menschlichen Handelns nicht angemessen in die Theorie einfließt, bleibt der zentrale Begriff dre Frei-Willig-Keit unausgegoren und fragwürdig. Und solange dieses Wollen nicht als ein metaphysisch Gutes, sondern als ein durch Regularien zu Bändiges die Utopie bestimmt, können wir auch gleich bei Schopenhauer bleiben. Der kannte nämlich seine Pappenheimer auch, und war deshalb Monarchist.

Regeln und Gesetze sind etwas für Maschinen, nicht für Menschen (wie mich).

In meiner anarchistischen Utopie will ich keine Verkehrsregeln lernen, sondern wünsche mir Maschinen, die mich komfortabel von A nach B bringen und mir so die Freiheit verschaffen, mich unmittelbar meiner Mitreisenden zu widmen. Liegendtransport im Dienste meiner Libido.

Ich bin fest davon überzeugt, dass sich dieses Beispiel auf alle anderen Regulationsprobleme übertragen lässt.
*******z_st Mann
785 Beiträge
@ abelpaz
zwischenfrage: ....geht es dir eigentlich noch um deine ausgangsfrage des threads?:

Was kann "Anarchismus" heute zur Beantwortung aktueller Fragen beitragen? Kann ich als Person, als Privatmensch, im Alltagsleben von einer anarchistischen Haltung profitieren?

...denn genau diese fragen, also in bezug auf reales leben mit anarchistischer grundhaltung in unserer heutigen gesellschaft, waren es, welche mein interesse an deinem thread geweckt haben.
da du ja selbst offensichtlich herrschaft ablehnst bzw. zumindest mit anarchismus sympathisierst (wie du auch in anderen threads bereits hast durchblicken lassen) , wäre es interressant auch deine meinung zu hören und deine erfahrungen wie du im alltag damit umgehst.
sollte ich deine ausgangsfrage missverstanden haben, und es doch eher um theoretisieren und konzepte auf gesellschaftlicher makro-ebene gehen, gib bescheid. dann brauche ich den thread nicht weiter verfolgen *g*
****ta Frau
2.135 Beiträge
Ab jetzt...
... tut es mir Leid für den TE. An sich ein Thema, das es wert wäre, mit mehr Respekt betrachtet zu werden.
Aber manche Diskutanten glänzen lediglich mit Arroganz. Andere sind Sklaven ihres Hypothalamus.

Ich bin weg.
****ta Frau
2.135 Beiträge
@emergenz
Dich meinte ich gerade nicht, sorry, unsere Beiträge haben sich überschnitten.
**********henke Mann
9.666 Beiträge
Wir sind ...
... hier bei der schönen philosophischen Frage: Können wir ein neue Gesellschaft schaffen, auch wenn noch nicht alle Gesellschaftsmitglieder soweit sind oder kann sie erst entstehen, wenn alle soweit sind. Das ist der Unterschied zwischen Revolution und Evolution. Nun ist mir keine Revolution in der Geschichte bekannt, die deren Feinde nicht hätten zerstören wollen und bei der Reaktion der revolutionären Bewegungen auf dieses Ansinnen ihrer Feinde sind immer auch ein paar Unbeteiligte unter die Räder gekommen. Wie kommen wir nun also friedlich zu einer herrschaftsfreien Welt?

Emergenz' Beispiel mit dem Bergführer ist verführerisch: Autorität kommt aus einem Wissens- bzw. Kompetenzvorsprung - vor diesem Hintergrund müsste das Kabinett Trudeau jede Menge Autorität haben *zwinker* - und sowas funktioniert im kleinen Rahmen. Was aber ist mit kontinentalen oder globalen Belangen?
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
manche Diskutanten glänzen lediglich mit Arroganz

Diese Arroganz zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der letzten 300 Jahre überall dort, wo Menschen bestrebt waren, den Pöbel zur Herbeiführung gesellschaftlicher Veränderungen zu mobilisieren.

Es liegt dem jener Mechanismus zu Grunde, bei dem ein aufgeklärter Hobby-Lenin irgendeinen Befreiungs-Gedanken aufgeschnappt hat, mit dem er fürderhin meint, alle Menschen, die noch in selbstverschuldeter Unmündigkeit verharren, beglücken zu müssen. Um in diese Lücke dann sein Diktat zu injizieren.

Billigster Linksliberalfaschismus, der sich gern an Kirchenleuten abreagiert.

