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Mehr Demokratie! Bessere Demokratie! Bessere Politik

*****ina Frau
277 Beiträge
>Bleibt noch eine Frage übrig: Wer entscheidet eigentlich in der Politik, was "falsch" und was "richtig" ist? Etwa der Papst? Oder der Kaiser? Ein "Experte" (wenn ja: welcher und wofür ist er Experte?). Oder - etwa das Volk?

Ehrlich gesagt, ich bin für den Experten.
Es wurden also mehr "falsche" Entscheidungen NICHT vom Volk getroffen ? Das Volk hätte also nicht die NSDAP gewählt? Das ist keineswegs sicher und deshalb eben auch kein schlüssiges Argument für Volksentscheide.

Momentan höre ich von sehr vielen Leuten, die für Volksentscheide sind, die Ansicht, dass wir in einer "Merkel-Diktatur" leben. Diese Leute wollen selbst entscheiden, ob z.B. Corona gefährlich ist. Diese Leute sind für die Demokratie m.E. wesentlich gefährlicher als Corona. Sie wollen nämlich gerade keine Rücksicht auf Minderheiten (wie Risikogruppen) nehmen.

Positive Beispiele für den Wert der Volksentscheide wollen mir leider nicht einfallen.

Im Übrigen wird in Russland, China, den USA und weiteren Staaten die Demokratie massiv unterwandert, und zwar durch politsche Beeinflussungen über Kanäle, die demokratisch aussehen (soziale Medien), es aber in Wirklichkeit nicht sind. Das ist die eigentliche Gefahr für die Demokratie, und darüber sollte man sich Gedanken machen, bevor man diese Tendenz verharmlost oder ignoriert.
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
Nun. "Mehr auf Experten hören" war ja mehrfach Forderungen, die schon im Zusammenhang mit dem Klimawandel gefordert wurden und bei einer Seuche sicher erst recht gelten. Und die Idee, sogar von der "Expertenregierung" (Platon, Aristoteles), sind ja auch nicht neu. Ich glaube, es wäre hier unter uns sehr unstrittig, dass eine Demokratie - egal, wie weitreichend - gute Bildung und gute Medien (was gut im Zusammenhang zu beiden auch heißen mag( braucht. Nur (in der Masse) ausreichend gebildete und gut informierte Menschen können sich richtig an einer Demokratie beteiligen.

Und, ich denke, man kann der Bevölkerung schon mehr zutrauen kann, als nur alle paar Jahre wählen zu gehen. Sicher sollte man sehr vorsichtig sein, alles und jedes abstimmen zu lassen, wobei ich unter gewissen Umständen da nichts gegen hätte und das letztlich auch dem Volk zutrauen würde.

Über eine Seuche bzw. den Regeln zum Schutz abstimmen zu lassen, ist jetzt sicher nicht gerade die beste Idee. Dennoch stelle ich mir das Gedanklich gerade vor. Ich persönlich finde ja, dass Deutschland mit seinem Weg bislang sehr gut dadurch gekommen ist. Ich mache mir zwar aktuell Sorgen, ob nicht auch wir eine deutliche, zweite Welle bekommen werden, weil zu viele Menschen das Ganze zu locker sehen und in alte Verhaltensmuster zurückfallen, sodass auch hier die Zahl der Infizierten und Toten schnell wieder steigen kann, aber wir sind deutlich weiter. Corona ist "berechenbarer" geworden. Man kann es deutlich besser behandeln. Man könnte da deutlich besser behandeln und es müssten auch in Deutschland weniger sterben, als das zu Zeiten war, als Corona noch zu fremd. Wir werden vermutich bei einer Zweiten Wellen keine massiven Lock-Downs Deutschlandweit machen müssen, weil wir auch da ausreichend die medizinischen Kapazitäten haben werden, aber gut. Ich will nicht unken.

Wegen einer Seuche kann man schlecht mal eben ein 83 Mio-Volk abstimmen lassen. Nicht umsonst gibt es sogar im Grundgesetz schon die Seuchenbekämpfung als Verankerung, damit die Politik schnell reagieren kann, aber stellen wir uns fiktiv - dank Internet bzw. Digitalisierung (was ich aber an anderer Stelle für zu gefährlich hielte, da digital manipulierbar) - vor, wir hätten schnelle Abstimmungsmöglichkeiten für Ad-Hoc-Volksabstimmungen (theoretisch übernehmen Meinungsforschungsinstitute das ja schon irgendwo in Deutschland, allerdings ohne Rechtsbindung; unbeeindruckt lässt dsa die Politiker aber dennoch nicht).

So. Abstimmung. Knapp (oder deutlich) wird abgestimmt, dass die Corona-Maßnahmen deutlich gelockert oder gar komplett abgeschafft werden würden. Das wäre für mich zwar - so wie ich Corona einschätze - recht erschreckend, dass wir so viele Menschen hätten, die Corona als harmlos einstufen würden, aber ich müsste das akzeptieren. Ich würde für mich versuchen, damit umzugehen und ggf. auch versuchen, Entsprechendes mit und für meine Elter zu tun. (Ich hätte weniger Angst um mich bei Corona, denn ich würde kaum in eine größere Risiko-Gruppe gehören, würde dennoch weiter vorsichtig bleiben; ich hätte mehr Sorgen um meinen Schwager, der schwer Asthmatiker ist und vor allem um meinen Vater, der mit 85 COPD-Patient ist).

Aber: eine demokratische Abstimmung wäre auch hier für mich tragbar. Ich könnte dennoch Maske tragen (ggf. dann besonders die, die mich schützt bzw. so eine für meine Eltern besorgen). Das Gesundheitssystem würde dennoch weiter funktionieren. Das Leben ginge weiter. Würde es aber dann so sein, dass das Gesundheitssystem kolabiert (es wäre immerhin auf einer demokratischen Entscheidung basierend), dann müsste ich auch damit klar kommen. Selbst, wenn es dann hieße, dass mein Vater leider krank wurde und - weil zu viele krank waren - nicht behandelt werden konnte. Kein schöner Gedanke, aber für mich "ertragbar".

Nehmen wir mal an, basis-demokratisch würde abgestimmt, dass Ausgangverbote herrschen sollen, bis ein Impfstoff da ist (natürlich könne man weiter Einkaufen, müsse unter gewissen Umständen Arbeiten, wie, darauf käme es hier im Gedankenmodell weniger an). Fände ich sehr schwierig, weil ich es für deutlcih übertrieben hielte, aber ich würde es "schlucken", da es demokratisch so beschlossen wurde. (Ich kann fast analog mit den Regierungsbeschlüssen leben, da letztlich auch demokratisch legitimiert).

Die Probleme würden bei mir eher an anderen Stellen auftreten, je nachdem, was da vielleicht beschlossen werden würde.

Jetzt soll beschlossen werden, dass Corona-Kranke ab 80 Jahre nicht mehr behandelt werden sollen und eine Mehrheit würde dafür stimmen. Hier würden ethische Grundsätze in meinen Augen verletzt werden, dass ich da aber massiv auf die Barrikaden gehen würden. In NRW sollte vor Kurzem als Seuchenschutzmaßnahme (über Corona hinaus) es gesetzlich erlaubt sein, dass medizinisch geschulte Menschen (aktuelle wie ehemalige Pflegekräfte von Altersheimen genauso wie auch Ärzte und Krankenpflegepersonal im Ruhestan!) hätten Zwangsverpflichtet werden können. Zwangsarbeit gäbe es nicht mal in Kriegszeiten, wäre hier aber erlaubt worden. Theoretisch könnten hier demokratisch mit einfacher Mehrheit - egal ob im NRW-Landtag durch die gewählten Politiker oder durch eine Volksabstimmung - etwas beschlossen werden, was m.E. nicht Recht sein kann. Und wogegen ich mich ggf. weitreichend wehren würde. (Das Gesetzt wurde hier auch entschärft; es gibt auch weiterhin keine Zwangarbeit und die ursprüngliche Gesetzesvorläge wäre vom Verfassungsgericht auch kassiert worden).

