aus den Fragmenten
des Heraklit aus Ephesus
Obwohl der Logos ewig gilt,
kann der Mensch ihn nicht verstehen -
Nicht nur bevor er ihn vernimmt,
sondern auch, nachdem er ihn vernommen hat.
Wir sollten uns nach dem richten,
was für alle gemeinsam gilt.
Obwohl der Logos für alle gilt,
Leben die meisten so, als besäße,
jeder eine Privatintelligenz für sich.
Die menschliche Natur ist nur begrenzt intelligent.
Die göttliche Natur aber versteht alles.
Der Mensch ist kein Vernunftwesen,
er ist aber von Intelligenz umgeben.
Das Göttliche entgeht dem Menschen,
weil er es nicht für möglich hält.
Obwohl aufs innigste mit den Logos verknüpft,
wiedersetzt sich der Mensch ihm ständig.
Wie kann sich jemand vor dem Licht verstecken,
das niemals untergeht.
Es ist die Aufgabe eines jeden Menschen,
sich selbst zu kennen.
Und das rechte Maß zu wissen.
Das rechte Maß zu wissen ist die höchste Kunst.
Weisheit besteht in nichts als diesem,
Wahr reden, wahr handeln.
Der Natur der Dinge folgen.
Wer den Logos nicht hört, der höre auf mich.
Der Weise sieht ein,
das alle Dinge eins sind.
Es gibt nur eine Weisheit.
Erkenne die Intelligenz,
die alle Dinge
mit allen Dingen verwebt.
Weisheit ist eins und einzig,
unwillig und doch willig.
Menschen sind selbst in wachen Augenblicken
Wie Blinde, und beachten das,
was um sie herum geschieht,
so wenig,
wie in ihrem Schlaf.
Narren sind genau wie Taube,
für sie gilt das Sprichwort,
Selbst anwesend
sind sie abwesend.
Handelt nicht und sprecht nicht wie im Schlaf!
Wachende haben eine Welt gemeinsam -
Schlafende haben eine Welt für sich.
Wachend sehen wir nichts als Tod,
Schlafend - nichts als Träume.
Die verborgene Harmonie
ist besser als die offensichtliche.
Aus Zwietracht entsteht Eintracht,
aus Mißklang entsteht Einklang und die höchste Harmonie.
Erst durch den dauernden Wechsel kommen die Dinge zur Ruhe.
Die Menschen sehen nicht,
daß alles was sich wiederspricht,
dadurch mit sich in Einklang kommt.
Es liegt die Harmonie im Wiederstreit.
Das zeigen Bogen und Laier.
Der Name des Bogens ist Leben
Aber sein Werk ist der Tod.
Wir steigen in dieselben Flüsse
und tun es doch nicht.
Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.
Alles fließt, nichts ruht,
alles vergeht, nichts dauert,
Kaltes wird Warm,
Warmes wird kalt.
Feuchtes trocknet,
Trockenes wird feucht.
Durch Krankheit wird die Gesundheit angenehm,
Durch das Schlechte wird das Gute gut.
Durch Hunger - Sättigung,
Durch Mühe - Schlaf,
Lebendig oder tot sein,
Schlafend oder wach,
jung oder alt -
alles ist eins.
Das eine schlägt jeweils ins andere um - und umgekehrt.
Mit einer schnellen unverhofften Wendung
Erst werden die Dinge auseinandergesprengt,
Dann werden sie wieder zusammengefügt.
Alles kommt zu seiner Zeit.
aus den Fragmenten des Heraklit aus Ephesus