In den Diktatheften solcher Revoluzzer trifft dann der Solidaritätsgedanke als strategisches Element zur Befreiung der Arbeiterklasse (welcher gebilligt wird) auf die tieferliegende Schicht altruistischer Elemente aus der Bergpredigt (welche als Predigt formal abgelehnt wird, inhaltlich aber unreflektiert weiterwirkt, und bisweilen auch auf Kröten, Seerobben und Alpenveilchen ausgedehnt wird). Aus diesem Widerspruch entsteht ein äußerst abstruses Gebräu selbstgezimmerter Verhaltens-Regeln für das Diktatheft. Diese Regeln sind fast immer geprägt von einem pathologisch-ödipalen Autoritätsproblem, für das der HErrgott stellvertreten muss.

Ooops, habe ich jetzt von mir selber geredet? Gute Besserung.

...oder kann sie erst entstehen, wenn alle soweit sind?

Genau in diesem All-Quantor verbergen sich Herrschaftsansprüche.

Er ist und bleibt das mathematisch-logische Äquivalent zum ersten Gebot. Und findet sich selbstverständlich auch im kategorischen Imperativ. Während aber das theologische Regelwerk überall noch vom Geist der Gnade und der Barmherzigkeit durchdrungen ist, ist im rational-logischen Kalkül der Aufklärung jedweder Rest an libidinöser Empathie vollständig eliminert. Ein Mechanismus, durch den schon Robespierre logisch-notwendig in die Rolle des Schlächters getrieben wurde, und der in dem Slogan mündet, dass die Aufklärung Ausschwitz erst möglich gemacht habe.

Gerade wir preussisch-dominierten Deutschen, die wir sowohl Kant als auch Ausschwitz als auch die Schulpflicht hervorgebracht haben, neigen in besonderem Maße dazu, solche logisch plausiblen Regelwerke in unsere Diktathefte zu übernehmen.

Unsere Steuergesetzgebung und fiskalpolitische Umverteilungsmaschinerie sind wohl das Beste Beispiel dafür, wie das Bestreben, vermittels eines immer weiter verfeinerten Regelwerks immer mehr Gerechtigkeit herstellen zu wollen, am Ende ein Verwaltung-Monster gebiert, das jedweder Menschlichkeit entbehrt und damit seine ehrenwerte ursprüngliche Intention ad absurdum führt. Und mit sowas wollen wir in unserer Arroganz auch noch die Griechen beglücken, denn am deutschen Wesen soll ja die Welt genesen.

Nein, ich habe keine Lust, über Anarchismus zu diskutieren mit dem Ziel, ein solches Regelwerk zu erstellen. Überall dort, wo Sätze Phrase wie "wir alle müssten doch nur..", "...wir sollten..." etc enthalten, reagiere ich pathologisch-allergisch, auch wenn mir der Inhalt des Gesagten noch so sympathisch ist.

Anarchismus heißt für mich nicht (mehr), dass meine Logik und meine herrschaftsfreie Utopie die Welt beherrschen sollen, sondern dass ich mich - mit all meinen Ängsten - intellektualen, juristischen, monetären, militärischen oder sexuellen Herrschaftsansprüchen anderer entgegenstelle, soweit ich die Kraft dazu habe.

Non serviam.
No pasaran.
Weltregistermenschentum
Man sollte eine neue Gesellschaft aus guten Menschen gründen und ins Weltregister eintragen lassen.
*******z_st Mann
785 Beiträge
schönes posting, jincandenza.

*******enza:
Anarchismus heißt für mich nicht (mehr), dass meine Logik und meine herrschaftsfreie Utopie die Welt beherrschen sollen,...

genau das ist der punkt den viele nicht raffen und der diskussionen über anarchie so ermüdend macht. die frage...:

**********henke:
Können wir ein neue Gesellschaft schaffen, auch wenn noch nicht alle Gesellschaftsmitglieder soweit sind oder kann sie erst entstehen, wenn alle soweit sind.

...ist in verbindung mit anarchismus nämlich vollkommen irrelevant (von ein paar ideologie-verseuchten strömungen die sich trotzdem anarchisten nennen mal abgesehen).

ich sehe das ähnlich wie jincandenza. ich bin nicht gegen herrschaft, weil ich den weltfrieden will oder eine globale gesellschaftsordnung mit besseren menschen die auf einhörnern dem regenbogen entgegenreiten. ich will einfach nur von denen in ruhe gelassen werden, die ihre ideen und ziele mit gewalt durchsetzen wollen, statt auf basis von kooperation. und damit meine ich weniger die psychopathen in den regierungen, sondern die menschen mit denen ich im alltag direkten umgang habe.
*****enz:
ich will einfach nur von denen in ruhe gelassen werden, die ihre ideen und ziele mit gewalt durchsetzen wollen, statt auf basis von kooperation. und damit meine ich weniger die psychopathen in den regierungen, sondern die menschen mit denen ich im alltag direkten umgang habe.