Ich will jetzt gedanklich nicht wirklich viel weitergehen. Dennoch. Hitler wurde ja tatsächlich demokratisch an die Regierungsspitze gewählt. Es bleibt immer für mich auch eine Frage, was passieren müsste, dass ich mich - vielleicht sehr weitreichend - wehren würde. Schon bei einer Volksabstimmungsgesetzesvorlage "Alte Corona-Kranke ab 80 nicht mehr behandeln" würde ich gegen-demonstrieren gehen. Aber deswegen gewaltsamer Widerstand? Aber vielleicht würde ich, wenn mein Vater krank werden würde, eine Bank (ohne Todesopfer zu riskieren) überfallen, um mir Geld für seine heimliche Behandlung zu besorgen, wenn mein Geld nicht reicht?

Was-wäre-wenn-Fragen sind manchmal spannend, manchmal egal, manchmal möchte man da auch nicht weiter denken. *gruebel*
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Nur (in der Masse) ausreichend gebildete und gut informierte Menschen können sich richtig an einer Demokratie beteiligen.
...und es muss wohl auch vom Willen an Teilhabe getragen sein- Bildungsstatus und Informationszugang hin oder her...
Und, ich denke, man kann der Bevölkerung schon mehr zutrauen kann, als nur alle paar Jahre wählen zu gehen.
Gegenrede: Im Umkehrschluss stellt sich doch die Frage, was sich die Bevölkerung selbst zutraut. Horckheimer hat mal sinngemäß ausgeführt, dass das Problem der Macht sich oftmals darin konkretisiert, das sich die Herrschenden von den Beherrschten zunehmend entfremden. Gerade in Bezug auf solche Termini wie "Merkeldiktatur" und "Deep state" wirft sich doch die Frage auf, ob hier nicht eine umgekehrte Entwicklung eingesetzt hat: Das sich das Volk (als Souverän) zunehmend von den "Entscheidern" entfernt... *nachdenk*
Eine Grundsatzfrage vielleicht unter dem Aspekt, dass es in einem pluralistischen System denknotwendig ist, dem Einzelnen auch die Möglichkeit zu lassen, eben für sich selbst zu entscheiden, ob und in welchem Umfange das Recht auf Teilhabe überhaupt genutzt wird, mithin: Auf das Recht politischer Mitwirkung zu verzichten und den lieben Gott (oder wen auch immer) einen guten Mann sein zu lassen...
Das Freiheitsrecht in einem demokratischen Rechtstaat kann lediglich einen grds. normativen Freiheits- und Teilhabeanspruch gewährleisten...
Ich mache mir zwar aktuell Sorgen, ob nicht auch wir eine deutliche, zweite Welle bekommen werden,
Mir scheint, dass wir uns eher auf eine latente Gefahr einstellen sollten. Der Irrwitz an der aktuellen Situation dokumentiert sich in der sich verbreitenden Auffassung, dass es nur so ein-/zweimal knallt und dann könne man wieder zur Tagesordnung übergehen. Dieses Denken dürfte nichts, aber auch gar nichts an den systemischen Schwächen/Fehlentwicklungen ändern...
Hitler und Experten
So, mal in Ruhe und Sachlichkeit. Hier geht es um "mehr Demokratie", also u.a. Volksabstimmungen.

Zitat von **********_Gogh:
Hitler wurde ja tatsächlich demokratisch an die Regierungsspitze gewählt.
Sorry, das ist SO falsch. Hitler wurde am 30.1.1933 Reichskanzler. Er wurde nicht vom Volk direkt gewählt. Er wurde vom Reichspräsidenten ernannt. Er war Vorsitzender der stärksten Reichstagsfraktion NSDAP (33 %). Aber: die NSDAP war schon auf absteigendem Ast, hatte bei der vorhergehende Wahl Stimmen verloren (von 37 auf 33%). Die Direktwahl zum Reichspräsidenten, bei der Hitler kandidiert hatte, hatte er hingegen verloren. Es gab 1933 keine politische Notwendigkeit, den Herrn Hitler zum Reichskanzler zu machen (Vorgänger Brüning war recht erfolgreich bei der Bekämpfung der Wirtschaftskrise und hatte sogar die Reduzierung der Reparationsforderungen erreicht!). Die historische Forschung ist sich einig: Es waren die reaktionären Eliten in der Weimarer Republik, die Hitler an die Macht brachten. Definitiv keine Volksabstimmung. Die hat er verloren.

Weiter: Volksabstimmung vs. Expertenmeinung. Worüber reden wir hier? Derzeit wird - indirekt - demokratisch entschieden von Parlamentariern, die die Regierung tragen. Sie lassen sich beraten von Experten. Und das ist gut so. Darum haben wir in Deutschland z.B. die Corona-Krise bisher besser gemeistert als etwa die USA, wo eine Regierung am Werk ist, die sich eben nicht beraten läßt. An welche Stelle sollen nun Volksabstimmung treten? An die Stelle der Experten? Natürlich nicht, welch ein Unsinn. Das sagt kein Mensch. Sondern - in manchen Fällen - an die Stelle der Parlamentsentscheidungen. Realistisch ist: Vor einer Volksabstimmung gibt es "Wahlkampf". Dabei würde auch Expertenrat gehört öffentlich und diskutiert. Warum meinen wir, die Bevölkerung würde weniger auf Experten hören als der Bundestag? Ich kann dieses Mißtrauen gar nicht nachvollziehen, akut auch nicht angesichts der Tatsache, dass bis auf eine kleine Minderheit die große Mehrheit die von Experten empfohlenen Maßnahmen mitträgt. Es gibt gar keinen von Fakten untermauerten Anlaß zum Mißtrauen in das Volk. Hingegen kann man sich schon fragen, ob die Volksmwehrheit so einen Unsinn wie etwa die "Maut" entschieden hätte, die aus rein parteitaktischem Egoismus und - wer weiß? - guter Lobbyarbeit durchgekommen ist. Genau so etwas gibt es immer wieder, und dagegen gibt es kein Gegenmittel - außer Volksabstimmungen bzw. der Drohung damit.

Zitat von *****ina:
Ehrlich gesagt, ich bin für den Experten.
Entscheidend aber ist: Wenn jemand ernsthaft will, dass Experten herrschen sollen, dann soll er bitteschön sagen, wie das konkret aussehen soll? Welche Experten sollen herrschen? Juristen, die ohnehin schon an allen Machthebeln sitzen? Oder Politikwissenschaftler, die sich einig sind, dass aber Demokratie die beste Regierungsform ist? Oder Philosophen? Theologen? Priester? Adlige? Also: Wer ist Experte fürs Regieren??? Und wenn diese Experten gefunden sein sollten: Was ist mit Menschen, die eine andere Mdeinung haben? Dürfen die sie äußern? Die historische Erfahrung mit "Expertenherrschaft" (="Aristokratie", Herrschaft der Besten) ist leider: Nein, die anderen (das Volk) dürfen dann nicht alles sagen. Am weitesten getrieben hat das der sog. Kommunismus: Man verstand sich als wissenschaftlich (!) bewiesene Welterklärung. Wer dagegen war, war also verrückt oder böse. Konsequenz: In der UdSSR, auch in der DDR, kamen Dissidenten in die Psychiatrie oder ins Gefängnis. Echt, Leute, die ihr hier gegen Demokratie und für Expertenherrschaft seid: Wollt ihr das wirklich? Seid ihr euch sicher, dass ihr nicht zu denen zählt, die in Klapse oder Knast kommen???

Damit Ende der Sachlichkeit. Und ich mache mir mal Luft: *gr3*
Mannomann! Ich kanns kaum glauben, was manche hier schreiben! Es ist so verantwortungslos, dass auch ich fast sage: "Und so jemand darf wählen??? Hoffentlich geht sie nicht hin." Ernsthaft: Bitte mal nachdenken, bevor ihr die hart erkämpfe Demokratie wegwerft, statt sie weiter zu verbessern!
*****ina Frau
277 Beiträge
>Wenn jemand ernsthaft will, dass Experten herrschen sollen, dann soll er bitteschön sagen, wie das konkret aussehen soll? Welche Experten sollen herrschen? Juristen, die ohnehin schon an allen Machthebeln sitzen? Oder Politikwissenschaftler, die sich einig sind, dass aber Demokratie die beste Regierungsform ist? Oder Philosophen? Theologen? Priester? Adlige? Also: Wer ist Experte fürs Regieren??? Und wenn diese Experten gefunden sein sollten: Was ist mit Menschen, die eine andere Mdeinung haben? Dürfen die sie äußern?

