Kausalität und Logik - nur mal sone Idee von mir
Mahlzeit !
Des menschen Ratio wird zu einem Gutteil bestimmt von Kausalitäten, algebraisch ausgedrückt in der "Funktion" f(x) = y, logisch: A => B.
Irgendwann in der Prähistorie, für die ich stets dieses Bild aus dem franco-canadischen Film "Am Anfang war das Feuer" vor dem Auge stehen haben, hat der werdende Mensch Kausalitäten "entdeckt", und den Nutzwert dieser Weise der Interpretation der Welt für sich kennengelernt. Aber jede Medaille hat nun mal 2 Seiten - und die zweite Seite des 'Denkens in Kausalitäten' liegt bei der naheliegenden Frage: Wenn B aus A folgt - woraus ist dann A gefolgt ? Für A muß es dann doch auch so eine Ursache geben - der berühmte Satz vom Grunde - wer hat ihn nochmal so trefflich formuliert ? Descartes ?
Selbst unser heutiges Weltbild ist immer noch so gestrickt: man rekuriert das Gesamte Universum auf einen einzigen Punkt, in dem alle Masse, alle Energie konzentriert gewesen sei, und dann hat es Peng gemacht. Ich glaube, meinen Lieblingsfilm "Dark Star" habe ich schonmal zitiert, in dem jene Philosopheme in einer wirklich nur noch grandios zu nennenden existenzialistischen Sartire vorgeführt werden.
Und warum hat es dann "Peng" gemacht - big bang ? Ausser den Witzchen, das es der Materie zu langweilig geworden sei, ist man diesem Problem noch nicht wirklich nahe gekommen. Der Theologe, gleich welcher Observanz, hat es dagegen recht einfach: das war der kleine Finger Gottes, der die Materie angeschubst hat, und der rest hat sich dann ganz genaus so entwickelt, wie Gott es sich von vorneherein ausgedacht hat - Kreationismus 2.0.
Und auch am Anderen Ende finden sich stets solche Überlegungen wieder. Aus A folgt B - und aus B ? Halb belustigt, halb entsetzt registriere ich, mit welch ungeheuerlicher Kühnheit die Wissenschaftler immer wieder mit gestochener Präzision Vorhersagen über die Zukunft anstellen, die meistens irgendwelche Katastrophen beeinhalten, wenn man nicht schleunigst handelt, und vor allem den Wissenschaftlern mehr Forschungsmittel, höhere Gehälter und Spesenkonten und mehr Assistentenstellen zur Verfügung stellt, damit sie ausrechnen können, wie all diese Katastrophen noch zu verhindern sind. Eine Zusammenstellung dieser wissenschaftlichen Katastrophenszenarien wäre vielleicht eine sehr amüsante Lektüre. Wer heute mal in "Global 2000", der berühmten Studie des "Club of Rome" blättert, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus: eigentlich müssten wir schon alle tot sein.
Dieser Zusammenbruch ist stets der "Umsturz", wie die Katastrophe aus der Sicht Dietrich Heßlings und seiner Standesgenossen und Corpsbrüder genannt wurde, die Auflösung der gewohnten Ordnung - auf einmal ist diese Kausalität wieder in Frage gestellt, und aus A nicht mehr mit jener logischen Zuverlässigkeit das B zu schließen. Alles geht "drunter und drüber" und keiner weiß mehr Bescheid.
Auf der anderen Seite gibt es stets auch eine optimistische Variante, irgendeine Variante des Paradieses, des "Himmels" - eine Hoffnung nach dem ultimativen Glück, am Philosophischsten wohl im buddhistischen Nirvana ausgedrückt, das "Gott schauen" des Christentums ist auch nicht so ohne (aber auch bedenklich nahe an der irdischen Glücksvorstellung des Dauerglotzers: Gott als das ultimative Programm der Flimmerkiste, ohne Sendeschluß, und mit einem Kasten Bier, der nie leer wird.)
Alle Kosmologien, in die ich meine vorwitzige Nase einmal hineingehalten habe, sind nach diesen Mustern gestrickt - und alle haben stets auch sozialsteuernde Funktionen: denen, die unten sind, wird erklärt, warum es gut ist, daß sie unten sind, letztlich irgendwo ihre eigene Schuld, zumindestens aber treu und brav hinzunehmen, während diejenigen, die oben sind, aus gutem Grund oben sind, und in ihren Palästen auf ihren Brokatsesseln "eigentlich" noch viel mehr leiden, als die in den Lehmhütten.
Doch die Reichweite dieses Denkens in Kausalitäten und notwendigen Abläufen ist beschränkt. In den Personen von Heisenberg und Göbel sind sowohl die naturwissenschaftliche Erkenntnis, als auch die mathematische Logik an ihre Grenzen gestoßen - die Rezeptionsgeschichte vor allem Göbels im marxistischen Denken (sofern es sie überhaupt gibt, wenn man es nicht für besser gehalten hat, ihn zu ignorieren) wäre ganz besonders interessant. Heisenberg und Göbel sind die eigentlichen Totengräber der Moderne - und nicht etwa Adolf Hitler und Josef Stalin.
In einem Buch über das Motorradfahren - "Die obere Hälfte des Motorrades" von Bernt Spiegel, einem leidenschaftlichen Motorradfahrer und Ethologen, steht irgendwo die nüchterne Feststellung, daß der Mensch endlich einmal einsehen solle, daß sein Gehirn, konkreter: dessen Großhirnrinde, nicht zum Philosophieren oder Forschen "gebaut" wurde, sondern schlicht eines von mehreren Organen zur Aufrechterhaltung eines innerkörperlichen Milieus.
Von daher ist eine erkenntnistheoretische Bescheidenheit am Platze: man möge sich als Mensch nicht anmaßen, Erkenntnisse, Wahrheiten usw. produzieren zu können - sondern anzuerkennen, daß einem die letzten Dinge (und etliches davor) für immer verborgen bleiben wird.
Makro- und mikrokosmische Begebenheiten, die sich mesokosmischer Evidenz entziehen, sind weder mit hinreichender Sicherheit wirklich beweisbar oder widerlegbar. Man kann nur Annahmen darüber aufstellen, und mit Begründungen und Argumenten versehen - aber die Wahrscheinlichkeit ist stets gleich hoch, daß diese Annahmen nach kürzerer oder längerer Zeit im Archiv der Wissenschaftsgeschichte verschwinden, weil es dann doch anders gekommen ist.
Die Begrenzte Reichweite wissenschaftlichen und logischen Denkens zu Akzeptieren, und in dieser für modernes Bewußtsein schauerlichen Unsicherheit, im Nebel zu leben - das ist die eine Möglichkeit, die andere ist: die Religion, der Glaube. Das Bewußte hintanstellen wissenschaftlich-logischen Kalküls hinter eine willkürliche, letztlich emotionale Entscheidung, eine "Wette" eben.
Und natürlich gibt es auch das tertium: nämlich irgendwann mal zu erklären, daß das ganze einem am Arsch vorbei gehe, und sich jemand zum camchatten zu suchen.
Gruß vom
Nacktzeiger