Ich sehe es ...
... im Ansatz wie Voice67: Richtig oder falsch ist eine Frage des Massstabs, und davon gibt es mehrere:
• Die juristische Definition
• Das Empfinden der Gesellschaft als Ganzes
• Das Empfinden eines einzelnen anderen Menschen oder einer Gruppe von Menschen
• Das eigene Empfinden
(Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
)
Geht es also darum, die Frage in Bezug auf richtig oder falsch - für sich selbst - zu beantworten, um eine Entscheidung zu treffen oder etwas zu beurteilen, so ist es sicherlich interessant, - bei sich selbst - zu beobachten, welchen Massstab man anlegt.
Im nächsten Schritt darf dieser Massstab dann aber - grundsätzlich oder in Bezug auf die konkrete Situation - hinterfragt werden. Nur weill z.B. unsere Gesellschaft etwas für richtig hält, oder es juristisch in Ordnung ist, muss es noch nicht für das eigene Empfinden richtig sein. An diesem Punkt halte ich es für essentiell für das persönliche Freiheitsempfinden, dass man grundsätzlich jeden Massstab hinterfragen darf, und für sich selbst auch zu einer Ansicht kommen darf, die einem, mehreren oder gar allen Massstäben entgegensteht.
Da für mich selbst die Begriffe "richtig" und "falsch" eher abstrakten und/oder theoretischen Wert haben, verwende ich in einem Zwischenschritt bei mir lieber das Begriffspaar "gut" und "schlecht", um zu einer Meinung zu kommen oder eine Entscheidung zu treffen. Dabei ist mich in der Regel mein persönlicher Massstab der tragende, was für mich auch in Ordnung ist, da es um meine Meinung, bzw. meine Entscheidung geht, für die letztendlich ich selbst die Verantwortung trage.
Das Schöne an den Begriffen "gut" und "schlecht" ist meiner Ansicht nach, dass sie einen einfacheren Kontakt mit unserem Bauchgefühl ermöglichen, welches in meinen Augen in der Regel der bessere Berater ist. Die Kunst ist es wohl in unserer Gesellschaft, ein in vielen Situationen gut spürbares Bauchgefühl zu haben, das unserem Wesen entspricht und von welchem wir häufig mehr oder weniger entfremdet sind. Unser Bauchgefühl ist meiner Ansicht nach weniger von aussen beeinflussbar, sondern hängt für mich stark ab von unseren Erfahrungswerten und unserer daraus resultierenden Wahrnehmung und Sichtweise.
Somit ist es für mich dann auch immer wichtig, mein eigenes Bauchgefühl zu verstehen, wenn ich einer Sache begegne, die ich als "schlecht" (unangenehm) empfinde; allzu häufig habe ich dabei schon erlebt, dass mein Empfinden von "schlecht" meinen eigenen, in der Vergangenheit liegenden, schlechten Erfahrungen entspringt. Was für mich dazu geführt hat, immer seltener die Begriffe "gut" und "schlecht" als endgültigen Standpunkt anzunehmen, sondern immer mehr dazu tendiere, einfach zu beobachten und differenziert zu beschreiben, was mir von innen und von aussen begegnet.
So befinde ich mich auf einem Weg, auf welchem ich mich durch differenziertes Beobachten meinen eigenen Grenzen und denen meiner Mitmenschen mit Respekt begegne und annähere. Ja, manchmal wird eine Grenze überschritten, damit sie überhaupt erkennbar wird. Dann ist in meinen Augen um so mehr ein respekvoller und verantwortunsbewusster Umgang mit der Situation erforderlich.
Es geht für mich immer mehr darum, die Grenzen spezifisch zu beschreiben und sie zu verstehen. Der Raum innerhalb der Grenzen ist der des Wohlgefühls, der ausserhalb der des Unbehagens. Die Grenzen bei jedem einzelnen von uns verändern sich stetig und sie machen auch unsere Individualität aus. Die Begriffe "richtig/falsch" und "gut/schlecht" verlieren dabei immer mehr an Bedeutung, sondern es geht einfach darum, ob ich mich mit etwas wohlfühle oder nicht, und ob mein/-e Mitmensch/-en sich damit wohlfühlt. Wohlgefühl geniesse ich, Unwohlsein erlaube ich mir zu hinterfragen in dem Versuch, es zu verstehen, und eventuell sogar aufzulösen.
@*****one: Richtig!
In der Philosophie geht es um die Suche nach Antworten, und nicht um das Bewerten nach Massstäben. Doch diese philosophische Fragestellung hat ja genau das Hinterfragen der Massstäbe als Ausgangspunkt, wenn ich die Fragestellung präzise verstanden habe.
Puh, so früh am Tag, und ich habe den Eindruck, meine eigenen Worte gerade noch nicht auf ihren Sinn hin überprüfen zu können ...
Ich bitte um Nachsicht, und nehme jede Diskussion zu meiner Aussage gerne an!