Mehr brandheiße Inhalte
zur Gruppe
BDSM & Polyamorie
1204 Mitglieder
zum Thema
Erkannt werden im Joy - Oder lieber nicht? Egal? Was dann?382
Ok, wir haben gerade ein paar interessante Diskussionen darüber…
zum Thema
Habt ihr Angst davor, erkannt zu werden?402
Und auf einmal hatte ich das Gefühl "Moment, die Person kennst du…
Das Thema ist für dich interessant? Jetzt JOYclub entdecken

philosophische Streitigkeiten mit etymologie lössen!

philosophische Streitigkeiten mit etymologie lössen!
Ich habe in meinem leben sehr oft erkannt das,die Wörter wenn sie übersetzt werden oder ihre Herkunft entdeckt werden.Leicht zu verstehen sind und kein Spielraum mehr haben für Diskussionen und Vermutungen!es ist schon fast wie im Juristischen,alles ist Schon Vorgegeben und steht Geschrieben!

Stimmt ihr dem denn genau so zu? *nachdenk*
**e Mann
2.564 Beiträge
étymos = wahrhaft, wirklich

Ja ich stimme dir zu.

Schön aber wäre, wenn deine Rechtschreibung und Syntax auch von dem Bestreben geprägt wäre, die den Wörtern innewohnende Wahrheit in ein adäquates Licht zu stellen.
Zitat von **e:
étymos = wahrhaft, wirklich

Ja ich stimme dir zu.

Schön aber wäre, wenn deine Rechtschreibung und Syntax auch von dem Bestreben geprägt wäre, die den Wörtern innewohnende Wahrheit in ein adäquates Licht zu stellen.

Geht nicht!
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
*gruebel*

Nein.

Ich befürchte da sogar einen Trugschluss bzw. eine "Verschiebung". Vielleicht mag es einem manchmal so vorkommen, weil man ja z.B. in Diskursen die lexikalischen Definition (gern inkl. Etymologie) benutzen kann und damit eine Veringerung von Missverständnissen erreichen könnte, aber viel mehr ist es dann vermutlich auch nicht.

Wenn man sich z.B. die Geschichte der Wörterbücher bzw. des Lexikons anguckt, stellt man ja fest, dass da auch nur Menschen Festlegungen gemacht haben und von Lexikon zu Lexikon findet man solche Unterschiede. Auch bei Wikipedia wird da nicht umsonst oft gestritten. Da hilft auch der Rückgriff auf Etymologie nicht. Es gäbe so viele Beispiele, wo wir bei heutigen Begriffen weit weg von deren usprünglicher Bedeutung wäre. Zudem: "ursprünglich"? Welche nehmen wir dann? Die, die heute als etymologisch gesehen werden, stellen ja auch nur eine Zwischenstufe dar, denn auch da wird es i.d.R. Vorläufer gegeben haben, die heute nicht mehr erkennbar sind. Wie weit mag man da zurückgehen? In die Steinzeit oder davor? Der ersten Stimmlaute?

Kurze Beispiele:
• der Begriff "Text" geht auf "Textur", "Gewebe", "Verwebtes" zurück. Wer hätte das heute im Kopf? Wobei man damit sicher schön gedanklich spielen kann, aber eben nicht muss.
• der Begriff "merkwürdig" hat heute eine ganz andere Bedeutung als früher. Merkwürdig ist komisch, ohne lustig zu sein. Schon hier stellt sich die Frage, wie soll das funktionieren, würde man zurück auf den Herkunftsbegriff gehen.
• Liebe, Minne. Auch, wenn es den Begriff der Liebe früh gibt, so hat man z.B. früher in Deutschland gesagt: "ich minne dich" und damit gemeint "ich liebe dich". Dieses "lieben" kam erst grob im 18 Jahrhundert auf. Die Niederländer, die ja eine Schwestersprache des Deutschen haben, bezeichnen eine Geliebte heute noch als eine "Minne".

Es bleibt auch das weitere Problem: ich möchte einen Begriff ganz klar haben. Scheinbar habe ich eine Definition (egal ob etymologisch, so im Lexikon gefunden oder selber gebastelt). Für die Definition werden aber wieder Wörter benutzt, die ich ja wieder nachgucken müsste, die wiederum Wörter bentzt, die ich wieder nachgucken müsste ... mit großer Wahrscheinlichkeit habe ich schnell einen Zirkelschluss, dass ich bei dieser Kette von Definitionen Verweise auf Definitionen bekomme, die irgendwo vorher in der Kette drin waren. Mag begrenzt ein Definieren außerhalb der Sprache (z.B. durch Draufzeigen) funktionieren funktionieren, so bin ich bei Nicht-Gegenständlichen Begriffen wie "Liebe", "Wahrheit" schnell sehr hilflos, selbst wenn ich anfangen würde Beispiele aufzuzählen.

Sicher würde der Diskurs leichter fallen, würde man sich auf - sofern möglich abschließende - Definitionen zu Begriffen einigen, aber dazu wäre auch die Sprache alleine zu ungenau, missverständlich, unzureichend. Gerade die Veränderung der Sprache spiegelt das ja auch wieder. Wir brauch(t)en andere, neue, Wörter bzw. Bedeutungen zu vorhandenen. Selbst die recht strenge, jurisitische Sprache zeigt ja auch, dass weder in allen Ländern das Recht gleich ist, noch dass Juristien zu gleichen Ergebnissen kommen. Die Sprache der Mathematik und Logik wäre da "besser", aber selbst da bleibt man definitionsabhängig. Nicht umsonst ist nicht immer 1 + 1 = 2
*zwinker*
***60 Mann
298 Beiträge
Nein.

Was LvG sagt.

Etymologie kann interessant und spannend sein.

Gemeinsames Wortdefinitionen (z.B. aber nicht nur) mittels Etymologie können auch helfen, sich gegenseitig zu verstehen. Aber Worte sind nur Konventionen, haben keine "innere Wahrheit".

