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Manche spüren klar und deutlich, wenn sie loslassen.
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Loslassen

****e_H Mann
8.282 Beiträge
Meine Großmutter
lies mich als Kind dabei zusehen, wie sie den Gänsen auf der hölzernen Gartenhausschwelle mit dem kurzen Beil die Köpfe abhackte , um sie dann an den Füßen zum Ausbluten aufzuhängen i l CT .Wenngleich es eigentlich unzulässig ist, Tieren Allegorien menschlicher Intelligenz zuzufügen, empfand ich damals dennoch die Gänse als dumm, weil die übrigen völlig unaufgeregt in der nächsten Umgebung, nur mit Körnerpicken beschäftigt, auf die ' Guillotine ' warteten.
Auch will ich diese Erfahrung nicht missen.
, und dann natürlich Bondage extra nach Seemansknotenart

ja.... Gans müsste man sein. *cool*

Gestern erst sah ich über mir einen Schwarm Wildgänse. Wildgänse sind für mich verbunden mit den schönsten Momenten meines Lebens in Ostfriesland.

Mitten auf dem platten Land ein altes, sehr einfaches, schlichtes Bauerngut, rundum nichts ausser leere Felder, alles flach soweit das Auge reicht. Keine Menschen, keine anderen Häuser, kein Verkehr, kein Lärm (ausser das Schnattern eben dieser Wildgänse). Jeden Herbst das Wissen, dass sie nun wieder kommen.. ein paar Tage bleiben...und dann weiterziehen. Aber sie kommen wieder! Ich muss sie weder festhalten - noch sie loslassen. Es IST einfach.

Und in mir bereitete sich dieses Gefühl von "angekommen" aus.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Da vom Smartphone getippt, große Zeichendiskrepanzen.Sorry
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
warum nennst du eine gans dumm, nur weil du sie essen willst?

Na, weil ich neidisch bin; das weißt Du doch.

"Für Gockel Konstantin macht Fliegen keinen Sinn.
Er will am Boden bleiben und sich die Zeit vertreiben."

(Titelsong der Fernsehserie "Neues aus Uhlenbusch")

Für denjenigen, der am Boden liegt, haben Schilderungen befreiten Schwebens nur selten motivierenden benchmark-Charakter. Nach Kübler-Ross ist Wut ein ganz wichtiges Moment im Prozess des Loslassens. Vergleichbar einer Anspannungs-Entspannungs-Übung. Auch nach Douglas Adams müssen wir, um Fliegen zu können, erstmal ganz hart auf dem Boden aufschlagen. Wichtig ist nur, in exakt jenem Moment auf gar keinen Fall daran zu
Denken
dass es weh tun könnte.

... Freiheit, das, was ich gerade tue, zu unterbrechen...
ja, das ist die umwälzende evolutionäre geste: innehalten und abschweifen.

Genau.

Wieder und wieder schiebt die wuchernde Großhirnrinde inhibitorische Synapsen zwischen den bereits verdrahteten kausalen stimulus-response-Nexus. Wir brauchen CocaCola oder einen guten Burgunder zum Gänsebraten, weil der Anblick von Knödeln und Rotkohl allein die Speicheldrüsen schon lange nicht mehr triggert.

Diese Freiheits-Idee ist ziemlich griechisch. Ganz wunderbar die Stelle in Oliver Stones Alexander-Verfilmung, in der Aristoteles seinem Schüler das erläutert: Die Vernunft zähmt die Leidenschaften. Apathia.

Wenn wir es auf diese Weise schaffen, die Stimuli vollständig ziehen zu lassen, belohnt uns angeblich der Mandelkern mit einem elysischen Hormon-Cocktail. Die Meister der Meditation sind sich in diesem Punkt quer durch alle Kulturen weitgehend einig.

Problematisch ist die Paradoxie, dass die durch diese Schilderungen in uns erweckten Sehnsüchte nach innerem Frieden selber zu einem Stimulus mutieren. Die Vorstellung, aktiv etwas loszulassen, hat ein ähnlich selbstwidersprüchliches Moment. Ausgerechnet die auf widerspruchsfeiheit basierende (griechische) Vernunft erweist sich da also als ihr eigener stärkster Widersacher auf dem Weg heraus aus der Höhle.

