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Georges Bataille: "Sade und die Moral"

*****n11 Mann
48 Beiträge
Themenersteller 
Georges Bataille: "Sade und die Moral"
In "Sade und die Moral" schreibt Georges Bataille:

"Früher galt es als ausgemacht, und vielleicht ist es heute noch so, dass sich in der Welt zwei Prinzipien, das des Geistes und das der Materie, gegenüberstehen. Man sagt gemeinhin zwar nicht, dass die Materie das Böse und der Geist das Gute ist. Trotzdem ist es den großen Religionen gelungen, der Materie den Sinn des Bösen und dem Geist den Sinn des Guten zu geben. Ohne Zweifel haben wir es hier mit einer naiven Form der Opposition zu tun, aber sie steht im Hintergrund einer weniger rudimentären Vorstellung, von der ich ausgehen werde.
Diese Vorstellung ist bereits in der platonischen Moral gegeben (findet sich aber insbesondere bei den platonischen Gnostikern). Sie besagt in etwa folgendes: das Gute ist nicht der Geist, auch nicht die Idee oder die Vernunft, sondern die Herrschaft der Vernunft; folglich bestünde das Böse darin, dass die Vernunft von der Materie beherrscht wird oder von den Leidenschaften, sofern es sich um Sitten handelt. Das Böse beginnt also, wenn die Leidenschaften über die Vernunft herrschen. "

Warum ist das Eine das Gute und das Andere das Bösen? Wie sehen diese beiden gegensätzlichen Herrschaften nun konkret aus? Kann man sich für das Eine oder das Andere (frei) entscheiden?

Ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen....
LG
*******rine Mann
361 Beiträge
ein ungleiches wortpaar:
Leidenschaft ... ist etwas das Leiden schafft, das läßt sich verhältnismäßig einfach erkennen, jedenfalls früher oder später.

Läßt sich Vernunft erkennen? wie stellen wir einen Konsens her, was Vernunft und vernünftig sei?

welche Begriffe verwendet Bataille im Original?

ist es vernünftig, Materie und Vernunft einander gegenüberzustellen?
*******rine:
Leidenschaft ... ist etwas das Leiden schafft,

Ja so ist es. Ist das schlimm? ginge es überhaupt anders?
*******rine Mann
361 Beiträge
von schlimm war keine rede, es liegt mir fern das zu werten, es ging mir ausschließlich um die möglichkeit wirklich zu erkennen, worüber wir sprechen.

vernunft ist ein schwieriger begriff... oder wie vernünftig ist die britische entscheidung? eher leidenschaftlich... kann man das entscheiden, am ergebnis? an der intention?
.... kraft, die stets das gute will ...
*********June Paar
7.196 Beiträge
Rückpass:
Philosophie: Marquis de Sade


Johnny Cash:
I walk the line ...

**yx Mann
1.351 Beiträge
Das Gute und das Böse sind Kategorien, aus der menschlichen Empfindung geboren und daher irreal und eigentlich unbedeutend.
Der Fluß des Lebens beschert uns als gut und als schlecht empfundene Erfahrungen, die uns dauerhaft Entscheidungen im Netz der Ambivalenzen unserer Umgebung abverlangen, anhand deren Auswirkungen wir uns weiterentwickeln können, weswegen eigentlich alle "richtig" sind.
Aber auch Empfindungen brauchen Nomen. Deshalb ist es im Laufe der Geschichte gelungen Gott (gut) und Teufel (schlecht) als Begrifflichkeit zu installieren, - als Agitationswerkzeug für Machthaber und Beherrschtseinwollende.
Der freie Man lebt gelöst davon.
**yx:
Der freie Man lebt gelöst davon.
Das ist ein Irrtum.
...böse Steine im leisen Geist ...
Das ist ein gutes Beispiel für einen Kategorienfehler (s.a. Ryle, G.) und damit sprachlicher Unsinn. Beiden Dingen kommt gut oder böse so wenig zu wie gelb oder leise. Natürlich spricht ein Kind von einem bösen Stein oder ein Dichter von einem leisen Geist. Das aber gehört in die Sprachstube vom Kindergarten oder in die Märchenstunde.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
@****num
Außerdem wäre Gott ein wenig beleidigt, wenn ihm irgendein Kleingeist vorschreiben will, er habe sich gefälligst nur um das Gute zu kümmern. Wenn sich einer als Ober-Sadist erweist, dann ja wohl ER.