Geht das auch mit dem Kantschen Imperativ? Wäre es möglich, allen Menschen diese Option zu eröffnen. Oder bietet sich diese Möglichkeit mir nur, solange es genug Deppen gibt, die das achso verhasste System im Background stützen?

Ist dieser "persönliche anarchismus" in seiner Lebensfähigkeit nicht von Faktoren Abhängig, die er aus sich selbst heraus nicht herstellen kann ????


Wenn dem so ist, woher nehme ich für mich die Berechtigung ein Leben zu führen, was nicht allen vergönnt ist? Hat es nicht etwas von: Herrschaft ja, aber nur wenn es mich nicht betrifft.
Wenn es denn nun nicht ohne Herrschaft geht, wer bin ich, das ich mich nicht einreihe in die Menge der Menschen die sich dieser Herrschaft unterordnen? Klingt mir zusehr danach, als wenn der Anarchismus sich selbst nicht über den Weg traut.
****66 Mann
220 Beiträge
Ein kleiner Zwischenruf, zum Thema passend:


Passt, würde die Tische anders stellen. Flaschen sollte man fortschaffen. Tiefe Erkenntnis, der Schatz der Wissenschaft. Ich verstehe überhaupt nichts von Musik. Der Papst muß aufs Klo. Das Leben im Kongo. So ist das Kind im Brunnen. Die Herrschaften Menschen im System.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
Herrschaftszeiten
Ja,

die message der Herren Musiker ist mir gar wohlvertraut, auch wenn ich diesem Musikstil wenig abgewinnen kann.

Gleichwohl beibt festzuhalten, dass im gesamten Video keinerlei Weibsvolk zu sehen ist. Offen bleibt, ob der Dreck und Unrat in der Wohnung Ursache oder Folge dieses Umstands ist.

Dass das seit Mazitas letztem post nunmehr auch für diesen thread gilt, sollte zu denken geben.

Eine mögliche Erklärung liefert das nachfolgende Video. Dessen message hülfe verstehen, warum Anarchisten offenbar immer die Armen sind, wo denn eigentlich die Ursache für die himmelschreienden ökonomischen Ungleichheiten in der Welt zu suchen sind, welche Motive und Intentionen diesen egozentrisch-hortenden Charaktertypus hervorbringen, und warum wir Deutschen rein sprachlich ganz besondere Schwierigkeiten haben, das Wesen der Herrschaft zu durchdringen.


*******z_st Mann
785 Beiträge
*******enza:
dessen message hülfe verstehen, warum Anarchisten offenbar immer die Armen sind....

arm ist relativ. die meisten anarchisten die ich kenne, sind unternehmer, selbstständige, freiberufler etc. und zumindest in der lage für ihren lebensunterhalt selbst zu sorgen. .... hängt aber vermutlich damit zusammen, dass ich keinen kontakt zur szene der links-anarchisten hab (weil zu viel kollektivismus-blabla).
****66 Mann
220 Beiträge
Ups
Gleichwohl beibt festzuhalten, dass im gesamten Video keinerlei Weibsvolk zu sehen ist. Offen bleibt, ob der Dreck und Unrat in der Wohnung Ursache oder Folge dieses Umstands ist.

Es ist keine Wohnung, eher ein Schuppen, eine Garage oder der Keller - der ideale Ort, um ein zukunftsträchtiges Technologieunternehmen zu gründen, mit Kumpels Bier zu trinken oder spontan und sessionartig Musik zu machen.
Jin, ich sorge mich um Dich. Demnächst forderst Du die Quotenfrau für die Bundesligamannschaften der Männer.

Doch das Dilemma steckt wie immer im Detail. Herumstehende Flaschen (die, aus Glas) erzeugen sichtlich mehr Resonanz als die Botschaft des Liedes. Die Konfrontation mit Formalitäten ist instinktiv bequemer als die mit Inhalten. Das macht es leichter, Stellung zu beziehen.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
@*****enz
arm ist relativ.

In der Tat.

"I've got a Rolls Royce
because it's good for my voice"

(T Rex: "Children of the revolution.")

Die anarchokapitalistische Variante hat ihren ganz eigenen Reiz.