Offenbar ist es also nicht das reine Innehalten und kontemplative Staunen. Stößt erst die Hingabe an eine ryhthmische Bewegung (Atmung, Tanz, Schaukel, Parabel) das Tor auf?


*******enza:
Stößt erst die Hingabe an eine ryhthmische Bewegung (Atmung, Tanz, Schaukel, Parabel) das Tor auf?

Welches Tor? Das Tor woanders hin, oder das Tor nach Hause - zu uns selbst? Wenn ja, wo war ich denn, das ich ein Tor zu mir selbst öffnen muss? Offenbar war ich nicht mehr zu Hause bei mir- ich war außer mir/mich. Vielleicht ist Loslassen auch die Erkenntnis das ich nirgendswo hin müsste um mich selbst zu finden. Ich könnte in mir ruhen.
Welches Tor?

Genau, welches Tor?
(wenn "genau" zum standardisierten Folgepost wird, sind wir alle unsere Sorgen los).

Die Vorstellung, aktiv etwas loszulassen, hat ein ähnlich selbstwidersprüchliches Moment.

Dann, wenn wir mit Loslassen so etwas wie Selbstauflösung verbinden, eine Art spirituell sanktionierte Katatonie, die aus dem beflügelten Aufschwung eine Prostration macht.
Wem´s gefällt.

Was du, Jin, beschreibst, ist eine Drehtür. Man kennt die Dinger aus Kaufhäusern; eine der haarsträubenderen Installationen, neben der Parfümtheke vor der Drogerie, wo maskenhaft überschminkte Quietscheentchen die neuesten Odeurs versprühen. Beides steht nur im Weg.


Problematisch ist die Paradoxie, dass die durch diese Schilderungen in uns erweckten Sehnsüchte nach innerem Frieden selber zu einem Stimulus mutieren.

Das ist nur dann problematisch, wenn wir den Appetit darauf nicht stillen. Indem wir es tun, das Lassen, also wirklich meditieren, statt nur darüber zu lesen.
Unter den wirklich tragikomischen Gestalten meiner Jugend waren jene am nervigsten, die einen unendlich mit ihren bewusstseinerweiternden Lektüren vollsoßten, die "doors of perception" angeblich mit dem Kleinzeh aufschlagend, und dabei vor Hibbeligkeit nach dem nächsten Zug oder der nächsten Nase kaum mehr sitzen konnten.
Die verlorenen Propheten, youngster, die mit Leary, Crowley und Huxley auf Du standen und hernach in der Geschlossenen besuchbar waren.

Probier doch mal ein Stückchen Meditation - statt über das Rezept zu dissozieren.
Nur ein ganz kleines.
Loslassen als dialogischer Begriff...
Nur zur Anregung:
Begriffe grenzen ein, sie grenzen ab. Frei nach Hegel, dass mit der Unterscheidung das Denken anfängt.
Keine Diskussion dieser Welt, kann das Loslassen loslassend beschreiben. Dies ist nicht Fähigkeit und Aufgabe der Sprache.
Das zu finden, da stimme ich mit @******ond überein, obliegt den "losgelassenen" Gedanken, deren gedankenloses Wesen, in der Gelassenheit der Kontemplation oder Meditation, wieder - sich gänzlich einlassend - zu finden sein kann.

Der einfachste Weg ist der, es zu erleben. Der schwerste, dies mit vielen oder mit wenigen Worten zu beschreiben.
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Die gemeinsame kontemplative Verschränkung
mag auf text-u.bildbasierender Kommunikationsebene, wie wir sie in sozialen Netzwerken auszuüben gewohnt sind, so gar nicht gelingen. Funktionale Anleitungen hierzu tragen leider esoterischen Charakter, einen ungeliebten Verwandten der Philosophie.
Die kontemplative Annäherung an ein fiktives Ziel gelingt nur in realer Gemeinsamkeit und ist verbal höchst mangelhaft beschreibbar.
*******rse Mann
2.314 Beiträge
Die verlorenen Propheten, youngster, die mit Leary, Crowley und Huxley auf Du standen und hernach in der Geschlossenen besuchbar waren.
(MaerzMond)

wenn sie es aber geschafft hatten, in die gesellschaft zurückzufinden, dann deshalb, weil sie von youngsters zu yuppies mutierten und sich in den dienst des gewinns stellten. sie haben also den turn vom verstehenden zum vollziehenden und damit den modernen marsch durch die institutionen vollzogen. joseph fischer (ehemals >die grünen<), dieser kriegsverbrecher, pellt sich ein ei darauf.