Das Böse beginnt also, wenn die Leidenschaften über die Vernunft herrschen. "

Warum ist das Eine das Gute und das Andere das Bösen? Wie sehen diese beiden gegensätzlichen Herrschaften nun konkret aus?

Ein gutes und wenig vorbelastetes Beispiel für die Platoniker bzw die Herrschaft des Geistes ist der Sport.

Zwar gibt es Menschen, die leidenschaftlich gerne Sport treiben, aber das ist ja metaphorisch. Leiden schafft zunächst das Aufwärmtraining, vor allem für Raucher. Auch danach ist es meist irgendwie unangenehm. Die Muskeln brennen, Langeweile kommt auf, "immer hadder irgendwas" (Loriot), der Körper.

Es ist aber in jeder Hinsicht vernünftig, das auf sich zu nehmen. Die aufgewendete Zeit wird beim Leben hintendrangehängt, das ist ne Nullsumme; insgesamt aber steigt die Leistungsfähigkeit auf allen Ebenen, man fühlt sich besser und sexy.

Bis zu de Sade wäre das aber ein weiter Bogen.
Das Buch kenne ich nicht.
Kann es sein, dass das Zitat aus den ersten Kapiteln stammt?

Würdet ihr Yogi Löw als Sadisten bezeichnen?
*******enza:
Außerdem wäre Gott ein wenig beleidigt, wenn ihm irgendein Kleingeist vorschreiben will, er habe sich gefälligst nur um das Gute zu kümmern. Wenn sich einer als Ober-Sadist erweist, dann ja wohl ER.
Worauf bezieht sich das? Ich kann grad nicht nachvollziehen worauf du dich beziehst.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
Ich kann grad nicht nachvollziehen worauf du dich beziehst.

Auf die Organismen, die Du zum Abendbrot verspeist hast.
Und die, die Dich einst verspeisen werden.

Wenn sich das Wort "Sadist" nicht auch auf jemanden bezieht, der sich sowas ausgedacht hat, dann weiß ich auch nicht.

Allerdings fehlen bei de Sade tatsächlich fast überall die Momente der Gnade und Barmherzigkeit. Insofern war das vielleicht wirklich etwas übertrieben. Der Teufel ist aber nicht das bloße böse Gegenstück zu Gott. Er ist Teil der Schöpfung und die von keyx so verkürzte Gegenüberstellung ist theologisch nicht haltbar.
In der Tat kannte de Sade keine Gnade (Justine) und insofern ware er auch nicht religiös - er war Philosoph...
*******enza:
Auf die Organismen, die Du zum Abendbrot verspeist hast.
Und die, die Dich einst verspeisen werden.

Ich mach jetzt mal ein theologisch- philosophischen Erklärungsversuch.

Ich halte den Baum der Erkenntnis für den Schlüssel zum Verstehen dieses Dilemmas. Wobei der Baum der Erkenntnis im heutigen (philosophischen) Sprachgebrauch eher Baum der Einteilung heißen müsste. Ein anderer Name wäre der "Baum des Leides".

Das Christentum und dessen Kritiker gehen allzu oft davon aus, das die Schlange/Satan im Paradies die Wahrheit sagte in dem er behauptete, das das Essen vom Baum der Erkenntnis Wissen und Verstehen mit sich bringt. Doch was ist, wenn das eine Lüge war und Satan seiner Natur folgend gelogen hat?

Was ist, wenn der Baum der Erkenntnis, besser gesagt der Baum der Einteilung, etwas mit sich brachte, was wir heute gar nicht mehr auf dem Zettel haben: Die Möglichkeit der Einteilung.
Wir erkennen (!) im Leid was gut und Böse ist. Eine Einteilung, die erst durch das Leid ermöglicht wird. Die Geburtsstunde des Erkennens ist auch die Geburtsstunde aller -ismen. Auch jener -ismen die so entsetzlich viel Leid über die Menschen brachten, seien sie religiös, atheistisch oder sonst wie motiviert. Auch der von Gott prophezeite Tod wäre eine logische Konsequenz auf die nun vorhandene Einteilung, nämlich der Einteilung Leben/Tod. Das Erkennen braucht Einteilung, sonst könnten wir nicht erkennen.

