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Phillosphisch wissenschaftlich Arbeiten ...

**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
Phillosphisch wissenschaftlich Arbeiten ...
Nun. Ich weiß nicht, ob das hier ein "Thema" wert ist (zumal es uns ja nicht wirklich betrifft, es sei denn man möchte doch - wenigstens für sich - einen "höheren" Anspruch an seine Postings stellen). Dennoch finde ich das, was ich da gefunden habe, mal herausstellenswert: *g*

Ein philosophischer Text ist stets eine Antwort auf andere philosophische Texte sowie deren Fragestellung und Überlegung. Philosophie ereignet sich nicht im geschichtslosen Raum, sondern ist eine Antwort auf vorhergehende Positionen und Argumentationen; sie nimmt diese auf, prüft sie, verwirft sie oder entwickelt sie weiter. Folglich schreibt sich jeder philosophische Text nicht nur in die Traditions ein, sondern er schreibt sich auch fort.

Man darf also nicht einfach so, mit einer neuen, nie vorhandenen Fragestellung, beginnen? *gruebel*

Okay. Jetzt verstehe ich noch mehr, wenn gesagt wird, dass alles der abendländischen Philosophie nur eine Fußnote zu Platon wäre. Und gut, dass Platon noch nichts vom oben beschriebenen, wissenschaftlichen Anspruch wusste (wobei er sich natürlich manchmal auf seinen Lehrer Sokrates bezog, aber vieles mal eben so in den Raum stellte, ohne "geschichtlich" zu sein und sich auf andere bezog.) *g*

Heute funktioniert das in der "wissenschaftlichen" Philosophie ja auch recht gut. Aber vielleicht ist man da umgekehrt auch manchmal zu eingefahren?

Wobei ich manchmal daran verzweifel, wenn ich ein philosophisches Werk (o.Ä.) lese und dort dann Bezug zu dem und jenem und das und dort genommen wird, was aber im aktuell Gelesenem wenig dargelegt wird. Manchmal kann man in dieser Folge hier und da und dort lesen, lesen, lesen und aus dem Weiterlesen bei anderen nicht mehr rauskommen ... Puh.

Ganz problematisch finde ich das, wenn im aktuell von mir Gelesenem gewisse, philosophisch benutze Begriffe von jemand Dritten vorher aufgegriffen werden, wo sie dort speziell definiert werden, aber im aktuellen Text dann als "bekannt" vorausgesetzt werden. Das ist manchmal um so schlimmer, wenn es sich auch noch um alltagssprachliche Begriffe handelt, die aber kaum noch mit dem alltagssprachlichen Gebrauch zu tun haben oder man die Definition (o.Ä.) eines Vierten kennt bzw. im Kopf hat. Was ist "Wahrheit" oder "Bedeutung" im Sinne vom Autor X oder Y? Was "Seele" oder "Geist", "Existenz", "das Sein des Seienden", "Sinn" ... ? Ist das nicht manchmal sogar ein Entfremden von der Sprache und damit vielleicht sogar auch von der "Realität" (wenn es die denn gibt)? Hat sich da nicht sogar die ein oder andere Philosophie zu sehr vom Menschen entfernt und ihre eigene Welt geschaffen? Sind manche Werke zu schwierig zum Verstehen und Nachvollziehen (im Sinne: mein Geist reicht dazu nicht aus), zu weltfremd oder nur schlecht geschrieben (u.a. mit zu viel Fachsprache)? *g*

Auf der anderen Seite: also mal eben so einen Gedanken oder eine Frage zum Thema machen? Das können wir wenigstens hier im Joy im Forum. *g*
Ab da ist es dann wieder das Weiterstricken des Textes des ersten Postings. Und vielleicht auch ein Hinweis auf interessante Autoren, die zu lesen lohnen könnten.

"Text", was wohl als Begriff von Textur und Gewebe kommt. Wie passend!

