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Tragik, Ironie und Schicksal

Tragik, Ironie und Schicksal
Hallo, zusammen!

In den letzten Wochen sind in vielen Foren Beiträge zu lesen über den Zusammenhang von Sadismus und Gewalttaten. Gerade gestern beim Radiohören bin ich auf folgende Textzeilen gestoßen, Johnny Cash, Folsom Prison Blues:

When I was just a baby my mama told me. Son,
Always be a good boy, don't ever play with guns.
But I shot a man in Reno just to watch him die
When I hear that whistle blowing, I hang my head and cry.

Besonders traurig, der Killer weiß offenbar, was ist Böse, was ist Gut, wurde ihm als Kind von der Mutter vermittelt, dennoch gewinnt eine verdorbene Art von Neugier die Oberhand. Hinter Gittern stellt sich Reue ein.
Oder wie anders sind die Zeilen zu verstehen?

Grüße zum Wochenende

Hi *zwinker*

Ne, das passt schon so.
Er vermisst ja darin die Freiheit, die ihm genommen wurde, bzw er sich ja letztlich selbst ja genommen hat.

Man muss dazu sagen, denn Song hat er auch in San Quentin und im Folsom Prison, im Knast gespielt - vor Insassen - war damals ein großer Erfolg.

Der Text besagt ja, dass er die Freiheit vermisst... und jedes Mal wenn er draußen den Zug vorbei fahren hört, deutlich an Verlorenes erinnert wird - und in dem Bewusstsein ist, dass dieser Schmerz niemals vergeht. - Er auch die Sonne seit Jahren nicht gesehen hat.

Und Cash hat im Country allgemein viel zu dem Thema Schuld, Sühne, Vergeltung, Vergebung, Reue und Rache geschrieben/gesungen. - Es war sein großes Thema.

Kein Wunder, wenn man sich den Lebenslauf mal ansieht...Im Schatten des Bruders aufgewachsen usw...Erwartungshaltungen seitens der Familie...

Alkohol, Drogen und co... Den Glauben an sich selbst; an Andere...
war schon ein bewegtes Thema, ausgedrückt in Songs, durch einfach verständliche Worte. Kurz und prägnant.

Und eines, was bis heute gesellschaftlich nicht an Aktualität verloren hat.

Halt fand er erst in der Liebe - June Carter, die ihn auch mal vom Alkohol wegbrachte.
Es gibt auch sehr schöne Songs von den beiden - googeln lohnt *zwinker*
Ich hätte da noch einen Text, den Cash mal gecovert hat - er hat´s mit diesen Themen gehabt.

• The Mercy Seed - von Nick Cave.

Passt voll zu dem Thema. Jedenfalls zu den USA.

Man muss es aber bis ans Ende hören ..oder lesen....
Wer aber zart beseitet ist, bitte den Text nicht lesen.

....und für alle, denen der Song eine Spur zu Heavy ist.. denen sei gesagt.. es ist nur ein Song..und ich bin durchaus bei Amnasty International aktiv *zwinker*
Ich bin absolut gegen die Todestrafe, habe schon zahlreiche Peditionen unterzeichnet..aber der psychlogische Aspekt in dem Song...den fand ich enrom.
Und Cash anscheinend ebenso.

The Mercy Seat Songtext Übersetzung (Quelle Songtexte.com)

Es fing alles an, als sie kamen, mich von zu Hause wegbrachten
Und in die Todeszelle steckten,
Daran bin ich fast völlig unschuldig, musst du wissen.
Und ich werd's noch einmal sagen:
Ich...habe...keine...Angst...zu sterben.

Ich begann, mich für Dinge zu erwärmen
und was damit zusammenhängt:
Ein abgenutzter Becher, ein zusammengedrehter Wischmopp
Das Gesicht von Jesus in meiner Suppe
Die finsteren Essensausgaben
Die scheiss Rollen des Tablettwagens
Ein hakenförmiger Knochen, der aus meinem Essen heraus ragt -
Alle Dinge, ob gut oder ungut.

Und der Gnadenthron wartet auf mich (*1)
Und ich glaube, mein Kopf glüht
Und in gewisser Weise sehne ich mich danach,
Dass all dieses Erwägen von Wahrheit endlich vorbei ist.
Auge um Auge
Zahn um Zahn
Und ich habe ohnehin die Wahrheit erzählt
Und ich habe keine Angst zu sterben.

