Sehr geehrter Herr Pue,
ein Herzlich Willkommen auch von meiner Seite.
Schön, dass Sie in unserer Runde mitschreiben.
Ich möchte mich nun auch vorstellen, da ich wie Sie, mich zu den Gebrauchsphilosophinnen zähle, die nicht zimperlich sind, jede noch so kleine Alltagsbegebenheit einer gehörigen kosmischen Ordnungsprüfung zu unterziehen.
Mir fiel mit (MIT!) zwei Jahren auf, dass die Außenwelt nicht zu meiner ureigenen freundlichen Erbauung dahingestellt worden war, sondern dass sie ohne mein Zutun durchaus auch aus sich heraus existierte. Das fand ich schlimm.
Mit fünf Jahren war mir klar, dass nichts und niemand echt ist, und jedes Ding sich -- schlimmer noch -- in jedem Moment verändert. Ich erkannte, dass der Mensch einmal sterben würde. Das fand ich traurig, und von dem Tag an war meine Lebenslust versiegt.
In der Schule, Leistungskurs Sozialwissenschaften, waren wir alle festgelegt und ich beschloss, mir einen kommunistischen Überbau zu geben, studierte Dialektik, historischen Materialismus und den sozialistischen Realismus. Ich kam so an die kommunistische Jugendarbeit und mein Job war es, das Wissen an Andere weiterzureichen.
Doch das erfüllte mich spirituell nicht. Ich hörte mit dem Sinnsuchen auf, 1989, heiratete zehn Jahre später, und wurde gutbürgerlich und bekam ein Kind. Als die Ehe dann doch nach ein paar Jahren in die Brüche ging, sagte meine Tante: "Das liegt daran, dass du Sinnsucher bist und dein Mann nicht."
Da nahm ich die Suche wieder auf.
Ich las einen Buddha-Text:
Nur einer von Tausend ist Sinnsucher,
Nur einer von Tausend findet den Sinn,
Nur einer von Tausend kommt an.
Das ging mir nahe, denn ich hatte bis dato nur Level Eins erreicht.
Danach war ich aber so was von unsinninspiriert!
Es gibt eine Karte im Tarot: "Der Erhängte", das ist der Mann, der sich unten an den Füßen zuoberst am Baum aufhängt und die Welt von unten betrachtet.
Das mache ich gerne. Auch ich habe eine Meinung und vertrete im nächsten Augenblick die Entgegengesetzte. Ich stelle fest, dass Beide eins sind: Die Meinung und ihre Negierung, und bin dann auch gerne frustriert.
Ich meditiere und verehre Osho, meinen Lieblingsphilosophen.
Man könnte von Osho zum Zen-Buddhismus kommen -- wäre da nicht diese unsägliche Klassifizierung.
Ach, ich habe jetzt so ein schönes Wort für mein Empfinden als Zweijährige gefunden, dabei war dies doch längst abgefrühstückt (s.o.): "Panoptikum."
Keine Ahnung, was "Panoptikum" ist, aber ich würde es zusammen mit "Panorama" zu einer schönen Pansuppe verarbeiten und mich am Laut der Worte erfreuen.
So im Groben in etwa ist meine Philosophie.
Dann möchte ich noch einen Vorschlag machen.
Ich bin nämlich dafür, dass der Berufsstand "Politiker" abgeschaffen wird und dafür Philosophen diesen Job erledigen. Das hätte ich gerne vor der Kulisse der Griechischen Debattierwettbewerbe, wo man jeweils so lange redet und seine Lieblingsphilosophie jeweils den anderen unterbreitet, bis der "Gegner" feststellt, dass die bessere Lebenslösung auf seiner Seite ist, und -- gewinnt. Oder sich geschlagen gibt.
Das ist das Muster, grob, das ich gerne in der Politik hätte.
Ach mensch, ich gerate ins Reden. Dabei wollte ich mich vorstellen.
Das ist nun gründlich schief gelaufen.
(hab mich auch bis jetzt nie wo vorstellen müssen)
Lieber Herr Pue!
ich las Ihr Posting, verzeihen Sie, und es hat mich ungeheuerlich inspiriert, Sie sehen das schon.
Ich freue mich auf eine schöne philosophische Debatte.
Namaste und
herzliche Grüße an alle.
Vajra Nalanda