Philosophieren heißt also gedankliches Stricken. Also, natürlich staunend (nach Platon):
"Das Staunen ist die Einstellung eines Mannes, der die Weisheit wahrhaft liebt, ja es gibt keinen anderen Anfang der Philosophie als diesen."
(Platon: Theaitetos 155 d)

Nehmt mein Posting gerne sehr offen. Vielleicht, auch, was ihr an der Philosophie schätzt und kritisiert. Oder Eure Erlebnisse mit philosophischen Texten, die den Anspruch der "Wissenschaftlichkeit" erfüllen.
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
Nachtrag (da ich als Themeneröffner meinen Text nicht mehr geändert bekomme) und da ich ganz "unwissenschaftlich" war, dem Zitat oben die Quelle nicht ordentlich hinzuzufügen:

Wissenschaftliches Arbeiten im Philosophiestudium
von Matthias Flatscher, Gerald Posselt, Anja Weibert
Facultas Verlags- und Buchhandels AG, Wien, 2011
Seite 12

*g*
*********vibus Mann
1.017 Beiträge
Zitat von **********_Gogh:

Dennoch finde ich das, was ich da gefunden habe, mal herausstellenswert: *g*

Ein philosophischer Text ist stets eine Antwort auf andere philosophische Texte sowie deren Fragestellung und Überlegung. Philosophie ereignet sich nicht im geschichtslosen Raum, sondern ist eine Antwort auf vorhergehende Positionen und Argumentationen; sie nimmt diese auf, prüft sie, verwirft sie oder entwickelt sie weiter. Folglich schreibt sich jeder philosophische Text nicht nur in die Traditions ein, sondern er schreibt sich auch fort.

Man darf also nicht einfach so, mit einer neuen, nie vorhandenen Fragestellung, beginnen? *gruebel*

Vielleicht missverstehe ich das Statement. Mir kommt es eher banal vor. Kann man nicht über z.B. Mathematik, Biologie und jede historische Wissenschaft das Gleiche sagen? Wären Einsteins Erkenntnisse möglich, ohne an die alten Griechen oder an Newton anzuknüpfen? Liesse sich der moderne Mensch ohne das Erbe der Neandertaler vorstellen? Inwieweit ist die „Geschichtlichkeit“ ein Spezifikum der Philosophie? Die (Menschheits-)Geschichte schreitet immer weiter fort. Ist mehr gesagt als dies?
*********er60 Mann
20 Beiträge
Ich bin nun seit vielen, vielen Jahren aus der wissenschaftlichten Diskussion raus. Aber nur zu gut erinnere ich mich an diese Beiträge, die du so treffend beschrieben hast. Mein kleines Licht leuchtete oft nicht hinein in die Tiefen der vorausgesetzten Voraussetzungen.

Heute ist es mir zu wenig, wenn philosophische Texte stets nur Antworten sind auf andere philosophische Texte sowie deren Fragestellung und Überlegung. Antworten auf Fragen "der Welt" täten Not, finde ich.

Ich will gar nicht so weit gehen wie Marx in seiner elften These zu Feuerbach, die Philosophen hätten die Welt nur verschieden interpretiert, es käme darauf an, sie zu verändern. Dankbar wäre ich schon für staunenswerte Beiträge zum Durchdringen moderner Komplexistät.
*****und Mann
651 Beiträge
Als ich Philosophie, Altphilologie und Theologie studierte, waren diese sehr stark geschichtsbezogen und historisierend orientiert in den 80ziger Jahren. Ohne Aktualität der Fragenstellungen. Man dürften sich nur persönlich fragen: wozu
Philosophie? - wenn man nicht gerade Marxist war oder die junge Sozialphilosophie beackerte.

Das hat sich gründlich geändert! Dem Himmel sei Dank! Meine Tochter studiert derzeit Philosophie im Hauptfach. Natürlich liest sie die Quellentexte und die werden auch heute noch gründlich analysiert. Aber das sind Vorarbeiten, die in einem selbst reflektierenden Diskurs und sodann in einem Essay enden.
Die heutige wissenschaftliche Beschäftigung mit Philosophie ist sehr viel interessanter als zu meiner Studienzeit.
********n_84 Frau
6.195 Beiträge
Die Philosophie und das Studium sind eine Fachwissenschaft wo der Fokus auf der Philosophiegeschichte und Literatur liegt. Natürlich sind die Gedanken anderer Philosophen auch für das eigene Denken und für Argumentationen oft nützlich. An der Universität wird das wissenschaftliche Arbeiten so verstanden, wie du es beschreibst.

Jedoch gibt es auch den freien philosophischen Essay, wo man seine eigenen Gedankengänge und Argumentation unterbringt ohne dabei auf Literatur zu verweisen.

