Stark verkürzter Kant-Exkurs ...
Der dargestellte Bezug zur ‚Kritik der reinen Vernunft’ (KrV) von Kant ist ein Spaß
Ich habe nicht das Geringste gegen Humor und es freut mich, dass jemand eine gewisse Leichtigkeit in meinem Test zu erkennen vermag.
Es gibt dort keinen einen Bezug zur ‚Askese’ und auch nicht zu einem ähnlichen Postulat, allerdings viele Bezüge und Gedanken zur Vernunft….
Diese Interpretation greift dann allerdings inhaltlich zu kurz: Die Kritik der reinen Vernunft ist eine sehr ausführliche Schrift und Kant dekliniert hier keineswegs Gedanken und Begriffe zur Vernunft rauf und runter. Dies liesse an der Intelligenz des nach Vollständigkeit strebenden Superhirns aus Königsberg zweifeln. Allein das Inhaltsverzeichnis der zweiten Auflage zeigt den viel umfassenderen Anspruch des Philosophen:
Inhaltsverzeichnis:
1 Zur Entstehung des Werkes
2 Unterfangen der Kritik
3 Zum Inhalt des Buches
3.1 Bedeutung des Titels „Kritik der reinen Vernunft“
3.2 Aufbau der Kritik der reinen Vernunft
3.3 Aufgabe der Transzendentalphilosophie
3.3.1 Vorrede zur 1. Auflage
3.3.2 Vorrede zur 2. Auflage
3.4 Einleitung
3.5 Die transzendentale Elementarlehre
3.5.1 Die transzendentale Ästhetik, Überblick
3.5.2 Transzendentale Logik, Überblick
3.5.2.1 Transzendentale Analytik
3.5.2.2 Transzendentale Dialektik
3.6 Transzendentale Methodenlehre (Überblick)
3.6.1 Disziplin der reinen Vernunft
3.6.2 Kanon der reinen Vernunft
3.6.3 Architektonik der reinen Vernunft
3.6.4 Geschichte der reinen Vernunft
4 Rezeption
5 Kritik
5.1 Zur Unterscheidung zwischen Erscheinung und Ding an sich
5.2 Zu Kants Auffassung von Raum und Zeit
5.3 Zur Unterscheidung von Sinnlichkeit und Verstand
5.4 Zum Problem des Subjekts des „Ich denke“
5.5 Zur Kategorientafel
6 Anmerkungen
7 Ausgaben
8 Literatur
9 Weblinks
10 Siehe auch
11 Übersicht zur Gliederung der "Kritik der reinen Vernunft"
Zunächst ist es nicht die Vernunft, sondern der Verstand, der die Erscheinungen für sich formt und konstruiert. In seinem erkenntnistheoretischen Teil entwickelt Kant das Konstrukt, dass Erkenntnis überhaupt erst dann entstehen kann, wenn Sinnesdaten im menschlichen Verstand verarbeitet werden. Erst die Einheit aus Sinnen und Verstand führe zu Erkenntnis. Dies mündet in dem berühmten Satz:
"Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind."
Stark verkürzt entwickelt Kant folgenden Erkenntnisapparat:
Sinnlichkeit als das Vermögen der Anschauung,
Verstand als das Vermögen, Anschauungen unter Begriffe zu subsumieren
Vernunft im Allgemeinen als das Vermögen, die Verstandeserkenntnis zu ordnen, als das Vermögen nach Prinzipien zu denken.
Und nun kommen wir zurück zu dem vom Leser bzw. Kritiker vielleicht es was eng aufgefassten Begriff der
Askese. Ich hatte mich hierbei ja ganz bewusst auf Hartmut Böhme und seine Arbeit "Natur und Subjekt" aus dem Jahre 1988 bezogen. Es ging mir dabei im wesentlichen darum, dass für Marquis de Sade die "erfüllte" Orgie eng verbunden ist mit dem Disziplinbegriff.
Hier besteht nun die – nicht nur von mir so gesehene - Parallität zu Immanuel Kant. Die "reine" Vernunft ermöglicht die Erkenntnisfähigkeit des menschlichen Denkens, ohne auf schon vorhandene sinnliche Erfahrung zurückgreifen zu müssen. Die reine Vernunft ist aber keineswegs künstlerisch-spekulativ frei, sondern unterliegt – um überhaupt zu gültigen Erkenntnissen kommen zu können – der strikten Beschränkung durch die Gesetze der Logik.
Schon im Vorwort zur ersten Auflage rückt Kant diese zentrale Problematik der Vernunft in den Blickpunkt des Betrachters:
"Die menschliche Vernunft hat das besondere Schicksal in einer Gattung ihrer Erkenntnisse: dass sie durch Fragen belästigt wird, die sie nicht abweisen kann, denn sie sind ihr durch die Natur der Vernunft selbst aufgegeben, die sie aber nicht beantworten kann; denn sie übersteigen alles Vermögen der menschlichen Vernunft."
Kant selber spricht von der
Disziplin der reinen Vernunft. Die absolute Disziplin (und damit sind wir wieder bei dem von mir gewählten Begriff der Askese) soll helfen, Irrtümer zu vermeiden, die sich aus der Anwendung unangemessener Methoden ergeben könnten. Kant betont immer wieder, dass der Prozesse der Erkenntnissgewinnung keinesfalls frei ist, sondern immer auf die Anwendung von Begriffen angewiesen ist. Ich möchte hier jetzt nicht noch ausführen, wie Schopenhauer, Hegel und Nietzsche diesen Apparat kritisch beleuchtet und weiterentwickelt haben und ich möchte auch nicht mehr auf die Gemeinsamkeiten des radikalen Konstruktivismus von Humberto Romesín Maturana hinweisen. Ich will aber abschliessend noch einmal auf Hartmut Böhme verweisen, der sich eines ähnlichen Vokabulars bedient hat wie ich:
"Aufgeklärte Rationalität setzt ihren Stolz und ihre Legitimität darin, daß die Stimmen der Affekte und Sinne neutralisiert sind und einzig die Stimme der allgemeinen Vernunft und Moral spricht. Niemand wußte so deutlich wie Kant, daß
Vernunft sich mit Askese zu verbinden hat. Als Kampf behauptet sich die Vernunft gegen die Ansprüche der Leidenschaften. Der heimliche Affekt dieser Vernunft ist masochistisch"
Johnny Cash:
I walk the line ...
Anmerkung: Vielleicht wäre es grundsätzlich für diese Joyclubgruppe-Philosophie hilfreich, wenn die Ausführungen der einzelnen Mitglieder wohlwollend, ironiefrei und unterstützend aufgegriffen und kommentiert würden, da sich dann auch der Diskurs innerhalb der Seiten konstruktiv und nutzbringender für alle Leser und Beitragsgestalter entwickeln könnte. Es wäre schön, wenn nach der Lektüre der einzelnen Beiträge zuerst der Versuch unternommen würde, die inhaltlichen Aspekte wohlwollend zu verstehen und erst danach die Tastatur bemüht würde, diese Teilsaspekt orientiert zu zerlegen.