*ggg* oha. Welche Überinterpretation eines kurz formulierten Einleitungssatzes meines Gedankenanstoßes - so war es eigentlich gemeint. Mir ging es darum, die Konsequenzen deutlich zu machen, wenn Menschen staatstragend Entscheidungen treffen, deren Folgen sie überhaupt nicht einschätzen können, weil sie einfach zu wenig Wissen haben. Deutlicher als beim Brexit kann man es nicht zeigen. Die Briten hatten (und haben noch) teilweise keine Ahnung, welche wirtschaftlichen Folgen der Austritt aus der EU für sie haben würde. Sie haben einfach Versprechungen skrupelloser Politiker geglaubt und hatten von der EU die Schnauze voll. Eine Entscheidung aufgrund von Aversionen und falschen Annahmen.
Weitere Beispiele kann sich jeder selbst überlegen.

Ich will nicht sagen, dass es nicht Themen gibt, über die jeder Einzelne die Kompetenz der Entscheidung hat. Die gibt es. Z. B. sollten die Menschen in Hongkong unbedingt frei entscheiden dürfen, von wem sie regiert werden wollen und wieviel Einfluss China haben soll!

Aber Dinge wie Lockdown oder Maskenpflicht können ganz offensichtlich nicht von den Einzelnen entschieden werden, da man dazu wissenschaftliche Daten benötigt, und nicht Telegram-Gruppen, in denen obskure "Experten" renommierten Wissenschaftlern widersprechen.

Außerdem habe ich auch nicht gesagt, dass Experten regieren sollen, sondern dass Experten (die jeweiligen für ihr Thema) entscheiden (!) sollen, was aus Expertensicht die beste Vorgehensweise ist, z.B. in dem Sinne, dass sie die Politik beraten. Was im Übrigen ja auch dem Ist-Zustand entspricht.

Wenn jemand ernsthaft die Ansicht vertreten sollte, dass Wissenschaft keine Grundlage für die Politik sein darf (natürlich nur dort, wo es um Wissen geht!), dann sind wir wohl im Bereich von Esoterik oder Selbstüberschätzung. Wer glaubt, er kann alles selbst entscheiden, auch ohne die geringste Ahnung vom Thema zu haben, der ist für mich politisch nicht ernstzunehmen, tut mir leid.
#tarutina
Wenns so nicht geneint war, hat sich die Sache erledigt. Demokratisch wird entschieden, Experten beraten. Da haben wir Konsens *dafuer*
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
@****de
Danke für Deine Geschichtsstunde. Du hast da nur ein wenig Dinge falsch zusammengefügt. Ich habe nicht behauptet, dass Hitler direkt gewählt wurde, noch, dass er z.B. eine absolute Mehrheit gehabt hätte o.ä., sondern dass die Anfänge zur Machtergreifung der Nazis auf demokratischen Wege erfolgt ist.

Noch 1928 hatten die NSDAP nur 2,6 % der Stimmen bei der Reichstagswahl. 1930 waren es dann schon 18,3 %, Juli 1932 37,3 % und im November 32 waren es 33,1 % (absteigender Ast mal dahingestellt), was über 11 Millionen Stimmen waren. Es waren demokratische Wahlen, in denen die NSDAP stark wurde.

Als Hitler zum ersten Mal Reichskanzler am 30.01.33 wurde, musste er noch mit einer Minderheitenregierung antreten, aber grundsätzlich handelte es sich um eine legitime Regierungsbildung basierend auf den Wahlergebnissen bzw. den Regeln der Weimarer Republik. Auch die Reichstagswahl im März 33 war noch auf dem demokratischen Boden der Weimarer Republik, so chaotisch sie zu diesem Zeitpunkt auch war. Sie war die letzte Wahl, die mit mehreren Parteien stattfand und auch die KPD, deren Mitglieder weitestgehend durch Nazi-Terror und dann durch die Reichstagsbrandverordnung verfolgt wurden, war mit dem Wahlergebnis vertreten. Die NSDAP errang 43,9 % (über 17 Mio Stimmen; also wieder eine deutliche Steigerung) und hatte eine Regierungsmehrheit zusammen mit der "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot", die auf 8 % kam. Die Stimmen der KPD (12,3 %) wurden annuliert (was auf Basis der Reichstagsbrandverordnung geschah und sicher alles andere als demokratisch war), womit die NSDAP rechnerisch eine absolute Mehrheit hatte. Dann folgte am 23. März 1933 das Ermächtigungsgesetz, wogegen alleine die SPD stimmte. Auch hier ist - leider - ein demokratischer Prozess gewesen, der für eine moderne Demokratie unentschuldbar ist.

Die Weimarer Republik hatte deutliche Schwächen. Könnte sich aber ähnliches nicht auch heute wiederholen? Zwar gibt es aufgrund der damaligen Erfahung mit dem Vielparteienparlament z.B. die 5%-Hürde, aber inzwischen ist eine Regierungsbildung auch im Bundestag kaum mit 2 Parteien mehr machbar. Grundsätzlich könnte eine Partei mit "bösen Absichten" demokratisch erstarken und dann versuchen, das Parlament auszuschalten. Notstandsverordnungen einer Minderheitsregierung wie nach Januar 33 wären heute allerdings nicht mehr möglich. Das Verbot einer Partei allerdings schon. Und, wenn solch radikale Parteien eine Mehrheit zum Regieren hätten, dann hilft auch nicht mehr, dass z.B. das Grundgesetz nur mit 2/3-Mehrheit geändert werden kann. Hier liegt lediglich eine Selbstverpflichtung moderner Demokraten vor, die von Radikalen jederzeit gebrochen werden könnte.

So müsste doch eine radikale Regierung, die die Mehrheit inne hat, nur ein neues Grundgesetz in ihrem Sinne vorlegen und es vom Volk abstimmen lassen. Statt 2/3-Mehrheit eine Volksmehrheit. Wer will denn da gegen "klagen" oder sich sonstwie wehren?

Darum ging es. Hitler ist durchaus auf demokratischen Wege an die Macht gekommen und keine Demokratie ist vor so etwas geschützt, wenn das Volk es mitträgt. Und das passierte 33, auch, wenn Hitler bzw. die NSDAP damals keine absolute Mehrheit bekamen, so kamen sie doch legal an die Macht, die sie dann zur Diktatur ausnutzen.
Zitat von **********_Gogh:
Danke für Deine Geschichtsstunde.
*zwinker* @**********_Gogh, das ist ja alles richtig. Es ging aber doch um die Frage, wie man Volksabstimmungen im Vergleich zu parlamentarischen Abstimmungen findet. Und nochmal: Die Nazis sind nicht durch Volksabstimmung an die Macht gekommen, hatten auch im Reichstag keine Mehrheit, waren sogar auf absteigendem Ast, als die konservativen Eliten Hitler zur Macht verhalfen, gekrönt vom Ermächtigungsgesetz, dem sich nur die SPD widersetzte (die KPD war schon eliminiert aus dem Reichstag). Das war kein Plebiszit, sondern aktives Handeln der (zweifellos gewählten) Parlamentarier. Wenn also jemand Parlamentarismus gut findet, Volksabstimmungen jedoch nicht, so ist die Machtübergabe (!) an Hitler eben kein gutes Beispiel. So der Stand der Forschung, also nicht etwa eine skurille Idee von mir.

Was die Aushöhlung einer Demokratie durch demokratische Beschlüsse betrifft: Nach der leidvollen Weimarer Erfahrung hat man im Grundgesetz 1949 eine Hürde eingebaut in Art. 79.3: „Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“ (Artikel 1: Menschenwürde und Menschenrechte, Artikel 20: Demokratie und Sozialstaat.)

Diese Unveränderbarkeitsklausel finde ich sehr sympathisch. Sie ist natürlich nur symbolischer Natur. Denn wenn eine 2/3-Mehrheit in Bundestag UND Bundesrat (beides ist erforderlich für Grundgesetzänderungen) die Verfassung so grundlegend ändern will, so macht sie folgendes: Erst wird Artikel 79.3 gestrichen (geht), dann ist der Weg frei für jede weitere Änderung.