"„[…] Da hast du Ruhm!“
„Ich weiß nicht, was du mit ‚Ruhm‘ meinst“, sagte Alice.
Humpty Dumpty lächelte verächtlich. „Natürlich nicht – bis ich es dir sage. Ich meinte: Da hast du ein schönes zwingendes Argument!“
„Aber ‚Ruhm‘ heißt doch nicht ‚schönes zwingendes Argument‘“, entgegnete Alice.
„Wenn ich ein Wort verwende“, erwiderte Humpty Dumpty ziemlich geringschätzig, „dann bedeutet es genau, was ich es bedeuten lasse, und nichts anderes.“
„Die Frage ist doch“, sagte Alice, „ob du den Worten einfach so viele verschiedene Bedeutungen geben kannst“.
„Die Frage ist“, sagte Humpty Dumpty, „wer die Macht hat – und das ist alles. […]“

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Humpty_Dumpty#Philosophie
Neudeutsch heißt die Umdefinierung von Worten durch die, die die Macht dazu haben, "Framing". Ist aber nix neues. Der Beispiele sind viele.

Insofern: Ja, es ist immer ganz amüsant zu schauen, was Worte früher mal bedeutet haben. Aber nicht immer schließt das das Verständnis auf (=aufschlussreich), manchmal verstellt es den Zugang sogar, weil der Sinn ver-rückt wurde. Dann kann man versuchen, den wiederzubeleben - Heidegger war da ein großer Fan von, was nicht impliziert, dass er nur heiße Luft verbreitet hätte *lol*

Zweifellos ein schönes Feld für Wortspiele.
*****und Mann
651 Beiträge
Es gibt neben der Etymologie die schöne Wissenschaft der Hermeneutik, die Wissenschaft vom Verstehen des Gelesen.
Jedes Wort besitzt eine Geschichte und eine "Biografie" - das ist hier schon anhand einiger Beispiele erläutert worden. Was aber Geschichte besitzt, muss interpretiert werden, und insofern auch verstanden werden. Und das ist im Textgewebe nochmal ein eigener Anspruch, wie da zwei in sog. "hermeneutischen Zirkel" zusammen kommen: der Sprecher/Sender und der Hörende/Empfänger und die Sprache als Medium, also zusätzlich ein 3. Element (Etymologie z.B.). Eigentlich gibt es ohne das Verstehen des Verstehens kein Verstehen - jedenfalls kein philosophisches.
****ta Frau
2.135 Beiträge
@*******Van–Gogh
Es gäbe so viele Beispiele, wo wir bei heutigen Begriffen weit weg von deren usprünglicher Bedeutung wäre. Zudem: "ursprünglich"? Welche nehmen wir dann? Die, die heute als etymologisch gesehen werden, stellen ja auch nur eine Zwischenstufe dar, denn auch da wird es i.d.R. Vorläufer gegeben haben, die heute nicht mehr erkennbar sind. Wie weit mag man da zurückgehen? In die Steinzeit oder davor? Der ersten Stimmlaute?

Tatsächlich ja. Nach allem, was ich in der Richtung gelesen habe, existierten einige wenige Ursprachen, die sich mit der Zeit auffächerten und verwoben. Deren Geschichte zu verfolgen, ist auch heute noch möglich an Hand weniger Begriffe oder Namen, die in gleicher oder ähnlicher Form immer wieder auftauchten. So kristallisieren sich einige 'Stammsprachen' heraus, die sich mit der Ausbreitung der Menschheit etwa ab der Zeit der Australipiden bildeten.
Großen Respekt(Zurückschauen) an euch!Es sind wahrlich Große Denker unter euch! *top*
Die Geistige Reife hier in dieser Gruppe ist im vergleich mit denn anderen Gruppen immens Hoch!
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Ich muss sagen, ich hatte noch einen zusätzlichen "Spaß", den ich jetzt doch bringe:

Auf der Suche nach Begriffen, die auch mit philosophischen Problemen zusammenhängen, guckte ich bei Wikipedia den Begriff Wahrheit/wahr an. So fand ich:

******dia:
Wahrheit ist als Abstraktum zum Adjektiv „wahr“ gebildet, das sich aus dem indogermanischen Wurzelnomen (ig.) *wēr- „Vertrauen, Treue, Zustimmung“ entwickelt hat.

Okay, habe ich gedacht. Im Englischen ist es ja "truth", was jetzt irgendwie gar nicht zu wēr- passt. Also gucke ich in der Englischen Wiki nach:

The English word truth is derived from Old English tríewþ, tréowþ, trýwþ, Middle English trewþe, cognate to Old High German triuwida, Old Norse tryggð. Like troth, it is a -th nominalisation of the adjective true (Old English tréowe).

The English word true is from Old English (West Saxon) (ge)tríewe, tréowe, cognate to Old Saxon (gi)trûui, Old High German (ga)triuwu (Modern German treu "faithful"), Old Norse tryggr, Gothic triggws,[4] all from a Proto-Germanic *trewwj- "having good faith", perhaps ultimately from PIE *dru- "tree", on the notion of "steadfast as an oak" (e.g., Sanskrit dā́ru "(piece of) wood").[5] Old Norse trú, "faith, word of honour; religious faith, belief"[6] (archaic English troth "loyalty, honesty, good faith", compare Ásatrú).

Thus, 'truth' involves both the quality of "faithfulness, fidelity, loyalty, sincerity, veracity",[7] and that of "agreement with fact or reality", in Anglo-Saxon expressed by sōþ (Modern English sooth).

All Germanic languages besides English have introduced a terminological distinction between truth "fidelity" and truth "factuality". To express "factuality", North Germanic opted for nouns derived from sanna "to assert, affirm", while continental West Germanic (German and Dutch) opted for continuations of wâra "faith, trust, pact" (cognate to Slavic věra "(religious) faith", but influenced by Latin verus). Romance languages use terms following the Latin veritas, while the Greek aletheia, Russian pravda, South Slavic istina and Sanskrit sat have separate etymological origins.

In some modern contexts, the word "truth" is used to refer to fidelity to an original or standard. It can also be used in the context of being "true to oneself" in the sense of acting with authenticity.[1]

Also okay. Immerhin hat truth dann doch was mit Treue zu tun (während die Engländer ja dafür faith nehmen), wenn eben hier ein anderer Basisbegriff als "wer-/war-/wahr-" drin liegt. In der Kürze konnte ich bei "Veritas" (auch eine römische Gottheit, eben die der Wahrheit) nicht erkennen, ob da ein indogermanischer Einfluss vorliegen mag. Die Griechen haben ja mit "aletheia" einen ganz anderen Wortstamm, wie wiederum das Russische mit "pravda", Süd-Slawischem "istina" und Sanskrit mit "sat".

Und nein. In Norwegen und Schweden ist die Wahrheit dann "sanning" (soweit ich das richtig verstehe). Die schwedische bzw. norwegische Treue heißt dann immerhin "Tro" bzw. "Tru". Wobei die Englische Treue "faith" soll vom Lateinischen "Fides" kommen.

