Bei dem Begriff des Schönen handelt es sich um einen derart vielseitig verwendbaren und in der Umgangssprache gleichsam oberflächlichen weil universell einsetzbaren Begriff, dessen komplette Darstellung für jeden denkbaren Fall ein mit Sicherheit nicht allzu dünnes Buch mit Inhalt füllen würde
Auch wenn ich mir mit Sicherheit die Zähne an diesem Begriff ausbeißen werde, will ich’s trotzdem mal versuchen
1. Die Schönheit der äußeren Erscheinung von Dingen durch deren Einklang mit der Natur:
Ein Objekt, ob es sich dabei nun um eine Sache oder eine Lebensform handelt, bezeichne ich als schön, wenn es meinem ästhetischen Empfinden schöntut. Wie aber kann ich erklären, warum mir gerade dieses Objekt gefällt, das andere wiederum nicht? Ich würde vermuten, dass mich mein Sinn für die Ästhetik eine Sache dann am meisten als „schön“ bezeichnen lässt, wenn seine Form, bzw. seine farbliche Beschaffenheit den Gesetzmäßigkeiten entspricht, wie sie denjenigen Dingen zueigen ist, welche von der Natur geformt wurden und sich am meisten mit ihr im Einklang befinden. So würde ich z.B. einen Haifisch oder auch einen Delphin in ihrer Form als „schön“ bezeichnen, weil sie von der Natur so geformt wurden, dass sie sich in ihrem Element, dem Wasser, so gut bewegen können wie keine Lebensform, die dort nicht hingehört. Der Tiger ist schön, weil sein Fell ein natürliches Muster hat, wie es etwa den Stellen in der Natur entspricht, in denen er sich dadurch hervorragend tarnen und an seine Beute heranschleichen kann. Den vom Wüstensand oder dem Meer langsam geformten oder geschliffenen Stein oder Fels werden die meisten von uns als schön Bezeichnen –auch er gelangte erst durch die Bewegung der Natur zu seiner schönen und glatten Form. Dieses Empfinden lässt sich auch auf die vom Menschen geschaffenen Dinge umsetzen: Ein schneller Sportwagen, ein Sportboot oder ein Jagdflugzeug erhalten von ihren Betrachtern zumeist das Prädikat „schön“, da sie sich alle durch ihre stromlinienförmige, also somit auch der Natur angepasste Bauweise auszeichnen, während ein Omnibus oder eine Trans-All eher als unförmig oder vergleichsweise hässlich bezeichnet werden.
1.1 Die Empfindung der äußeren Schönheit der Menschen untereinander
Auch beim Schönheitsempfinden der Menschen für den Menschen wird es sich ähnlich verhalten, auch wenn hierbei der Einklang mit der Natur weitestgehend durch den „Nutzen für die Bestimmung durch die Natur“ ersetzt werden muss. Die meisten Männer werden zumeist diejenigen Frauen als besonders schön bezeichnen, deren Figur sich am besten zum Kinderkriegen eignet. Ein breites Becken, eine schmale Taille und eine große Oberweite werden allgemein weitaus häufiger als „schön“ angesehen als eine extrem dünne oder eine extrem dicke Frau, da sich diese beiden Extreme eben weitaus schlechter hierfür eignen. Ebenso verhält es sich umgekehrt: Vom weiblichen Geschlecht werden überwiegend starke und große, Männer bevorzugt, die sich in ihrer natürlichen Umgebung, also der menschlichen Gesellschaft, gut durchsetzen können und in denen eine Frau eher einen „Beschützer“ erkennen kann als in einem kleinen schmächtigen oder unbeweglichen dicken Mann.
1.2 Empfindung der äußeren Schönheit als „Niedlichkeit“
Diese Empfindung findet gleichermaßen Anwendung für Menschen und Tiere, sowie für Objekte, die Menschen oder Tieren nachempfunden wurden, also Puppen oder Stofftiere. Hierbei macht zum einen, wie allgemein bekannt sein dürfte, ein überproportionales Verhältnis von Kopf zum Rest des Körpers die „niedliche Schönheit“ aus, und zum Anderen die zwar in ihrer Einzelheit schon fertig ausgebildeten, dabei aber noch stark verkleinerten Extremitäten, wie Nase, Finger oder Zehen. Bei Tieren sind es zumeist eine geringe Körpergröße oder ein flauschiges Fell, welches ihnen ihren niedlich – schönen Charakter verleiht; aber auch im Verhältnis kleine Extremitäten, wie beim Bären die kleinen und flauschig runden Ohren auf ihrem im Verhältnis dazu großen Kopf. Auch für diese Empfindung lässt sich die Erklärung wieder in der Natur suchen: Die Niedlichkeit dient den kleinen Kindern oder den jungen Tieren als Schutz davor, nicht von ihren Eltern gefressen, misshandelt oder verstoßen zu werden. In ihrer Niedlichkeit sind sie eben auch schön und damit schützenswert.