was wir also loslassen können, sind immer überzeugungen. die frage ist: lassen wir gutes für böses los oder umgekehrt?
*******rse Mann
2.314 Beiträge
mir geht es – wenn ich auf meine eingabe von gestern zurückkommen darf – mit den zugvögeln exakt genauso wie mit den strömen auf den autobahnen. ich stand vor einer stunde auf einer brücke über der a5 und betrachtete den zug der erdölbetriebenen autos und lastkraftwagen unter mir.

mein blick war – entgegen meines blickes auf zugvögel – nach unten gerichtet. ich entdeckte, daß die richtung meines blickes irrelevant ist, wenn es darum geht, die welt zu verstehen.

die natur ist von der basis der geworfenheit aus zu betrachten. die kultur kann hingegen nur von oben herab betrachtet werden. die richtung aber ist nicht relevant, weil ich als mensch zwischen natur und kultur stehe. man könnte auch sagen, daß der mensch entscheiden kann – und daher muss – wo er steht.
*******rse Mann
2.314 Beiträge
zum erdöl: wir verbrauchen pro jahr an fossilen energien das äquivalent von einer million jahren von ablagerungen, aus denen dieses öl entstand.
****ta Frau
2.135 Beiträge
Themenersteller 
es ist ein paradox - wenn wir dazu gezwungen sind, eine position einzunehmen, kann man die dinge nicht einfach 'sein' lassen.
man sollte sie ergreifen und ändern, wenn man kann. sonst steht man wie du, @***nt, auf der brücke und betrachtet die falsche richtung, in der sie sich bewegen, aus einer übergeordneten perspektive. wobei das ziel nicht relevant ist, sondern nur die wahl des vehikels.

was wir in diesem zusammenhang sein lassen können, ist der gedanke, dass jeder so denkt, aber auch anerkennen, dass es die dinge so gibt, wie sie sind.
irrelevant wird das aber schon dann, wenn wir unsere position mit der überzeugung behalten, dass wir sie werden verändern können.

es ist also eine moralische frage, ob wir die dinge sein lassen können. manche werden wir nicht los, wenn man sie so lässt wie sie sind.
also gibt es keine freiheit jenseits der gedanken an die dinge wie sie sind?
*******rse Mann
2.314 Beiträge
Was sind denn, liebe Mazita, die Dinge?

Sind sie nicht ein an sich formloser Fluss des Erlebens, den wir so weit wie möglich in wiederholbare Erlebnisse und relativ verlässliche Beziehungen zwischen diesen zu ordnen versuchen? Werden nicht die Möglichkeiten, so eine Ordnung zu konstruieren, stets durch die vorhergehenden Schritte der Konstruktion bestimmt? (beides habe ich von Ernst von Glasersfeld übernommen)

Wenn ich mich auf einer Brücke befinde und den Blick nach unten auf den Fluss der Vehikel richte, bin ich derselbe Mensch, der kurz zuvor den Blick nach oben zu den Vögeln oder anderen Fliegern wandte. Beides ist zunächst nur eine Geste des Hinsehens auf die Dinge. Diese Geste kann meiner Überzeugung nach nur dann in eine Betrachtung der Dinge verwandelt werden, wenn ich die Fähigkeit zur Anschauung, zur Theorie, entwickelt habe.

Beim Hinsehen erfahre ich, "dass es die dinge so gibt, wie sie sind." (Mazita). In der Anschauung erfahre ich, daß es die Dinge so gibt, wie sie mir erscheinen. Hinsehen ist also auf Hinnehmen aus, während Anschauen auf Annehmen aus ist. Dabei bedeutet >Annehmen< das Ansichnehmen – und somit das Anerkennen – der eigenen Weltsicht und des eigenen Weltentwurfs.