Speziell in Deutschland sorgt die kalte Progression dafür, dass
unternehmer, selbstständige, freiberufler etc.
nur dann zum Erberb von Diamanten und rückenschmerzbefreiten Kraftfahrzeugen zugelassen werden, wenn dem erbrechtlichen Rahmen ihrer Eigenkapitalbasis ein unverkennbares Odeur von Ausbeutung anhaftet. Als letztes Sahnehäubchen an Demütigung und orwellschem Neusprech wurde vom preussischen Verwaltungsapparat dann auch noch der Begriff des Kinderfreibetrags ersonnen, so dass die bittere, bestechlichkeitsfördernde Armut eines Bundestagsmandats nur von sehr wenigen überhaupt als solche wahrgenommen wird. Für eine anarchistische Revolution reicht das jedenfalls ganz bestimmt nicht.

Die Konfrontation mit Formalitäten ist instinktiv bequemer als die mit Inhalten.

Nun, übereinandergestapelte leere Flaschen in Pappkartons lassen vermuten, dass die Konfrontation mit deren Inhalten bereits Sache der Vergangenheit ist.

Noch jemand 'n Ouzo?
*******z_st Mann
785 Beiträge
*******enza:
... eine anarchistische Revolution....

die wird es eh nie geben und ich kenne auch niemanden der eine solche anstrebt oder für möglich hält. revolution ist in der regel eine erzwungen gesellschaftliche umwälzung, was im widerspruch zum anarchismus steht.
****66 Mann
220 Beiträge
Der Gelassenheit und positiven Argumentation dankend, möchte ich ein Zitat anbringen, dass mir beim Lesen in den Sinn kam.

""Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag am nächsten."
Rio Reisser
****66 Mann
220 Beiträge
Apropos Reisser
Eine Anarchismustheorie aus den 70ern:


*******z_st Mann
785 Beiträge
TSS hat nix mit anarchismus zu tun. wer zu gewalt und eigentumsdelikten aufruft ist lichtjahre davon entfernt herrschaft abzulehnen. gleiches gilt für leute die in der antifa aktiv sind und ähnliche wirrköpfe.
******yev Mann
392 Beiträge
Herrschaftszeiten
****paz:
Was ganz einfach anmutet, gestaltet sich in der Praxis schwierig.

Damit ist das Problem fast schon ausdiskutiert, oder nicht? Eine anarchistische Gesellschaft müsste sich aus anarchistischen Individuen zusammensetzen, also aus Menschen, die sich bewusst entschieden haben, keinerlei Herrschaft übereinander auszuüben. Andere Menschen aber zu beherrschen - oder in abgeschwächten Formen: zu beeinflussen, für sich einzunehmen, zu manipulieren - kann für den Einzelnen die allergrößten Vorteile haben. Ein Beispiel: Auf den Nürnberger Parteitagen, wo sich die Volksmassen wie nichts Gutes zu Marschkolonnen, Fackelzügen und wandernden Hakenkreuzen formierten, sah Hitler immer extrem gut gelaunt aus, es ging ihm geradezu prrrächtig. Um es polemisch auszudrücken: Wer erklärt nach der Revolution das mit der Herrschaftsfreiheit den Kameradschaften?

Und das wären "nur" die offenkundigen Hindernisse. Denn selbst diejenigen, die sich Anarchisten nennen, geraten immer wieder in die herrschsüchtigste Bredouille, und das noch vor der ewigen "Gewaltfrage". Letztere war ohnehin immer schon etwas unseriös. Selbst Dein "darf ich...?" diesbezüglich ließe sich (noch nicht einmal böswillig) so interpretieren, dass diese moralische Gewissenserforschung doch nur so naiv tut. In Wirklichkeit will es längst schon auf den Griff nach der "verbotenen" Macht ("Praxis") hinauslaufen, aber ohne es vor sich selber eingestehen zu müssen. Allein schon das Fragezeichen am Ende hat die Möglichkeit eröffnet - hat sich rhetorisch Macht verschafft. So gefragt, muss die Antwort über kurz oder lang "Ich darf!" lauten, mit allen denkbaren und unausdenkbaren Konsequenzen.