Neben der Philosophie als Fachwissenschaft gibt es noch das „Philosophieren“ als sogenannte techne (Fähigkeit); da geht es um Denkstrukturen und die Fähigkeit logisch und stringent zu Denken (natürlich auch kritisch!) und auch so zu argumentieren.
Das Philosophieren als solches können sogar Kinder (lernen) und man kann sich mit den gleichen Fragen beschäftigen wie die großen Philosophen. Aber eben ohne das literarische Hintergrundwissen und auf einem anderen Niveau.
Das kann aber auch sehr spannend sein und ist näher am Alltag und am Leben.

Das Philosophieren auf diese Art sollte auch hier im Forum möglich sein.

Obwohl ich Philosophie studiert habe und sicherlich auch einige Sichtweisen und Argumente großer Philosophen verinnerlicht und adaptiert habe, verweise ich hier und im privaten auch ungern auf Namen und Quellen.
Ich meine, dadurch wird eine Idee oder ein Argument nicht besser oder schlechter und es wirkt einfach auf andere gekünstelt und teils prahlerisch.

Als letztes gibt es noch die Kneipen-Philodophie, die keine ist.
Wenn Menschen zB Meinungen und „Glauben“ als Argumente oder gar Fakten verkaufen und auch nicht in der Lage sind Argumente des anderen zu betrachten und darauf einzugehen; nicht bereit sind kritisch und reflektiert zu denken und ihren Geist auf eine Reise zu schicken ... dann bin in da raus! Das sind für mich dann sinnlose Gespräche. Und mit Philodophieren hat das auch nichts zu tun.

*my2cents*
*****und Mann
651 Beiträge
*********ebell Mann
2.726 Beiträge
Wie sagte einer meine Professoren beim Ausgeben der schier endlos langen Literaturlisten nur halb scherzhaft: "Lesen Sie nicht zu viel, das verdirbt den Charakter."

Natürlich sollte man "seine Geschichte kennen" und die Herkunft der Argumente. Viel wichtiger war aber, eine eigene Schlussfolgerung zu ziehen.

Ich fand das in Seminaren immer recht enervierend, wenn dann von den Mitstudierenden einfach nur ein Verweis kam. "Aber der-und-der hat da-und-da in dem-und-dem Kapitel dieses-und-jenes geschrieben!"
Ja schön. Und was denkst du dazu?!? *nixweiss*

Zitat von **********_Gogh:
Ganz problematisch finde ich das, wenn im aktuell von mir Gelesenem gewisse, philosophisch benutze Begriffe von jemand Dritten vorher aufgegriffen werden, wo sie dort speziell definiert werden, aber im aktuellen Text dann als "bekannt" vorausgesetzt werden.

Das habe ich nicht verstanden. Wenn in einem Post ein technischer Term benutzt wird, dann würde ich auch voraussetzen, dass der bekannt ist, wenn er denn schon erklärt wurde.
Grundregel für die Arbeiten, die wir damals an der Uni schreiben sollten, war: "Schreiben Sie sie so, dass ein normal gebildeter Mensch sie verstehen kann - und wenn Sie einen technischen Term einführen, erklären Sie ihn kurz und knapp..."
Ich denke, das ist eine ganz brauchbare Richtschnur. *g*

Zitat von **********_Gogh:
Das ist manchmal um so schlimmer, wenn es sich auch noch um alltagssprachliche Begriffe handelt, die aber kaum noch mit dem alltagssprachlichen Gebrauch zu tun haben oder man die Definition (o.Ä.) eines Vierten kennt bzw. im Kopf hat. Was ist "Wahrheit" oder "Bedeutung" im Sinne vom Autor X oder Y? Was "Seele" oder "Geist", "Existenz", "das Sein des Seienden", "Sinn" ... ? Ist das nicht manchmal sogar ein Entfremden von der Sprache und damit vielleicht sogar auch von der "Realität" (wenn es die denn gibt)? Hat sich da nicht sogar die ein oder andere Philosophie zu sehr vom Menschen entfernt und ihre eigene Welt geschaffen?

Solche Begriffe Nicht-Philosophen zu erklären ist manchmal nicht ganz einfach. Aber genau das würde ich sagen, ist die hohe Kunst: Wenn ich so schreibe oder rede, dass mich niemand außerhalb der heiligen Hallen der Universität versteht, mache ich definitiv was falsch.
Ich wollte z. B. schon immer "Philosophie für Normalos" machen. *ggg* Ein bisschen flapsig, ein bisschen witzig, trotzdem klar in den Definitionen.

Wem nützt schon der großartigste Gedanke, wenn ihn nur ein kleiner Teil der Menschen nachvollziehen kann?
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
Vielen Dank für Eure Beiträge. Aktuell komme ich mal wieder zu nichts.