Aber wovon reden wir hier?

Eine 2/3-Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat, also der Ländervertretung. Das ist nicht einfach hinzukriegen. Da reicht nicht eine Wahl (Bundestag), sondern es braucht mehrere Landtagswahlen, also über Jahre hinweg, damit eine Partei oder eine Koalition eine solche Mehrheit bekommt. Wenn die Menschen in Deutschland über Jahre hinweg mit großen Mehrheiten Parteien wählen würden, die wirklich die Demokratie abschaffen wollen wie damals die NSDAP, dann ist die Demokratie hier doch ohnehin schon ausgehöhlt. Dann ist die Verfassungsänderung nur noch der formale Vollzug.

Es ist ja keine bloße Sonntagsrede, wenn immer gesagt wird: Demokratie muss immer neu erkämpft werden, sie lebt vom Mitmachen etc. DAS ist m.E. die eigentliche Gefahr derzeit, dass viele das Erkämpfte für selbstverständlich nehmen und es eben dadurch gefährden.
*****ina Frau
277 Beiträge
Nur sind leider Volksabstimmungen weder ein Garant dafür, dass wirklich "mehr" Demokratie entsteht, noch dass Entscheidungen tatsächlich vom "Volk" getroffen werden. Warum?
1. weil sich an Volksabstimmungen noch weniger Menschen beteiligen als an Wahlen. Die wenigsten Themen werden von allen Menschen für wichtig genug erachtet (s. Schweiz), erst recht nicht, je öfter sie ihre Zeit opfern sollen. Es ist also zu bezweifeln, dass hier wirklich "das Volk" entscheidet. Man kann nun einmal niemanden zur Beteiligung an der Demokratie zwingen. Übrigens gibt es das Modell ja bereits auf Länderebene.

2. Eine Staatsform, in der die Masse ihre politischen Entschlüsse über Volksentscheide durchsetzt ist keine Demokratie, sondern eine Ochlokratie. Ich gehe durchaus mit Platon und Rousseau konform, dass hier statt des Gemeinwohls die kumulierten Interessen der einzelnen Bürger zum Ausdruck kommen, also persönliche Interessen und Eigennutz. Unter dem Deckmantel von "mehr Demokratie" wird genau das Gegenteil erreicht, was letztlich dem Gemeinwohl nur schadet.

Im Übrigen ist Demokratie ein Prozess, und Meinungen bilden sich durch Erfahrungen und in Diskussionen. Und das ist eben genau der politische Prozess der Meinungsbildungsbildung, der durch Diskussionsveranstaltungen, durch die Medien und soziale Netzwerke (wie hier) etc. verbreitete Verlautbarungen Einzelner oder von Parteien durchgeführt wird. Aufgrund dieser demokratischen Prozesse sind Bürger überhaupt erst in der Lage, politische Entscheidungen (über die Wahl einer Partei) zu treffen.

Was soll die Volksabstimmung jetzt bringen? Will man diesen demokratischen Prozess verkürzen, unterbinden? Die Politik von schwerfälligen Abstimmungsprozessen abhängig machen, oder die Parteien ganz abschaffen?

@****de Sag doch mal explizit, wie du das konkret meinst. Diese abstrakten Denkkonstrukte bitte mal auf Anwendungsebene bringen und dann auch dort zu Ende denken.

Zitat von ****de:
#>Mannomann! Ich kanns kaum glauben, was manche hier schreiben! Es ist so verantwortungslos, dass auch ich fast sage: "Und so jemand darf wählen??? Hoffentlich geht sie nicht hin." *

Aha. Du führst deine eigenen Argumente hier mit einem Schlag ad absurdum. Wenn nur jeder Politiker so leicht zu demaskieren wäre. *lach*
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
@****de
Ich glaube, da sind wir dann doch alle nah beieinander und es handelt sich eher um ein Missverständnis; egal ob Textpassagen von @*****ina oder von mir.

@*****ina hatte z.B. geschrieben: "Das Volk hätte also nicht die NSDAP gewählt?"

Egal wie gemeint ... ob die Reichstagswahlen oder ein theoretischer Volksentscheid der NSDAP o.ä.: auch die Wahl zum Parlament ist ja ein Volkentscheid. Und ob in der Folge davon im Parlament Dinge entschieden werden oder per Volksentscheid direkt ... spannend wird es doch erst, wenn das Volk anders entscheidet, als die Volksvertreter. Bei gleichen Ergebnissen wird keiner einen massiven Handlungsbedarf sehen müssen.

Ich hatte auch anfangs schon geschrieben:

**********_Gogh:
Da wären viele Probleme zu nennen. Wenn 51 % der Bevölkerung beschließt, dass die übrigen 49 % in die Sklaverei für die erstgenannten geschickt wird, dann wäre das demokratisch, aber gleichzeitig problematisch. *lol*
Es gibt also viel zu Berücksichtigen.

Meinen Text könnte man eher auf den Volksentscheid beziehen, aber auch bei parlamentarischen Abstimmungen gilt das. Also unabhängig von Volksentscheid oder parlamentarischen Abstimmungen ... da ist "demokratisch" ein "Mehr" über das hinaus, was rein demokratisch ist. Und das ist nicht unproblematisch, wenn es kippt. Wenn sich an Spielregeln nicht mehr gehalten wird. Wenn die Mehrheit sich eben um 2/3-Mehrheiten nicht schert oder die ggf. aushebelt. Und wenn dann selbst Klagen, denen statt gegeben würde, nicht befolgt werden würden?

Tatsächlich hatten wir jüngst selbst bei uns solche Dillema. Diesel-Fahrverbote und diese Muttersauen-Standhaltung als Beispiel. Gerichte hatten hier eindeutige Urteile zu gesprochen. Bei den Sauen hielt man sich über 20 Jahre nicht an das Urteil, wenn ich es richtig verstand. Und manch ein Politker mancher Stadt oder manch Land sagte: man werde Diesel-Fahrverbote trotz Gesetzeslage und Urteilen nicht umsetzen. Was dann? Zwangshaft für diese Politiker, die gegen Gesetze wissentlich verstoßen. Tagessätze Strafe vom Rechtsträger, die dann an den selben Rechtsträger gehen würden???
(Tatsächlich ergab irgendwo ein Gutachten, dass bei einer Sache das Land theoretisch 400 Euro pro Tag an die Landeskasse Strafe hätte zahlen können/müssen, also sich selber überweisen würde).

Allerdings liegt eben hier ein Dilemma drin. Solange mehrheitlich (mit einfacher Mehrheit!!!) der Konsenz da ist, Minderheitenschutz zu gewährleisten und sich z.B. an eine notwendige 2/3-Mehrheit zu halten, dann haben wir eine "gute" Demokratie. Dieses Plus ist aber nicht zwingend demokratisch, sondern außerhalb eine Selbstverpflichtung auf Basis von Ethik, Moral, politischen Grundsätzen, die nur solange funktioniert, solange eine einfache (!) Mehrheit sich dran hält.

Wenn man (Staat, Volk) sich nicht selber dran hält und dann auch nichts dagegen tut, weil eben da die Mehrheit in die andere Richtung da ist (egal ob Volk oder Parlament), funktioniert das nicht mehr, aber es bliebe demokratisch.



Nachtrag @*****ina (aber auch alle):
Es ist ja nicht so lange her, dass Herr Lindner meinte, Klimapolitik solle man den "Experten" überlassen und damit ein sehr eigenes Verständnis von "Experte" an den Tag legte. *lol*

Wobei ich da dennoch den Gedanken, den ich schon mal brachte, für nicht verkehrt halte. Nehmen wir das Beispiel "Umweltminister". Hier keinen Politiker, sondern einen "Experten" (bewussst schwammig vormuliert). Die Minister nicht als Entscheider (was sie streng genommen auch bei unserer Staatsform nicht sind, da sie immer nur auf paralamentarischer Grundentscheidung agieren können), sondern als höchste Beamte, die Ausführende sind und Vorschlagsrecht haben.
Anders formuliert: wer solch ein höchster Verwantwortlicher wird (also "Miniister" in meinem Sinne) hätte kein Stimmrecht im Parlament, denn er kann und soll sich nicht selber (mit) beauftragen. Ich würde hier also eine Trennung von Amt und Parlament fordern. Somit hätten wir zwar keinen fachkundigen Experten als "Regierenden", aber an der Spitze des Ressorts, der wiederum aber nur beratenden, vorschlagenden und ausführenden Charakter hätte. Das Parlament gäbe aber die Vorgabe ohne seine Stimme.