Gehe ich davon aus, wäre Gott kein Sadist, sondern der Mensch ein Masochist - weil er sich im Paradies für die Fähigkeit zur Einteilung (Erkennen) entschieden hat. Wir haben Gott zum Sadisten gemacht, weil wir Masochist sein wollten. WIR sind es, die nach Geld streben gleich wie hoch der Preis ist. WIR sind es die auf der Jagd nach Ressourcen den Planeten ruinieren und und uns mit der Konsequenz der Klimaveränderung selbst peinigen. Wir wollten leben und müssen daher auch sterben.

P.S.: Und das höchste Ziel der Buddhisten wäre eben jenen Masochismus zu beenden - das Einteilen zu vergessen.
*******rine Mann
361 Beiträge
avant-propos
ich möchte mich erstnochmal mit batailles begriffen befassen, denn ich finde es schwierig, gleich so etwas komplexes, wie den abgeleiteten begriff sadismus in die auseinandersetzung zu bringen.
bataille geht es um eine auseinandersetzung mit sade im hinblick auf eine moralische einordnung, etwa: sind seine ansichten unmoralisch oder amoralisch lassen sich moralische kategorien auf sade anwenden oder nicht.
dann stellt er gegenüber herrschaft der vernunft oder der materie und sofern es um angelegenheiten der Sittlichkeit und Moral geht führt er den begriff der leidenschaften ein, wobei wir immer noch nicht wissen, welchen französischen begriffe er dabei verwendet.

ich versuche eine interpretation von sittlichkeit und moral, daraus ergibt sich ein genaueres verständnis von leidenschaft.
sittlich und moralisch ist, was gesellschaftlichen normen entspricht. diese sind darauf angelegt, das menschliche zusammenleben so zu regeln, dass nicht triebgesteuerte bedürfnisse einzelner individuen maßgeblich sind, sondern eben von gesellschaftlicher übereinkunft bestimmte regeln, die die ausführung bestimmter triebgesteuerter handlungen von individuen sanktioniert, und damit zu verhindern sucht, weil diese handlungen dem gesellschaftlichen frieden abträglich scheinen.

dieses und nur dieses bezeichnet bataille nach meinem verständnis als leidenschaft.

leidenschaftliches musizieren oder sporttreiben ist gesellschaftlich akzeptiert und übertritt somit keine sittlichen regeln, darüber zu reden führt uns aus meiner sicht aus dem zentrum des themas.

die herrschaft der vernunft wäre damit die herrschaft moralisch und sittlich gerechtfertigter regeln.
handelt jedes individuum mit dem Ziel, völlig willkürlich und ad hoc seine eigenen triebe zu befriedigen, ohne resepkt auf gesellschaftliche normen und damit rücksicht auf legitime bedürfnisse anderer, dann bezeichnet das die herrschaft der leidenschaften.

@**n: zum 'natürlichen sadismus' ... fressen und gefressen werden hat, sofern es sich nicht um kanibalismus handelt, nichts mit der übertretung sittlicher regeln zu tun. und: es dient dem leben, es ist ein genuiner akt des lebens und zwar einer, der das gesamte leben befördert, sofern er nicht in unötigem maße leid erzeugt. kein löwe reißt eine gazelle und erzeugt dabei unnötiges leid. der mensch und seine massentierhaltung schon. der sittlich verwerfliche akt ist aber nicht das essen anderer organismen an sich, sondern unser modernes system, dieses zu organisieren. aber das ist meine persönliche meinung.
Die gesamte Ethik lässt sich kondensieren auf die Forderung gewaltlos zu handeln. Wobei ihre Gehalt dann so dünn wird, das sie um ihren Bestand kämpfen muss.

Wenn man auf die Forschung schaut und die Dissertationen zur Ethik dazu überfliegt, so gab es bis jetzt hier keine wesentliche Auseinandersetzung und keinen Dissens.

Vielleicht kommt durch den Islam eine neue Rechtfertigung von Gewalt und eine Diskussion in der Philosophie dazu auf. Möglich aber auch, dass durch den Islam die Philosophie in Europa völlig verdrängt wird und der Glaube an Stelle einer Begründung tritt. Das wird nicht morgen sein, aber wenn wir einmal 30 Millionen Muslime im Lande haben, wird sich bei uns auch geistig viel verändern.

Die Philosophie der Medien und des Büchermarktes bringt allerdings zunächst viel intellektuelles Text- und Bildmaterial zur Bildung und Unterhaltung dazu auf den Markt. Diese Art von Dienstleistung lebt vom Umsatz und steht unter der Pflicht spannendes und skurriles auf diesem Feld dem Leser anzubieten.
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