I-Sprache und E-Sprache
Sprache ist auch philosophisch gesehen, und nicht nur im Alltag, ein schwieriges Unterfangen. Der amerikanische Philosoph, Professor für Linguistik und Philosophie am Massachusetts Institute of Technology Noam Chomsky erklärt in seinem neuen Buch: Was für Lebewesen sind wir?, warum Sprache - so wie sie bisher verstanden wurde - unverstanden blieb.
Bisher nahmen wir an - mit Aristoteles - dass Sprache eine Funktion der Kommunikation miteinander und untereinander ist. Sprache zielt auf Kommunikation.
Dem ist aber nicht so nach Chomsky. Die Kommunikation ist keineswegs das Primäre der Sprache und ist allenfalls eine Unterfunktion. Chomsky unterscheidet hier die I-Sprache von der E-Sprache. Die E-Sprache ist dann das Sprechen mit anderen Menschen. Die I-Sprache ist aber der innersubjektive Sprechakt des eigenen Bewusstseins, um die Dinge, die Eingang finden in mein Bewusstsein auf die Reihe zu bekommen. Evolutionär gesehen gab es also die I-Sprache (Innen-Sprache) vor der E-Sprache (zwischenmenschliche Sprache der Kommunikation). Der innere Monolog vor dem äußeren Dialog. Die Bedeutung vor dem Laut (und nicht wie Aristoteles meinte: umgekehrt).
Sprache und Gedanke sind daher sehr viel engmaschiger verwoben als Gedanken, I-Sprache und E-Sprache, Kommunikation. Der Weg also von der Sprache bis zur Kommunikation wäre ein sehr weiterer Weg als bisher angenommen und würde auch erklären, dass Kommunikation als sekundäre Funktion der Sprache selten gelingt (Beispiele kennen wir alle).
Würdet Ihr diese Umkehr in der Linguistik genauso sehen? Gibt es alltägliche Erfahrungswerte gegen oder für die These der Unterscheidung von I-Sprache und E-Sprache.
Scharfes Denken und Beobachten ist ausdrücklich erwünscht!