@*********ebell
Fachtermini/technische Begriffe vorauszusetzen ist natürlich innerhalb der Wissenschaft "normal" bzw. da muss man eben durch, wenn man sich entsprechend wissenschaftlichen Texten (im weitesten Sinne) widmet. Oft reicht ein Blick in ein passendes Fach-Wörterbuch o.Ä. und manchmal ist heute sogar Wikipedia da eine gute Hilfe, weil zum Teil sogar das Wissenschaftliche mit drin aufgenommen wurde.

So kann ich Begriffe der Physik, der Geschichte, ... schnell recherchieren und alles ist gut. Auch Fachtermini der Philosophie lassen sich finden. Manchmal wirklich ausreichend genug erklärt. Aber ... *lol*

Manchmal scheitert es gerade in der Philosophie ja schon an eben diesen simplen Begriffen wie Wahrheit, Aussage, Begriff, Existenz, Seele, richtig, gut, moralisch ... die - in den Texten - wie selbstverständlich benutzt werden, als wären sie klar. Bei manchen philosophischen Texten muss man wissen, wie gewisse, scheinbar simple Begriff - um die es vielleicht nicht mal ansatzweise im Text geht (!) - zu verstehen, was da gemeint ist bzw. sie vom Autor gebraucht werden. Manchmal wird ein Begriff im Sinne des Philosophen X oder ganz anders im Sinne der philosophischen Schule Y benutzt. Manchmal reden sogar Autoren deswegen in Antwortsaufsätzen aneinander vorbei, weil sie von unterschiedlicher Begriffsbestimmung ausgegangen sind.

Vielleicht als Beispiel:

(1) Ding (und dann natürlich sowas wie "Ding an sich"), Sache, Gegenstand, Seiendes, Existierendes, Entität ...
Manchmal wird hier Gleiches synonym, manchmal anderes mit feinen bis hin zu großen Unterschieden gemeint. Bei Entität könnte man auf die Idee kommen, im Wörterbuch nachzuschlagen. Bei Ding oder Gegenstand eher nicht.

Hier muss ich tatsächlich aber dann auch wieder Wikipedia loben, dass z.B. solchen Begriffen wie "Gegenstand" etc. sehr umfangreiche Infos liefert, wie unterschiedlich man das sehen kann und ggf. sogar innerhalb einer Fachdisziplin (wie Philosophie) es unterschiedliche Sichtweisen gab und gibt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gegenstand


(2) Sinn und Bedeutung am Beispiel Frege
Erst einmal sind da zwei "unverdächtige" Begriffe.

Sinn/Bedeutung. Der Ausdruck ‹S.› (engl. sense) hat in der Analytischen Philosophie unter dem Einfluß von G. Frege eine spezielle Prägung erhalten, die von anderen Verwendungen wie in ‘S. eines Textesʼ, ‘S. einer Handlungʼ oder ‘S. des Lebensʼ (s.d.) zu unterscheiden ist. Frege grenzt den S. von der Bedeutung [B.] sprachlicher Zeichen ab, wobei ‹S.› teilweise mit dem übereinstimmt, was heute ‹B.› genannt wird. Der deutsche Terminus ‹B.› wiederum muß als Transformation dessen gesehen werden, was in der Tradition als ‹Signifikation› (s.d.) bezeichnet wurde.
Obwohl Frege bereits im Vortrag ‹Funktion und Begriff› (1891) die Kategorie ‹S.› benutzt, wird die Unterscheidung von ‹S.› und ‹B.› erst in ‹Über S. und B.› (1892) [1] ausgearbeitet.
Quelle: https://www.schwabeonline.ch … brary/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27verw.sinnbedeutung%27%5D#__elibrary__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27verw.sinnbedeutung%27%5D__1614110501752

(Ich bekomme den Link hier nicht ordentlich reinkopiert. Suchbegriffe waren "frege sinn bedeutung urteil")

Also Frege benutzt 'Sinn', wie Bedeutung und 'Bedeutung' anders *gruebel* (wobei Sinn "teilweise mit dem übereinstimmt, was heute" Bedeutung ist) ... *lol* Und er führt die Begriffe 1891 ein, arbeitet seinen gemeinten Unterschied 1892 erst aus. *lol*

Da fällt unvorbereitet das Lesen u.U. schwerst ... -lach-

(Okay: es gibt in der Philosophie keine unverdächtigen Begriffe ... *lol*)

(3) Sprechakttheorie
Ich beschäftige mich aktuell sehr mit Sprachphilosophie und Austins/Searles Sprechakttheorie. Zum einen hat es da einen richtig bösen Streit zwischen Searle und Derrida gegeben, wo man sich nicht sicher ist, ob die sich nicht simpel gegenseitig missverstanden haben und aneinander vorbei schreiben.

