Die hört nie auf, weil sie ein gesetzlich verbrieftes Grundrecht ist. Die Grenze wird beispielsweise bei Dingen wie der Leugnung des Holocausts gesetzt. Den leugnen heute eigentlich nur noch die ganz abgedrehten Vögel ernsthaft, vermutlich aber hauptsächlich, um zu provozieren. Der zu erwartende Effekt solcher Äußerungen und der damit fast zwangsweise sprunghaft ansteigende Bekanntheitsgrad sind wohl zu verlockend.
Die Demokratie, auf die sich dieser Tage ja immer wieder vehement berufen wird, muss alle Meinungen aushalten können. Ich muss beileibe nicht jede Ansicht teilen oder gar gutheißen, aber gesagt werden darf so ziemlich alles. Um Standpunkte zu klären, gibt es das Mittel des Diskurses. Zur Zeit hat sich aber eher das Mittel des Niederknüppelns etabliert, wobei ich finde, dass diese Gruppe hier durchaus eine Ausnahme bildet.
Leider hat sich in der Öffentlichkeit eingebürgert, nicht konsenskonforme Meinungen mindestens zu ignorieren, gern aber zu diskreditieren, und seine Äußerer gleich mit. Die Folgen sind fatal, und ein Festhalten an dieser Vorgehensweise wird langfristig genau das Gegenteil von dem erreichen, was der - nennen wir es mal "Mainstream" - möchte. Je mehr die andere Seite ignoriert und beschimpft wird, desto lauter und heftiger wird sie mit der Zeit werden, das steht außer Frage. Da nützen auch mittlerweile totgerittene Phrasen wie "Populismus", "Hatespeech", "Hassposts" oder die immer noch gern genutzte Nazikeule nichts. Dass gebildeten Leuten dieser Zusammenhang nicht aufgeht, ist mir ein Rätsel. Aber wenn man sich derart in seiner eigenen Selbstgerechtigkeit suhlt, und die Spielregeln der Political Correctness auf seiner Seite wähnt, wird man vielleicht betriebsblind. Ein Stück weit wohl postfaktisch.
Interessant übrigens, dass die Antifa fast ungehindert und massenhaft weiter Randale machen darf. Autos anzünden, Straßenschlachten mit der Polizei, Bedrohung von Gastronomen und Hoteliers, die AfD-Veranstaltungen ein (physisches) Dach bieten, öffentliche Reden behindern, Büros und Fahrzeuge der AfD beschädigen oder gleich abfackeln, Hausbesetzungen etc. pp. Aber "rechte Gewalt" ist ein Problem, soso. Die SA hat früher auch solche Sachen gemacht, aber da stand nicht "antifaschistisch" drauf, vielleicht ist das das Problem. Und unsere Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth marschiert auch gern mal mit. Eine hohe Repräsentantin des Staates läuft mit Leuten, auf deren Plakaten "Deutschland verrecke", "Deutschland, Du mieses Stück Scheiße" und "Bomber Harris do it again" steht. Wo öffentlich auf die deutsche Fahne gepisst wird. Aber ist irgendwo etwas nicht PC, oder macht ein alternder Politheini der FDP ein harmloses Witzchen über ein Dirndl samt seiner Trägerin (Brüderle, wir erinnern uns?), geht das Wochen durch die Medien, bis hin zur öffentlichen Demontage. Mann, was für ein bedeutendes Ereignis!
