Ich weiß, Seele lässt sich spüren - wenn man in der Stille in sich hineinhört....
Wenn ich über Seele nachdenke, dann fällt mir immer das Gedicht von
Wislawa Szymborska ein.
1996 wurde ihr neben dem Preis des polnischen PEN-Clubs und dem Samuel-Bogumil-Linde-Preis der Nobelpreis für Literatur „für ihr Werk, das ironisch-präzise den historischen und biologischen Zusammenhang in Fragmenten menschlicher Wirklichkeit hervortreten lässt,“ verliehen.
Etwas über die Seele
Die Seele hat man gelegentlich.
Niemand hat sie ohne Unterlass
und auf Dauer.
Tag um Tag,
Jahr um Jahr
kann ohne sie vergehen.
Nur in der Begeisterung
und den Ängsten der Kindheit
nistet sie sich manchmal auf länger ein.
Manchmal nur im Befremden,
dass wir alt geworden sind.
Selten begleitet sie uns
bei mühseligem Tun
wie Möbelrücken,
Kofferschleppen
oder weiten Wegen in engen Schuhen.
Beim Ausfüllen von Fragebögen
und Fleisch hacken
hat sie in der Regel frei.
Von tausend unserer Gespräche
beteiligt sie sich nur an einem,
und das auch nicht unbedingt,
denn sie liebt es zu schweigen.
Wenn unser Körper beginnt, uns mit Schmerzen zu plagen
stiehlt sie sich heimlich aus dem Dienst.
Sie ist wählerisch:
ungern sieht sie uns in der Masse,
unser Kampf um kleine Vorteile
und schnatternde Geschäfte.
widert sie an.
Freude und Trauer
sind für sie keine unterschiedlichen Gefühle.
Nur wenn sie sich verbinden,
wohnt sie uns bei.
Wir können auf sie zählen,
wenn wir uns keiner Sache sicher sind
und auf alles neugierig.
Von den materiellen Dingen
liebt sie Pendeluhren
und Spiegel, die beständig arbeiten,
auch wenn niemand hinschaut.
Sie sagt nicht, woher sie kommt
und wann sie uns wieder verlässt,
aber sie wartet offensichtlich auf diese Frage.
Es hat den Anschein,
dass so wie sie uns,
auch wir
sie zu etwas brauchen.