Wenn ich hinnehme, bin ich das Produkt und die Konsequenz der Dinge. Wenn ich annehme, bin ich ihr Produzent und ihr Ziel.
****ta Frau
2.135 Beiträge
Themenersteller 
du, @***nt, hast einen komplizierten sachverhalt auf eine formel gebracht, die eben einfacher nicht erklärbar ist, denn leider gibt es dafür nicht so etwas geniales wie e=mc quadrat.

also gibt es nur den blick auf die dinge und auf mich. ich muss zu annahmen kommen, nachdem ich betrachtet habe. das ist noch keine aktive tat nach aussen, sondern zunächst einmal ein stilles erwägen.
dennoch löst es noch immer nicht das problem, wie ich etwas sein lassen kann, wenn ich meine, dass es zu verändern wäre. rechtfertigt meine annahme das? - wohl eher nicht, es sei denn, ich bin die einzige instanz, eine entität, die das beschliessen kann. wie also sollte man beides in einklang setzen können: sein lassen zu können, und gleichzeitig auf grund meines potenzials zur schöpferischen tat verändern zu wollen?

'er/sie kann es nicht sein lassen'. dieser spruch ist negativ behaftet, aber manchmal DARF man etwas gar nicht sein lassen, ohne sich selbst und seine werte zu verraten.
fühlt man sich auf athos, versunken in stiller kontemplation, wirklich wohl?
heisst 'sein lassen können' dann wirklich, dass man sich von den deutungen der dinge befreit?

ich glaube, das loslassen gelingt viel eher, wenn nichts unversucht geblieben ist, dem gegebenen entwurf einen anderen entgegen zu setzen.
> Werden nicht die Möglichkeiten, so eine Ordnung zu konstruieren, stets durch die vorhergehenden Schritte der Konstruktion bestimmt?< schreibst du. ja, auf jeden fall!

> Wenn ich hinnehme, bin ich das Produkt und die Konsequenz der Dinge.<
das ist ja die crux. ist des dann wirklich befriedigend, die dinge sein zu lassen?
*******rse Mann
2.314 Beiträge
heisst 'sein lassen können' dann wirklich, dass man sich von den deutungen der dinge befreit?
(Mazita)

Man wird sich nie von Deutungen befreien können. Was man aber kann, ist, sich selbst so zu betrachten, wie man die Zugvögel oder den Autoverkehr betrachtet; als Wesen, die einem Programm folgen.

Wir folgen einem Programm, und wir können nur als Programmierer eingreifen, nicht als Programmierte.
Wenn ich loslasse, werde ich dann leidenschaftslos?

Mazitas Einwand geht ja nicht nur Richtung Athos, sondern auch Richtung Pathos. Schmerz zeigt uns zuverlässig, das wir noch leben. Auch glaube ich,das wir Dinge brauchen, für die es sich zu "leiden" lohnt. Liebeskummer zum Beispiel ist doof, aber deswegen auf diesen Pathos zum anderen Geschlecht verzichten? Teilnahmslos die Ehe betrachten ist nicht das was ich unter "Loslassen" verstehen wöllte.

Passion= Leidenschaft, Feuer, Inbrunst
Passion= Leiden erdulden

Mir scheint extremes Loslassen endet in einer Art Wachkoma. Alles ist noch da aber nichts tangiert mich. Ultimative Passionlosigkeit. Mir scheint da läuft man Gefahr das Kind mit dem Bade auszuschütten.

Was wir Loslassen und was nicht hat seinen Ursprung in unserer Identität. Mir scheint wenn wir alles losließen, ließen wir auch unsere Identität los.
****ta Frau
2.135 Beiträge
Themenersteller 
Das, glaube ich, ist das Ziel jeder kontemplation.
die unterscheidungen fallen. so lange wir uns im dualismus aufhalten, wird hinnehmen immer mit leiden verknüpft sein, also auch mit wertung, mit zensur, mit illusion.

dennoch: wir sind wie wir sind, und eben, wie plant schon schrieb, programmierte wesen. wo liegt aber der sinn für uns, diesem programm zu folgen, über das existenzialistische hinaus?
wenn uns das vollständige loslassen befreien würde, wären wir unmenschlich.
*******rlin Mann
1.966 Beiträge
Der Vergleich mit einem Programm ist kaum passend. Wenn man ihn aber unbedingt anwenden will, dann sollte man ihn mit einem selbstlernenden Programm vergleichen. Und damit entfällt alle Vorherbestimmtheit.

Loslassen setzt "können" voraus. Es ist daher keine besondere Leistung, etwas loszulassen, was ich loslassen kann.
Beim "wollen" sieht es etwas anders aus. Es gibt Dinge, die wir vielleicht los werden wollen, aber nicht können.

