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Anarchismus

Wie werde ich nun anarchistischer Profiteur...?
Ja aber wie komme ich nun zu meinem Profit aus der Anarchie mit der zugehehörigen Haltung...? Wo liegt die Antwort? Habe ich sie etwa überlesen?
*******z_st Mann
785 Beiträge
nun, eine möglichkeit wäre, dass du davon profitierst, wenn du dich weniger in die abhängigkeit vom staat begiebst und ein möglichst eigenverantwortliches und selbstbestimmtes leben führst.
eine andere möglichkeit des profitieren wäre, dass die kooperation mit deinen mitmenschen zunimmt und auch diese zu mehr kooperativen lösungen tendieren statt auf zwang zu setzen.
desweiteren kann es dazu führen, dass sich dein persönliches umfeld dahingegen ändert, dass du weniger mit menschen zu tun hast, die die "kultur" der anspruchshaltung, des forderns und des schmarotzertums pflegen und immer mehr menschen in dein leben treten welche selbstbestimmtes und eigenverantwortliches handeln als selbstverständlichkeit ansehen.

dies betrachtet natürlich nicht jeder als vorteilhaft bzw. positiv.... insofern also auch nicht als anstrebenswerten profit.
Wer gehört denn zum "Schmarotzertum"?
*******z_st Mann
785 Beiträge
****NUM:
Wer gehört denn zum "Schmarotzertum"?

schmarotzer = parasit

auf menschliche gesellschaften bezogen jene, welche sich, ohne deren einwilligung, von den produktiven mitgliedern der gesellschaft ernähren. beispielsweise berufspolitiker, "unternehmer" die vorwiegend von subventionen leben, menschen die bewusst das zwangsfinanzierungsmodell des staates ausnutzen um parasitär davon zu leben, uvm.
Kooperation
Bei dem Stichwort erwache ich aus Mitleserpassivität.
ine andere möglichkeit des profitieren wäre, dass die kooperation mit deinen mitmenschen zunimmt und auch diese zu mehr kooperativen lösungen tendieren statt auf zwang zu setzen
Hier liegt der Hase im Pfeffer. Gehen wir mal - heute modellhaft - einen Schritt hinter das annerkannte Profitstreben des Individuums. Es ist nun mal normal, daß es natürliche divergierende Interessen in unserer arbeitsteiligen Zeit und engen Raum gibt. Jede Kooperation ist in letzter Konsequenz keine sondern ein Kompromiss, eine Übereinkunft. Es gibt einen natürlichen Antagonismus, z.B. Weidewirtschaft vs. Anbauwirtschaft. Uralt. Fischerei vs. Bergbau. Was hat das mit dem Anarchismus unserer Diskussion zu tun? Unausgegoren formuliert: Je enger und je mehr Menschen zusammen leben, desto weniger ist ein (regel-)freies Tun & Lassen möglich.
*******z_st Mann
785 Beiträge
*******ER56:
Was hat das mit dem Anarchismus unserer Diskussion zu tun? Unausgegoren formuliert: Je enger und je mehr Menschen zusammen leben, desto weniger ist ein (regel-)freies Tun & Lassen möglich.

unausgewogen aber korrekt. einer der gründe warum anarchismus nichts mit regellosigkeit zu tun hat.
praktische Bestimmungen
Man könnte als praktisches Beispiel für Anarchismus die heutige Verhältnisse in Syrien bezeichnen, wenn sich nicht andere Staaten einmischen würden; der ursprüngliche Bürgerkrieg wurde zu einem internationale Debakel (erfreulich, dass die USA hier eine geringe Präsenz haben, dafür ist es hier Russland).

Der dortige Bürgerkrieg ist nicht nur ein "einfacher" Krieg der Bürger gegen den Staat, sondern vieler untereinander. Es gibt dort eine Unzahl religiöser Gruppierungen und Kräfte, die sich im Namens Allahs kriegerisch bekämpfen; bedeutend sind dabei neben dem radikalen IS auch die Kurden u.v.a.m. Die Verhältnis dort sind nur noch als chaotisch zu bezeichnen.