Puh. Muss man sich jetzt fragen, ob die Engländer da was falsch verstanden hatten, als die Wikinger das Land übernahmen? *gruebel*
Ja die Angelsachsen waren immer schon einzigartig.Verglichen mit denn anderen Stämmen! *barbar*
#Ludwig_van_Gogh, das ist ja alles richtig und ganz interessant. In der deutschen Philosophie gibt es auch starke Strömungen, die Philosophie in dieser Art anzugehen (Heidegger-Tradition z.B.): Sie suchen "Wahrheit" in den Ursprüngen der Sprache. Freilich: nicht jeder Sprache, sondern meistens vornehmlich der griechischen und der deutschen, als ob die einen exklusiven Zugang zur Wahrheit hätten.

Aber wie soll denn die Wahrheit in die Sprache reingekommen sein? Vielleicht indem frühere Generationen etwas erkannt haben, benannt haben und das Wissen so seinen Niederschag in der Sprache fand.

Was aber, wenn frühere Generationen sich geirrt haben?

Wir haben ja auch vieles, was "falsch" ist in der Sprache. Jede Menge Sexismus und Rassismus zum Beispiel. Wird ja in den vergangenen Jahren ausgiebig diskutiert.

Was Etymologie also aufdeckt, ist nicht "Wahrheit", sondern es sind die Überzeugungen früherer Generationen. Die können richtig sein, die können falsch sein. ich halte es da mit einem anderen Ludwig, nämlich dem Wittgenstein: Was wir finden, sind Verhexungen der Sprache.

Über die müssen wir aufklären, uns und andere. Aber die Annahme, dass etwas "wahr" ist, weil es in der Sprache (welcher Sprache???) steckt, halte ich für... äh... nennen wir es doch "Sprachfetischismus", weil das hier so schön passt *zwinker*
***60 Mann
298 Beiträge
Wenn wir schon bei Sprache sind:
Wahrheit ist als Abstraktum zum Adjektiv „wahr“ gebildet ...
Diese Methode, Substantive zu erschaffen, ist eine Wurzel vieler Missverständnisse. Plötzlich denkt man, diese "Dinge" gäbe es "wirklich", und streitet über deren Wesen, Bedeutung, Sein ...
Ja, FSK60, sehe ich genauso. Das "Sein" - uii, gibts das wirklich außer in manchen Sprachen? Die "Rotheit" - was mag das wohl sein und was wird daraus, wenn man sie blau anmalt *lol*?
Weitere Sprachhexerei (nicht von mir, nur gut zitiert): "Cäsar war eine Primzahl." Grammatisch korrekt, aber bedeutungslos, da Kategorienfehler (wer bestimmt eigentlich die Kategorien???).
Fast schlimmer noch: Vieles ist genau deshalb "wahr", weil es belanglos ist, nämlich Tautologien. "Der Schimmel ist weiß" - ach echt, jetzt? "Das Einhorn hat nur ein Horn." Stimmt sogar für den Fall, dass es keine Einhörner gibt (wofür vieles spricht) - es sei denn, man schließt Aussagen über bedeutungslose Dinge aus, was die Frage aufwürfe, wer dann die Bedeutungspolizei stellt *haumichwech*
So kann man geistreich mit der Sprache spielen. Und erkennt, dass sie als Wahrheitskriterium eher untauglich ist.
***60 Mann
298 Beiträge
#Bedeutungspolizei - da gibt es schöne Beispiele inder deutschen Wikipedia.

Mein Lieblingswort ist da "Tschunk"
• wegen Irrelevanz gelöscht.
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
@******ide
Denkt jetzt bitte nicht, dass ich Euch widersprechen möchte. Im Gegenteil. Wir sind da schon recht nah beieinander.

Ich habe es gerne "Personifizierung" oder "Vergötterung" genannt, denn allgemein sehe ich weniger in der Substantivierung das Problem, als in der Erhöhung dieser zu einem über das Abstrakte hinaus zu etwas real Existierendem oder schlimmer: zu etwas Absolutem (übrigens landen wir da beim alt-philosophischen Universalienstreit *zwinker* ). Sicher ist auch das etwas eigen von mir, denn schon eine "Verdinglichung ins Reale" bei Begriffen wir Liebe, Wahrheit, Rotheit, etc. würde für die angesprochene Missverständlichkeit und ähnliche Probleme ausreichen. Aber ähnlich den Griechen und Römern, die in diesen Begriffen wie Ehre, Wahrheit, Treue, etc. Gottheiten verehrten, wurde und wird das sicher nicht selten in der Philosophie (aber auch im Gesprächsalltag) getan.

Und dennoch! Und das bitte nicht als Gegenrede!
Sprache ist nichts Absolutes, sondern unterliegt dem Wandel und u.a. dem Bedürfnis nach Ausdrucksformen. Und der Mensch denkt (vom Gehirn her; unter Einbezug der Ergebnisse diverser Wissenschaften) schnell in Kategorien, weil es ihm (wie vermutlich auch vielen Tieren) sozusagen in die Wiege gelegt wurde. Kategoriesieren heißt ja auch Differenzieren, Abgrenzen. Ob jede dieser Kategorien berechtigt sind, dahingestellt bzw. sollte ggf. immer wieder hinterfragt werden. Auch, ob sie dauerhaft und "zeitgemäß" sind. Warum differenzieren wir so stark Männer und Frauen oder Menschen nach Hautfarben oder gar (nicht wirklich existenter) "Rassen", aber nicht z.B. Blau-, Grün- und Braun-Äugige? Warum müssen gewisse Dinge so betont differenziert werden, andere nicht?

So hat der Mensch über die Zeit hinweg ein System mit der Sprache geschaffen, wo man sicher manchmal fragen kann, was war da zuerst (das Huhn oder das Ei), aber diese Sprache ist eben Menschenbedingt mit all den zugehörigen Fehlern und Macken. Und manche Wörter oder weitergehende Bereiche würde man vielleicht gerne heute neu erfinden, damit man von dem Ballast alter Tage loskommt. Ich könnte da sicher zig Beispiele anfügen. Der Begriff "Liebe" als extremer Begriff, den ich in zig Wörter ausplitten würde für die unterschiedlichen Formen dieser (und nicht alleine "Eltern-Kind-Liebe", "Partnerschaftsliebe", etc.). Oder wir machen gleich ganz eine Sprachreform und schaffen die meisten Artikel ab. De Mann, de Frau, de Kind. Verstehen würde man sich immer noch. Oder besser: verstehen würde mensch sich immer noch.