Für mich persönlich bedeutet loslassen vorwiegend, das Loslassen anderer Meinungen. Und zwar in beiden Richtungen. Ich möchte eine eigene Meinung haben dürfen. Meinungen, die mir täglich in vielfacher Form dar gebracht werden und nur allein durch ihre Menge selbstwachsend an Gewicht gewinnen, möchte ich hinterfragen und ablehnen dürfen. Das ist Loslassen für mich.

Aber, ich möchte auch die Freiheit haben, meine Meinung revidieren zu dürfen. Und zwar mit dem klaren Ausdruck meiner Meinungsänderung, ohne mich dafür schämen zu müssen. Auch das nenne ich loslassen.

Im täglichen Leben bedeutet loslassen, sich nicht weiter darum zu scheren, welches Bild ich bei anderen auslöse.
Es bedeutet, Pläne zu eliminieren, obwohl ich ein planender Mensch bin. Ganz einfach weil ich vieles nicht mehr planen kann.

@ BICINUM
Deine Ausführungen zum Hamsterrad, bezogen auf die Steinzeit, haben keinerlei Grundlage. Sie sind nicht zu Ende gedacht und nicht real.
*******rlin:
Deine Ausführungen zum Hamsterrad, bezogen auf die Steinzeit, haben keinerlei Grundlage. Sie sind nicht zu Ende gedacht und nicht real.

Das verstehe ich nicht. Realität dieses Beispiels war nie vorrausgesetzt. Was meinst du ist da nicht zu Ende gedacht? Fehlte der Säbelzahntiger?
*******rlin:
Im täglichen Leben bedeutet loslassen, sich nicht weiter darum zu scheren, welches Bild ich bei anderen auslöse.
Es bedeutet, Pläne zu eliminieren, obwohl ich ein planender Mensch bin. Ganz einfach weil ich vieles nicht mehr planen kann.

Wie ordnest du die Konsequenz deines Handelns ein? Wer sich nicht schert, dem ist die Konsequenz einerlei. Oder ist loslassen (im Sinne von Freiheit) nicht der verborgene Wunsch nach einem konsequenzlosen Leben? Wo ich einfach tun kann und nicht darüber nachdenken muss, was mein Tun auslöst?
ich glaube, das loslassen gelingt viel eher, wenn nichts unversucht geblieben ist, dem gegebenen entwurf einen anderen entgegen zu setzen.

- und es nicht gelang?

Das führt zur Resignation, die auch ein Loslassen ist, und nicht so negativ konnotiert sein muss, wie sie es üblicherweise ist.
Es lohnte zwischen qualitativem und quantitativem Loslassen zu unterscheiden, nur theoretisch, um den Aspekt des "Wachkoma" für eine Weile zu isolieren. Also den finalen Aspekt der Loslösung von allen Anhänglichkeiten und Bezügen.
Meine Mutter hatte mal eine Nahtoderfahrung, eine, die ohne Tunnellicht erbaut war. Sie sah unter sich auf den OP-Tisch, sah sich alles an, und empfand rein gar nichts, wie sie berichtete. Null, keine Emotion, kein Bedauern und keine Angst. Es hat sie danach lange beschäftigt, ob es denn Kennzeichen unseres Dahinscheidens sei, dass wir von irdischen Bezügen losgelöst wahrnehmen.

Ein Problem wird ja selten dort gelöst, wo es entstand; einen Knoten aufzulösen mag ein Werkeln am Geknoteten sein, aber die Ursache der Entstehung lag in der Anordnung der Fäden.
Insofern muss man wohl vom Problem loslassen, um es zu lösen - im übrigen habe ich Appetit auf einen Thread mit dem Titel POSITION. Auf dem aktuell inflationären Fädenmarkt der Philo erscheint es mir aber sinnvoll, die Idee erstmal nur in den Raum zu positionieren, auch weil wir nicht jedes Mal ein neues Blatt benötigen, wenn ein Zusammenhang skizziert werden soll. Das schafft das Problem der Bewältigung, man betippt unwillkürlich mehrere Threads, die Themen beginnen sich zu gleichen, man verliert den Faden.

Pläne zu eliminieren, obwohl ich ein planender Mensch bin.