Eine Anarchie ist dann gegeben, wenn eine staatlich Ordnung aufgehoben und durch viele Machtzentren ersetzt ist. Die Auseinandersetzungen mögen dabei bewaffnet sein oder nicht. Dennoch ist Gewalt das typische Merkmal eines solchen Zustandes.

Aus dem wird auch klar, dass es eine anarchistische Haltung überhaupt nicht gibt, weil sie aus einem einmaligen willentlichen Akt entspringen müsste. Dieser Zustand ist aber aus einem langen historischen Prozess entstanden (unabhängig davon, dass sie ja einem Individuum zugeschrieben werden sollte, was auf die beschriebene Situation überhaupt nicht passt; weshalb ich die Begrifflichkeit auch eher in der Nähe eines Neologismus sehen).
*******z_st Mann
785 Beiträge
*******are:
....Syrien...Die Verhältnis dort sind nur noch als chaotisch zu bezeichnen....Eine Anarchie ist dann gegeben, wenn eine staatlich Ordnung aufgehoben und durch viele Machtzentren ersetzt ist. Die Auseinandersetzungen mögen dabei bewaffnet sein oder nicht. Dennoch ist Gewalt das typische Merkmal eines solchen Zustandes.

exakt das ist anomie, was aber gerne von herrschaftssystemen als anarchie verkauft wird um herrschaft zu rechtfertigen und dafür akzeptanz aufrecht zu erhalten. das kennzeichen von anarchie ist herrschaftslosigkeit, also sie ablehnung initiierender gewalt und achtung der selbstbestimmung des individuums (siehe oben verlinktes video zur moralphilosophie).


*******are:
Aus dem wird auch klar, dass es eine anarchistische Haltung überhaupt nicht gibt, weil sie aus einem einmaligen willentlichen Akt entspringen müsste.

ja, aus einer fallschen annahme (verwechslung anarchie/anomie) folgt die falsche schlussfolgerung.

wenn es diese grundhaltung überhaupt nicht gibt, frage ich mich, wie du dein privatleben gestaltest. haust du dem bäcker einen knüppel über den schädel um an brötchen zu kommen oder handelst du mit ihm (kooperation)?...also alle die ich kenne versuchen dieses bedürfnis (nach brötchen) kooperativ zu erfüllen. sie schlagen den bäcker nicht deshalb nicht, weil es gegen das gesetz eines herrschaftssystems verstösst, sondern weil kooperatives verhalten zu unserem wesen gehört und vorteilhaft ist.
von einem geringen prozentsatz krimineller und psychopathen/soziopathen abgesehen (die es immer geben wird), gestalten die meisten menschen ihr leben auf der persönlichen ebene von ganz alleine und ganz selbstverständlich kooperativ und ohne initiierung von gewalt.
*****enz:
das kennzeichen von anarchie ist herrschaftslosigkeit, also sie ablehnung initiierender gewalt und achtung der selbstbestimmung des individuums (siehe oben verlinktes video zur moralphilosophie).

Das Beispiel von Yokowakare war nicht schlecht gewählt. Weil es zeigt, wie schnell aus Anarchie Anomie werden kann. Der Mensch sucht sich ein dann einen Leithammel, und diesem folgt er dann, selbst wenn dieser die Anarchie dann beendet.
Ich bin überzeugt, selbst ein Nationalsozialismus kann aus einer Anarchie entstehen. Anarchie als Ideal ist nur dann stabil, wenn sie innerhalb eines Herrschaftssystemes als Wunsch existiert. Fehlt das Herrschaftssystem, sucht sich der "anarchische Mensch" ein Neues Herrschaftssystem. Sei es etwas religiöses, ideologisches oder sonst etwas. Der Mensch besitzt nun mal den Hang zum Fundamentalen. Er will geknechtet werden und er möchte unter dieser Knechtschaft stöhnen und leiden. Und vor allem nicht verantwortlich sein, was "die da oben" in seinem Auftrag machen.

