Neutrale Technik? Wunschdenken ;-)
Hallo miteinander!
Das ist ja ein interessantes nachweihnachtliches Thema. Danke dafür.
Ein paar Kommentare von mir dazu:
Teil 1 - Werte
Ist die Technik nicht schon viel weiter, weil sie wertfrei unterschiedliche Lösungsansätze akzeptiert?
Ein Hammer akzeptiert auch "wertfrei" jegliche Verwendung. Das ist ein Teil der Definition von "Dingen"/"Werkzeugen", dass sie (nach Kant) keinen Zweck an sich haben. Sie sind "Mittel zum Zweck". Daran ist nichts neu.
Werkzeuge sind also per se wertfrei aber nicht "intentionsfrei". Das heißt, in Ihnen zeigen sich die Intentionen der Erschaffer*innen. Beispiel? Ein Hammer ist gut darin zu tun, was ein Hammer tun soll: Hämmern. Alles andere sind Sekundär-, Tertiär- etc. -nutzen, z.B. Leute erschlagen.
Facebook ist eine Social Media Plattform und ein Unternehmen. Dementsprechend verbindet es Leute und soll Gewinn einfahren. Da Facebook Gewinn mit Daten macht und eine social media Plattform besser funktioniert, wenn Daten sichtbar sind für viele, sind die default-Einstellungen im Datenschutz möglichst niedrig eingestellt.
Die Struktur dahinter ist dieselbe... und jetzt kommt die Philosophie ins Spiel:
Da hinter Intentionen Wertentscheidungen stehen, sind Werkzeuge als intentionale Dinge doch nicht wertfrei, sondern immer auch ein Werkzeug zur Durchsetzung von Werten.
Z.B. kann eine Software hohe Datenschutz und Privatheitseinstellungen als default-Einstellung haben (privacy by design, desing for privacy), weil die Macher*innen mal vorher eine Ethikerin gefragt haben.... oder das Produkt auch der im nächsten Jahr in Kraft tretenden Datenschutzgrundverordnung der EU genügen soll.
Kurz:
Ich würde vehement bestreiten, dass Technik wertfrei ist.
(Mal von der Unschärfe abgesehen, dass Technik gar nichts "akzeptieren" kann, aber hier geht es ja um den Sinn des postings.)
Teil 2: Demokratie
Ein Kern einer modernen pluralistischen Demokratie ist, dass keine Inhalte und damit auch keine "Lösungen" a priori festgeschrieben sind. Demokratie ist gerade kein teleologisches Prinzip (wie die Evolution des marxistischen Kommunismus).
Anders gesagt:
Es wird nicht im vornehinein festgelegt was gut und richtig ist (a priori) und es gibt auch keinen festen Ablauf oder ein Ziel (telos) vorauf die Demokratie hinsteuert.
Vielmehr entscheidet das Volk als Souverän im Rahmen von selbstgesetzten Regularien. Damit ist die Demokratie vom Wesen her ergebnisoffen. Das ist Segen und Problem zugleich, weshalb es verschiedene Ausprägungen gibt dies zu fördern und gleichzeitig einzuhegen.
Zum Beispiel ist unser Grundgesetz mit den Grundwerten ein Versuch Grenzpfeiler einzuziehen damit nicht ALLES möglich ist. Parteien sollen eigentlich den Austausch und die Vielfalt von Lösungswegen erhöhen und an der "politischen Willensbildung mitwirken".
Lobbyarbeit ist dabei auch per se nichts Schlechtes, da sie Institutionen und Gruppen die Möglichkeit gibt ihre Anliegen in die Politik einzubringen. Was führt zu einem besseren Pflegegesetz: Wenn die Politiker*innen Fachleute, Betroffene und Wissenschaftler*innen dazu anhören oder sich einfach was ausdenken?
Ein Problem ist es allerdings wenn manche Gruppen unverhältnismäßig viel Einfluss gewinnen.
Soviel erst einmal von mir. Monologgefahr!
Brynjar