moi@all...
bildung zum frühstück gefällig?
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Irritierend wirkte auf mich, dass sich ab den Herzen mittlerer Größe ein mir vorher unbekanntes Motiv in die Sprüche, die die Herzen zierten, einschlich: Beleidigungen. Sprüche wie "Du bist ein verdammter Lügner" oder "Du alte Schlampe" unterliefen den romantischen Sinn, den ich bisher mit Lebkuchenherzen und dem, was man mit ihnen macht, verbunden habe. Das Gefühl der Irritation verweist darauf, dass ich eine bestimmte Vorstellung davon habe, wie Lebkuchenherzen auszusehen haben, damit man mit ihnen machen kann, was man mit ihnen machen "sollte". Diese natürliche Einstellung zu den Herzen, die Normalitätsvorstellung, die in der obigen Erfahrung nicht aufging, muss zuerst rekonstruiert werden.
Da sind zuerst dessen dingliche Qualitäten. Die Form des Herzens steht in einer langen symbolischen Tradition [1] der Liebe bzw. der gefühlvollen Zuwendung. Beschimpfungen, die kaum eine Chance einer ironischen Wendung zulassen, stehen dem konträr gegenüber. Da Lebkuchenherzen, im Gegensatz zu fast allen anderen Waren an einem Süßigkeitenstand, kein Essen auf die Hand sind, spielen die Zutaten, der Lebkuchenteig und der Zuckerguss der Aufschrift nur insoweit eine Rolle, dass sie die Form des Herzens durch die Verhärtung eines nicht mehr frischen Lebkuchens auf lange Zeit konservieren. Obwohl auf der Verpackung ein Mindesthaltbarkeitsdatum angegeben ist, ist die Möglichkeit, das Herz zu essen, kaum von Bedeutung. Frische Herzen haben meist einen zu hohen emotionalen Gehalt, alte Herzen sind zu hart, um sie zu essen.
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Quelle: Autor: Fabian Kraus
für das Seminar Materialität & Dinge, Wahrnehmung & Handeln, ausgerichtet im Sommersemester 2007
am Institut für Soziologie der TU Darmstadt
von Lars Frers
bitte die beiden letzten sätze des zitates besonders aufmerksam lesen...
gruss
diA