In den USA kann man schon gut beobachten, wohin das führt. Dort ist man schon ein gutes Stück weiter. Der vor allen in akademischen Kreisen geradezu krankhafte PC-Wahn zieht inzwischen eine deutliche Zunahme psychischer Erkrankungen nach sich, weil im Grunde keiner mehr so richtig weiß, was oder was nicht er sagen darf und alle verunsichert sind. Eine Universitätsprofessorin musste sich öffentlich entschuldigen, weil sie im Zusammenhang mit der Gruppe "Black Lives Matter" bemerkte, dass doch "all lives matter". Kann man sich sowas vorstellen? Da verlieren altgediente Lehrkräfte ihre Jobs wegen vermeintlich sexistischer Witzchen, da werden Studenten durchfallen gelassen, weil sie ihre Thesis nicht in genderinklusiver Sprache geschrieben haben. Und über alledem wachen die sog. Social Justice Warriors, die sofort bei allem roten Alarm schlagen, aber selbst ihre "Safe Spaces" brauchen, wenn ihre Gefühle verletzt werden könnten. Wenn die Gefahr besteht, dass dies passieren könnte, gibt es sog. "Trigger Warnings" vor Vorträgen. Ernsthaft! Lustigerweise gehören die meist nicht einmal selbst einer der Randgruppen an, für die sie sich so massiv einsetzen. Das wäre insgesamt ein Thema für sich, aber das würde den Rahmen endgültig sprengen. Wie auch immer, diese Leute/dieser Trend hat erst ermöglicht, dass jemand wie Trump ans Ruder kommt. Einer, der sich einen Dreck um Konsens schert, dem PC ein Gräuel ist und der sich traut, auch extrem gegen den Strich zu bürsten. Eine wohltuende Abwechslung für die genervte Bevölkerung, oder zumindest große Teile davon. Ob das reicht, um das mächtigste politische Amt der Welt zu kleiden, darüber darf man geteilter Meinung sein, aber die Zeit wird es uns zeigen.
So weit sind wir NOCH nicht, aber der Weg ist eingeschlagen. Auch an dt. Unis zeigen sich langsam derlei Tendenzen, und unser aller Obermeinungs- und Sprachpolizist Heiko Maas hat ja auch eine ganz dezidierte Ansicht zu freier Meinungsäußerung. Aber dieser Trend ist überaus kritisch. Hält man mit Gewalt den Deckel drauf, steigt der Druck an, ganz einfache Regel. Lasst die Leute sagen, was sie denken, hört ihnen zu, nehmt ihre Sorgen ernst, schlagt ernst gemeinte Lösungen vor, und es wird sich entspannen. Macht so weiter, wie bisher, beschimpft, lacht aus, diskreditiert, schreibt "besorgte Bürger" weiter in Anführungszeichen und hetzt die Sprachpolizei auf sie, und lebt damit, dass die nächsten Wahlen eventuell unangenehme Überraschungen bringen. Ganz simple Zusammenhänge.
Dieser Tage schäme ich mich fast, ein Linker zu sein. Meine einstige politische Heimat hat völlig den Boden unter den Füßen und Realitäten aus den Augen verloren und ist in vielerlei Hinsicht weit über das Ziel hinausgeschossen. Sie macht sich nur noch lächerlich, eiert herum, misst massiv mit zweierlei Maß, schulmeistert. Wo sind die Tage von Leuten wie Brandt und Schmidt hin? Meinetwegen noch Schröder, aber was momentan abgeht, ist mit Trauerspiel noch diplomatisch umschrieben. Das linke Spektrum diktiert gerade die Meinungen, demontiert sich dabei aber langsam aber sicher selbst. Phrasendrescherei und inszenierte Empörungsorgien sind nur sehr bedingt geeignet, wieder Fuß zu fassen in der Bevölkerung. Man ist bequem geworden, weil es kein Profil mehr gibt. Alle wollen in "die Mitte", was immer das sein mag, und verwaschen dabei bis zur Unkenntlichkeit.
Die AfD muss in den Bundestag. Nicht, weil sie an einer Regierung beteiligt werden soll, sondern weil sie der Weckruf für alle anderen sein muss. Das rechte Korrektiv in der Opposition. Etwas, das dafür sorgt, dass sich alle anderen Parteien wieder darauf besinnen, was sie wirklich sind. SPD links mit Reaktivierung des alten Stammklientels, CDU konservativ mit entsprechenden Themen, die Grünen mit ihren alten Kernthemen links neben der SPD, meinetwegen sogar die m.E überflüssige FDP mit ihrer Kernkompetenz Klientelpolitik und Wildwestwirtschafts-Affinität. Die AfD wird ohne Zweifel gehasst werden, ganz sicher wird sie nie regieren, aber sie muss der Stachel im Fleisch der bequem und austauschbar gewordenen, etablierten Parteien werden. Ich gehe ohnehin davon aus, dass sich die AfD irgendwann von selbst zerlegt, aber bis dahin soll sie den Laden mal ein bisschen aus seiner Lethargie reißen.
So ich habe mich quantitativ etwas gehen lassen, danke für die Geduld beim Lesen...