Zuerst ein paar "Aufarbeitungen" (und danke für die Beiträge!)
A)
@*******er_a
Gerade dein "Outing" als sich männlich fühlen könnte noch sehr spannend sein. Dazu unten mehr.
B)
@******rol @********n_84
Berechtigte Fragen ...Gefühle, Meinungen
Natürlich weiß auch ich nicht, wie es sich anfühlen mag, wenn man das Gefühl hat, sich im falschen Körper zu befinden. Ich möchte hier aber bewusst folgendes Anführen:
B1) Es gibt Menschen, die das Gefühl haben, ein Körperteil (z.B. ein Arm oder ein Bein) gehören nicht zu ihnen. Sie wünschen sich geradezu, diesen loszuwerden und würden einer Amputation zustimmen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Body_Integrity_Identity_Disorder
ACHTUNG! Ich möchte ganz deutlich darauf hinweisen, dass ich dies hier nur benenne, ohne den Rückschluss, dass ich Menschen, die sich im falschen Körper fühlen, damit automatisch gleichstellen möchte o.ä.
B3) Es gibt aber sicher - bitte auch hier ganz vorsichtig und im weitesten Sinne aufgefasst - "falsche Gefühle". Manche "falschen Gefühle", wie unnötige Ängste, etc. könnten vielleicht bekämpt/kuriert werden, andere nicht.
Eventuell wird aber auch etwas, als "falsch" bzw. "falsches Gefühl" angesehen, weil eben die Akzeptanz umgekehrt in der Gesellschaft nicht da ist. Z. B. gab es die weibliche Hysterie als Krankheit (wer es nicht kennen sollte: lustig herauszufinden). Masturbation und Oralsex galt als falsch bei gewissen Gesellschaftsteilen (z.B. den kirchlichen). Wer also dieses Gefühl der Lust drauf hatte, war pervers, krank!
Ich würde auch z.B. Homosexualtiät nicht als Krankheit sehen, nur, weil es der biologischen Fortpflanzung nicht entspricht. Man weiß ja heute, dass es auch bei Tieren Bi- und Homosexualität gibt und sie alles andere als unnatürlich ist.
B2) Ich fühle meinen Körper nicht als "falsch". Wenn es sowas gegeben hat, dann z.B. bei Lämungserscheinungen einer Narkose, einem verlorenem Zahn, einem Strecksehnenabrisse, etc., wo was "falsch" war, was sich dann aber irgendwie wieder gegeben hat, z.B. weil ich es akzeptiert habe.
Ich weiß allerdings für mich nicht, wie sich ein Mann anfühlen muss. Klar spüre ich meinen Penis und habe von daher die gesellschaftlich typische Zuordnung "Penisträger = Mann" übernommen, aber darüber hinaus ist mir nicht verständlich, wie ein Mann sich fühlt, nur, weil ich mich fühle, Mann bin.
Aus:
• Ich bin ein Penisträger.
• Ein Penisträger ist sprachlich ein "Mann".
... folgt für mich nicht, dass ich mich als Mann "fühle", sondern als Mann sehe, kategorisiere ...
Ich kann nicht von der Tatsache Mann zu sein schließen, dass mein Fühlen männlich sei. Oder das andere Männer genauso oder wenigstens in gewissen Teilen (über das rein Biologische wie das Fühlen des Penis hinaus) ähnlich fühlen. Ich weiß nicht, wie sich ein anderer Mann wirklich fühlt. Ich weiß nicht, wie sich irgend ein anderer Mensch wirklich fühlt. Ich kann da nur Vermutungen anstellen (und vermute, dass das für alle Menschen so gilt!)
C) ... weiter mit Rückgriff
„
@**********_Gogh
Im Prinzip differenzierst du erneut zwischen Sex und Gender.
Wenn jemand mit dem biologischen Geschlecht „Mann“ sich als „Frau“ fühlt, dann ist das vermutlich eine Identifikation mit „Gender“ (soziales und stereotypisiertes Konstrukt) und möchte das in manchen Fällen auch biologisch durch Operation und Hormone angleichen.