Wäre es anders, würden wir nicht diese Gesellschaft haben. Denn über die Lösung so einiger Probleme sind wir uns doch einig, was sich aber nicht im Häkchen bei der Wahl niederschlägt, weil der größte Teil der Wählerschaft sich immer wieder aufs Neue vom Wahlkampf aufs Kreuz legen lässst. Und das bereits unzählige Male, da kann man nur noch den Vorsatz des Wählers anheimstellen.

Der Mensch ist nicht für eine stabile Anarchie geschaffen.
*******z_st Mann
785 Beiträge
****NUM:
Das Beispiel von Yokowakare war nicht schlecht gewählt.

nun, es ist ein beispiel welches zeigt was passiert, wenn verschiedene herrschaftssystem (div. staaten, religionen, ideologien,...) ihre unterschiedlichen ziele und interessen auf dem selben territorium durchsetzen wollen.

****NUM:
Er will geknechtet werden und er möchte unter dieser Knechtschaft stöhnen und leiden. Und vor allem nicht verantwortlich sein, was "die da oben" in seinem Auftrag machen.

zustimmung. daher glaube ich ja, wie schon so oft geschrieben, auch nicht mittelfristig an anarchistische gesellschaften auf makroeben.
allerdings halte ich diesen willen zur knechtschaft nicht als "naturgegeben" und für ein genetisches merkmal der gattung mensch, sondern für anerzogen. daher würde ich die aussage...:

****NUM:
Der Mensch ist nicht für eine stabile Anarchie geschaffen.

...so kommentieren: dem mensch wird es etwa ab der zweiten hälftes des ersten lebnsjahres aberzogen. herrschaft ist das erzwingen von gehorsam und beginnt meist in diesem ersten lebensabschnitt. dadurch wird es dann von den heranwachsenden kopiert und auch zur konfliktlösung und zielerreichung als akzeptabel angesehen. die indoktrination und die konditionierung auf gehorsam in den schulen, ferfestigt dann dieses verhalten und lässt es zur allgemein anerkannten normalität werden.
Ich habe meine Zweifel, ob dies anerzogen ist. Oder ob nicht (auch) der Anarchismus dann anerzogen ist.

Wenn wir auf die Menscheit blicken, gab es hunderte Kulturen, welche sich auch weitesgehends unabhängig voneinander entwickelten. Alle haben ein Herrschaftssystem etabliert, mir ist keine Ausnahme bekannt. Wenn der Hang zur Herrschaft so verbreitet ist, das er in allen Kulturen, von den Maya bis zu den Inuit, vorkommt, dann ist das für mich ein Indiz, das dieser Herrschaftsdrang nicht anerzogen ist. Allenfalls wäre es möglich, das Herrschaft ein Mitbringsel aus der Evolution ist. Wo wir wieder beim Gehirn wären, mit der Option, das Herrschaft einfach praktisch ist und deshalb bevorzugt wird.
Denn wenn ich mir vorstellen müsste, das die Straße gemacht werden muss und es dafür eine Kooperation mit allen Nachbarn geben müsste, wünsche ich mir auf der Stelle den Monarchen auf den Thron.
Kooperation funktioniert sehr gut, wenn die Kooperation eine 1zu1 Angelegenheit ist (Kunde/Bäcker). Ist es eine Gruppe mit Persohnen nahezu identischer Interessenslage funktioniert es auch noch (google mal ZEGG Belzig -> deren Organisationsform).
Ist es eine "zusammengewürfelte Gruppe" - wie die Nachbarn in meiner Straße wird es mehr als abenteuerlich. Es wäre schlichtweg unmöglich eine herrschaftsfreie Kooperation aufzubauen, wenn es alle tangiert (Straße, Wasser, Strom, Gas, Haus, Stadtplanung (kein neues Hochhaus vorm Küchenfenster), Tempolimit, Ruhezeiten in der Hausordnung, Reinigungsplan, Farbgebung Treppenhaus..... undundund). Ganz zu schweigen was passiert, wenn man erfährt das die Nachbarin gegen Gefälligkeiten Sonderkonditionen vom Vermieter erhält. Da kocht sich dann in der Nachbarschaft ein Süppchen hoch....
*******z_st Mann
785 Beiträge
@ bicinum
danke für dein interessantes posting. natürlich ist es nicht nur anerzogen. es gibt viele gründe. die erziehung spielt allerdings eine entscheidende rolle dafür, welche wege zur bedürfnisbefriedigung wir kennen und einschlagen, sowie welche normen wir akzeptieren. betrachten wir z.b. den üblichen erziehungs- und "bildungs"weg in deutschland, so ist es, vereinfacht ausgedrückt, die perfekte sklavenzucht. sich von diesen prägungen zu lösen ist schon mal kein leichtes unterfangen.