(4) performativ bzw. das Performative
Ich habe hier echt lange gebraucht, bis ich kapiert habe, dass da viele von nicht dem Gleichen sprechen ... *haumichwech*
Austins erfundener Begriff wurde von Searle anders benutzt und ging in der neuen Fassung in die Linguistik ein und gewisse Philosophen benutzen den Begriff wie Austin, wie Searle (div. Sprachphilosophen), irgendwie dazwischen, wo der feine Unterschied egal ist (Habermas), wie Austin ihn vielleicht heute benutzen würde (u.a. Judith Butler) oder in einer sprachlich-konstruktivistischen Sicht wie Austin ihn vielleicht auch nicht benutzen würde (nochmals Judith Butler) und manchmal als mit Performance verbundener Begriff (insb. Theaterwissenschaften) und manchmal als irgendwas von den letzten Varianten bei "performativer Kultur" in den Kulturwissenschaften, performativer Pädagogik, performativer Soziologie, ... oder im Feuilleton mancher Zeitungen, wo ich mir nicht mehr sicher wäre, ob hier nicht ein Autor einen "schönen, anspruchsvollen, schwerwiegend klingenden" Begriff nur deswegen benutzt, weil andere dieses Fremdwort (im Sinne: das ihm fremde Wort) auch an ähnlicher Stelle benutzen. Und keiner weiß jetzt wirklich: was heißt es/wie ist es gemeint? *gruebel*

(Okay: die Linguisten wüssten es für sich. Austin und Searle ihre Begriffssicht ebenfalls *lol*
Aber darüber hinaus müssste es jeder erst einmal bitte genauer erklären. Und einfach auf Austin zu weisen ist da oft ... Puh!)

*haumichwech*


Okay.
Bei der Philosophie sind schon harmlose Sachen manchmal böse Fallen und kompliziert. Anders, als das in anderen Wissenschaften der Fall ist. Manchmal - oder oft? - auch zu verkompliziert. Gerade Austin - als Philosoph der "normalen Sprache" - hat da schön gegen gewirkt. *g*


Über:
Zitat von *********ebell:
Wie sagte einer meine Professoren beim Ausgeben der schier endlos langen Literaturlisten nur halb scherzhaft: "Lesen Sie nicht zu viel, das verdirbt den Charakter."
musste ich herzhaft lachen. Man kann sich - auch hier sicher ganz besonders in der Philosophie - mit Büchern echt verzetteln und kein Ende finden (ist mir sicher mehr als einmal passiert).
Ich bin philosophischer Voll-Laie und kann (zeitlich) und will nie erst alle Klassiker lesen, bis ich wage, meine eigenen Gedanken zu formulieren.
Philosophie ist auch im Alltag relevant, wenn es um ethische Entscheidungen geht, die keinen zeitlichen Aufschub für geduldige Recherche der einschlägigen Literatur dulden. Bevor ich also vor lauter Ehrfurcht vor dem vorhandenen Oeuvre mir keine eigenen Gedanken erlaube, nehme ich gerne inkauf, als "unwissenschaftlich" gezeit zu werden.
*****und Mann
651 Beiträge
War Sokrates wissenschaftlicher Philosoph oder Diogenes?
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
*haumichwech*

*top2*

Wobei ich momentan dazu (passend?) neige, die Gegenfrage zu stellen: was ist wissenschaftlich. ;.-)

Wenn u.a. Wissenschaft Wissen schafft, vernebelt die Philosophie nicht oft eher, statt klug zu hinterfragen?

Ich habe frisch ein sehr schön bissiges Werk von Dariusz Aleksandrowicz, Professor für philosophische Grundlagen kulturwissenschaftlicher Analyse an der Europa-Universität Viadrina, gelesen: "Kultur statt Wissenschaft? - Gegen eine kulturalistisch reformierte Epistemologie".