****paz:
Vor diesem Problem standen die spanischen Anarchisten.

Ihre tragische Niederlage, die so zahllosen Menschen furchtbares Leiden und Unglück brachte, hat ihnen zynisch gesehen eine Sache erspart: Die heutigen Anarchisten sind heute "nur" in der Verlegenheit, jeweils ein paar Dutzend Massengräber, vergewaltigte Nonnen, gefolterte Feinde und andere Kriegsverbrechen erklären zu müssen, die sich nicht überall, aber nachweislich mancherorts ereigneten, wo die CNT/FAI "die Macht abgeschafft" hatte. Sie bekamen freilich nie von der Geschichte die Chance, in dem ungeheuren Ausmaß ihre Verbrechen zu begehen, wie es die Bolschewisten und vor allem die Faschisten ohne jegliche Hemmung taten. Die gängige Antwort aus der anarchistischen Ecke lautet hierauf, dass die Revolution doch bitteschön nie die Chance bekam, sich längerfristig zu bewähren, und dass sich diese "Anfangsfehler" (die bestimmt von der gegnerischen Propaganda total aufgeblasen, wenn nicht sogar erfunden worden seien) mit weiterer Organisation und Bewusstseinsveränderung gewiss wieder geordnet hätten... Und man kann dieser Antwort glauben, wenn man beruhigt werden möchte.

****paz:
Mir geht es aber wie gesagt nicht unbedingt um theorethische Diskussionen.

Die sind nicht jedermanns Sache. Aber wer ernsthaft A wie Anarchismus sagt, muss auch B wie Bücher sagen, muss sich schlau machen, muss aus all den dokumentierten historischen Niederlagen "lernen, lernen und nochmals lernen", so gut es geht... Wo das - sei es durch fremdes, sei es durch eigenes Verschulden - vernachlässigt wird, verwandelt sich die ganze anarchistische Idee bald in eine kitschige Herzensangelegenheit, in etwas Sentimentales und unüberhörbar Predigendes. Der subversive Gedanke, der gegen jede Herrschaft geht, stirbt als Propaganda, als Sprache der Menschenbeherrschung. Man stürzt schlimmstenfalls immer besinnungsloser von Aktion zu Aktion und immer tiefer in den Schlammassel: Wohl nicht zuletzt, um so den mulmigen Ahnungen zu entkommen, was den Sinn der Sache und vor allem ihrer "Praxis" angeht.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
@****paz:
theorethische Diskussionen.

War das eigentlich ein Tippfehler oder genial?

@******yev

Bravo.
Andere Menschen aber zu beherrschen - oder in abgeschwächten Formen: zu beeinflussen, für sich einzunehmen, zu manipulieren - kann für den Einzelnen die allergrößten Vorteile haben.

Ich glaube, es sind gerade diese abgeschwächten Formen und ihre kleinen Vorteile, die in der Theorie unsere Aufmerksamkeit verdienen. Letztlich erlangen wir allein schon durch das
lernen, lernen und nochmals lernen
unvermeidlich potentiell manipulative Instrumente und eine Überlegenheit der Rhetorik an die Hand, die uns jederzeit Richtung Machiavelli spülen. Und wir schwimmen doch alle gerne gegen den Strom, gell?

Der anarchistische Gedanke ist für mich sehr schnell zum politischen Pendant des philosophischen Skeptizismus geworden. Eine Art Zen-Paradoxon, das eine unendlich hohe Hürde für den Schritt von der negativ-kritischen Theorie in die positiv-politische Praxis auflegt.
*******z_st Mann
785 Beiträge
@ netchayev

klingt mir alles irgendwie danach, als ob du dich nur mit "links-anarchismus" auseinandergesetzt hast, was deine verweise auf CNT/FAI und das reden von "revolution" vermuten lässt.
für mich sind 99% der linken, die sich als anarchisten bezeichnen, keine anarchisten. denn in der regel braucht man bei gesprächen nicht mal all zu tief in ihrer ideologie zu bohren um darauf zu stossen, dass sie letztendlich ihre ziele auch nur mit gewalt und zwang umsetzen wollen. ich hab bisher erst einen einzigen vertreter aus dieser szene kennengelernt, der in gesprächen und vorträgen konzepte dargelegt hat, welche auf kooperation statt auf herrschaft beruhen. ...gleichzeitig hat er aber die aktionen von "aktivisten" seiner kommune, welche massive sachbeschädigungen zum ziel hatten, verharmlost und als erfolg gepriesen. ...was für mich inkonsequent ist. oder anders gesagt: theoretiker und inkonsequente labertaschen, die in der praxis (wie alle ideologen) ihre gewalt damit rechtfertigen, es sei für eine gute sache.

....und ja, lesen, lesen, lesen ist wichtig. aber leider bleiben viele in der theorie stecken und befinden sich als rotweinphilosophen in einer theoretisierenden dauerschleife, in der das reden um des reden willens das ziel ist und nicht das tun. ....dabei ist letzteres das einzige worauf es ankommt. und genau die umsetzung im alltag war es, die im eingangsposting anklang ... aber scheinbar selbst den TE nicht mehr wirklich interessiert *zwinker*
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