Interessant ist hier, dass die sozialen Konstrukte von „Mann“ und „Frau“, was zB Verhalten, Charakter, Kleidung etc. angeht eine entscheidende Rolle zu spielen scheinen. Ginge es nur um Biologie und körperliche Merkmale wäre die Thematik deutlich einfacher.
[...]
Ja. Ich muss ja hier - natürlich - differntieren.
C1 das biologische Bild
Da ist das "Einfache", was z.B.
@*******rlin sicher nicht zu unrecht als über Jahrzehntausende gewachsen bezeichnet. Das biolgische "Mann-Frau-Bild" (inclusive der nie unbekannten Hermaphroditen/Zwitter) erscheint zumindest einfach. Es scheint mir ähnlich zu sein, wie, wenn ich ein "Haus", einen "Baum" oder sonst einen Gegenstand identifiziere. Wobei hier Gegenstand insbesondere auch das Ding, das Materielle ist, was ich eben sehen, anfassen, etc. kann.
C11 Zugehöriges ...?
Ich möchte das biologische jetzt nicht alleine am biologischen Geschlecht festmachen, ohne allerdings mich jetzt auch wirklich auf anderes übermäßig festzulegen wollen.
Lassen wir mal Mischformen weg, dann gibt es in grober Form
• beim Mann den Penis und den Hodensack, samt Inhalt.
• bei der Frau die (i.d.R. größeren) Brüste, Vulva, Vagina, Eierstöcke.
Schon bei den Brüsten wird es etwas kritisch, wenn eine Frau fast keine, ein Mann viel hat. Penis und Vulva/Vagina sind das speziellste Merkmal. Biologisch und sichtbar (weitergehende Analysen weggelassen, weil hier Laborergebnisse erst zutragen kämen.)
Was ist z.B. mit einem Bart? Im Normalfall würden wir den als männlich ansehen und Frauen mit Damenbart versuchen i.d.R. den loszuwerden. Der Bart wäre aber also etwas 'männliches', ohne aber ausreichend Männlichkeit darstellen zu können.
Neben den Brüsten könnten bei Frauen als weiblich die oft breiteren Hüften ins Feld gezogen werden. Kann. Muss aber nicht. Und wenn gerade dicke Pos bei gewissen Frauen gesellschaftlich als sexy gelten mögen, so muss das nicht in jeder Gesellschaft weiblich sein und es gibt auch genügend Männer mit dicken Pos.
Männer haben i.d.R. tiefe Stimmen. Frauen eher hohe. Blöd, wenn man am Telefon das dann nicht hört, dass es mal nicht stimmt.
Es gäbe da noch weitere Dinge, wie eventuell der Gang von Menschen, wo sogar Kinder wohl schon Zuordnungen "gehört einem Mann/einer Frau" machen. Auch versuchen Babys an großen Männerbrusten zu nuckeln, was für "große Brüste" gleich weiblich sprechen mag (aber nicht muss!).
Vielleicht findet man hier noch das ein oder andere, was man dem biologischen zuordnen könnte. Wobei m.E. hier die rein biologische Grenze hin zum Gesellschaftlichen übertreten sein könnte. Ist eben die tiefe Stimme wirklich "männlich"? Große Körpergröße, große Stärke analog? Letzlich bleibt i.d.R. doch eine Frau eine Frau, auch wenn sie groß ist ...
C12 «Aber ein Penis ist nun mal nicht per se ein männliches Genital. Es gibt halt auch Frauen, die einen Penis haben. Und es gibt Männer, die können ein Kind gebären.»
https://taz.de/Transsexualitaet-und-Politik/!5783177/
Zumindest da würde ich Tessa Ganserer, die das gesagt hat, für den ersten Satz widesprechen. Wohlbewusst, dass ich hier von meinem Sprachgebrauch spreche und, wie ich ihn bei ganz vielen Menschen gelernt habe. Ein Penis ist
dasmännliche Geschlechtsorgan.
Die Frage wäre eher bei dem, wie es dann (mit den Sätzen und deren Sinn, recht, Berechtigung) weiter geht. Und hier sind wir dann m.E. auf der gesellschaftlichen Ebene.
