gewichtige Bedrohung des Weltunfriedens dar.
Schön wär's. Dann müsste man nur lang und oft genug Appelle und Visionen publizieren, "teilen" und mehren, und die Welt verbesserte sich wie ein Hefeteig sich verbessert, wenn man ihm lange genug Luft einknetet.
Vielleicht funktioniert es ja auch in " höheren Sphären", dort, wo alle unsere Gedanken sich absichtslos ins Ungesagte einweben. Hier, am Webstuhl der Materie, wo Oben und Unten den Faden beherrschen, klappt es nicht.
Hier werden pazifistische Reden und schwärmerische Friedensgebete, Einigkeitshymnen und Friedensverse nur von denen erhört, die sie selbst anstimmen oder würden. Den anderen, die kein Lebenlassen-Programm in ihrer Software implementieren, sind sie eher ein Dorn im Auge. Die reagieren eher aggressiv, wenn sie, gerade mitten im Zornesrausch oder auf Kravall gebürstet, von Befriedungsappellen gedimmt werden sollen.
Das kann man im Kleinen in den Foren beobachten, wenn die Zoffkanone lädt und unaufgeregte Beobachter beschwichtigen wollen. Der Funken Frieden katalysiert die Kampfreagenzien und die Neutralisierer werden in schmal schmauchenden Tiegeln verdampft.
In allen Bereichen und auf allen Ebenen, wo konträre Kräfte akut werden, wird die dritte Kraft, die synthetisierende, zunächst gepolt, aufgeladen, ionisiert. Kampfhähne vertragen keine weißen Fahnen, sie färben sie in rote Tücher um. Krieg setzt sich durch, wie schlecht gefärbte Hemden, die einem die ganze Maschinenladung versauen, weshalb man besser getrennt wäscht oder diese neuen Zaubertücher dazu packt, die tatsächlich helfen, für deren Pendant in der Welt der Dissonanz ich aber keine chemische Formel zu nennen vermag. Naja, so Sedativa vielleicht, aber so kann es nicht gemeint sein.
Wenn zwei sich streiten ... Ein Thema für sich. Ob der Dritte verliert oder gewinnt, ist variabel, sicht-, situationsabhängig. Wirklicher Friede kehrte ein, wenn Sieg und Niederlage verstummten, aber wir kennen nur Oben und Unten, Rechts und Links.
Ich liebe ja Handarbeit. Mache Häkelbilder und mit den Fadenresten, die mir zum Wegwerfen zu schade sind, habe ich kleine Webbilder begonnen.
Die l a s s e n sich nur mit oben-unten-recht-links machen. Also webe ich die Fäden hinunter und hinauf und innere Bilder tauchen auf, die um das Verknüpfen an sich kreisen. Netz geht nur mit Ja-Nein, wir sind zur Wahl verdammt - oder berechtigt. Oder gezwungen. Erkoren.
Frieden zu verordnen ist so, als schriebe man das Muster, Textur oder Farben vor. Das wird als Beengung, als Aggression dechiffriert, dann, wenn einem der Sinn nach Rot, nach Zacken, nach Streben und Niedergang steht. Dann ist
artfremd und aus dem Weg zu räumen, die Bedrohung des Friedens einer unfriedlichen Systematik.
Ich gucke auch gerne amerikanische Actionfilme. Sind sie gut gemacht, mit Esprit und Sachverstand und die Story packend, ist das gute Unterhaltung. Was mir daran sehr und immer mehr aufstößt, ist das Ausmaß der Gewalt.
Ok, paar Leute werden zerschossen. Oder paar Waagen zerschellen an Brückenpfeilern. Meist sind es Vorgänge, die schnell erfasst werden. Mir reichen da drei-vier Sequenzen, um zu kapieren: ups, daneben gegangen. Uff, dumm gelaufen. Auweh, der ist jetzt sauer. Autsch.
Dann läuft das minutenlang. Mi-nuu-ten. Minuuuten. Minuuuten nur Zerstörung. Nur Blut, nur Fragmentierung. Da kann ich eine ganze Waschmaschine ausladen und aufhängen, und die splittern und bersten und zerkrachen immer noch.
Früher konnte ich die Post erledigen, setze mich wieder hin, und es kam eine Dialogphase, für die Hinzusetzen sich lohnte. Heute wird die immer öfter alsbald von der nächsten Zerstörungsorgie abgelöst. Wieder unendliche Zeiten in denen rein storymäßig nichts vorangeht, sondern nur ein und dieselbe Abfolge, ein und dasselbe Motiv repetiert werden. Dann werde ich freilich auch unruhig, färbt ja ab, und irgendwann schimpfe ich laut: " reicht! Habsdochschonverstanden!".
Ich weiß, warum man solche Filme meiden sollte, wenn man nicht genuin auf literweise Kunstblut steht; dennoch bin ich sicher, man könnte das Skript auch anders auf die gewünschte Kinolänge strecken, ohne es zu verdünnen.
Aber offenbar ist es für viele gut so. Action ist für viele eben Gewalt.
Und die Ununterscheidbarkeit von Bewegung und Aggression ist sicher medial mit moduliert.
Ich bin dann immer voll des Lobes, wenn wir mal Filme gucken, in denen nur wenige Leichenteile und wenig Rot vorkommen, wobei Wenig da variabel ist.
Ich will nicht nur Parlierdramen ambitionierter Altweltregiseure sehen, es muss für mich keine Rüschenkomödien und Reifrockemphasen geben, ich brauche auch nur als Antidot explizit weichgespülte Tanzbeinromanzen, und meist nur bis zur Hälfte, weil ich mir den Rest selbst denken kann.
Bei den anderen kann ich mir den Rest aber auch selbst denken, und ich fühle mich nicht nur bedrängt wegen des Splatters, sondern auch beleidigt. Ich kann die Lücke füllen, man muss mir die Scherben nicht ins Hirn stopfen.
Also frage ich mich dann, für wen die endlosen Gewaltszenen gedacht sind. Erfolg haben die Filme ja, ich gucke auch im Actionbereich nur solche, die eine sehenswerte Story haben. W e r also braucht den Zusatz an Splittern?
Und warum wird insinuiert, man müsse Gewalt in Gallonen liefern, um einen Zündschlüssel erfolgreich umzudrehen?
Dann webe ich wieder weiter, nach etwas Rot kommt wieder Blau, Gelb, Grün ...
Und dann ist das harmonisch und mein Nervensystem ausgegeglichen.
Aber eben nur meins.
Und der Weltunfrieden bleibt unbedroht.