Denn, wenn die Sprache auch nicht als "Wahrheitskriterium" geeignet sei, so gilt das nur allgemein und nicht, wenn ich mich innerhalb eines gewissen Sprachsystems befinde. Aufgrund von grober, gleicher Basis und trotz der häufigen Gefahr der Missverständnisse und des aneinander Vorbeiredens: es funktioniert doch ganz gut mit der Sprache. Der Mensch ist halt ein sprechendes, in Sprache denkendes Wesen, was in der Komplexität der Sprache mit das bedeutendste Merkmal der Menschlichkeit ist. Ohne Sprache (kommunikativen Austausch) wären wir nicht Mensch. Wir haben da kaum was Besseres. Und es funktioniert unterm Strich dann ja doch meistens. Weil wir uns verstehen. Meistens. Oder wenigstens oft. Oder so? *gruebel*
Lernst du eine neue Sprache, lernst du eine neue Welt. Sagt man. Und das meint ungefähr das, was Ludwig_van_Gogh schreibt. Der andere Ludwig (Wittgenstein) sagt: Wir kommen aus den Verhexungen der Sprache nciht raus, solange wir sprechen - darum: "Worüber man nicht reden kann, muss man schweigen". Später empfiehlt er, Filmaufnahmen der Realität als Maßstab zu nehmen.
Also: Doch, der Mensch kommt über Sprache hinaus!
Dass mit heutiger Technik auch Filmaufnahmen "Fake" sei können, ist klar. Aber alle Medien haben immer nicht nur dem Kommunizieren untereinander gedient, sondern sind auch benutzt worden, um Zugang zur Welt zu erschaffen bzw. Fakt von Fiktion trennen zu wollen.
Und warum das?
Weil der Mensch immer schon wußte, dass seine Sprache (in Wörtern) eben unvollkommen ist - sowohl um das Denken/Fühlern auszudrücken als auch um Realität zu beschreiben.
Will heißen: Wir beschreiben unsere Wahrnehmung und die Welt traditonell in Wortsprache. Aber wir nehmen nicht wahr in Wortsprache, wir denken auch nicht urspürnglich in Wortsprache. Wir denken in etwas anderem, suchen dann nach Wörtern.
Das Medium des Denkens suchen wir noch. Es sind nicht Wörter. Die kommen später. Und wir erkennen sie als unvollkommen, weil eben vorher etwas anderes, wortloses da ist.
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Zitat von ****de:
Will heißen: Wir beschreiben unsere Wahrnehmung und die Welt traditonell in Wortsprache. Aber wir nehmen nicht wahr in Wortsprache, wir denken auch nicht urspürnglich in Wortsprache. Wir denken in etwas anderem, suchen dann nach Wörtern.
Das Medium des Denkens suchen wir noch. Es sind nicht Wörter. Die kommen später. Und wir erkennen sie als unvollkommen, weil eben vorher etwas anderes, wortloses da ist.

Ich lehne mich jetzt mal ein wenig aus dem Fenster. Das "Medium des Denkens" ...

Natürlich haben wir hier auch ein kleines Definitionsproblem, denn u.U. würde man das Denken als das definieren, was sprachbasiert ist. Je nachdem könnte dann aber immer noch das Medium der Träger dafür sein. Also vorsicht. Aber ich vermutel Binude hier nicht nur zu verstehen, sondern auch - zumindest als grobe Theorie - den Versuch einer Antwort geben zu können.


Also:

Ich definiere jetzt bewusst "Denken" als das Sprachliche, was da im Kopf abgeht. Zum "Sprachlichen" gehört im weiteren Sinne alles, was in Sprache wiedergegeben werden kann, so auch z.B. die Übersetzung mathematischer Sprache wie 1 + 1 = 2, etc. *g*

Aber, wir denken ja nicht ständig. Das Gehirn macht mehr, als dass wir Selbstgespräche mit uns führen. Vieles davon merken wir nicht mal bewusst. Manches geschieht von alleine, reflexartig, instinktiv, etc. Dennoch bleibt da was über, wenn ich einfach nur so dasitze und eher nichts denke. Da sind Empfindungen, die man natürlich mit dem Begriff "Gefühl" umschreiben könnte, wobei hier es sicher die eher körperlichen und die eher seelischen Gefühle gibt. Wobei hier grob "körperliche" Gefühle und Empfindungen nicht so ganz (sprachlich!) im Einklang sind. Ein Streicheln auf der Haut würde ich sowohl fühlen, wie empfinden. Das Sehen der Sonne wäre weniger ein Gefühl, obwohl natürlich ein schöner Sonnenuntergang wunderschöne - aber dann wohl eher seelische - Gefühle auslösen kann), aber schon eine Empfindung (im Sinne einer Wahrnehmung).

Es ist hier ein kleines Streitproblem (was auch in dem Geist/Seele-Körper-Problem steckt), als was ich Geist, Seele, Gefühle sehen und wem Zuordnen möchte, wobei neben dem Körper gibt es für mich da dann doch körperliche wie seelische Gefühle (Empfindungen). Letzlich gibt es da sicher auch ein Wechselspiel zwischen denen, die dann Einfluss aufeinander haben (also, wenn es uns seelisch schlecht geht, geht es uns u.U. auch schnell körperlich nicht gut und umgekehrt; körperliches sich gut tun kann das seelische Emfpinden heben), aber darum geht es mir hier nicht!

Okay.

Man sagt gerne, dass mit dem sprachlichen Denken man bewusst etwas denkt, tut, macht. Beim Gehen denke ich sicher nciht übers Gehen nach (sonst würde ich vermutlich stolpern), aber ich denke schon darüber: da will ich jetzt hingehen. Selbst, wenn ich das nicht mal in Worten verkleidet bewusst ausspreche. Da gibt es mehr. Ein Empfinden, vielleicht mit dem Begriff "Willen" umschreibbar, was ich nicht in Worte fassen muss, nachdem ich aber dennoch zielgerichtet handel. Oder: ich sehe ein Eisgeschäft, wo Leute rauskommen und ich sehe, wie die leckeres Eis essen. "Will ich auch haben", könnte ein bewusster, in Worte gefasster Gedanke sein. Aber muss der wirklich da sein, vorliegen? Beobachtet euch ggf. mal selber. Manchmal kommen die Worte. Manchmal nur in Bruchstücken. Manchmal hat man das Gefühl, man müsse die Worte nicht mal als Worte denken. Man "fühlt" sie bzw. ist sich deren doch gewiss. Empfindet sie.

