Rahmenbedingungen
Ich stimme
sundowner weitgehend zu. Damit Wissenschaft gedeihen kann, und zwar vor allem eine solche, die der Menschheit, zumindest potentiell, von grossem Nutzen sein kann, bedarf es gewisser gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. Liberale demokratische Gesellschaftsformen haben viele gravierende Fehler, aber soweit wir das heute beurteilen können, scheinen sie das kleinste Übel zu sein (sowas ähnliches hat Churchill ja schon vor geraumer Zeit mal gesagt).
Und was hier immer noch besonders wichtig ist und durch solche Rahmenbedingungen nicht automatisch verhindert werden kann, ist die zunehmende Kommerzialisierung der Wissenschaft und ihre Auslagerung aus den Universitäten in die Forschungsabteilungen grosser Konzerne. Es ist schon seit längerem ein Skandal, dass z.B. die pharmazeutische Industrie systematisch die Veröffentlichung von negativen Befunden zu verhindern sucht. Oder dass Regierungen Studien in Auftrag geben und die Ergebnisse, wenn sie ihnen nicht passen, unter Verschluss halten.
Aber es geht nicht nur um externe Einflüsse, die die Freiheit der Forschung und der Forscher einschränken. Was die Wissenschaftler als individuelle Menschen selbst angeht, habe ich keine Illusionen. Sie sind nicht weniger fehlbar, auch moralisch, als alle anderen Menschen. Bei Ärzten hat es lange gedauert, bis sich das herumgesprochen hat. Und Wissenschaftler auf anderen Gebieten haben auch lange den Nimbus der Vorbildlichkeit aufrecht erhalten können. Insofern war die post-strukturalistische Wissenschaftskritik sehr nützlich. Aber sie sind andererseits auch nicht generell schlechtere Menschen als andere.
Was ich für sehr wichtig halte, ist, dass es institutionelle Regeln für die Überprüfung wissenschaftlicher Forschung und ihrer Ergebnisse gibt. Da gehe ich mit Karl Popper einig, den ich sonst nicht für einen allzu bedeutenden Philosophen/Wissenschaftstheoretiker des 20. Jhs halte. Aber wo er recht hat, hat er recht. Intersubjektive Überprüfung ist nunmal unabdingbar, trotz der Tatsache, dass es auch hier nicht immer mit rechten Dingen zugeht.
Beim moralische Gewissen der Wissenschaftler ist es leider noch schwieriger, so etwas wie intersubjektive Überprüfung institutionell zu verankern. Und gerade hier sollte es nicht nur eine Art von Peer Review geben, sondern auf diesem Gebiet hat jeder Bürger das Recht, sich einzumischen, nicht nur Politiker oder sogenannte Ethikkommissionen von "Experten".