@mystic4you, @all
Vielen Dank lieber mystic4you für Deine Ausführungen. Ich weiß das sehr zu schätzen. Und ich kann Deine Gedanken nun besser verstehen und einordnen. Du lieferst viele interessante Denkanstösse.
Es sind sehr viele Gedanken, die zu vertiefen - wie Du bereits angedeutet hast - sehr viel Raum einnehmen würde. Daher möchte ich mich auf einen Aspekt konzentrieren:
In verschiedenen Beiträgen ist immer von "Der Mensch" die Rede. Wer aber ist "Der Mensch". Solange wir uns in dieser Abstraktion bewegen, schützen wir uns selbst. Aber vor was? Vor der persönlichen Verantwortung? Vor der Erkenntnis, dass wir schwach sind und auch manchmal Dinge tun, die nicht okay sind? Für mich klingt das so, als hätte dieser Terminus (Der Mensch) nichts mit einem Selbst zu tun. Aber wie wir alle wissen: Veränderung fängt immer bei einem Selbst an, oder? Was ist also der Status Quo:
Ich kaufe Kleidung, die von Kindern in Indien produziert werden.
Ich kaufe in Discount Läden, obwohl ich weiß, dass dort die Mitarbeiter meist wie Sch... behandelt werden.
Ich esse Hamburger, obwohl ich weiß, dass ich damit die Zerstörung des Regenwaldes unterstütze.
Ich nutze Atomstrom, weil er günstiger ist.
Ich brauche Statussymbole, da mein ICH schwach ist.
Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen - leider.
Mich irritiert die Tatsache, dass es scheinbar so viele "vernünftige" Menschen gibt, die gegen Atomkraft, gegen, Krieg, gegen Ausbeutung der dritten Welt, gegen Gen-Food, etc. sind. Warum aber gibt es dann all diese Dinge? Warum gibt es keine Demonstrationen auf den Straßen? Gründe gäbe es genug. Weil wir uns lieber in Foren mit Forderungen austauschen?
Da ich in der Medienbranche arbeite, ein Beispiel: Spricht man jemanden auf "Dschungelcamp" an, verweist jede(r) sofort darauf, bestenfalls einmal kurz hinein gezappt zu haben, aber eigentlich solche voyeuristische Sendungen nicht anzusehen. Das Gesetz des Marktes lautet aber, dass eine Sendung - besonders bei den Privaten - nur existiert, wenn die Einschaltquoten, und somit die Werbeeinnahmen stimmen. Wer guckt also? Es sind immer die anderen. Komisch, oder?
Wir Menschen sind Herdentiere. Haben wir Angst, nicht mehr dazu zugehören, wenn wir nicht mehr jedem vorgekauten Trend hinterher laufen?
Wir spenden an Weihnachten lieber Geld, als den Obdachlosen aus der Fußgängerzone zu uns einzuladen.
Wie sagte Adorno so treffend: "Es gibt kein richtiges Leben im falschen". Die Ohnmacht, etwas verändern zu können sitzt tief in unserem Bewusstsein.
Meiner Ansicht nach sollten wir von dieser Denkebene zurück weichen. Wir, resp. Ich sollte mich nicht über die Welt beklagen, wie sie ist. Ich sollte mich bemühen, sie jeden Tag durch mein Handeln zu verändern - ein Lächeln im Bus, Freundlichkeit, Höflichkeit, Hilfsbereitschaft - es sind die kleinen Dinge, die die Welt verändern können. Sich zusammenschließen - es gibt genügend NGOs, in denen man sich aktiv einbringen kann. Doch wer tut es? Es ist bequemer, Forderungen zu stellen.
Für ist ist der erste Schritt, mich an meine meine eigene Nase zu fassen, anstatt ständig andere zu kritisieren. Kein Atomstrom mehr, mehr Obst, mehr Sport, mehr Kommunikation, mehr Interesse an Menschen, die in anderen Schichten, Welten oder Gemeinschaften leben. Ich bemühe mich, es jeden Tag ein bisschen besser zumachen, ein Vorbild zu sein, und voran zu gehen. Und manchmal bin ich auch schwach und versage. Dann wünsche ich mir, dass nicht gleich auf mich eingeprügelt wird, sondern ein Verständnis orientierter Dialog stattfindet, damit ich daraus lernen kann.
In einem vorangegangenen Beitrag stand: Der Sinn des Lebens sei die Liebe. Dem ist nichts hinzu zu fügen. Aber es ist eben nur ein Gedanke. Veränderungen ergeben sich, indem Gedanken ihrem Ausdruck finden.
Veränderung beginnt mit der schonungslosen Ehrlichkeit, sich selbst gegenüber. Und nur Verständnis und Milde - eine Brücke, eine ausgestreckte Hand kann ein motivierendes Signal sein.
Die Ego-Gesellschaft der Postmoderne war ein Fehlversuch.
yang