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Der kategorische Imperativ ist ein Naturgesetz, aus dem sich alle Gebote der Welt ableiten lassen, dazu braucht es keine Bibel und auch keinen Koran.
So weit so gut.
Das ist die Grundidee der Aufklärung.
Aus einem reduzierten Set von allgemeinen Regeln lässt sich alles weitere ableiten.
Grundsätzliches Vorbild hierfür ist die Euklidische Methode, historischer Schubverstärker war die von Leibnitz/Newton entwickelte Differentialgeometrie: Nachdem die physikalischen Grundbegriffe Kraft und Energie endlich sinnvoll voneinander unterschieden werden konnten, war Gott als Planetenschieber überflüssig geworden. Die Formel, die die Anziehungskräfte zweier Massenschwerkraftzentren regelt, reicht für die Kosmologie vollkommen aus.
Gott darf zusammen mit Sisyphos in Rente gehen.
Ergo brauchen wir den HErrn auch nicht mehr für die juristischen Regeln, da reicht der Gesellschaftervertrag bzw Gesellschaftsvertrag, kraft dessen die axiomatisch formulierten "Ausführungsbestimmungen" der kantischen transzendentalen Formel im demokratischen Diskurs ausformuliert werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz oder Robespierre.
Kann jeder Christ akzeptieren.
Alles Übel der Welt entsteht dadurch, dass Menschen, ... zwar in der Lage sind, Buchstaben zu Wörtern zusammenzufügen, aber nicht, den Sinn der Worte zu verstehen
Genau dies markiert das Ende der Aufklärung:
Buchstaben zu Wörtern zusammenfügen,
oder auch auseinandernehmen, allgemein gesprochen: Zeichen nach vorgegebenen Regeln zu manipulieren, ist in der Tat zwischen Frege und Hilbert zum unwidersprochenen Wesen mathematischer Beweisverfahren geworden.
Diese geoffenbarte "Sprache" der Mathematik,
um die herum sich im Rahmen des reduktionistischen Wissenschafts-Modells des 19.Jahrhunderts Physik,Chemie,Biologie,Soziologie, Ethik und Bitte-im Sitzen-Pinkeln gruppieren,
diese Sprache ist so universell und überzeugend, dass sie den Messdienern und Konfirmanden nicht mehr mit Ohrfeigen eingeprügelt werden muss, sondern - wie Platon gezeigt hat - jedem, aber auch wirklich jedem Deppen und Sklaven und Einwanderer von kompetenten Lehrern durch fragendes Heranführen undsoweiter.
Für Frege spielte der
Sinn der Worte tatsächlich noch ein Rolle: Er hat ihn auf die Wahrheit oder Falschheit einer Aussage reduziert und mit noch etwas umständlichen Tafeln gezeigt, dass man dieses Problem durch die rein syntaktischen Regeln von Zeichenersetzungsverfahren lösen kann. Und damit dem digitalen Zeitalter einen entscheidenden Schub verpasst.
Blöderweise hat das irgendwann die Frage nach dem Sinn des
Ganzen aufgeworfen. Der Frage also, ob eine gegebene Aussage X, die durchaus im Alphabet der zulässigen Zeichen formuliert wurde, eindeutig zur Menge der aus einem gegebenen System von Axiomen/Grundsätzen {M} ableitbaren Sätzen zugeordnet werden kann.
Es wurde mathematisch brilliant bewiesen dass das nicht universell möglich ist.
Jedenfalls nicht für Regelwerke, die komplex genug sind, um die Arithmetik zu modellieren oder zu klären, wie Menschen pinkeln dürfen.
Dummerweise hat die Aufklärung keinen Kaiser implementiert, der hätte abdanken können. Seitdem eiern wir irgendwie so rum, denn Beckenbauer fehlt es dafür augenscheinlich an Format und Hirn.
Durch all dies Gewese wurde am innersten Kern unserer Wissenschaften der Unterschied zwischen Syntax und Semantik ziemlich gut herausgearbeitet. Die dabei entdeckten Dilemmata haben neue Disziplinen wie Semiotik und Pragmatik hervorgebracht, wir subsummieren das in der Philosophiegeschichte als "linguistische Wende".
Für Christen kalter Kaffee:
I MAN FAN GWARD A SWORT
(Joh 1,1)
Diese lingusitische Wende hat eine beachtliche Zehl neuer Sprachen hervorgebracht, die wir Programmiersprachen nennen. Sie hat außerdem dazu geführt, dass Menschen in historisch nie gekanntem Ausmaß aneinander vorbeireden. Und das auch noch im Internetz für alle Ewigkeit dokumentieren. Wie peinlich.
1 Alle Menschen hatten die gleiche Sprache und gebrauchten die gleichen Worte.1
2 Als sie von Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene im Land Schinar und siedelten sich dort an.
3 Sie sagten zueinander: Auf, formen wir Lehmziegel und brennen wir sie zu Backsteinen. So dienten ihnen gebrannte Ziegel als Steine und Erdpech als Mörtel.
4 Dann sagten sie: Auf, bauen wir uns eine Stadt und einen Turm mit einer Spitze bis zum Himmel und machen wir uns damit einen Namen, dann werden wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen.
5 Da stieg der Herr herab, um sich Stadt und Turm anzusehen, die die Menschenkinder bauten.
6 Er sprach: Seht nur, ein Volk sind sie und eine Sprache haben sie alle. Und das ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, was sie sich auch vornehmen.
7 Auf, steigen wir hinab und verwirren wir dort ihre Sprache, sodass keiner mehr die Sprache des anderen versteht.
8 Der Herr zerstreute sie von dort aus über die ganze Erde und sie hörten auf, an der Stadt zu bauen.
9 Darum nannte man die Stadt Babel (Wirrsal), denn dort hat der Herr die Sprache aller Welt verwirrt, und von dort aus hat er die Menschen über die ganze Erde zerstreut.
(Gen 1 Mose 11)