der mensch entscheidet sich jeden tag dafür, beherrscht zu werden, sonst würde er ja ungehorsam sein.
die gründe dafür sind auch klar: in der persönlichen kosten-nutzen-rechnung wird der gehorsam als lohnender bewertet, wobei auch die subjektive unzufriedenheit, moralische skrupel und das wissen, dass herrscher verbrecher und lügner sind, bereits im akzeptierten preis enthalten sind.

spannender weise fragte heute jemand auf facebook: "Was war zuerst da, Herrschaft oder Gefolgschaft?"
ich antwortet: "das bedürniss verantwortung abzugeben (auf kosten der selbstbestimmung)"
stefan blankertz hingen antwortete dem fragenden: "Der Raub. Der Staat entsteht, wenn Sesshafte (Bauern) wiederholt geplündert werden, indem die Plünderer (meist Nomaden) erkennen, dass es vorteilhafter ist, den Bauern so viel zu lassen, dass sie überleben und weiterproduzieren."

ich denke auch er hat recht. es sind also mehrere faktoren. im prinzip läuft es auf die gestaltung der "beziehung" zwischen antagonisten heraus, und der entscheidung des einzelnen, wie er mit anderen menschen umgeht. für die entscheidung spielt sowohl das wissen, die normative prägung und der individuelle grenzwert bezüglich der kosten-nutzen-rechnung eine rolle. davon abhängig entscheide ich mich dann ob ich jemanden ignoriere, mit im kooperiere, ihm gegenüber als aggressor auftrete, mich gehorsam einem aggressor unterordne oder mich verteidige.
aggression ist einem grenzwert (welcher den punkt beschreibt, an dem sich die subjektive präferenz verändert) unterworfen, ebenso wie der widerstand gegen aggression. immer kommt es zu einer egozentrischen kosten-nutzen-abwägung.
was passiert beispielsweise bei der entscheidung für kooperation?: man geht diverse selbstverpflichtungen ein. man erkennt mit der entscheidung für kooperation die impliziten normen der kooperation an, die wichtigste ist die aggressionsfreiheit und die anerkennung des willens des anderen (sonst wäre kooperation nicht möglich). es sind also innerhalb dieser kooperativen ordnung nur diejenigen handlungen gerechtfertigt, die nicht zu den normen der kooperation im widerspruch stehen.
das "nicht-angriffs-prinzip" (als zentrales element des anarchismus) ist eine logische konsequenz der entscheidung zur friedlichen kooperation. es ist universell gültig, WENN kooperation gewollt ist. eine anarchistische gesellschaft wäre eine gesellschaft, deren mitglieder die friedliche kooperation wollen und bereit sind, sich selbst in ihren handlungen zu begrenzen.
der aggressor hingegen ignoriert die normen der kooperation, weil kooperation (und die damit verbundene selbstverpflichtung sowie anerkennung des willen anderer) von ihm gar nicht gewollt ist, und es liegt in seinem interesse den handlungsgrenzwert seines gegeüber dahingegend zu beeinflussen, dass dieser sich für gehorsam statt für widerstand entscheidet. beispielsweise um ihn regelmässig ausplündern zu können.