Ich deute Zeichen und liste sie auf:
Ein geschwärzter Zahn, ein scharlachroter Schleier (*2)
Die Wände sehen schlimm aus. Schwarz. Unterstes Niveau.
Sie sind wie stinkender Atem hinter mir
Sie sind wie stinkender Atem hinter mir
Sie sind wie stinkender Atem hinter mir
Sie sind wie stinkender Atem, der sich hinter mir sammelt

Ich höre Geschichten aus der (Hinrichtungs-)Kammer
Wie Christus geboren und in die Krippe gelegt wurde
Und wie er - wie ein zerlumpter Fremdling -
Am Kreuz starb
Und wenn ich anmerken darf - es erscheint so passend, auf seine Weise:
Er war Zimmermann von Beruf,
Oder - zumindest hat man's mir so erzählt

Wie auf meine rechte Hand, habe ich
U.E.B.E.L. auch auf ihre Nachbarfaust (*4) tätowiert
Diese dreckigen Fünf! (*5)
Die machten alles mit und weigerten sich bei nichts.

Im Himmel ist Sein Thron aus Gold
Die Bundeslade (*6) wird dort aufbewahrt
Ein Thron, von dem man mir erzählte,
Dass von ihm die ganze Menschheitsgeschichte ausgeht.
Der "Gnadenstuhl" hier unten ist aus Holz und Draht
Und mein Körper steht in Brand
Und Gott ist niemals weit weg.

Ich steige in den "Gnadenthron"
Mein Kopf ist kahlgeschoren und verdrahtet
Und wie eine Motte,
Die an den Lichtkern zu gelangen versucht,
Schlurfe ich aus dem Leben
Nur um mich im Tod ein Weilchen zu verstecken
Und sowieso - ich habe nie gelogen.

Meine Mordhand heißt U.E.B.E.L.
Sie trägt einen Ehering mit der Gravur G.U.T.
Er ist ein leidgeprüfter Reif,
Der all das Rebellenblut umschließt

Und der Gnadenthron wartet auf mich
Und ich glaube, mein Kopf steht in Flammen
Und in gewisser Weise sehne ich mich danach,
Dass all dieses Erwägen von Wahrheit endlich vorbei ist.
Auge um Auge
Zahn um Zahn
Und ich habe ohnehin die Wahrheit erzählt
Und habe keine Angst zu sterben.

Und der Gnadenthron steht unter Strom (*7)
Und ich glaube, mein Kopf glüht
Und in gewisser Weise hoffe ich,
Dass dieses Abwägen von Wahrheit bald vorbei ist.
Auge um Auge
Zahn um Zahn
Und ich habe nichts mehr zu verlieren
Und habe keine Angst zu sterben.

Und der Gnadenthron, er glüht
Und ich glaube, mein Kopf raucht
Und in gewisser Weise hoffe ich
All die ungläubigen Blicke bald nicht mehr sehen zu müssen
Auge um Auge
Zahn um Zahn
Und es gab sowieso keinen Beweis
Und auch kein Motiv

Und der Gnadenthron, er raucht
Und ich glaub', mein Kopf zerschmilzt
Und in gewisser Weise helfe ich
Diesem ganzen Verdrehen der Wahrheit ein Ende zu setzen
Eine Lüge für eine Lüge
Eine Wahrheit für eine Wahrheit
Und ich habe nichts mehr zu verlieren
Und ich habe keine Angst zu sterben

Und der Gnadenthron, er schmilzt
Und ich glaub', mein Blut kocht schon
Und in gewisser Weise verderbe ich (ihnen)
Den ganzen Spaß mit all der Wahrheit und den Konsequenzen (*8)
Auge um Auge
Wahrheit um Wahrheit
Und ich habe sowieso die Wahrheit erzählt
Und ich habe keine Angst zu sterben

Und der Gnadenthron, er wartet
Und ich glaube mein Kopf brennt
Und in gewisser Weise sehne ich mich danach,
Dass dieses Auswerten von Beweisen endlich abgeschlossen ist.
Ein Leben für ein Leben
Eine Wahrheit für eine Wahrheit
Und es gibt sowieso keinen Beweis
Und ich habe keine Angst, zu lügen

Und der Gnadenthron, er wartet
Und ich glaube mein Kopf brennt
Und in gewisser Weise sehne ich mich danach,
Dass diese Wahrheitsfindung vorbei ist.
Auge um Auge
Wahrheit um Wahrheit
Und ich habe sowieso die Wahrheit erzählt
Doch ich fürchte, ich habe gelogen

----------------------------------------------------------------------------------------------------------

1) Wortspiel: mit "Gnadenthron/-stuhl" bezeichnete man den Elektrischen Stuhl; mit "Gnadenthron" bezeichnet man den Thron Gottes, der nach dem Tod einem Menschen, der um Vergebung gebeten hat, als Erbarmer und nicht als strenger Richter begegnen soll.

2) In Vampirgeschichten: ein Schleier aus Blut, wie Sprühnebel

3) schlechter Atem

4) wörtlich: Bruderfaust; linke Hand

5) bezieht sich auf die 5 Finger der Hand

6) 2.Mose 25,10-22: eine "heilige Truhe" als Zeichen für den Bund zwischen Gott und dem Volk Israel, aus Akazienholz, innen und außen mit reinem Gold überzogen. Auf dem Deckel waren zwei Cherubim. Der Decke selbst war ganz aus Gold gemacht und wurde auch „Gnadenstuhl" genannt.