Er hinterfragt deutlich den wissenschaftlichen Anstrich den gewisse Teildisziplinen der Kulturwissenschaften sich geben. U.a. führt er im Kapitel "Der was-auch-immer-Turn" in den letzten Jahrzehnten zig "turns" auf, angefangen vom linguistic turn Rortys bis aktuell (u.a.) den culture turn oder den performativen turn. Jede dieser 20 - 30 (!) Wenden (die sich nicht selten inhaltlich widersprechen oder bei manchen gleich mehrfach vollzogen haben soll (ist das dann nicht ein Salto? *gruebel*)) wird als das jetzt Wahre verkauft, ähnlich der kopernikanischen Wende. Und es wird mit Zitaten belegt, wo sich insbesondere die längst verstorbenen Philosophen vermutlich im Grabe rumdrehen würden. *lol*

Und natürlich ist jeder, der den Turn nicht mitmacht, jemand mit einem Denken von Gestern und hat das Geniale des Turns nicht verstanden! *lol*

In welchem Zustand befindet sich die heutige Philosophie wirklich?
*****und Mann
651 Beiträge
Nun, mal abgesehen von der Journalistischen Philosophie, die seit einigen Jahren den Büchermarkt bedient, gibt es tatsächliche Ansätze einer wissenschaftlichen Philosophie, die sich mit logischen Strukturen der Wirklichkeit beschäftigt (nahe an der Mathematik, am "Neuen Realismus" und an einer NeuFormulierung der Ontologie). Das kann sehr spannend sein und führt auch in die Auseinandersetzung mit KI-Forschnung, Neurowissenschaften und Naturwissenschaften. Mal ganz abgesehen von Grundsatzfragen zukünftiger Ethik, derer wir uns mit der Technologie zu stellen haben. Da habe ich doch gerne Fachleute, die sich doch auch in frühere Diskussionen auskennen als 80 Millionen Dampfplauderer 😆
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
*gruebel* "Journalistische Philosophie, die seit einigen Jahren den Büchermarkt bedient"? Okay!?! Was ganz Neues.

Vom 'Neuen Realismus' halte ich bislang wenig, wie vom 'alten', wobei ich zugeben muss, mich darüber nur informiert, aber kein Buch wie das von Markus Gabriel gelesen zu haben. Ich hatte es mir - u.a. in Rezensionen - angeguckt, aber es erschien mir nicht lohnenswert zu sein. Lustigerweise heißt es bei Suhrkamp zu Gabriels Buch "Der vorliegende Band dokumentiert eine Wende, die als »Neuer Realismus« bekannt geworden ist ...". Schon wieder eine Wende! *lol*

Tatsächlich finde ich böse Verrisse wie in der TAZ https://taz.de/Philosophie-des-Neuen-Realismus/!5298540/ (lustig - im Zusammenhang mit "wissenschaftlichen Arbeiten" Gabriels Eigendeutung von Kant und Frege; vielleicht ein typisches Beispiel wie die eigene Meinung durch Umdeuten anderer Philosophen scheinbar gestützt wird) oder sehr schön https://www.buzznews.de/2015 … richard-rorty-neopragmatist/
Gabriels Wende existiert dann vielleicht nur, wenn man dran glauben möchte. *lol*

Richard Rorty, der im zweiten Link erwähnt wird (und vielleicht der Begründer der Wenden- und Turn-Behauptungen durch seine Prägung des Begriffs "linguistic turn" ist), ist jedenfalls für mich spannender, da ich schon vorher vorhatte, mich dem Pragmatismus mal genauer anzusehen, weswegen ich ihn jetzt tatsächlich mal auf meine Bücherkaufliste gesetzt habe. Ich sehe den (Neo) Pragmatismus zwar auch etwas kritisch, aber er stünde mir doch näher, vertrete ich wohl eher einen gewissen Konstruktivismus gekoppelt mit gewisser Sprachphilosophie (Austin, Searle, Butler) und diversen (natur)wissenschaftlichen Erkenntnissen (wo gewisse Fachleute keine Philosophen sind). Ich wäre aber wohl auch kein (großer) Anhänger des Idealismus. Zum Teil habe ich bei gewissen Themen (u.a. auch bei der Ontologie) das Gefühl, dass da Probleme eher geschaffen als gelöst werden. Auf der einen Seite denke ich schon, dass ich ein breites Hintergrundswissen zu den unterschiedlichsten Themen habe, bin aber umgekehrt nur begrenzt belesen, was gewisse Werke oder Thematiken betrifft.