meine erachtens sind wir schon allein deshalb lichtjahre von einer anarchistischen gesellschaft entfernt, weil wir permanent die ankonditionierten strukturen übernehmen und anerkennen, welche gesellschaftliche monopolpositionen schaffen (z.b. monopol auf rechtsprechung, monopol auf gesetzgebung, gewaltmonopol, etc.). diese possitionen wecken kaum interesse bei überwiegend kooperativ veranlagten menschen, haben aber eine magische anziehungskraft auf aggressoren und parasiten.

ob, wie du schreibst, herrschaft nun ein mitbringsel aus der evolution ist, vermag ich nicht zu beurteilen. sicher waren wir evolutionstechnisch betrachtet, mal an dem selben punkt wie alle tiere: ich hab hunger, also fress ich das andere tier.
der mensch hat aber die fähigkeit entwickelt, nach eigenem willen, vom töten und rauben abstand zu nehmen. das tier kann das nicht. wenn du hunger hast kannst du jemanden erschlagen und/oder berauben oder du kannst ihn um etwas zu essen bitten und/oder im gegenzug etwas anderes anbieten. du kannst dich für kooperation entscheiden... wenn du willst.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
Der Mensch ... will geknechtet werden und ...vor allem nicht verantwortlich sein, was "die da oben" in seinem Auftrag machen.

Das trifft sicher für viele Menschen zu. Und auch ich selber habe immer wieder Phasen gehabt, wo mir eine gewisse selbstverschuldete Unmündigkeit mal ganz Recht war. Beispielsweise bei der Frage "was ziehn wir dem Säugling denn heut' mal Nettes an?" Gleichwohl möchte ich das als anthropologische Naturkonstante so pauschal auch nicht stehen lassen wollen.

Nicht einmal von der Quote her: Die Aufklärung als historische Strömung hat den Anteil derer, die auf ein freies und selbstbestimmtes Leben pochen, sicher substantiell erhöht. Auch Männer wissen heuzutage, dass quer-gestreifte Leggins bei dicken Kindern einfach Scheiße aussehen, und pochen diesbezüglich auf ein gewisses Mitspracherecht.

kosten-nutzen-rechnung

Das ist alles sehr plausibel, scheint mir aber für eine wirklich umfassende Betrachtung, die allen historischen Epochen gerecht werden soll, zu "rational."

Was ist mir Charisma als Basis von Herrschaft?

Was ist ganz einfach mit der auch sexuellen Attraktivität von Führerfiguren, die Menschen wieder und wieder dazu getrieben hat, für eine bestimmte Idee (artikuliert durch den Herrscher) in den Tod zu gehen, mithin die denkbar schlechteste Kosten-Nutzen-Rechung für das beherrschte Individuum?

Selbst wenn ich davon ausgehe, dass ein von freien Individuen im idealisierten herrschaftsfreien Diskurs abgestimmtes Regelwerk überhaupt erstellbar ist (was ich noch nicht einmal tue), so scheinen mir doch die Beweggründe für die Mehrzahl von Detailfragen dieses Regelwerks in der Praxis nicht minder irrational als Entscheidungen beim Parfümkauf.

Der Gesellschaftervertrag einer anarchistischen Gesellschaft ist mit der Engstirnigkeit und Krämerhaftigkeit der deutschen Grundpreisauszeichnung definitiv nicht kompatibel. Jedenfalls nicht als weltweites Modell. Der müsste schon in den metakommunikativen Grundlagen eher wie ein orientalischer Basar gestaltet sein.

Noch besser gleich als Harem.
*******z_st Mann
785 Beiträge
gehe gleich offline, daher nur kurz dazu:

*******enza:
...die Menschen wieder und wieder dazu getrieben hat, für eine bestimmte Idee (artikuliert durch den Herrscher) in den Tod zu gehen, mithin die denkbar schlechteste Kosten-Nutzen-Rechung für das beherrschte Individuum?