C2 das gesellschaftliche Bild
Im Normalfall würden wir bei Begegnungen mit Menschen kaum überprüfen, ob da ein Penis ode eine Vulva vorhanden ist. Durch vielleicht Bart oder Busen oder Frisur oder Kleidung (und oft nicht oder sondern und; also in der Kombination) würden wir denken, dieser Mensch ist ein Mann oder eine Frau. Da wir schon sprachlich bei der Begrüßung diffentieren in "Frau Meier" und "Herr Schmitz" (als hätte das eine wichtige Bedeutung; man denke bitte hier auch an "Fräulein Müller"!!!), sind wir fast angewiesen, Geschlechter zuzuordnen. U.a. auch, wenn wir die Person nicht sehen, wie am Telefon, und dann nur einen Nachnamen hören und dann "Frau Müller" auf basis der höheren Stimme basteln.
C21 äußere Eigenschaften
Gewisse Eigenschaften, die vielleicht teilweise auch dem Biologischen zugeördnet werden können, tauchen gesellschaftlich sicher wieder auf. Wobei hier eben schon schnell Dinge ins Wanken geraten, wie "lange Haare" nicht immer Frauentypsich waren und schon lange nicht mehr Frauentypisch sind. Ich spare mir das jetzt zu wiederholen ... außer, dass ich als äußere Eigenschaften auch "groß", "zierlich" und "stark" aufzähle, wo ich manchmal die Wirkung nehme, die sie vermitteln (z.B. Frauen sehen (!) i.d.R. schwächer und zierlicher aus, als Männer).
Ich möchte hier aber deutlich betonen: wie viele dieser Sachen hält wirklich einer starken Überprüfung stand? Wie vieles ist hier nicht schwarz oder weiß, sondern grau und nicht wirklich "männlich" oder "weiblich", wie oft getan wird?
Es sind Klischees.
C22 innere Eigenschaften
Sind Männer per se stärker? Fühlt sich ein Mann männlich, weil er stärker als eine Frau ist? Fühlt sich eine Frau männlich, weil sie sich körperlich stark fühlt?
Sind Frauen weiblich, weil Männer immer wieder deren unermüdliches Gequatsche erleben (bitte! ich pauschaliere hier Männerdenken und nicht meins!), weil Frauen dann das bessere Wort, den besseren Satz, die bessere Erwiederung finden, weil sie ja sprachlich besser sind als Männer? Ist Einfühlsamkeit etwas Weibliches, wo Männer vielleicht auch mal weibliche Anteile haben, wenn sie auch mal Einfühlsam sind? Ist eine Frau, wenn sie mathematisch-logisch gut denken kann, männlich??? Bin ich männlich, weil ich mit Autos spiele und Motorräder reparieren kann? Werde ich weiblich, weil ich mit Puppen spiele und kein Motorrad reparieren kann?
Bestimme ich mit Klischees nicht eher unberechtigt eine gesellschaftliche Geschlechtszuordnung? Ist es nicht der Erwachsene, der dem Kind sagt "Jungen spielen nicht mit Puppen und weinen nicht!".
Welche realen (was das auch immer heißen mag) männlichen/weiblichen Attribute bleiben wirklich übrig, wenn man diese Dinge hinterfragt?
C3 Auch hier noch mal: Das Fremdfühlen (nicht: das Sich-fremd-fühlen!).
Ich weiß nicht, wie andere Menschen sich fühlen. Ich kann es lediglich vermuten.
Wenn es wirklich ein anderes Fühlen bei Mann und Frau (und div) gibt, wie könnte man es feststellen? Man müsste zig Befragungen machen und dann gucken, wo sind Fragen so eindeutig nur bei Männern, dass man von männlich sprechen kann, und umgekehrt. Dazu müsste man aber u.U. auch eine "freie" Gesellschaft haben, die nicht über gesellschaftliche Wertevermittlung (inkl. Jungen spielen nicht mit Puppen und weinen nicht) vorbelastet ist.
D Fazit?