Gabriel bringt jedenfalls wohl Beiträge von Ecco, Putnam und Searle. Vielleicht sollte ich mir das doch irgendwann mal zur Gemüte ziehen. *gruebel*

Vielleicht machen wir aus dem "Neuen Realismus" mal ein eigenes Thema (oder mehrere?) hier im Forum?
*****und Mann
651 Beiträge
Na, schon gut!
Wenn der "Neue Realismus" in der Gestalt der TAZ-Redaktion keine Gnade findet, dann kann er auch sicherlich für das Joy-Philosophen - Forum auch keinen Austrag bringen, zumal, wenn man die Literatur dazu nicht gelesen hat. Man mache sich nur keine vergebliche Mühe. 😆😂
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
*gruebel*
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
@*****und
Schade. Ich hatte gedacht, dass da noch etwas von dir nachkommt.

Dir zum Verständnis: als Argument, warum ich vom Kauf von Garbriels Werk (vorläufig) absehe, ist nicht DASS es eine negative Rezension darüber in einer Tageszeitung gibt, sondern WEIL es mehrere gibt, und ich diese für fundiert genug halte und meine Skepsis bezüglich des Realismus wie auch des neuen Realismus bekräftigt. Richard Rorty erscheint mir da lesenswerter, weswegen ich ihn auf meiner Kauf-Liste habe.

Ich hatte gedacht, du wärst in der Lage meiner Argumentationlogik zu folgen, weswegen ich dir auch angeboten hatte, im Forum einen Thread zum Thema „Neuer Realismus“ zu starten, wenn du ihn so spannend findest. Vielleicht denkst du ja noch mal drüber nach. Sicher nicht nur ich würde mich über kritische Diskussionen freuen.

Natürlich können wir gerne auch über den Neo-Pragmatismus schreiben. Sogar bevor ich Rorty gelesen habe. *lol*


*joyclub*
*****und Mann
651 Beiträge
@**********_Gogh
Du willst mit mir über Markus Gabriel diskutieren, womöglich über die Sinnfeld-Ontologie oder den ethischen Universalismus oder den Neuen Realismus, ohne davon Substantielles gelesen zu haben?

Na dann! Viel Glück auf der Suche nach einem Gesprächspartner - hier und anderswo. Zumal ich keine Lust habe, hier für einen Einzelnen stundenlang zu tippseln ... und den Nachhilfe-Erklärbar zu machen. 😂
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
@*****und
Du bist echt lustig. Dich brauche ich sicher nicht als "Nachhilfe-Erklärbär". *haumichwech*

Aber kann man mit dir also erst über Themen reden, wenn man sie vorher ausgiebig ausstudiert hat? *gruebel* Warum bist du dann hier im Forum? Hattest du gehofft, dir selber zu begegnen? Ich glaube, dann bist du der, der hier Glück braucht (oder falsch im Forum ist). Denn ich kann mich doch mit recht vielen Menschen locker über die unterschiedlichsten philosophischen Themen austauschen, selbst, wenn sie sich damit nicht gut auskennen (und selbst ein Philosophie-Studium deckt nur ein kleines Sprektrum ab, von dem, was es da alles an Theorien und Veröffentlichungen gibt). Und durch 'jemanden etwas nahebringen' wird man sicher nicht zum "Nachhilfe-Erklärbär" und bricht sich eine Zacke aus der Krone. Aber klar: es steht jedem frei, inwieweit sich jemand austauschen möchte. Und ich habe es verstanden: mit mir möchtest du es nicht, bevor ich Gabriel nicht gelesen habe. *lol*

Zumal du auch da die Umstände wieder verkennst: mein Angebot an dich, Gabriel und den neuen Realismus hier als Thema zu machen, entsprang offenkundig nicht meinem tiefsten Bedürfnis, wo ich von dieser Richtung eh nicht viel halte. Es hätte ja sein können, dass ausgerechnet du mein Interesse hättest wecken können. *lol*

Und das, was sich so von seinen Theorien nachlesen lässt (auch seine "Sinnfelder"), erscheint doch deutlich als geistiges Konstrukt, das aber deswegen nicht mehr realer wird, nur, weil man dran glauben möchte. Wie gesagt: ich war schon vorher kein Freund des Realismus. Und auch eine bessere Konstruktion bleibt eine Konstruktion und ein Modell. Und andere haben da andere Ansätze mit ihren Berechtigungen oder mit ihren Anhängern. Da kommen wir wohl eher in den Bereich rein, wo gewisse Philosophien eher "Glaubensfrage" oder "Geschmackssache ist, als etwas Reales über das geistige Konstrukt hinaus. Also etwas: wovon wir glauben, dass es die Welt - mehr oder weniger gut - beschreibt.
Ich komme jedenfalls sehr gut ohne Gabriel aus und habe nicht das Gefühl, dass mir da was entgeht.