die kosten-nutzen-rechnung erscheint nur dir schlecht. derjenige, welcher für eine ideologie freiwillig in den tod geht, bemisst den wert der ideologie (deren verteidigung, durchsetzung, verbreitung, etc.) höher als sein eigenes leben.
Ich glaube, ich bleibe dabei: Ich finde Herrschaft toll. Aber nicht die Gegenwärtige. Macht muss nicht dazu gebraucht werden um eine eine "finstre Herrschaft" zu begründen. Ich selbst war schon mehr als einmal dankbar, das meine Frau von der Macht Gebrauch gemacht hat, und damit dumme Entscheidungen meinerseits vereitelt hat. So wie ich das auch schon bei ihr gemacht habe. Ich habe also gegen ihren Willen sie von Dingen abgehalten, die ihr geschadet hätten. Wenn man Herrschaft dazu nutzt, um Schaden abzuwenden, was ist dann verkehrt?
Ich glaube das Instrument Herrschaft ist nie das wahre Problem, sondern eher diejenigen, die es benutzen. Ein Herscher kann das Volk schützen, manchmal sogar vor sich selbst. Das Geheimnis eines vollkommenen Herrschers ist Weisheit und Besonnenheit. Aber in den heutigen Tagen mangelt es an beiden. Wissen haben wir dagegen im Überfluss.
Die Anarchie geht davon aus, das die Gesellschaft nicht vor sich selbst beschützt werden muss. Ich glaube, auf das Lehrgeld kann ich gut und gerne verzichten. Fehlt die Herrschaft, neigt der Mensch zusehr sich von seinen emotionen beherrschen zu lassen, und dann wird im deklarierten angeblichen Verteidigungsfall die Gewaltfreiheit allzuschnell zu Grabe getragen.
Interessanter Aspekt
Freiwilliger Verzicht auf Selbstbestimmung zum Schutz und zur Verbesserung meiner Lebensqualität. Warum eigentlich nicht? Ein sehr beliebtes Sujet für Romane. Mehr noch es begegnet uns im Alltag: Der ist Freiberufler, jener lieber Beamter. Dieser reist als Backpacker, jener nur per Fernsehreportage von der Couch aus. Bleibt nur noch über die Freiwilligkeit der Entscheidung zu befinden, die selbstbestimmte Aufgabe der Selbstbestimmung. Und da stürzt das Muster in sich zusammen. Wo ist diese Selbstbestimmung unter Diktatoren, welcher Ausprägung auch immer,?
Gutes Leben
Mein Leben hat zwei Aspekte: Quantität und Qualität. Das bedeutet es ist gut - und damit nicht schlecht ... - wenn es lange und qualitativ hochwertig statt findet.

Die Zeitdauer habe ich nicht im Griff. Gibt es hier gar jemand?

Eine Hypothese: Wer schmerzfrei 24 Orgasmen am Tag hat und das mal 365 und das mal 80, hat ein qualitativ gutes Leben. Wer schmerzfrei 2 Orgasmen am Tag hat, hat ein qualitativ schlechteres Leben - als dieses gute Leben usw.

Wer in Schmerzen 24 mal gefoltert wird (was sich fügt), hat hier wieder ein qualitativ schlechteres Leben usw.

Nun hat man eine mögliche Skala zur Bestimmung von einem qualitativen guten Leben.

Danach kann man versuchen sein Leben zu bestimmen.
*******are:
Wer schmerzfrei 24 Orgasmen am Tag hat.....
*******are:
Wer in Schmerzen 24 mal gefoltert wird......


Was ist mit dem, der 24 Orgasmen bekommt, weil er 24 mal gefoltert wird (Masochisten)? *ggg*


Ich glaube das alles ist für mich eine Waage. Das Leben ist gut, wenn Leid und Freude in Balance sind. Das Leben ist gut, wenn es eine Balance zwischen Selbstbestimmung und Fremdbestimmung gibt. Das Leben ist gut, wenn es eine Balance zwischen Egoismus und Selbstaufgabe gibt.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
Das Leben ist gut, wenn es eine Balance zwischen Selbstbestimmung und Fremdbestimmung gibt.

Systemisch betrachtet, ist diese Balance immer vorhanden.

Auch wenn die Selbstbestimmung sehr gering ist, was man meist als unangenehm empfindet.