2. Beitrag der Dinge und Zustände zu unserem Glück als Maßstab für deren innere Schönheit
2.1 Innere Schönheit der Dinge durch ihren Erschaffer
Dinge, die uns glücklich machen, bezeichnen wir gemeinhin als schön. So können Gegenstände, die man objektiv nicht als schön im Sinne von „ansehnlich“ also „ästhetisch“ bezeichnen würde, im Auge ihres Betrachters oder Besitzers dennoch als überaus schön gelten, wenn dieser erst einmal deren inneren Wert erkannt hat. So wird ein selbst gebasteltes Spielzeug als Geschenk eine wesentlich größere innere Schönheit besitzen, auch wenn es lange nicht so perfekt ist wie ein gleiches Spielzeug, dass es im Geschäft in ungleich höherer Präzision gefertigt zu kaufen gibt. In Wahrheit sehen wir also nicht die eigentliche äußere Schönheit dieses Spielzeugs oder den reinen Nutzen, den es als solches zu unserer Unterhaltung beitragen kann, sondern die innere Schönheit seines Erbauers, der viel Zeit und Mühe zur Erschaffung hierfür investiert hat. Letztlich ist es diese aufopfernde Bereitschaft, die der Schenkende für den Beschenkten investierte. Es ist also der Ausdruck innerer Zuneigung des Schenkenden, die somit letztendlich der Sache ihren inneren Wert verleiht.
2.2 Innere Schönheit der Dinge durch das Hervorrufen von Erinnerungen
Wir werden auch Dinge als schön empfinden, die uns durch ihre äußere Erscheinung an andere schöne Dinge, schöne Erlebnisse oder schöne Lebensabschnitte erinnern. So können ein alter ausgefranster und einäugiger Teddybär oder eine schlichte Tischdecke für uns überaus schön sein, da sie in uns Erinnerungen an schöne Zeiten und an die Menschen, mit denen wir in diesen Zeiten verkehrten, erinnern. Auch hören viele von uns gerne alte Lieder, die musikalisch objektiv betrachtet zwar eher schlicht sind und nicht unbedingt dem sonstigen persönlichen Geschmack entsprechen, durch ihre Melodie allerdings ebenfalls schöne Erinnerungen in uns wecken. Landschaften und Naturbegebenheiten gelten als schön, die uns an schöne Momente in unserem Leben erinnern. Natürlich müssen diese Dinge nicht zwangsläufig äußerlich hässlich oder schlicht sein, um innere Schönheit zu besitzen.
2.3 Innere Schönheit eines Menschen
Zuallererst werden wir die innere Schönheit eines Menschen mit Sicherheit daran messen, in wieweit er zum einen im Einklang mit sich selbst lebt, was sich in seiner Ausgeglichenheit und seinem ruhigen Gemüt bemerkbar machen wird. Ein weiteres, bedeutenderes Merkmal der inneren Schönheit ist die Fähigkeit, andere Menschen und Lebewesen seiner Umwelt sowie diese selbst lieben zu können; uneigennützig aus dieser Liebe heraus zu handeln und seinen Handlungen stets einen guten Willen vorzuschieben. Dieser gute Wille soll auf dem der Natur gemäßen Recht gründen, „einander nicht zu schädigen, noch von einander Schaden zu leiden“ (Epikur – Hauptlehrsätze). So kann auch ein Mensch, der augenscheinlich unnütze oder schädigende Dinge tut, innerlich dennoch ein schöner Mensch sein, wenn seinen Handlungen dieser gute Wille zu Grunde liegt.
2.4 Schönheit eines Zustandes durch Glück, Freude und Harmonie
Tritt ein Zustand ein, in dem Menschen sich dadurch freuen, dass sie in harmonischem Einklang mit sich selbst und ihrer Umgebung zusammen kommen und dass zum Erlangen dieses schönen Zustandes keiner unter ihnen Leid ertragen muss, so würde ich diesen Zustand als „schön“ bezeichnen. Wenn jedoch beispielsweise 10 sich treffen, von denen neun über den zehnten oder zehn über einen nicht anwesenden elften spotten, so würde ich diesen Zustand nicht als schön bezeichnen wollen. Ein schöner Zustand ist also erreicht, indem man Freude an sich selbst, Freude an anderen und Freude an seiner Umgebung hat, ohne dass hierfür jemand ein Leid ertragen muss.
So, würde ich das etwa grob definieren.
@*****ame
Ja, das individuelle, biografische und auch kulturelle Empfinden für Schönheit und das Schöne spielen natürlich auch eine ganz entscheidende Rolle.
Daher kommt es wohl auch, dass von den Einen dieselben Dinge als schön empfunden werden, welche von den Anderen wiederum als hässlich oder unschön gesehen werden.
Schöne sonntägliche Grüße
D.