Ich habe gerade zu Gabriels neuem Buch eine nette Rezension gelesen, die ihn auch nicht interessanter macht: *lol*

Gabriels Argumentation ist erstens rein politisch (sogar tagespolitisch), nicht aber philosophisch, und zweitens dem Mainstream verpflichtet, also ohne jeden eigenständigen Gedanken. Fernsehkompatibel ist er also gewiss, aber in die Philosophiegeschichte geht man mit derartigen Büchern wohl eher nicht ein.

*haumichwech*
********n_84 Frau
6.195 Beiträge
Ist zwar ein alter Thread, den ich zufällig las @**********_Gogh

Aber ich bin da ganz bei @*****und. Was soll denn dieser „Angriff“?
Es macht überhaupt keinen Sinn mit jemandem über ein Werk oder die Ideen eines Philosophen zu diskutieren, wenn nicht beide damit vertraut sind.

Natürlich könnte man als derjenige, der damit vertraut ist, einen Vortrag halten oder etwas erklären zum Einstieg. Aber mir sind philosophische Gedanken und Diskurse auch zu umfangreich und komplex zum Abtippen hier im Forum.
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Themenersteller 
So. Ich habe es getan und mir Markus Gabriel angetan. Gekauft, noch nicht gelesen. Das erste Buch angefangen.

Zum "Angriff"; ich bin immer noch der Auffassung, dass man oft die Originalwerke bei vielen nicht gelesen haben muss, wenn man hier in einem Hobby-Philosophen-Forum im Joy (!!!) mitschreiben möchte. Bei den meisten Sachen wie "Freiheit", "Sinn", "Realismus" ... gibt es genügend frei zugängliche Quellen, die ausreichend informieren, dass man in die Thematik rein kommt. Zudem hatten wir hier im Forum schon einige exzellente Diskussionen, ohne, dass jeder alles der Originalwerke hat lesen müssen. Ganz im Gegenteil. Und das wird auch nicht bei Herrn Gabriel anders sein, wenn man denn nur will ...

Zu Gabriel findet man inzwischen auch unzählige Vorträge im Netz: https://www.youtube.com/results?search_query=markus+gabriel

Mir hat es ihn nicht sympathisch gemacht, sondern im Gegenteil wirkt er auf mich oft überheblich und arrogant. Aber gut. Ein Philosoph muss nicht sympathisch sein, er sollte dafür wenigstens inhaltlich gut argumentieren können. Und Gabriel hat sicher viel Wissen und kann viele "Geschichten" erzählen. Aber auch inhaltlich habe ich da häufig genug nur mit dem Kopf geschüttelt, was er da so von sich gab. Da waren immer wieder verbale "Schnellschüsse" als Behauptungen, die er aber nicht fundierte und die m.E. und meines Wissens nach so nicht haltbar waren, gerade, wenn er sich auf Wissenschaften (wie Mathematik, Physik, Neurologie) außerhalb der Philosophie bezog, aber auch verkürzte er m.E. Aussagen anderer Philosophen in unberechtigter Weise. Statt dessen baute er selber ein gedankliches Konstrukt auf, wo ich - zumindest in seinen Vorträgen und Gesprächen - keine ausreichend sicheres Fundament, sondern nur Annahmen sah. Manchmal ergaben sich aus seinen Lösungen (wo sich für mich manchmal schon die Frage nach dem Problem (bzw. der Berechtigung des Problems) überhaupt stellte) mehr neue Fragen als Konsequenz als Antworten. Vielleicht lag es daran, dass er es in der Kürze eins Vortrages nicht ausreichend darlegen konnte. Leider versprechen einige Buchrezensionen (s.o.) ja auch da keine Besserung.

Nach den ersten Seiten seines Buches "Warum es die Welt nicht gibt" bereue ich, dafür Geld ausgegeben zu haben. Es ist schlecht, populärwissenschaftlich sehr platt geschrieben, aber noch hoffe ich auf Erkenntnis. Nicht meiner, sondern Gabriels. Immerhin soll John Searle ihn für brillant halten. Searle würde ich diese Eigenschaft ganz eindeutig zuschreiben. Also hoffe ich noch und lasse mich überraschen.
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