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Um Azana nicht unnötig zu kompromittieren, möchte ich anregen, Aristoteles in den Leitfaden dieses threads zu stellen und evtl den Titel entsprechend umzubenennen. Für das europäische Verständnis der Politeia ist er allemal prägend gewesen.
Es kann sicher nichts schaden, mal einen Blick in seine Bemerkungen zu werfen. Zu überprüfen, ob es in den letzten 2500 Jahren eigentlich irgendwie vorwärts gegangen ist. Ich gestehe freimütig, dass mir über den Titel hinaus wenig bekannt ist, was mich in beschämender Weise mit meiner eigenen
Blödheit
konfrontiert.
die Terme vor und nach dem =
mit Verlaub, uncleH, das Seins-Prädikat hat mit dem mathematischen Gleichheitszeichen ungefähr so viel gemeinsam wie Ontologie mit Onkologie.
Wir sind keine Vögel, welche ein Kerker am Fliegen hindern kann.
Da bin ich mir nicht mehr so sicher.
Das meine ich vor allem in Bezug auf die Gedankenkerker der modernen Medienlandschaft.
Es ist praktisch unmöglich, von bestimmmten Personen oder Ereignissen NICHT in Kenntnis gesetzt zu werden.
Helene Fischer beispielsweise. Oder die aktuellen Staatsoberhäupter der Türkei oder der Vereinigten Staaten von Amerika. Da willst Du einfach gepflegt wie jeden Sonntag Abend einen netten Tatort sehen, und >zack< kannst Du nicht mehr behaupten, Du hättest nicht gewusst, dass bald Bundestagswahl ist.
Früher gehörte es zum guten Ton, sich vor einer politischen Meinungsäußerung umfassend in unserer pluralen Medienlandschaft zu informieren. Fakten und Meinungen zu sichten, zu sortieren, zu verifizieren und zu gewichten, um damit zu einer möglichst fundierten eigenen politischen Meinung zu gelangen.
Im Laufe der Jahre habe ich mehr und mehr so ein unbestimmtes Gefühl entwickelt, dass an diesem procedere irgendetwas grundlegend faul geworden ist.
Ich kann gar nicht genau sagen, was das ist.
Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass der Versuch, sich über irgendetwas zu
informieren, indem man eine Zeitung kauft oder das Fernseh einschaltet oder im Internetz verschiedenen links followed, lediglich dazu führt, dass man immer tiefer in dem Sumpf einer von vornherein festgelegten Meinungsfilterblase versinkt. Die Distanz zwischen den Innenwänden dieser Blase bietet Anlass zu allerlei politischem Gezanke. Diese Innenwände markieren aber keineswegs die Grenzen des philosophisch Denkmöglichen, sondern lediglich den Eintritt in Tabu-Zonen der Meinungsfreiheit, die es ja angeblich nicht gibt.
Um dem zu entgehen, lebe ich seit geraumer Zeit in einer - wie ich meine - vergleichsweise ausgeprägten Medienabstinenz. Ich kenne kaum mehr die einzelnen Bundes-Minister mit Namen und würde vermutlich bei jedem Einbürgerungstest durchfallen.
Und wenn ich dann aus dieser großen Entfernung den Meinungen lausche, die an der Supermarktkasse oder im Ruheraum der Sauna unvermeidlich von meinen Mitmenschen ausgetauscht an mein Ohr dringen, muss ich mich jedesmal wundern: Da ist von Personen die Rede, die die Redner vor wenigen Tagen nicht einmal dem Namen nach kannten, sich jetzt aber ein umfassendes Urteil über die gesamte Person erlauben. Und zwar alle dasselbe Urteil. Ausrufezeichen.
Das macht mich skeptisch.
Gerade wenn alle dasselbe denken, haben wir als Philosophen die Aufgabe, ganz genau hinzusehen.
Aus germanozentristischer Perspektive beschützen die Staatsoberhäupter der Türkei und der Vereinigten Staaten von Amerika als Nato-Mitglieder die Ost- bzw Westgrenzen unseres Reiches. Dafür haben sie unser Wohlwollen und unsere Dankbarkeit verdient.
Aber was tun unsere Journalisten? Hacken auf ihnen herum, vergleichen sie mit den größten Verbrechern der Weltgeschichte, undsoweiter.
Und fast alle meine Mitmenschen plappern das nach, und sind fest davon überzeugt, das wäre ihre eigene Meinung.
Hoho, Haha, werdet ihr sagen, natürlich ist das meine eigene Meinung und die resultiert definitiv aus umfassender politischer Informiertheit und Ausgewogenheit.
OK. Wie heißen aktuell der Ministerpräsident von Italien, der Außenminister von Spanien, der Wirtschaftminister von Island, die Mutter von Kim Yong Un, der deutsche Thronfolger, und welche russische Großstadt fühlt sich direkt durch die ostukrainische Artillerie bedroht? Wer vier dieser sechs Fragen auf Basis seiner umfassenden Informiertheit spontan beantworten kann, werfe den ersten Stein.