7) wörtlich: er brennt

*cool* Anspielung auf "Truth or Consequences", eine TV-Gameshow der 1950er von Ralph Edwards
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
wie anders sind die Zeilen zu verstehen?

Bei Liedtexten, Gedichten, Poesie geht es IMHO nicht darum, den Inhalt (endgültig) zu verstehen, sondern vielmehr darum, den Raum zwischen den Zeilen mit eigenen Assoziationsmustern zu füllen. Jeder auf seine Weise.

Bei diesem Lied muss ich immer an eine Stelle von Adorno denken, der irgendwo in der Dialektik der Aufklärung sinngemäß schreibt, dass die Gefängniszelle und die Mönchszelle im Grunde identisch sind: Es geht in beiden Zellen darum, durch Einsamkeit und innere Einkehr sich einerseits der Tatsache bewußt zu werden, wie sehr wir anderer Menschen bedürfen, andererseits durch intensive Reflexion dieses Bedürfnisses dasselbe zu überwinden. Dadurch gewinnt die eigene Persönlichkeit an Wucht und Unabhängigkeit.

And time keeps draaaaaggin' on...

Im modernen Strafvollzug ist dieser Zusammenhang leider etwas aus dem Fokus geraten.

Auf Nick Cave bin ich über die Titelmelodie der Serie "Peaky Blinders" gestoßen, die kürzlich auf Arte lief. "Red right hand" hat mir gut gefallen.

Was ich auf die Schnelle nicht nachvollziehen kann ist, wieso Du bei sadistischen Grausamkeiten an Schicksal und Tragik denkst. Unsere sadistischen Gelüste im Gedankenexperiment zu belassen (oder spielerisch im Bett), sie nicht in die Tat umzusetzen, ist die einzige Freiheit, die wir haben. Für mich ist das eher die Überwindung schicksalhafter Tragik.
Tragisch im Sinne von ausweglos, schicksalhaft im Sinne von vorgezeichnet, unabwendbar. Die Mutter sagt ihm zwar, wie er sich verhalten soll, aber er hält sich halt nicht dran, darin sehe ich die Ironie. Es ist sein Wille, jemanden sterben zu sehen. Die Musik an sich empfinde ich als fröhlich, der Text im Grunde erschütternd, eine weitere ironische Brechung. So lapidar und flott, wie das Mörder-Ich erzählt, könnten Zweifel an der Läuterung aufkommen. So war's halt, fertig. Hinterher ist das Ich schlauer, aber Mordlust und Sadismus dürften nicht verschwunden sein.

Vielleicht noch eine flappsige Bemerkung zur Todesstrafe sei gestattet: Der Delinquent wurde gehängt, damit er daraus eine Lehre ziehe.
Wir unterstellen dem Täter eine freie Entscheidung. Die Frage ist, hatte er die? Warum kam ihm die Durchführung dieser Tat in den Sinn?
Ich wage zu bezweifeln, das wir die Gründe für diese Tat wirklich verstehen können. Und ich möchte davor warnen, das diese Tat unbeeinflusst passiert ist - wie wenn wir diese Tat begehen würden. Wir sind nicht er - und wir haben nicht erlebt was er erlebt haben. Hätten wir das, hätten wir möglicherweise genause gehandelt - ausnahmslos.....
Der Mörder weis, wen er getötet hat. Er weis auch was töten ist. Manche erleben das Verwesen der Leiche besonders intensiv und genußreich (es gab Serienmörder in den USA, die ihre Opfer in einsamen Gegenden verschleppt und dort getötet hatten). Welche asen von dem verwesten Fleisch und genossen es. Sie pfiffen dabei. Die anderen waren schon tot. Das ist tief philosophisch.

Die Grenze der Freiheit spürt jeder. Machen wir ein Experiment: Wir stehen (virtuell) an der Aldi-Kasse.Ein Man neben uns. Wir spüren seine Nähe: 10, 9,..., 2,1, 0 cm - niemanden entgeht das. Wir spüren die Hand an der Kehle und das Messer im Bauch. Das entgeht uns nicht. Wir erkennen es. Pfeif drauf, is eh egal. Man ist tot.

Unsere Erfahrung liefert uns nicht hintergehbare Kriterien für Freiheit. Verbrechern (Mördern) sind sie abhanden gekommen. Sie erlernen sie wieder, es dauert lange - manchmal 20, 10, 5 .... Jahre. Das ist so lang philosophisch. Nun s is eh drauf gepfiffen. Er sitzt und ist nicht tot.
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