Die großen Entwürfe lassen sich einfacher eliminieren. Von A nach B einen großen Sprung zu tun; aber die Kleinstschritte des Denkens sind alle planvoll, auch wenn der Plan (oder das Programm) nicht bewusst ist.
Wir sind darauf hin instruiert, mit dem, was wir wahrnehmen, etwas anzufangen, und selbst das Beiseiteschieben ist eine Tat.
Um das Tun kommen wir nicht herum. Ignorieren setzt wahrnehmen voraus.

Wir folgen einem Programm, und wir können nur als Programmierer eingreifen, nicht als Programmierte.

Wir sind lernfähig, gar dazu verdonnert. Das Selbstreflexive und Autopoietische macht ein Loslassen der absoluten Art unmöglich. Wegsehen, Weghören, Klappehalten - die drei Affen tun es, und was sie tun, ist nicht Loslassen, sondern Problemverschiebung.
*******rlin Mann
1.966 Beiträge
****NUM:
Das verstehe ich nicht. Realität dieses Beispiels war nie vorrausgesetzt. Was meinst du ist da nicht zu Ende gedacht? Fehlte der Säbelzahntiger?
Vielleicht, ja. *smile*

Eine solche Annahme (weniger Hamsterrad in der Steinzeit) kann ich nur treffen, wenn ich denken würde, es wäre das Schlaraffenland gewesen.
Tatsächlich dürfen wir uns alle ausmalen, was damals auf dem Programm stand. Und es war ganz sicherlich kein Freizeitspaß. Wenn ich um das tägliche Überleben kämpfen muss, Wind und Wetter ausgesetzt bin, mich gegen Mensch und Tier wehren muss, dann sehe ich da kein besseres Leben.
Eher ein animalisches existieren.
So gesehen hatten die Menschen damals das größte Hamsterrad, was überhaupt nur denkbar ist. Und niemand von uns würde auch nur einen einzigen Tag tauschen wollen, wenn man mal nicht das fröhliche Beerensammeln bei Sonnenschein und 35 Grad voraussetzt, sondern Dreckswetter mit 3 Grad minus und einem Katzenfell um die Hüften.

Intensiv
Ich kenne Menschen, die in 6 Wochen Urlaub mehr erleben, erfahren, spüren und aufsammeln, als ich es in meinem ganzen Leben könnte. Inklusive ihrer Familie.
Was im übrigen auch gerade hier in diesem Forum (Domain) am meisten propagiert und gelebt wird. Denn gerade beim Thema Sex versuchen alle, die wenigen Stunden und Erlebnisse so gehaltvoll wie möglich zu gestalten. Nicht wenige krönen dieses Vorhaben dann auch mit Erfolg.

Damit geht auch ein Zeitbedarf einher. Es braucht eben etwas länger.

****NUM:
Wie ordnest du die Konsequenz deines Handelns ein? Wer sich nicht schert, dem ist die Konsequenz einerlei.
Zu einem Gewissen Grad, ja. Es geht dann vorwiegend um mich. Erst in zweiter Instanz darf mich die Außenwelt interessieren.

****NUM:
Oder ist loslassen (im Sinne von Freiheit) nicht der verborgene Wunsch nach einem konsequenzlosen Leben?
Nein, denn mit meinem Verhalten löse ich ja sogar bewusst Konsequenzen aus. Sie können sogar das Ziel sein.

Ich lasse los, jemand anderen gefallen zu wollen. Damit erzeuge ich eine Reaktion, die dazu führt, dass die andere Person mich nicht mehr mag. Sie wird mich in Zukunft meiden. Wenn das mein Ziel war, dann haben ich dieses wunderbar erreicht. Nur so als Gedankenspiel.

****NUM:
Wo ich einfach tun kann und nicht darüber nachdenken muss, was mein Tun auslöst?
Hmm, ich bin manchmal Doof, aber so doof nun auch wieder nicht. Wir leben natürlich in einer Welt mit übergeordneten Gegebenheiten. Egal ob Säbelzahntiger, oder der Vermieter. Jedes Tun hat eine Konsequenz, zu der ich allein stehen muss. Ich hoffe sogar, mein Tun hat eine Wirkung.

Darüber hinaus aber kann es mir egal sein.
@MaerzMond
Das Selbstreflexive und Autopoietische macht ein Loslassen der absoluten Art unmöglich.