Ich würde damit u.a. auch gerne von dem Personenkult wegkommen wollen, den Ministerämter Politikern liefern. Mehr Fachkunde als Minister wäre für mich wünschenswert, aber entscheidend bliebe das Parlament. Und Minister könnten sich weniger als "Könige ihres Amtes" aufspielen. Vielleicht würde mein Vorschlag da was bringen. Vielleicht würden sich aber diese parlamentarisch stimmlosen "Minister" trotzdem als Könige aufspielen. Dann wäre die Frage, wie werden sie ein- und abberufen. Wenn das Parlament das mal eben machen kann, dann würden diese Minister doch wieder nur Marionetten, denn sie müssten fürchten, bei unbequemen (aber fachlich berechtigten) Äußerungen ihren Job zu verlieren. Also bräuchten wir dann doch irgendwo pollitisch unabhängige Experten, wo man nur hoffen kann, dass auf deren Rat dann irgendwann (und sei es nach der nächsten Wahl) gehört würde.

__

Neuer Nachtrag, da @*****ina inzwischen etwas gepostet hat. Ochlokratie ... so lernt man dazu. Ja, irgendwann davon gehört. *lol*

https://de.wikipedia.org/wiki/Ochlokratie
(von Polybos geprägter Begriff seiner Staatstheorie)

Also einen Teil meines oben geschriebenen Textes müsste ich jetzt überarbeiten, wenn ich diesen Begriff mit verwenden würde. Dort, wo 51 % des Volkes beschließt, dass der Rest versklavt wird, hätten wir dann einen Ochlokratie. Diese Unterscheidung am Gemeinwohl zu machen ist natürlich schön und hilfreich. Allerdings könnte sehr schnell das Problem auftreten, was "gemeinnützig", was "eigennützig" ist. 49 % gemeinnützige Sklaven sind doch demokratisch, oder nicht? *lol*

Trotzdem *danke* @*****ina für den Hinweis.
**********hylen Mann
1.142 Beiträge
Und ob in der Folge davon im Parlament Dinge entschieden werden oder per Volksentscheid direkt ... spannend wird es doch erst, wenn das Volk anders entscheidet, als die Volksvertreter.
Nun- gerade in Bezug auf die "Brexitproblematik" stellt sich doch die Frage, ob man zugunsten einer "Basisdemokratie" das (etablierte) System der Gewaltenteilung über Bord werfen will...
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
Nun ja.

Ich frage mich hier, ob da zum Teil nicht hier in Deutschland eine etwas falsche Presse-Darstellung erfolgte, die mehr "Wunsch" als "Wirklichkeit" ist. Hier sind Artikel immer so: eigentlich wollten die Briten ja schon in der EU bleiben oder, jetzt würden die Briten erst die Folgen merken und die Abstimmung am liebsten rückgängig machen, aber m.E. ist das nicht so.

Die Briten haben bei der letzten Parlamentswahl Johnson deutlich einen Regierungsauftrag gegeben, der m.E. zeigt, dass sich die Briten nicht verwählt haben. Hätte Johnson diese Wahl verloren, dann hätte es vielleicht ein zweites Referendum gegeben, aber so kann man sicher nicht davon reden, die Briten hätten sich "verwählt" oder würden das jetzt bereuen.

Dennoch gilt natürlich, dass z.B. die Mehrheit der Schotten definitiv in der EU hätten bleiben wollen. Oder, dass die Entscheidung natürlich sehr knapp war. Hier haben wir das Problem, dass - Begriffsvarianten wie Ochlokratie - wenig helfen, denn es gab ja nur ein Entweder-Oder. Hier wäre auch keine 2/3-Mehrheit wirklich hilfreich, sondern nur eine Standpunktsfrage/Meinung.

Ohne jetzt wirklich zur Basis-Demokratie, aber vielleicht wunschmäßig doch zu mehr Volksabstimmungen zu kommen, würde ich ja hier besondere Regeln einbauen. U.a. auch, weil abgegebene Stimmen, Mehrheiten, weit weg von Volksmehrheit sein kann. Z.B. halte ich auch nichts von Pflicht-Abstimmung (Wahlpflich), die man ja auch machen könnte. Umsetzung einer Entscheidung sollte abhängig von der theoretischen Volksmehrheit und von der Wichtigkeit gemacht werden. Also z.B. Einsppruchsfristen zulassen. Ist eine eindeutige Volksmehrheit vorhanden, sollte die Verbindlichkeit da sein. Bei geringer Wahlbeteiligung müsste ggf. eine zweite Abstimmungsmöglichkeit vorhanden sein (im Sinne des ausreichenden Einspruchs der zu einer zweiten Abstimmung führt bzw. eine vorgeschriebene zweite Abstimmung, die dann verbindlich wäre).

Ich möchte auch nicht alles und jedes abstimmen lassen, aber die Schwelle für Abstimmungen schon nicht ultra-hoch setzen. Aktuell könnte ich mir z.B. eine Abstimmung vorstellen, ob z.B. (im Normalfall) 130 km/h auf Bundesdeutschen Autobahnen gilt. Auch so Abstimmungen über den Ausstieg aus Kohle, Atomkraft (letzteres brauche ich jetzt nicht nachträglich, hätte man damals aber machen können), wären m.E. sinnvoll (gewesen). U.a. hätte eine Volksabstimmung, die für den Ausstieg aus Atomstrom gewesen wäre, Entschädigungszahlungen verhindern können. Nicht wirtschaftliche Interessen, sondern Volkswille, der zählt.

Und, auch wenn ich mich nicht übermäßig mit der Schweizer Politik auskenne, so finde ich, dass genau die zeigen, dass es funktioniert. Und bei relevanteren Sachen auch tatsächlich mehr zur Wahl gehen. Und das kann ich mir auch hier vorstellen bzw. würde mir wünschen.
Zitat von **********hylen:
Nun- gerade in Bezug auf die "Brexitproblematik" stellt sich doch die Frage, ob man zugunsten einer "Basisdemokratie" das (etablierte) System der Gewaltenteilung über Bord werfen will...
Ich kenne niemanden, der das will.
Zitat von *****ina:
Eine Staatsform, in der die Masse ihre politischen Entschlüsse über Volksentscheide durchsetzt ist keine Demokratie, sondern eine Ochlokratie.
Das ist falsch, sofern du dich auf die klassischen Autoren (Platon, Aristoteles) beziehst.

Wie ich oben schon dargelegt habe: "Demokratie" war in der Antike die "Diktatur der Mehrheit" - also der von dir angeführte Fall, dass 51 % über 49 % bestimmen, ist nach damaligem Verständnis lupenrein demokratisch. Sogar Gerichtsurteile wurden per Mehrheitsentscheid in der Volksversammlung (=Versammlung der männlichen Vollbürger ohne Frauen, ohne Sklaven) gefällt (siehe Sokrates´ Todesurteil).

"Oligarchie" ist die Herrschaft weniger, ähnlich wie die "Aristokratie". Nur dass bei der Oligarchie nicht die Besten herrschen (=Aristokratie). Dafür gab es damals historisch reale Fälle, die wir heute als "Junta" bezeichnen würden. Also: 51 % der Wahlbürger entscheiden = Demokratie; 51 Personen entscheiden = Oligarchie (wir sehen dabei davon ab, dass die Bevölkerung aus nur 100 Personen bestehen könnte, um jeden spitzfindigen Einwand überflüssig zu machen).
Zitat von **********_Gogh:
Ohne jetzt wirklich zur Basis-Demokratie, aber vielleicht wunschmäßig doch zu mehr Volksabstimmungen zu kommen, würde ich ja hier besondere Regeln einbauen. (...) Ich möchte auch nicht alles und jedes abstimmen lassen, aber die Schwelle für Abstimmungen schon nicht ultra-hoch setzen.