Es gibt (doch) ein Nicht-Sprachliches Denken. Oder ein "Empfinden" auf höherer Ebene.

Ich gehe jetzt noch eine Stufe weiter.

1 + 1 = 2. Das ist wahr. Hier reicht ein ganz konventionelles Benutzen des Wahrheitsbegriffes. Der "Po" ist ein Fluss in Italien. Ja, das ist wahr.

Ich hatte mal ein Erlebnis mit einer Schülerin, die darauf sagte: der Po ist doch ein Fluss in Spanien. Ich zeigte ihr daraufhin den Po auf der Landkarte in Italien. Darauf sagte sie: Okay, ich sehe den da, aber es fühlt sich falsch an!

Ist 1 + 1 = 2 deswegen wahr, weil wir es gedanklich so erfassen? Was ist, wenn so etwas gefühls- bzw. emfpindungsabhängig ist? Ist das "falsch" nicht deswegen (auch) falsch, weil es sich falsch anfühlt?

1 + 1 = 3.

Ich kann das sogar erklären, dass es die Fälle gibt, wo dieses Ergebnis nicht falsch ist, so sehr es sich auch falsch anfühlt. Nehmen wir einen Aparat in dem Zahlen eingegeben werden tragen dort Zahlen ein, die Nachkomma-Stellen haben.

1,3 + 1,4 = 2,7

In der Ausgabe erscheinen leider nur ganze Zahlen und nach den Rundungsregelungen werden die ersten beiden Zahlen ab- die letzte aufgerundet. Ist deswegen das Ergebnis jetzt falsch? Aber es fühlt sich vermutlich weiterhin falsch an. *zwinker*

Ernsthaft. Es gibt da dieses nicht-sprachliche Denken auf einer gedanklichen (?) bzw seelischen (?) Empfindungsebene, auf der es durchaus auch für Logik (aber natürlich auch ganz viele andere Sachen) Empfindungen/Gefühle gibt. Vermutlich wird für uns etwas wirklich erst wahr, wenn das Gedankliche die passenden (vorsichtig formuliert) positiven Gefühle auslöst.

Schwierig zu sagen, was da alles dazugehört. Aber vielleicht ist es eben wirklich diese Ebene, wo auch Freude, Wut, Hass, Liebe etc. angesiedelt ist. Als ich meine ersten Differenziale löste, hatte ich glücksgefühle, wie beim Lösen eines tollen Rätsels (okay: Mathe geil zu finden ist sicher für manch einen etwas schräg, da bei vielen da wohl doch eher negative Gefühle aufgekommen sind ... sei es "Hass" oder "Hilflosigkeit").

Natürlich kann man hier (Körper-Geist/Seele-Problem) auch fragen, wie da der Zusammenhang ist bzw. der Übergang. Was war zuerst da (bezogen auf eine konkrete Sache; nicht von Geburt an, wo wir sicher ohne Sprache auf die Welt kamen *lol* )? Der Geist bzw. das sprachliche Fassen oder das Empfinden/Fühlen.

Eigentlich ein anderes Thema, aber cogito ergo sum. Was ist denn mit:

Ich empfinde, also bin ich!

(Kritiker sagen: man müsste das fühlen erstmal geistig erfassen (also in Worte fassen), um sich des Seins sicher zu sein; ich sage: nö! *haumichwech* Ich bin nicht mein Denken, sondern mein Denken findet in meinem Empfinden statt.)
#Ludwig_van_Gogh: Witziger Schachzug, "Denken" als unbedingt sprachlich zu definieren, um daraus abzuleiten, dass nicht-sprachliches Denken kein Denken sei.
Zitat von **********_Gogh:
Zitat von ****de:
Will heißen: Wir beschreiben unsere Wahrnehmung und die Welt traditonell in Wortsprache. Aber wir nehmen nicht wahr in Wortsprache, wir denken auch nicht urspürnglich in Wortsprache. Wir denken in etwas anderem, suchen dann nach Wörtern.
Das Medium des Denkens suchen wir noch. Es sind nicht Wörter. Die kommen später. Und wir erkennen sie als unvollkommen, weil eben vorher etwas anderes, wortloses da ist.

Ich lehne mich jetzt mal ein wenig aus dem Fenster. Das "Medium des Denkens" ...

Natürlich haben wir hier auch ein kleines Definitionsproblem, denn u.U. würde man das Denken als das definieren, was sprachbasiert ist. Je nachdem könnte dann aber immer noch das Medium der Träger dafür sein. Also vorsicht. Aber ich vermutel Binude hier nicht nur zu verstehen, sondern auch - zumindest als grobe Theorie - den Versuch einer Antwort geben zu können.


Also:

Ich definiere jetzt bewusst "Denken" als das Sprachliche, was da im Kopf abgeht. Zum "Sprachlichen" gehört im weiteren Sinne alles, was in Sprache wiedergegeben werden kann, so auch z.B. die Übersetzung mathematischer Sprache wie 1 + 1 = 2, etc. *g*

Aber, wir denken ja nicht ständig. Das Gehirn macht mehr, als dass wir Selbstgespräche mit uns führen. Vieles davon merken wir nicht mal bewusst. Manches geschieht von alleine, reflexartig, instinktiv, etc. Dennoch bleibt da was über, wenn ich einfach nur so dasitze und eher nichts denke. Da sind Empfindungen, die man natürlich mit dem Begriff "Gefühl" umschreiben könnte, wobei hier es sicher die eher körperlichen und die eher seelischen Gefühle gibt. Wobei hier grob "körperliche" Gefühle und Empfindungen nicht so ganz (sprachlich!) im Einklang sind. Ein Streicheln auf der Haut würde ich sowohl fühlen, wie empfinden. Das Sehen der Sonne wäre weniger ein Gefühl, obwohl natürlich ein schöner Sonnenuntergang wunderschöne - aber dann wohl eher seelische - Gefühle auslösen kann), aber schon eine Empfindung (im Sinne einer Wahrnehmung).