Auch wenn unter den Fremdbestimmern einige sind, die sich - charismatisch gesehen - unangemessen großtun, was man auch als unangenehm empfindet und was für mich den Urquell einer anarchistischen Haltung ausmacht.

Dein freimütiges Bekenntnis zur Unterordnung verdient Respekt, gerade weil es so sehr wider den Zeitgeist geht. Ich mag es aber für mich so nicht annehmen wollen. Für mich gibt es zwei Formen der Unterordnung, die ich im Rahmen meiner anarchistischen Grundhaltung rechtfertigen kann:

1) taktisch gegenüber Menschen mit unangemessenen Herrschaftsansprüchen, welche aber vorübergehend (situativ) über Machtmittel verfügen, die mir sehr schaden könnten.

2) Demut vor Gott

---------------

Einer der Gründe, warum ich nicht glaube, dass sich diese dynamische Balance zwischen Fremdbestimmung und Selbstbestimmung durch ein statisches Regelwerk abstimmen lässt, hat mit Schwankungen beim Chi (Gesundheit) zu tun. Das Feuer in uns. Manchmal lodert es sehr stark, manchmal schwächer; und manche fühlen sich ausgebrannt.
*******enza:
Auch wenn die Selbstbestimmung sehr gering ist, was man meist als unangenehm empfindet.

Ist dies so? Oder nehmen wir das nur so wahr, weil wir nur auf das sehen, was wir nicht bestimmen können, und das was wir bestimmen können aus den Augen verloren haben?

Auch:

Ist es nicht auch eine Wertefrage? Es scheint, das alles was wir nicht bestimmen können eine große, zu große Bedeutung, bekommen hat. Und alles was wir jederzeit bestimmen können erscheint uns nahezu bedeutungslos? Irgendwie logisch, in einer Gesellschaft deren Sichtfeld inzwischen auf den Mangel fixiert ist weil es der Markt braucht und suggeriert um uns im Hamsterrad zu halten.

Dabei liegt die Lösung hier nicht darin den Mangel zu beseitigen, damit sich der nächste Mangel breitmacht. Sondern darin nicht zu vergessen, was uns bereits gegeben ist. Dann kann sich auch Zufriedenheit breitmachen, und dann juckt es mich nicht, wenn es Herrscher über mich gibt, weil ich auch das sehe, wo ich bereits selbstbestimmt handeln kann (Wahl des Ehepartners z.Bsp., Kinder bekommen......) Wenn ich darauf sehe, das ich mein Leben mit Menschen verbringen kann, welche ich um mich haben möchte, was juckt mich da Berlin? Oder ist Berlin bedeutender als mein Lebensmittelpunkt????
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
nehmen wir das nur so wahr, weil wir nur auf das sehen, was wir nicht bestimmen können, und das was wir bestimmen können aus den Augen verloren haben?

Ich glaube, wir haben sogar viel zu viel aus den Augen verloren, was wir nicht mehr selber bestimmen können.

Beispielweise Autobahnen: Man kann in aller Regel nicht mal anhalten, um pissen zu gehen. Vor allem im Stau kann das sehr unangenehm sein, denn ich hasse es wie die Pest, wenn mir dabei jemand auf den Schwanz sieht, den ich nicht kenne.

Ein anderes recht banales Beispiel:

Ich habe nach dem Mittagessen wie jeder Mensch ein leichtes physiologisches Tief, weil der Magen sehr angestrengt arbeiten muss und auf Kosten meines Hirns mehr Sauerstoff aus dem Blut anfordert. Deswgen mache ich mittags gerne ein kurzes Nickerchen. Es gibt nur sehr wenige sogenannte Arbeitgeber, die mir sowas bieten können. In den meisten Bureaux, Fabrikhallen, Schulen etc gibt es nicht mal Feldbetten. (außer für Flüchtlinge)
**nt Mann
1.739 Beiträge
.. ich hasse es wie die Pest, wenn mir dabei jemand auf den Schwanz sieht, den ich nicht kenne.

*haumichwech* *top2*
Ok. das war vielleicht mißverständlich von mir ausgedrückt.