Genau so sehen die Vorschläge aus, die im politischen Raum seit Jahren - Jahrzehnten? - auf dem Tisch liegen und diskutiert werden. Genau so sieht die Praxis aus in den Bundesländern, wo es Volksabstimmungen ja gibt (m.W. am eifrigsten genutzt in Bayern!).

Meines Erachtens besteht keine Notwendigkeit, das Rad neu erfinden zu wollen. Man nehme die bewährten Regeln aus den Ländern und führe sie auf Bundesbene ein. Schon hast du, Ludwig_van_Gogh, was du seit Thread-Eröffnung willst *zwinker*
Mein Fazit der Debatte:

Wieder mal wird "Volksabstimmungen auf Bundesebene" als Popanz diskutiert. Es wird so getan, als ob damit eine "Diktatur der Mehrheit" (ohne Minderheitenschutz) gefordert würde; als ob damit die Gewaltenteilung aufgehoben würde; als ob damit der Rechtsstaat aufgegeben würde; als ob Volksabstimmungen über jeden Pups gefordert würden; als ob die Abschaffung der Parlamente und Regierungen gefordert würde; als ob Willkür und Wahnsinn in politische Entscheidungen eingeführt würden.

Das ist doch Bullshit. Ich kenne niemanden, der das seriös fordert.

Seriös gefordert wird: Volksabstimmungen, Volksbegehren und Volksentscheide als zusätzliche Elemente auf Bundesebene zu organisieren (auf Länderebene gibt es das alles, wie schon mehrfach erwähnt; dass offenbar keiner das weiß, zeigt, wie selten das Instrument zur Anwendung kommt).

Das Ziel der Befürworter ist NICHT, dass über alles, was jetzt der Bundestag entscheidet, künftig Volksabstimmungen durchgeführt werden. Das Ziel ist NICHT, dass Gewaltenteilung, Rechtsstaat, Minderheitenschutz etc. beendet werden (das Grundgesetz gilt weiter). Aha. Sondern?

Das Ziel ist, dass in besonderen Fällen Volksentscheide/-abstimmungen durchgeführt werden. Entweder von den politischen Eliten initiiert, um eine breite Basis zu haben (=höhere Legitimität). Oder von politisch Aktiven (im Volk) initiiert (=Volksbegehren), um etwas zur Entscheidung zu bringen, was die Parlamentarier/Regierung nicht zur Entscheidungen bringen wollen. In allen Modellen gibt es eine recht lange Vorlaufzeit für Volksabstimmungen - eine Zeit, in der über das Thema öffentlich diskutiert werden kann, in der die Menschen sich sachkundig machen können. Wie viele dann konkret abstimmen, ist irrelevant - ebenso wie bei allen sonstigen Wahlen. Man darf nicht hingehen (=Enthaltung). So ist das mit der Freiheit.

Was könnte das nun konkret sein?

Die politische Elite wäre gut beraten, sehr wichtige Entscheidungen auf diese Weise legitimieren zu lassen: Einführung des Euro, Abschaffung der Wehrpflicht, künftig vielleicht Reformen bei der Krankenversicherung oder Rentenversicherung.

Politisch Aktive könnten Abstimmungen einfordern - vorausgesetzt, sie sammeln genug Unterschriften, ergo: hinreichend viele andere Menschen unterstützen das. Schon deshalb wird es nicht dauernd Abstimmungen über Pillepalle geben, weil die Menschen das nicht unterstützen würden (=Wahlmüdigkeit). Faktisch wäre ein Volksbegehren eher erfolgreich, wenn große Organisationen (Kirchen, Gewerkschaften, Umweltverbände, Oppositionsparteien) dafür trommeln. Zu erwarten wäre also, dass in Einzelfragen per Volksbegehren /-entscheid anders entschieden wird, als die Regierungsmehrheit im Bundestag es wünscht. Es wäre also ein Korrektiv zur aktuellen Regierungsmehrheit. Das ist deswegen sinnvoll, weil die Politikwissenschaft folgendes Phänomen festgestellt hat: In Sachfragen ist die Wahlbevölkerung oft eher "links" (Steuer-, Umwelt-, Wirtschaftspolitik); bei Parlamentswahlen wählt sie aber eher "konservativ". Volksbegehren würden die Möglichkeit eröffnen, die gewünschten Konservativen mit der Regierung zu beauftragen, aber in sehr wichtigen Einzelfragen dann doch "linke" Positionen durchzusetzen. Abgesehen davon, dass die Erfahrung auch zeigt: Volksbegehren kommen oft gar nicht erst bis zum Ende; denn sobald sich eine hinreichend große Unterstützung abzeichnet, "knickt" die Parlamentsmehrheit ein, um keine Niederlage zu erleiden. Auch ein Erfolg *zwinker*

Ach so, noch eins: Zu überlegen ist, ob vor einer Volksabstimmung das Bundesverfassungsgericht prüfen muss, ob die zur Abstimmung stehenden Optionen mit dem Grundgesetz vereinbar sind; denn man kann den Souverän (=Volk) ja nicht abstimmen lassen und hinterher das Ergebnis als verfassungswidrig wieder einkassieren.

Wozu also dient das Instrument? Das zu machen, was schon jetzt im Grundgesetz steht: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden." (Artikel 20 (2 und 3)).

Eigentlich ganz undramatisch.
*****ina Frau
277 Beiträge
Zitat von ****de:
Zitat von *****ina:
Eine Staatsform, in der die Masse ihre politischen Entschlüsse über Volksentscheide durchsetzt ist keine Demokratie, sondern eine Ochlokratie.
Das ist falsch, sofern du dich auf die klassischen Autoren (Platon, Aristoteles) beziehst.

Ich vermisse ein Argument!?

Zitat von ****de:
"Oligarchie" ist die Herrschaft weniger, ähnlich wie die "Aristokratie". Nur dass bei der Oligarchie nicht die Besten herrschen (=Aristokratie). Dafür gab es damals historisch reale Fälle, die wir heute als "Junta" bezeichnen würden. Also: 51 % der Wahlbürger entscheiden = Demokratie; 51 Personen entscheiden = Oligarchie (wir sehen dabei davon ab, dass die Bevölkerung aus nur 100 Personen bestehen könnte, um jeden spitzfindigen Einwand überflüssig zu machen).

Hä? Wer hat was über Oligarchie gesagt?
Kleiner Tipp: Wenn man nicht weiß, was das bedeutet, gibt es übrigens Google *ggg*
*****ina Frau
277 Beiträge
Zitat von **********_Gogh:
Nun ja.
Die Briten haben bei der letzten Parlamentswahl Johnson deutlich einen Regierungsauftrag gegeben, der m.E. zeigt, dass sich die Briten nicht verwählt haben. Hätte Johnson diese Wahl verloren, dann hätte es vielleicht ein zweites Referendum gegeben, aber so kann man sicher nicht davon reden, die Briten hätten sich "verwählt" oder würden das jetzt bereuen.

Klar, jetzt noch nicht, da sie jetzt noch nicht die wirtschaftlichen Konsequenzen in aller Härte erfahren. Ich wünschte, es bliebe ihnen erspart. *augenzu*

Zitat von **********_Gogh:
Ich möchte auch nicht alles und jedes abstimmen lassen, aber die Schwelle für Abstimmungen schon nicht ultra-hoch setzen. Aktuell könnte ich mir z.B. eine Abstimmung vorstellen, ob z.B. (im Normalfall) 130 km/h auf Bundesdeutschen Autobahnen gilt. Auch so Abstimmungen über den Ausstieg aus Kohle, Atomkraft (letzteres brauche ich jetzt nicht nachträglich, hätte man damals aber machen können), wären m.E. sinnvoll (gewesen). U.a. hätte eine Volksabstimmung, die für den Ausstieg aus Atomstrom gewesen wäre, Entschädigungszahlungen verhindern können. Nicht wirtschaftliche Interessen, sondern Volkswille, der zählt.

Dem würde ich voll und ganz zustimmen.