Es ist hier ein kleines Streitproblem (was auch in dem Geist/Seele-Körper-Problem steckt), als was ich Geist, Seele, Gefühle sehen und wem Zuordnen möchte, wobei neben dem Körper gibt es für mich da dann doch körperliche wie seelische Gefühle (Empfindungen). Letzlich gibt es da sicher auch ein Wechselspiel zwischen denen, die dann Einfluss aufeinander haben (also, wenn es uns seelisch schlecht geht, geht es uns u.U. auch schnell körperlich nicht gut und umgekehrt; körperliches sich gut tun kann das seelische Emfpinden heben), aber darum geht es mir hier nicht!

Okay.

Man sagt gerne, dass mit dem sprachlichen Denken man bewusst etwas denkt, tut, macht. Beim Gehen denke ich sicher nciht übers Gehen nach (sonst würde ich vermutlich stolpern), aber ich denke schon darüber: da will ich jetzt hingehen. Selbst, wenn ich das nicht mal in Worten verkleidet bewusst ausspreche. Da gibt es mehr. Ein Empfinden, vielleicht mit dem Begriff "Willen" umschreibbar, was ich nicht in Worte fassen muss, nachdem ich aber dennoch zielgerichtet handel. Oder: ich sehe ein Eisgeschäft, wo Leute rauskommen und ich sehe, wie die leckeres Eis essen. "Will ich auch haben", könnte ein bewusster, in Worte gefasster Gedanke sein. Aber muss der wirklich da sein, vorliegen? Beobachtet euch ggf. mal selber. Manchmal kommen die Worte. Manchmal nur in Bruchstücken. Manchmal hat man das Gefühl, man müsse die Worte nicht mal als Worte denken. Man "fühlt" sie bzw. ist sich deren doch gewiss. Empfindet sie.

Es gibt (doch) ein Nicht-Sprachliches Denken. Oder ein "Empfinden" auf höherer Ebene.

Ich gehe jetzt noch eine Stufe weiter.

1 + 1 = 2. Das ist wahr. Hier reicht ein ganz konventionelles Benutzen des Wahrheitsbegriffes. Der "Po" ist ein Fluss in Italien. Ja, das ist wahr.

Ich hatte mal ein Erlebnis mit einer Schülerin, die darauf sagte: der Po ist doch ein Fluss in Spanien. Ich zeigte ihr daraufhin den Po auf der Landkarte in Italien. Darauf sagte sie: Okay, ich sehe den da, aber es fühlt sich falsch an!

Ist 1 + 1 = 2 deswegen wahr, weil wir es gedanklich so erfassen? Was ist, wenn so etwas gefühls- bzw. emfpindungsabhängig ist? Ist das "falsch" nicht deswegen (auch) falsch, weil es sich falsch anfühlt?

1 + 1 = 3.

Ich kann das sogar erklären, dass es die Fälle gibt, wo dieses Ergebnis nicht falsch ist, so sehr es sich auch falsch anfühlt. Nehmen wir einen Aparat in dem Zahlen eingegeben werden tragen dort Zahlen ein, die Nachkomma-Stellen haben.

1,3 + 1,4 = 2,7

In der Ausgabe erscheinen leider nur ganze Zahlen und nach den Rundungsregelungen werden die ersten beiden Zahlen ab- die letzte aufgerundet. Ist deswegen das Ergebnis jetzt falsch? Aber es fühlt sich vermutlich weiterhin falsch an. *zwinker*

Ernsthaft. Es gibt da dieses nicht-sprachliche Denken auf einer gedanklichen (?) bzw seelischen (?) Empfindungsebene, auf der es durchaus auch für Logik (aber natürlich auch ganz viele andere Sachen) Empfindungen/Gefühle gibt. Vermutlich wird für uns etwas wirklich erst wahr, wenn das Gedankliche die passenden (vorsichtig formuliert) positiven Gefühle auslöst.

Schwierig zu sagen, was da alles dazugehört. Aber vielleicht ist es eben wirklich diese Ebene, wo auch Freude, Wut, Hass, Liebe etc. angesiedelt ist. Als ich meine ersten Differenziale löste, hatte ich glücksgefühle, wie beim Lösen eines tollen Rätsels (okay: Mathe geil zu finden ist sicher für manch einen etwas schräg, da bei vielen da wohl doch eher negative Gefühle aufgekommen sind ... sei es "Hass" oder "Hilflosigkeit").

Natürlich kann man hier (Körper-Geist/Seele-Problem) auch fragen, wie da der Zusammenhang ist bzw. der Übergang. Was war zuerst da (bezogen auf eine konkrete Sache; nicht von Geburt an, wo wir sicher ohne Sprache auf die Welt kamen *lol* )? Der Geist bzw. das sprachliche Fassen oder das Empfinden/Fühlen.

Eigentlich ein anderes Thema, aber cogito ergo sum. Was ist denn mit:

Ich empfinde, also bin ich!

(Kritiker sagen: man müsste das fühlen erstmal geistig erfassen (also in Worte fassen), um sich des Seins sicher zu sein; ich sage: nö! *haumichwech* Ich bin nicht mein Denken, sondern mein Denken findet in meinem Empfinden statt.)

Da stellt sich die Frage: Sind die Gedanken denn deine Gedanken?
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
@*****990

Das ist ja der Clou. Kann sich das (sprachliche) Denken selber erkennen, ohne sich selber wahrzunehmen? Kann ein reines gedankliches Wahrnehmen stattfinden, ohne sich selber zu fühlen oder zu empfinden? Kann es ein Selbst-Bewusstsein/ein Ich-Bewusstsein geben, ohne das gefühlte Ich?

Da meine ich: nein. Reine Gedanken (sprachlich) könnten sich schwer als Ich erkennen oder empfinden. Sie hätten eher etwas von einem Computer ohne Bewusstsein. Und ein Teil des Bewusstseins ist m.E. eben im Empfinden verankert. Die Rückkopplung meiner Gedanken zu mir ist mehr als nur das Echo meiner Worte, sondern das Empfinden: das bin ich, das kam von mir.

@****de
Nein. Du hast da die Pointe nicht verstanden.

Ich habe "denken" da bewusst als das definiert, was mit den sprachlichen Gedanken in unserem Kopf zu tun hat. Warum? Weil der Begriff "denken" sehr schwamming und vielseitig ausgelegt werden könnte. Z.B. auch als allgemeine Gehirnleistung. Mir ging es aber gerade darum, dass nicht selten der menschliche Geist mit den sprachlich gefassten Gedanken gleichgesetzt wird.
Nur, um es deutlich zu machen, habe ich die Definition eingeführt, damit sie zur Klarheit und als Referenz dient.