Das Loslassen der absoluten Art, was ist das für dich? Ist das Absolute des Loslassens, nicht ein fließen lassen? Ein fließen des Selbst im Strom der Begegnungen? Zeigt nicht die Selbstreflexion, dass wir uns hier erst über eine Indirektheit, von uns selbst distanziert, versuchen zu verstehen? Wenn ich mich erst selbst reflektieren muss. Wovor und was ist das, über das ich mich reflektiere? Was hindert uns folglich daran, direkt zu reflektieren, was uns in der Gegenwart begegnet?
Denn dieses Unbekannte ist genau das, was das autopoietische im Kern kennzeichnet. Die Selbstreferenzialität besteht in der relativen (Ab)Geschlossenheit seiner Wahrnehmungsebenen, die sich um die selbsterzeugten Reflexe stabilisiert und einerseits sichtbar macht und andererseits blenden kann. Die Selbstreflexion ist und führt gleichzeitig immer zu einer Selbstreferenzierung. Jedes System das sich seiner Selbstreferenzierung wirklich bewusst wird, was kann er dann loslassen, damit es fließt?

Wir sind darauf hin instruiert, mit dem, was wir wahrnehmen, etwas anzufangen, und selbst das Beiseiteschieben ist eine Tat.

Ja, innerhalb der Selbstreferenzialität besteht ein nahezu endlicher Wahrnehmungshorizont, der inkludiertes als funktionale Ebene seiner Abgeschlossenheit wahrnehmen kann. Die innere anerkennende Kraft der Autopoiese, läßt den Wahrnehmungsraum als unveränderlich erscheinen, so dass uns hier selbst die Ignoranz kraft kostet. Was aber ist also das Fundament der Referenz, auf die ich mich referenziere?

Um das Tun kommen wir nicht herum. Ignorieren setzt wahrnehmen voraus.

Leben ist tun. Nichts tun ist absolut unmöglich. Bedeutet zu ignorieren letztlich einfach nur, das ich etwas anderes festhalte? Ist darüber Ignoranz nicht das Gegenteil von Loslassen? Wenn Ignoranz Kraft kostet, wenn Tun Kraft kostet? Kostet die vorgelagerte reine, wertungsfreie Wahrnehmung Kraft?

Wir sind lernfähig, gar dazu verdonnert.

Lernfähig zu sein, heißt loslassen zu können. Mit jeder gegenwärtigen Begegnung umzugehen, heißt permanentes Lernen. Wir sind nicht dazu verdonnert. Wir SIND die Bewegung der Gegenwart. Festhalten zu wollen und/oder stehenzubleiben; bedeutet das nicht eher, das wir uns dem Leben verweigern? Uns ein kleines bisschen sterben zu lassen, weil das Festhalten wollen, uns nur spüren läßt wie kraftvoll das Lebendige ist und wir das Festhalten, in der Folge, mit dem Lebendigsein - als schwaches Abbild dessen - verwechseln?

Nebenbei:
Wegsehen, Weghören, Klappehalten - die drei Affen tun es, und was sie tun, ist nicht Loslassen, sondern Problemverschiebung.
Die weisen Affen von Nikko, von denen wir diese Deutung im Westen entstellt reduziert haben, haben, im richtigen (edit: im ursprünglichen) Kontext, eine andere Aussage:
https://de.wikipedia.org/wiki/Drei_Affen
@*******rus
Das Loslassen der absoluten Art, was ist das für dich?

Das bezog sich auf das "Wachkoma", und der Assoziationswolke um die totale Entspannung / Befreiung.

Bedauerlicherweise habe ich Schwierigkeiten, zu verstehen, was du meinst.

Was hindert uns folglich daran, direkt zu reflektieren, was uns in der Gegenwart begegnet?


Hm. Falls das auch luhmanesk ist, muss ich zugeben, dass mir seine Theorie nicht so vertraut ist, wie sie es mal war.
Falls nicht - wie kann ich direkt reflektieren?
Ist Reflexion /Reflektion nicht per se ein Widerspiegeln oder Brechen durch ein Medium und an einen Bezug gemessen?
Ich kann nur sprachlich denken; alles, was ich verlautbare oder verschrifte ist bereits vorversprachlicht, also mit Bedeutungen versehen, teils mit dem Echo der Bedeutungen und dem Echo des Echo - je nachdem, wie komplex das Thema ist.
Fließen lassen - kenne ich nur aus der Meditation. Da kommt ein Gedanke - und ich schiebe ihn beiseite. Von allein gehen meine Gedanken nicht weg, obwohl ich so oft denke: bitte lasst mich (in Ruhe)! Ich muss immer am Ball bleiben und das unaufhörliche Blubbern in meinem Kopf dimmen.
Und würde ich mich ins frei Assozierte fallen lassen, mich in die ecriture automatique hineinsaufen - Fließen ist das nicht, es ist nur weniger oder kaum reflektiertes Denken, und nicht direkt.
Es geht um die Bedeutung. Bedeutungslos kann keine Kommunikation sein - vom ersten Gurren bis zum letzten Seufzer.