Im Übrigen habe ich niemals behauptet (sic!), dass generell "Experten" regieren sollen. Aber wenn Klimawissenschaftler weniger Einfluss auf die Politik haben als Leute, die glauben, wegen 5G würden Vögel vom Himmel fallen, dann möchte ich darüber keine Volksabstimmung! Die Politik muss sich in dieser Frage an realen Auswirkungen orientieren und darf sich nicht darauf verlassen, dass "das Volk" vernünftig abstimmt.

Nochmal: In einer Volksabstimmung kann jeder Einzelne so abstimmen, wie er glaubt seinen größten Vorteil daraus zu ziehen. Das ist eine Ochlokratie! In einer Demokratie sollten Entscheidungen das Gemeinwohl im Fokus haben. Allein das kann ich als legitime Staatsform anerkennen.
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
@****de

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Ochlokratie

Ich hatte schon schon vorher Mal gehört, aber es wieder vergessen. Auf einen Polybios um 150 v.Chr. geht das zurück. Nicht verkehrte Unterteilung, die man aber sicher auch nicht nutzen muss. Aber auch die Hinweise auf Platon und Aristoteles im Text waren nicht interessant. So gut kenne ich deren Ansichten dann auch wieder nicht.
*******rlin Mann
1.966 Beiträge
Das wird doch mehr und mehr ein Kneipengespräch.
Wir, die hier Versammelten, wissen natürlich alles besser. Und die Texte unterscheiden sich nicht von denen in einer Kneipe bei 3 Promille.

Es geht doch schon los bei "denen da oben". Das ist doch fast in jedem Text vorhanden. So funktioniert also die Welt bei euch?

Wir sind keine Homogene Masse. Und die Wahlen drücken das aus. Jeder will etwas anderes. Dann kommt eben buntes dabei heraus. Aber noch sind es die Wähler, die bestimmen, mit ihrer Wahl. Es sind eben NICHT die da oben. Die da oben, das sind wir. Ich könnte ja auch Politiker werden. So wie wir alle hier. Das tun wir aber nicht.

Abstimmungen sind Mist. Sie werden von denen am meisten gefordert, die ihre Meinung als allgemeingültig halten. Und, ich habe keine Möglichkeit als Bürger, schon beim Unterschriften sammeln, dagegen zu stimmen. Die Hürde ist längst nicht so hoch, wie gedacht. Und schwups wird darüber abgestimmt. Einige haben das ja schon angesprochen. Ich persönlich kann da ein kurzes Beispiel bringen. Der Berliner Flughafen sollte nach dem Neubau deaktiviert werden. Ein Segen für alle, die dort wohnen. Menschen haben es aber mit einigen Unterschriften geschafft, eine Abstimmung zu verlangen. Und wer stimmt ab? Alle die, die nichts damit zu tun haben. Das Ergebnis? Flughafen soll bleiben.
Hätten hier nur die Betroffenen abstimmen dürfen, wäre das Ergebnis wohl eindeutig.

Experten
Auch das ist ein schöner Irrtum. Experten sind Experten. Sie können nur sachlich und faktisch beurteilen, Sie erfassen nicht das Leben. So aber will ich nicht leben. Wer in die Stadt zieht, als Beispiel, zieht eben nicht in den Wald. Wir alle wissen das und nehmen dafür Abstriche in Kauf. Der Experte kann diesen Abstrich nicht machen. Deshalb ist es wichtig, dass Politiker eben KEINE Experten sind.

Wir alle wollen und brauchen einen Führer. Wir dieser gestaltet ist, das ist uns egal. Ob König, Kaiser, Diktator, Parlament, das ist uns egal. Entscheidend ist was daraus erwächst, was es für die Gemeinschaft bringt. Das ist unabhängig vom Namen der Regierungsform. Wir sind nur hier, weile viele Nicht-Demokratischen Regenten durchaus vernünftige Sachen gemacht haben. Aus Eigennutz, aber auch aus einem Veränderungswillen heraus.

Niemand von uns möchte sich täglich damit befassen, ob in 500 Km Entfernung ein Zebrastreifen oder ein Schwimmbad entstehen soll. Wir geben also Kompetenzen ab. Und darüber lässt sich sicherlich streiten.

Was wollen wir? Was soll der Staat übernehmen? Aber, auch wer möchte mit wem zusammen leben? Ist es nicht besser Interessengruppen zu formen und diese dann unter ihren Vorstellungen leben zu lassen? Oder müssen alle über alle bestimmen?
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
@*******rlin

In welcher Kneipe warst du denn gerade? *gruebel*

Ich sehe in deinem Text wenig Zusammenhang mit dem, was hier geschrieben wurde, vor allem dein "Wir alle wollen und brauchen einen Führer." passt sicher nicht.

Aber danke für dein Beispiel zum Tempelhofer Flughafen und in diesem Zusammenhang die Frage, wer manchmal abstimmen darf/dürfte. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Betroffenen sich nicht dafür entschieden haben.

Umgekehrt ziehst du aber einen sehr kurzen und für mich deutlich fragwürdigen Schluss bei Deinem Experten-Beitragsteil. Warum sollten Politiker das Leben besser erfassen können als Experten? Zumal es auch Experten für Lebensräume gäbe. Und manchmal - so befüchte ich - erfassen manche Experten die Wirklichkeit, aber auch die Konsequenzen für die Zukunft deutlich besser, als die, die "so nicht leben wollen". Denn letztere werden entweder noch ganz anders leben müssen, eben mit den Konsequenzen, oder der Nachwelt eine Wüste hinterlassen.

Allerdings sind wir dann doch auch nicht so weit auseinander, da hier doch keiner wirklich sagte, dass (ausschließlich) Experten regieren sollte, oder dass man auf einen einzigen Experten hören sollte, sondern es sicher eher die Summer der Experten ist und hier nicht mal die eines Fach-Gebietes, sondern als Gesamtschau.

Und: woher willst du wissen, ob der ein oder andere hier nicht politisch aktiv unterwegs ist oder war? *gruebel*
*******er_a Frau
2.052 Beiträge
Jetzt habe ich mich zu Beginn des Threads in diesem Forum angemeldet, es ist viel geschrieben worden.

Ich persönlich bin für mehr Demokratie, erlebe aber leider im parlamentarischen Alltag, keiner will daran mitwirken. Es finden sich gerade in kleineren Parteien oder offenen Listen nicht genügend Kandidaten.

Als Politiker sollen Entscheidungen auf Experten Meinungen getroffen werden. Mir passiert es immer mal wieder, dass ich aus dem Bauch heraus die Expertenmeinug anzweifel. Was soll man damit machen, es ist eben nicht wissenschaftlich. Schlimm war, es hat sich nachher bewahrheitet.

Diskriminierung, wenn anders gedacht wird, ist in meinen Augen ein großes Übel. An dieser Stelle denke ich immer, dass muss Demokratie aushalten. Aber am Ende wird eben von moderaten Kritikern, die wichtig wären, nichts mehr gesagt. Extremere Varianten machen Terror, auf allen Seiten wird manipuliert, die Masse erkennt es nicht.

Was ist nun eine bessere Demokratie oder mehr Demokratie? Oder eine bessere Politik?

Im Prinzip müsste "alle Macht geht vom Volke aus" besser gelebt werden. Jeder müsste mehr in seine Verantwortung gehen. Dafür wäre aber weniger Angst beim Einzelnen notwendig.

Schutz von Minderheiten durch politische Entscheidung. Das geht über Lobyarbeit. Minderheiten haben oft keine Lobby. Wer wird geschützt? Minderheiten mit starker Lobby.

Ich kenne keine Lösung für diese Dilemma, finde aber eine Lösung von oben herab immer als grenzwertig bis schlecht.

Mehr Achtsamkeit, weniger Angst, mehr Interesse am Allgemeinwohl, weniger Diskriminierung, mehr Verantwortung für sich und sein direktes Umfeld, weniger Bevormundung ... die Liste lässt sich weiter fortsetzen... könnte zu mehr politischer Zufriedenheit führen.
****ta Frau
2.135 Beiträge
Ich konstatiere seit einiger Zeit einen größeren Willen im 'Volk', sich mit dem Phänomen unserer Demokratie und deren Ausübung auseinander zu setzen. Das ist der erste Schritt zu einem Aufflammen politischen Bewusstseins, das unsere Demokratie braucht.
Insofern war 'Corona' ein Segen, bereits bestehende Diskussionen anzufachen.