Ein wirkliches Fazit habe ich (noch?) nicht. Wenn ich aber das alles so hinterfrage, dann ist "ich fühle mich männlich/weiblich" etwas irreales bzw. etwas gesellschaftlich Konstruiertes. Es ist Letzteres, was man annehmen oder ablehnen kann und das natürlich als Individuum, wie auch als Gesellschaft. Problem, wenn das Individuum sich diskriminiert fühlt und man diese hinterfragt.
D1 Wobei ich eben dann für mich zum Fazit komme, dass der Penis definitiv männlich ist (da biologisch-materiell vorhanden!), das "mit Puppenspielen" aber nichts mit echter Geschlechteridentifikation, sondern mit einer gesellschaftlichen Rollenzuordnung zu tun hat.
@*******er_a schreibt "Da habe ich festgestellt, ich bin in eine Frauenrolle gequetscht worden, die einfach nicht passte."
Vielleicht entsteht aus dem Ablehnen dieser - von der Gesellschaft (noch) - gewünschten Rollenbildern nicht nur das Gefühl "ich bin nicht (nur) weiblich (bzw. männlich)" und auch - was ja inzwischen viele sagen - "ich habe weibliche und männliche Anteile" (aber leider immer noch auf diese Klischees bezogen!), sondern es gibt eben auch die Menschen, bei denen das ganz umschlägt. Also der Mann, der gerne Glitzer mag und tolle, blumige Kleider trägt, und deswegen sich selber als weiblich sieht, weil Glitzer und Kleider mögen, angeblich weiblich sei.
Und manchmal ist es einfach die Ablehnung des Rollenbildes, manchmal die Ablehnung der Gesellschaft, und in seltenen Fällen, die Ablehnung des eigenen (gefühlt falsch gelaufenen) Lebens!
D2 Zum Teil ist die Diskussion "harmlos", wenn Toleranz vorhanden wäre. Ich zumindest hätte kein Problem damit, einen Bio-Mann als "Frau" anzureden, wenn er (dann halt sie) es wünscht.
(Interessanter Weise hätte ich wohl wenig Probleme damit, wenn ein Mann dann lange Haare, geschminkt und ein Blümchenkleid anhat und das will, als wenn ein Mann das mit Bart und Kurzhaarfrisur im Anzug von mir wollen würde
)
mehr Probleme damit
Dennoch halte ich das "gefühlte Geschlecht" für fatal, gerade, wenn es Jugendliche/Jungerwachsene betrifft. Gerade, wenn es auch um Geschlechtsumwandlung geht!!!
Unter B1 hatte ich die Krankheit der Körperintegritäts-Identitätsstörung erwähnt. Wenn es sich hier um eine "echte" Störung handelt, könnte die Umwandlung ja erfolgreich sein. Allerdings könnte sie genauso daneben gehen, denn es ist ja nicht gewährleistet, dass das andere (das andere Geschlecht) wirklich funktioniert. Gerade, wo die Ablehnung der eigenen Geschlechtsidentität eher die gesellschaftliche Rollenzuordnung betrifft, wird Umoperierung vielleicht alles andere als helfen. Das vermag ich aber nicht zu beurteilen, sehe aber da eine deutliche Gefahr drin.
E Fazit 2?
Ich komme also eigentlich zu dem Ergebnis, dass es das biologische Geschlecht gibt (was bei manchen Menschen real schwer trennbar ist (z.B. Hermaphroditen; Menschen mit hohem Testostaronspiegel, etc.) und eine gesellschaftliche, deren Realitätsgehalt fragwürdig bis hin zur Fiktion von Pseudo-Geschlechterrollen ist.
So kann man eigentlich eine Geschlechtszugehörigkeit über das Biologische hinaus fundiert nicht fühlen, auch wenn ich Menschen, die hier etwas fühlen, dies nicht absprechen will, weil sie auf einem gesellschaftlichen Konstrukt basieren, welches ich selber aber ablehne. Vielleicht kann man sagen, es ist deren Sprachgebrauch basierend auf (ggf. überholten) gesellschaftlichen Rollenbildern, zu sagen "ich fühle mich als Frau/Mann/nichts davon". Vielleicht ist es aber auch doch mehr und vielleicht eben auch sehr diskriminierend.
Schwierig.