Was aber ist also das Fundament der Referenz, auf die ich mich referenziere?

(sofern ich dich verstehe, was ich stark bezweifle:)
Die Identität. Zum Zeitpunkt X.
Und auch: Beteiligung.

Unbeteiligtsein ist -für mich- das Schönste am Loslassen.

Kostet die vorgelagerte reine, wertungsfreie Wahrnehmung Kraft?

Die tausend Übungsstunden, die es braucht, um das Autogene so weit einzuschleifen, dass Entspannung und Kontemplation leichter gelingt - könnte man als Kraftkosten verbuchen.

wir das Festhalten, in der Folge, mit dem Lebendigsein - als schwaches Abbild dessen - verwechseln?

hier sage ich: Ja!

eine andere Aussage:

Ich hatte aber die ursprüngliche, konfuzianische Bedeutung gemeint. Die Sinne auf das Gute einzutunen, den sittlichen Weg zu gehen. Dass es zu einer Bedeutungsverschiebung kam, ist aber recht verständlich; wie kann ich diesen Weg gehen, ohne das Andere / Schlechte wahrzunehmen und dann (erst) auszublenden?
Wie kann ich bejahen, wenn ich nicht weiß, wie Verneinen ginge?
*******rse Mann
2.314 Beiträge
Der Vergleich mit einem Programm ist kaum passend. Wenn man ihn aber unbedingt anwenden will, dann sollte man ihn mit einem selbstlernenden Programm vergleichen. Und damit entfällt alle Vorherbestimmtheit.
(Baer_Berlin)

Ich wende ihn an, wenn auch nicht unbedingt, da es das Unbedingte nicht gibt. Die Bedingung, die du, Baer_Berlin, augenscheinlich voraussetzt, wäre die einer Identität des Begriffes von Software (Rechner) und Script (Mensch). Daß das nicht gehen kann, ist evident, denn dann müsste man ja auch den Begriff von Struktur gleichschalten und davon ausgehen, daß mit der Struktur eines Tuches Dasselbe gemeint ist wie mit der Struktur des Alltags.

Wenn ich also sage, daß wir einem Programm folgen, meine ich selbstredend nicht, daß wir eine Hardware seien, die den Vorschriften einer Software sklavisch folgte. Natürlich spreche ich von Programmen im ursprünglichen Sinne des Vor-Schreibens von Handlungsmustern, die in unserem persönlichen Hintergrund hinterlegt sind. Daß diese Programme nicht Bit für Bit abgearbeitet, sondern variierend übernommen, das heißt, prinzipiell überschrieben werden, ist ja gerade eine Grundidee dieses Threads!

Vorherbestimmtheit gibt es nur in der Physik. In Anlehnung an den Laplace’schen Dämon – und mit einem Versuch, ihn in eine etwas realistischere, angemessenere Variante zu überführen – könnte man diesen Vergleich heranziehen: Ich versetze einem herumliegenden Stein mit der Schuhspitze einen Stups und kann mit viel Wissen über seine Form, die Beschaffenheit der Straße, dem Impuls und seiner Richtung, relativ genau berechnen, wo und wie er zu liegen kommt. Versetze ich denselben Stups einem schlafenden Hund, werde ich das niemals in vergleichbarer Form berechnen können.

Der Grund liegt in der Komplexität; das mit dem Stein ist bereits so komplex, daß wir es auch heute nur annähernd würden bewältigen können. Das mit dem Hund werden wir nie können. Was wir somit über Bord werfen müssen, ist jede Vorstellung von Vorherbestimmtheit. In diesem Sinne bedeutet >Loslassen< im persönlichen, lebensweltlichen (Husserl, Habermas und viele andere) Zusammenhang immer eine nicht einzufangende Unbestimmtheit. Es ist immer ein Va banque.
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