Es gibt bereits eine Menge Modelle, die sich damit befassen, wie in diesem Staat was zu verändern wäre, damit alle gut leben können. Mir gefällt es, dass viele Modelle denkbar sind - Alles ist besser als ein Mehr des Gleichen.
Jedes Modell könnte argumentativ und auch in der Tat unterfüttert werden.

Aber mit der Meinung des Volkes tun sich viele davon schwer. Ich lebe in dem Gefühl, niemand traut den Menschen um sich herum genügend gesunden Menschenverstand zu, Entscheidungen treffen zu können.
Leider ist das allzu berechtigt. Ohne die Kanalisation eines transparenten, geregelten Weges zur Entscheidungsfindung ist es für einen Einzelnen kaum möglich, ein X von einem U zu unterscheiden.
Die Leute, die aus dem Volk kommen, sind keine studierten Politikwissenschaftler, BWLer oder Zuchtexemplare ihrer jeweiligen Parteien.
So wird ein wie auch immer gearteter Transformationsprozess seine Zeit brauchen. Dabei ist aber gerade die Flexibilität, die ein solcher Vorgang ermöglicht, das Kapital für anderes Umgehen mit dem Vorgefundenen.

Ich tendiere dazu, mir zunächst einmal das föderative Prinzip anzusehen, und darin seine kleinsten Zellen, die Kommunen, und sie im Umgang mit der Bürgerschaft zu beleuchten. Abgesehen von den Stadtstaaten und den großen Gemeinden sind sie größtenteils machtlos. Aber sie können Bürgerinteressen in dem ihnen zur Verfügung stehenden Rahmen berücksichtigen oder ihnen entgegen handeln. Da es sich in den Stadträten aber auch um politisches Pflaster aus Filz handelt, wird dort häufig genug nach dem zweiten Prinzip verfahren.

Im kommunalen Zusammenhang wären für mich Bürgerentscheide, die durch eine entsprechende in den Räten sitzende Fraktion unterstützt werden, für mich ein probates Mittel, Bürgerinteressen durchzusetzen, wenn der Rat der Stadt gegen sie entscheidet - meistens mit dem Blick darauf, Finanzlöcher zu stopfen oder überregionale Geschäftsbeziehungen zu binden.
Und zeitigt Resultate, die immer zu einer Verbesserung oder Änderung hin streben.
Erfolgserlebnisse stärken den Rücken: Egal ob es sich um sicherere Radwege, die Stadtkultur, den Ausbau der Straße XY handelt oder die Unterstützung regionaler Betriebe. Es geht darum, wieder bei der Identifikation der Bürger einer Stadt mit den politischen Prozessen zu kommen.

Die Bürger sind es nicht gewöhnt, gefragt zu werden. Einmal in 4 Jahren dürfen sie unter dem Dargebotenen ihr Kreuz machen, danach ist der politische Laden weitgehend dicht.
Diese Entwöhnung von jeglicher Verantwortung dem Staat (ergo: sich selbst!) muss erst einmal wieder erlernt werden. Bürgeranträge/ Bürgerbegehren sind meines Erachtens ein gutes Mittel, den Leuten wieder ihre Stimme zurück zu geben, und es kann ein dynamischer Prozess in Gang kommen, bei dem die einzelnen Parteien keine große Bedeutung mehr haben müssen.

Auf bundespolitischer Ebene, so sehe ich es, kann das noch nicht funktionieren. Dafür fehlt es an zu vielem zur Aufklärung der Bevölkerung: Einer unabhängigen Presse, Transparenz bei der Aufklärung von Sachverhalten, der Eleminierung von Lobbyismus und Vorstandspöstchen für Politiker, usw.
Da, wo das Geld ist, werden gerne die Böcke zu Gärtnern gemacht.

Aber auf der untersten Ebene, den Kommunen, könnte das sehr gut funktionieren und wäre dadurch auch ein Lernprozess für grössere Schritte. Die könnten sein: Vernetzung mit anderen Kommunen, Erfahrungen aus dem Ausland mit einbeziehen, Modelle leben, die vielleicht einmal Standard werden, wenn sie funktionieren.

Jedes Kind muss lernen zu laufen und zu unterscheiden. Wohin es dann geht...? Wer weiss das.
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
@*******er_a

Nicht nur die kleinen, auch die großen Parteien haben schon länger Probleme ausreichend Leute zu finden, die engagiert mitmachen. Egal ob für Wahlkreise, Wahlkampf aber auch für Diskussionen. Und, ich will ja nicht unken, aber: wer interessiert sich für Kommunalpolitik? Viele kommen erst aus den Löchern, wenn ihnen der Schuh drückt und sie für oder gegen etwas kämpfen wollen. Und auch das machen sie meist nicht in (kommunal agierenden) Parteien. In den kommunal agierenden Parteien sind nicht selten Mitglieder, die wegen bundespolitischer Themen eingetreten sind, kommunalpolitisch dann aber eingebunden (und nicht selten "verheizt") wurden. Gerade Kommunalpolitik ist sehr undankbar: Zig Stunden, die man von seiner privaten Zeit aufopfert an Marktständen, Zettel verteilen, Plakate aufhängen, politische Gesprächrunden und Diskussionen mit Bürgern oder intern, Fraktions- und Ausschuss-, Stadtratssitzungen. Und i.d.R. gibt es dafür wenig bis gar kein Geld. Und man muss oft - auf Marktständen/Infoständen - den Kopf für "die da oben" hinhalten, wo man sich dann denkt: ja, wieder zu wenig Erfolge, wieder zu viele "faule" Kompromisse mit dem Koalitionspartner ... jetzt oder in der Vergangenheit; oder zu schlechte Opositionspolitik, die nicht wahrgenommen wird. Nur die populistischen Parteien sind selbst in der Niederlage für sich erfolgreich.

Nein, ich will nicht unken, aber auch die Kommunalpolitik bräuchte dringendst irgendwelche Reformen. Allerdings hätte ich hier wenig Ideen.

Eine der wenigen wäre: (Kommunal-)Politiker besser zu bezahlen. Natürlich würde da schnell großer Widerstand sein, wo doch "Politiker sich die Taschen voll stopfen".

Dabei gilt: Nur wer wenigstens als "Sachkundiger Bürger" tätig ist, bekommt für kommunale Sitzungen, an denen man teilnimmt, etwas Entschädigung. Für all die Zeit an Vorbereitung ist das ein Bruchteil des Mindestlohnes. Parteiarbeitet bringt gar kein Geld. Dafür zahlt man dann auch noch Mitgliedsbeiträge, dass man da was tun "darf".

Ich will nicht unken. Auch nach oben hin ... klar: Landes- und Bundepolitiker verdienen relativ okay. Aber, wenn ich vergleiche, was so ein/e Vorstandmitglied oder der/die Vorsitzende/r der Deutschen Bank, Bayer, Siemensthyssenkruppmannesmann ... verdient und dann entsprechende Politiker vergleicht??? Müsste die Bundeskanzlerin, die Deutschland regiert, nicht mehr Geld bekommen, als so ein Vorstandsvorsitzender?

Ich werde das Geld nicht fordern, aber manchmal denke ich, wenn wir Politiker besser bezahlen, hätten wir vielleicht auch mehr bessere da. Immerhin sind das wenigstens teilweise auch da noch Idealisten (dahingestellt, ob das gute sind). Und ja, natürlich ist es auch umgekehrt richtig: die Vorstandsmitglieder von diversen Unternehmen verdienen zu viel. Die sollte man dann doch besser kürzen, was an anderer Stelle seine Richtigkeit und seine Folgen hätte. Kann jemand berechtigt 10 Millionen Euro im Jahr verdienen???
*******er_a Frau
2.052 Beiträge
Bei den Diäten dürfen aber die Pensionen nicht vergessen werden, so dass insgesamt die Entlohnung nicht vergleichbar ist.
Was allerdings ein Thema ist, die Wertschätzung der Kommunalpolitiker, was sich tatsächlich auch in der Aufwandsentschädigung zeigt.

Ist aber bei allen ehrenamtlichen Tätigkeiten so.
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