Die Pointe ist, dass es eben neben dem (sprachlichen) Denken m.E. auch ein nicht-sprachliches Denken gibt (oder wie wir das eben nennen wollen, denn ich benutze da auch den Begriff des Empfindens bzw. des Seelischen).

Mir geht es dabei sowohl allgemein um die Empfindungen (die ja auch seelisch-geistig sind) bzw. konkret um die, die man z.B. hat, wenn man etwas als richtig, wahr (oder falsch und verkehrt) findet. Und, dass man Dinge z.B. wahrnimmt, ohne sie automatisch in Worte fassen zu müssen.

Z.B. gucke ich in meinen Schrank und sehe da weiße Hemden hängen. Aber ich denke ja nicht sprachlich: da hängen weiße Hemden, sondern ich habe es einfach gesehen und wahrgenommen.

5 Minuten später, der Schrank ist zu, sagt jemand: "Da hängen weiße Hemden in deinem Schrank". Ich sage: "Ja, das stimmt". Zwar kann in meinem Kopf es vorkommen, dass ich da sprachlich drüber nachdenke und zu mir selber sage: "Ja, da waren doch weiße Hemden", bevor ich sage, "Ja, das stimmt.", aber diese Aussage ist auch ohne sprachliche Gedanken aufgrund meiner Erinnerung möglich. Warum? Weil dieses Wahrnehmen auch nicht-sprachlich funktioniert.

"Da war ein grün-rosa-kariertes Hemd in deinem Schrank!". Und ich zucke zusammen und sage: "Nein, das stimmt nicht!". Der andere sagt: "Doch, ganz bestimmt!"
Ohne, das sich sprachlich denken muss: "Nein, da hing so ein Hemd nicht!" kann ich es fühlen/empfinden: das ist falsch!

Nicht alleine, dass ich alle Wahrnehmungen nicht in Worte fassen muss (z.B. um sie in meinen Erinnerungen abzuspeichern), ich habe da viel mehr an Ebenen/Umständen (sorry, wenn ich jetzt rumeiere), wo ich aber ein "nicht-sprachliches Denken" habe, was ich zwar zum sprachlichen Denken überführen kann, aber nicht muss. Und dazu gehört auch, dass ich eine Gefühlswelt habe, wo z.B. auch Empfindungen sind, die zu "wahr/richtig" gehören wie umgekehrt zu "falsch". Es gibt da eben auch nicht-sprachliche Gedankenleistungen.

In der Philosophie wird oft das (sprachliche) Denken als die Krönung des Menschseins betrachtet. M.E. gibt es da eben mehr. Vielleicht nicht-sprachlich mit den Tieren zusammen. Hier wird es natürlich sehr schwierig, weil man ja teilweise (gewissen) Tieren unterstellt, gewisse Sprachansätze zu haben.

So weiß man z.B. dass Schimpansen etc. in gewissem Maße zählen können. Einfachere Tiere in gewissem Sinne zumindest erkennen können, ob was fehlt (also die ursprüngliche Anzahl verringert wurde, selbst wenn Plätze verändert wurden (also nicht eins an einem konkreten Platz fehlt)). Muss man für einfache Zahlen "Wörter" haben?

Hütchenspiel. Der Zauberkünstler verschiebt eine Kugel ganz schnell zwischen den Hütchen hin und her. Irgendwann ist er durch. Und ich bin mir sicher: unter dem Hütchen muss die Kugel liegen. Dieses scheinbare Wissen ist eine gefühlte Sicherheit. So wie 1 + 1 = 2 ist. Das fühlt sich bekannt, sicher, gut an.

Und natürlich ist die Kugel unter einem anderen Hütchen. Und ich fühle mich betrogen, verraten. Da muss doch was nicht stimmen. Und das muss ich nicht sprachlich ausdrücken. Es reicht, es gesehen und gefühlt zu haben. Erst durch eine menschliche "Transformation" wird das zu sprachlichen Gedanken, indem ich mein Erlebtes und meine Erfahrungen und mein Empfinden in Worte artikuliere und widergebe.

Wichtigstes: in uns gibt es nicht-sprachliches "Denken" (Gehirnverabeitung), die u.a. auch mit Logik umgehen kann, ohne dass es dafür Worte bedarf. Es muss sich halt auch richtig anfühlen, um (für uns) wahr zu sein.
Es erinnert mich an die Gott(Programmierer Theorie)Alles was wir denken was wir machen, wurde vom Großen Programmieren (Gott) programmiert!das Programm was Er,Sie,Es Erschuf läuft nur noch ab! *omm*
***60 Mann
298 Beiträge
Ich bin der Meinung, auf grundlegenderer (biologischer) Basis geschieht das Denken überhaupt nicht sprachlich, sondern elektro-chemisch in sehr komplizierten Netzwerken.

Nur ein extrem kleiner Bruchteil davon fungiert als selbst-Beobachtung, selbst-Bewusstsein. Auch das: ohne Sprache.

Sprache wird erst nötig/hilfreich im sozialen Kontext, zur Koordination vieler Menschen, die durch Kooperation viel mehr erreichen können als getrennte Einzelne.

Und da dazu die "Übersetzung" der inneren sprachlosen Gedanken in (historisch zunächst Laut-, dann Schrift-)Sprache notwendig und erfolgreich ist, wird die -so erworbene - Sprache dann auch auf (einen Teil des) bewussten inneren Denkens angewendet. Was zwischen verschiedenen Menschen funktioniert, hilft auch, das eigene Denken zu strukturieren: bewusster sprachlicher innerer Monolog. Oder das Gedächtnis zu ersetzen (Schrift).

Ein Spruch, der mich schon seit meiner Kindheit amüsiert hat:

Woher soll ich wissen was ich denke bevor ich höre was ich sage?
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
@***60

Dein Spruch unten drückt es nochmals schön aus. Dass Denken nsehr gerne als sprachlich gesehen wird, aber eben weit mehr ist.

Und klar. Biochemisch, neurologisch. Denken (unter Umständen sogar mehr als die Gehirnleistung) ist ein komplexer neuronaler Vorgang, der sich in der Evolution lange entwickelte und wo die Sprache sicher erst zum Schluss in der Interaktion zu anderen vorkam, aber dann damit wohl zu einem erweiterten Bewusstsein und Selbst-Bewusstseins führten.

