Zwei unter vielen...
von Robert M. Pirsig
1. - Zen und die Kunst ein Motorad zu warten
Es ist eine Mischung aus Roman, Autobiographie und Philosophie. Als Roman erzählt es eine Motorradreise durch den Nordwesten der USA. Als Autobiographie enthält es Erinnerungen des Autors an sich selbst und an sein früheres Denken. Als Philosophie besteht das Werk in einer Auseinandersetzung mit der zunehmend technisierten (westlichen) Lebensweise der fünfziger und sechziger Jahre. Die Auseinandersetzung kann in Teilen als erkenntnistheoretisch aufgefasst werden, weil sie den handelnden Umgang mit der Technik und den sich daraus ergebenden Folgen thematisiert.
Die philosophischen Überlegungen sind als Unterrichtseinheiten in die Rahmenhandlung der Motorradreise eingeschoben. Pirsig bezeichnet die Einheiten als „Chautauqua“ (wandernde Sommerschule). Das Werk wurde nach seiner Veröffentlichung 1974 beliebt, weil die darin behandelten Themen mit den Interessen der Gegenkultur der sechziger und frühen siebziger Jahre kompatibel sind, insbesondere was die Kritik an der Art der Bildung und der Lebensziele der konservativen bürgerlichen Schichten der USA der fünfziger Jahre betrifft. Die Philosophie Robert M. Pirsigs bietet eigene Antworten auf die kritisierten Vorstellungen vom bürgerlichen Leben und den damit verbundenen Zielen. Pirsig geht somit über eine bloße Ablehnung der kritisierten Lebensweise hinaus.
2. - Lila oder ein Versuch über Moral
Das Buch kombiniert die äußere Rahmenhandlung (= eine Bootswanderung durch Teile der Vereinigten Staaten) mit einer inneren Handlungsebene, die größtenteils als Gedankenrede der Hauptfigur Phaidros wiedergegeben wird. Auf dem Weg zum Atlantik folgt Pirsig, dessen analytischer Persönlichkeitsanteil die Erzählfigur Phaidros ist, den alten Handelsrouten, auf denen zu viktorianischen Zeiten Warenaustausch stattgefunden hat. Die alten Herrenhäuser aus der viktorianischen Zeit spiegeln die innere Gemüts- und Werteverfassung der viktorianischen Gesellschaft wieder und zeigen überdimensionierte Verzierungen an Gebäudefassaden, die der überzierten und gespreizten Sprache und Denkweise ihrer Bewohner passten. Mehr als alles andere bewerteten und beachteten die Viktorianer die gesellschaftliche Etikette; gutes, situiertes Benehmen war der Inbegriff von Moral und Ehre, wobei sich diese Wertehaltung in einem Ausmaß versteift hatte, dass die Gesellschaft sich durch ihr statisches Weltbild und Weltempfinden der eigenen Weiterentwicklung beraubte. Die Statik, welche die konservativen Viktorianer besonders auspreisten, sorgte dafür, dass die Gesellschaft ihre Fähigkeit zur kulturellen Regeneration verlor. Die aufkeimende Wissenschaft stellte den Anspruch der Viktorianer auf moralischen Absolutismus jedoch zunehmend in Frage, wie Pirsig anhand der Effekte von Werken wie "Coming of age in Samoa" von Margaret Meads zeigt, die zur Auflösung der dogmenhaften Moralvorstellungen der Viktorianer führten und den Viktorianern die Legitimation zur Verkündung von Moralkatalogen entzog: M. Meads beschrieb in dem Buch, dass in der Kultur Samoas die Promiskuität (vorehelicher Sex) nicht gesellschaftlich sanktioniert sei, was aber eben n i c h t dazu führe, dass die Gesellschaft degeneriere, sondern sich offenbar als sehr zuträglich für das Aufwachsen der Teenager und als Gewinn für die Gesellschaft erweise. Die Machtprobe zwischen den viktorianischen Funktionären und der neuen Kaste der Wissenschaftler wurde, so die heutige Erfahrung, von den Wissenschaftlern gewonnen. Sie relativierten nach den Maßstäben der wissenschaftlichen Erkenntnissen die Moralregeln ihrer Gesellschaft und sorgten damit für jenen Wertewandel, der von den Älteren als "Werteverfall" kommentiert wurde, von den Jüngeren aber als "Befreiung des Individuums aus dem Didakt der Gesellschaft" gefeiert wurde. Die Wissenschaft schien die Möglichkeit liefern zu können, gültige Moralsysteme zu hinterfragen, aber wie Pirsig beschreibt, war das Ergebnis eben nicht eine Verbesserung des gesellschaftlichen Zustandes, sondern eine aufkeimende Degeneration der Gesellschaft, die von zunehmender Gewalt und steigender Kriminalität begleitet wurde. Die alten, viktorianischen Wertemaßstäbe waren nicht dynamisch, nicht anpassungsfähig genug gewesen, sodass sie von den Entwicklungen der Zeit erodiert und überholt wurden. Die gesellschaftliche Degeneration setzte aber deshalb ein, weil die Wissenschaft ihre eigentliche Aufgabe, die sie nun ausfüllte, nicht wahrnehmen konnte: Sie war unfähig, Werteurteile auf rationaler Basis zu begründen, weil die ihr zugrunde liegende Metaphysische Annahme davon ausgeht, dass "Werte" und "Moral" unwirkliche, irrationale und letzlich subjektive Phänomene seien, die sich weder messen noch kausal deduzieren ließen. Da die gültige Wissenschaftstheorie (Erkenntnistheorie) die Existenz von Werten demnach ablehnt, war die Folge der Auflösung der viktorianischen Werte nicht, dass die Moralideale gewandelt wurden - sondern dass ein moralisches Vakuum erzeugt wurde und "die Welt zu einem sinn- und wertlosem Ort im Universum" verkam.
Pirsig besondere Verdienst liegt darin, in Lila ein alternatives Modell zur Erkenntnistheorie vorgelegt zu haben, dass als empirisch fundierte Wertetheorie ("Metatheorie der Qualität") ermöglicht und auf der Basis dieser Theorie das Analysieren und Fällen von Werteentscheidungen durchzuführen
Buchbeschreibungen aus Wikipedia