Lese-Empfehlung: Alber Camus: „Der Mythos von Sisyphos“
Lese-Empfehlung: Alber Camus: „Der Mythos von Sisyphos“ - Ein Versuch über das Absurde
Mit ca. 16 bekam ich Philosophie als Schulfach und – zu meiner „Sinn des Lebens-Krise“ passend den Mythos von Sisyphos. Er hat mich damals sehr geprägt und vor allem meine Liebe zur Philosophie allgemein hervorgerufen. Ich würde ihn heute – liebevoll – kritisieren, aber dennoch ist dieses Buch sicher immer noch sehr lesenswert, gerade durch die – für einen Philosophen seltene – leidenschaftliche Menschlichkeit, mit der er schreibt.
Das Absurde und der Selbstmord
Es gibt nur ein wirklich ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord. Die Entscheidung, ob das Leben sich lohne oder nicht, beantwortet die Grundfrage der Philosophie. Alles andere – ob die Welt drei Dimensionen und der Geist neun oder zwölf Kategorien habe – kommt erst später. Das sind Spielereien; zunächst heißt es Antwort geben. Und wenn es wahr ist, dass – nach Nietzsche – ein Philosoph, der ernst genommen werden will, mit gutem Beispiel vorangehen müsse, dann begreift man die Wichtigkeit dieser Antwort, da ihr dann die endgültige Tat folgen muss. Für das Herz sind das unmittelbare Gewissheiten, man muss sie aber gründlich untersuchen, um sie dem Geiste deutlich zu machen.
Wenn ich mich frage, weswegen diese Frage dringlicher als irgendeine andere ist, dann antworte ich: der Handlungen wegen, zu der sie verpflichtet. Ich kenne niemanden, der für den ontologischen Beweis gestorben wäre. Galilei, der eine schwerwiegende wissenschaftliche Wahrheit besaß, leugnete sie mit der größten Leichtigkeit ab, als sie sein Leben gefährdete. In gewissem Sinne tat er recht daran. Die Wahrheit war den Scheiterhaufen nicht wert. Ob die Erde sich um die Sonne dreht oder die Sonne um die Erde – das ist im Grunde gleichgültig. Um es genau zu sagen: das ist eine nichtige Frage. Dagegen sehe ich viele Leute sterben, weil sie das Leben nicht für lebenswert halten. Andere wieder lassen sich paradoxerweise für die Ideen oder Illusionen umbringen, die ihnen einen Grund zum Leben bedeuten (was man einen Grund zum Leben nennt, das ist gleichzeitig ein ausgezeichneter Grund zum Sterben). Also schließe ich, dass die Frage nach dem Sinn des Lebens die eindringlichste aller Fragen ist.
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Es gibt nur ein wirklich ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord. Die Entscheidung, ob das Leben sich lohne oder nicht, beantwortet die Grundfrage der Philosophie. Alles andere – ob die Welt drei Dimensionen und der Geist neun oder zwölf Kategorien habe – kommt erst später. Das sind Spielereien; zunächst heißt es Antwort geben. Und wenn es wahr ist, dass – nach Nietzsche – ein Philosoph, der ernst genommen werden will, mit gutem Beispiel vorangehen müsse, dann begreift man die Wichtigkeit dieser Antwort, da ihr dann die endgültige Tat folgen muss. Für das Herz sind das unmittelbare Gewissheiten, man muss sie aber gründlich untersuchen, um sie dem Geiste deutlich zu machen.
Wenn ich mich frage, weswegen diese Frage dringlicher als irgendeine andere ist, dann antworte ich: der Handlungen wegen, zu der sie verpflichtet. Ich kenne niemanden, der für den ontologischen Beweis gestorben wäre. Galilei, der eine schwerwiegende wissenschaftliche Wahrheit besaß, leugnete sie mit der größten Leichtigkeit ab, als sie sein Leben gefährdete. In gewissem Sinne tat er recht daran. Die Wahrheit war den Scheiterhaufen nicht wert. Ob die Erde sich um die Sonne dreht oder die Sonne um die Erde – das ist im Grunde gleichgültig. Um es genau zu sagen: das ist eine nichtige Frage. Dagegen sehe ich viele Leute sterben, weil sie das Leben nicht für lebenswert halten. Andere wieder lassen sich paradoxerweise für die Ideen oder Illusionen umbringen, die ihnen einen Grund zum Leben bedeuten (was man einen Grund zum Leben nennt, das ist gleichzeitig ein ausgezeichneter Grund zum Sterben). Also schließe ich, dass die Frage nach dem Sinn des Lebens die eindringlichste aller Fragen ist.
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So beginnt der Mythos. Und bekanntlich hat Camus sich natürlich nicht das Leben genommen. Nicht, weil er einen allgemeingültigen Sinn des Lebens gefunden hätte, sondern weil er die sich auftuende Kluft des Absurden analysiert und überwindet. So wird das Absurde – wie er es schon in seinem Vorwort erwähnt – zum Ausgangspunkt. Ob Sisyphos deswegen ein glücklicher Mensch wird? Ich bezweifel es. Und dennoch ist da viel Wahres drin und dran in Camus' Philosophie ...