Ursprünglich waren wir hier ja beim Lösen philosophischer Probleme durch Etymologie. Davon Weg waren wir aber immer noch bei der Sprache, aber der Problematik, dass wir manches schwer über die Sprache lösen können (allerdings haben wir eben nur die zum Austausch, was uns fast zwingt, da weiter dran zu arbeiten). Neurobiologen wollen ja (in Untersuchungen im MRT, etc.) sogar feststellen können, dass wir z.B. einen Arm heben wollen, bevor wir das selber wissen. Wie determiniert sind wir? Haben wir überhaupt einen freien Willen? Letzterer scheint - zumindest zum Teil und zumindest aus Neurobiologischer Sicht - ein Trugschluss zu sein.

Mir ging es darum, dass es - im "Denken" - eben mehr gibt, als die Sprache. Was (sehr sicher) vermutlich auch bei (höher entwickelten) Tieren teilweise schon ausgelegt ist. Wir haben eben auch ein nicht-sprachliches Empfinden/Denken (ich benutze hier lieber den Begriff Empfinden, da Denken oft mit der sprachlichen Leistung verknüft wird). Und das ist sehr weitreichend.

So haben wir m.E. ein - vielleicht genetisch verankertes - Empfinden (teilweise auch "Gespür" und "Bauchgefühl" genannt) für Logik bzw normale Prozessabläufe (wie die Welt ist; dass z.B. die Tasse nach unten fällt, nicht nach oben), Soziales, Mitgefühl, Gerechtigkeit, Schönheit, Gut und Böse. Wir reagieren manchmal, ohne mit Worten drüber nachzudenken, weil da jemand verletzt ist und Hilfe braucht. Wir haben Mitleid. Wir haben ein Gefühl der Ungerechtigkeit, wenn wir mitbekommen, dass jemand betrogen wird. Auch ohne Worte.

Tatsächlich fällt es der Philosophie auf rein sprachlicher Ebene gewisse Dinge erklären zu können. Was bitte ist wirklch "gut". Früher hat man dabei gerne auf Gott zurückgegriffen. Wer legt denn bitte fest, was gut ist? Gerade im Bereich der Ethik ist es dann aber doch das, was als Veranlagung in dem Empfinden von Menschen ist, was wir als gut, ethisch richtig, etc. empfinden (natürlich manchmal mit sprachlich-logischen Stilblüten, die uns vor Augen führen, dass eben manch Mitleid oder manche Entscheidung als logische Folge falsch ist). Scheinbar haben nicht alle Menschen die gleiche Empfindungsveranlagung. Nicht jeder ist gleich sozial, hilfsbereit, etc. Was es dann natürlich auf der sprachlichen Ebene sehr schwer macht, auf Gefühle zu referieren, die undifferent und von Mensch zu Mensch verschieden sind.

Dennoch haben wir eine breite Basis, dass viele Menschen z.B. etwas als stimmig, unstimmig, logisch, richtig, gut, verwerflich, falsch ... empfinden, ohne das erstmal oder überhaupt in Worte fassen zu können. Ein Teil der "Geisteswissenschaften", u.a. wohl die Philosophie hebt das dann ins Sprachliche und hinterfragt es eben auch. Sprache kann auch ändern. Vielleicht sogar dieses Empfinden.

Immerhin fanden z.B. die Christen im Mittelalter es richtig, Ketzer zu verbrennen. Oder wir stellen fest, dass wir nicht nur massive Diskriminierungen von Menschen ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, etc. haben, sondern sich das in der Sprache auch manifestiert hat und damit ja auch unser Denken prägt, geprägt hat. Also gehört es "umprogramiert" (geframed?). Rassismus ist ja n icht alleine, von "Nigger" oder "Herrenrasse" zu reden, sondern dies mit Hassgefühlen oder Überheblichkeit auch zu empfinden. Manch Empfinden ist leider eben auch Last einer falschen (evolutionären) Entwicklung.

Aber, manche philosophischen Grundprobleme sind nicht alleine sprachliche Probleme oder Definitionsprobleme (wie: was ist gut?). Sondern sie sind deswegen auch Probleme, weil wir Menschen auf Dinge referieren wie "gut",weil wir meinen, "gut" wäre universal und alle müssten das Gleiche dabei denken und empfinden. Tun wir aber nicht. Die Menschen sind eben auch in ihrem Empfinden sehr unterschiedlich (wenn auch die Masse gottseidank nah beieinander ist).

Manche Probleme löst man eben nicht auf der analytisch-sprachlich-logischen Ebene, sondern auf der emotionalen. Und sei es sowas wie Logik, Gerechtigkeit ... *zwinker*
Zitat von **********_Gogh:

@****de
Nein. Du hast da die Pointe nicht verstanden.
Na, dann ist ja gut, wenn ich es bin, der es nicht verstanden hat *hm* .

Mein Lieber, kann es sein, dass du mit viel Wortgeschwurbel deine ursprüngliche Position (Sprache=Medium des Denken) verlassen hast und auf meine eingebogen bist (es gibt Denken vor der Sprache), das aber nicht zugeben willst und es daher so darstellst, als hättest du jetzt ein gemeinsames Problem gelöst? Eine beliebte Strategie in der Philosophiegeschichte. Ebenso beliebt: Ganz viele Nebenthemen eröffnen.

*zumthema*
Kann man philosophische Probleme mittels Etymologie lösen?
Zwischenbilanz:
-Ja, sofern man annimmt, dass "Wahrheit" exklusiv in der Sprache zu finden ist, vor allem aber dann, wenn man annimmt, es gebe Ur-Sprachen mit einem exklusiven, ursprüngliche Zugang zur Wahrheit; denn nur dann führt der Rückgriff auf vergangene Wortverwendungen näher zur Erkenntnis von dem, was gemeint war (=richtig ist).
-Nein, sofern man Philosophie als Suche nach Weisheit auch jenseits der Sprache betrachtet. Dann zeigt die Etymologie nur auf, wie man Worte früher verwendet hat; das nutzt dann beim Verstehen alter Texte oder bei der Aufklärung über historische Wortbedeutungen, die möglicherweise immer noch "mitschwingen"; aber ob die frühere Verwendung "richtiger" ist als die jetzige, oder beide gleich falsch sind - darüber dagt die Etymologie rein gar nichts.
Anmelden und mitreden
Du willst mitdiskutieren?
Werde kostenlos Mitglied, um mit anderen über heiße Themen zu diskutieren oder deine eigene Frage zu stellen.