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Man kann die Liebe zweier Menschen als reines Mysterium verstehen und jeden Versuch, es begrifflich zu fassen, als vergeblich ansehen. Man geht dann etwa davon aus, daß man es mit einer geheimnisvollen Macht zu tun hat, der man sich hingibt, unterwirft, anheimfällt, anvertraut. Typischerweise wird dabei einerseits die Fähigkeit, dieses Mysterium als solches zu erkennen und zuzulassen betont und andererseits der Versuch, es begrifflich zu fassen als bedauernswert vernunftbesessen und bloßgestellt. Für mich ist das eine Variante des Glauben-Wissens-Konflikts, der zu überspitzten Zuweisungen führt. Man tendiert dazu, die Position der jeweils anderen Seite zu extremisieren. Die einen werden zu blinden Gläubigen, die anderen zu blinden Wissenschaftlern. Beides trifft in aller Regel nicht zu.
Ja, sehr gut beschrieben.
Die Wissenschaft bemüht sich um eine objektiv veri- oder falsifizierbare Beschreibung der "Welt." Der Ansatz hat zwar insgesamt seine Grenzen, aber mit ein klein wenig gooodwill kann man schon ziemlich präzise Übereinkünfte erzielen, was als wahre oder falsche Aussage zu gelten hat. Die Geräte, über die wir uns hier so austauschen, würden sonst kaum funktionieren.
Komplementär haben aus Introspektion gewonnene Weisheiten ihren exakt ebenbürtigen Stellenwert. Hierzu würde ich neben Mystik und Meditation auch die Psychologie, mein Gefühlsleben, meinen Muskelkater und viele andere Bereiche rechnen. Problematisch wird es immer dort, wo die auf diesem Wege gewonnenen Erkenntnisse kommuniziert werden sollen. Sie berühren nämlich in aller Regel jene Sphäre der All-Einheit des Seins, die durch jede beschreibende Dichotomie (wahr/falsch sein/nicht-sein) an sich sofort zerstört wird.
Diese zweite Sphäre kann praktisch niemals dadurch kommuniziert werden, daß ich Aussagen über die Innenschau eines anderen Menschen treffe; denn diese Innenschau kann und kennt nur jener selber. Sieht sich dieser andere Mensch mit (verletzenden) Äußerungen über sein eigenes Innenleben konfrontiert, bricht er die Kommunikation ab oder wird wütend. Dieses Phänomen wird wohl jeder von uns aus Partnerschaften kennen, und auch diese Foren sind voll davon. Dieses Innenleben ist nicht verhandelbar, weil es nicht objektiv kommunizierbar ist.
Kommunizieren läßt sich diese Innenschau nur poetisch.
Indem ich das, was meine Welt im Innersten zusammenhält, wie eine schöne Rose oder eine fiese Distel den Messern der anderen zum Opfer darreiche. Da das, was die Pflanze ursprünglich gebiert, unzerstörbar ist, ficht mich das Messer nicht an. Wenn auch nur eine(r) das Messer stecken läßt und sich für einen Moment am Anblick erfreut, mifühlt und mitleidet, hat sich das Opfer gelohnt. Wenn keiner, auch.
Denn es gibt ja auf Schnittblumen den ermäßigten Mehrwertsteuerssatz.