Ich meinte, das wir vieles, wo wir selbstbestimmt sind aus dem Auge verloren haben. Schaue ich auf andere Kulturen sehe ich wie beschränkt man dort handlungsfähig war/ist. Berufswahl, Karriere, Wahl des Wohnortes, Wahl des Lebenspartners incl. Familienplanung, Entfaltung der Persönlichkeit, ein Leben im Frieden, keine Apartheit, Rechtsstaatlichkeit und keine Willkür, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit - vieles von dem ist in vielen Kulturen alles andere als selbstverständlich. Wir sehen es nicht mehr, weil wir es für selbstverständlich halten. Mir scheint eher, das die Einschränkungen in unserer Freiheit eher ein "Luxusproblem" sind- vergleiche ich mich mal unsere Einschränkungen mit denen die ich hätte, wäre ich woanders geboren worden. In einigen Ländern ist das Leben weitesgehend "vorherbestimmt" und bietet wohl kaum Spielraum für Selbstbestimmung. Sollten wir nicht eher dankbar sein für das, was wir haben, anstatt dort zu nörgeln, wo es vielleicht nicht ganz funktioniert-systembedingt. Die vollkommene Gesellschaft gibt es nicht. Übrigens, selbst wenn wir ein neues System einführen, würde Murren aufkommen. So wie bei den Juden, die sich auf den Weg in die Freiheit befanden - und sich doch nach den Fleischtöpfen Ägyptens sehnten, zurück in die Sklaverei.....

"Wollte Gott, wir wären in Ägypten gestorben durch des Herrn Hand, da wir bei den Fleischtöpfen saßen und hatten die Fülle Brot zu essen!" - Exodus 16,3 Luther 1912

Davon die Redensart "Fleischtöpfe Ägyptens" im Sinne von "Wohlleben in Knechtschaft"

aus Wikipedia
*******alm Paar
7.574 Beiträge
hier und heute,
Anarchismus

vor ort! er hat sich verkleidet, als bankenmonopol, wirtschaftsklagelied, subventionskartell.

der anarchist von gestern möge sich im grab umdrehen, der heutige lässt die champagner gläser klingen!

die einen haben verloren, die anderen schon immer gewonnen................

calm*wink*
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
.. ich hasse es wie die Pest, wenn mir dabei jemand auf den Schwanz sieht, den ich nicht kenne.
*haumichwech* *top2*

Ja, das war syntaktisch etwas doppeldeutig-ungeschickt. Unser Schwanz, das unbekannte Wesen, hat nochmal wieder seine ganz eigenen Gesetze.

Fiel mir nach dem Absenden auch auf;)


Ich meinte, das wir vieles, wo wir selbstbestimmt sind aus dem Auge verloren haben....

Mir scheint eher, das die Einschränkungen in unserer Freiheit eher ein "Luxusproblem" sind- ...

Wir müssen immer wieder zwei Dinge auseinanderhalten:

1) Kritik an den herrschenden Zuständen (und Menschen) ist immer nach außen hin in die politische Ebene gerichtet. Da jene politische Ebene nie perfekt ist, kann es von dieser Kritik auch nie genug geben.

2) Für den eigenen inneren Seelenfrieden ist diese Kritik Gift. Wer sich zu sehr daran aufreibt, und ausschließlich in politischer Kritik west, tut sich selber keinen Gefallen.

Allerdings hat auch dieser Punkt 2) eine öffentliche Ebene:

2)a) Wir können untereinander Tipps austauschen, wie wir innerlich in der Balance bleiben. Das ist legitim. Das findet sich in den Lebensratgebern in den Buchhandlungen, wird viel in Internetforen diskutiert, und auch die Religionen leisten hier hervorragende Arbeit.
2)b) Wer wiederum nur noch solcherart yogisch entrückt west, vernachlässigt den politischen Kampf, was dazu führen kann, dass seine innere Anpassungsleistung durch wachsenden äußeren Druck immer größer werden muss. Deswegen das Marxsche Bonmot Religion sei Opium für das Volk.
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