Lustliebender schrieb:
Es gibt nicht wenige Märchen über Frauen, die auszogen, ihre Männer zu retten. Dass diese heute nicht mehr so bekannt sind, liegt wohl auch an den Gebrüdern Grimm.
Die Herren hatten es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichten, die bis dahin nur mündlich überliefert waren, zu erhalten. Die Absicht mag gut gewesen sein und vielleicht gäbe es vieles wirklich nicht mehr ohne Jacob und Wilhelm.
Das wäre dann aber der natürliche, lebendige Lauf der Dinge!
Problematisch ist, dass es von jeder Geschichte in der mündlichen Überlieferung je nach Region und Zeitpunkt der Niederschrift vielerlei Versionen gab. Denn dieses kollektive Bewusstsein - nichts anderes sind Märchen und Sagen - ist etwas Lebendiges, schwer Fassbares.
Nicht immer gab es einen "befriedigenden" Schluss - denn so moralisch, wie die Herren das im Geiste ihrer Zeit gerne gehabt hätten, war und ist Volkes Stimme gar nicht.
(Der Struwwelpeter ist ein Paradebeispiel der schwarzen Pädagogik der Neuzeit, im Sinne von: "Und wenn du nicht brav bist, dann...!" Der hat mit Volkes Maul nicht viel zu tun, den hat sich 1845 ein Arzt selbst ausgedacht.)
Ich frag' mich wirklich, ob die beiden Herren, die die Märchen sammelten und aufschrieben, nicht in bester Absicht Unheil angerichtet haben. Denn sie haben all' die verschieden Versionen der Aufschreibbarkeit wegen in jeweils EINE Geschichte gegossen, die zwangsläufig den subjektiven Stempel ihrer "Retter" trägt.
Damit ist die Geschichte dann zwar bewahrt, aber gewissermaßen hinter Glas gestellt - sie lebt nicht mehr. Jeder kennt das Phänomen, dass Kinder genau wissen, wie die Geschichte zu sein hat und darauf pochen, dass es bei Schneewittchen z.B. erst der Kamm und dann das Mieder war, bevor der Apfel an die Reihe kam.
Es mag sein, dass sich das so zugetragen hat. Es kann aber auch ganz anders gewesen sein. Und diese Option wird abgewürgt, die eigene Vorstellungswelt wird eingezäunt, wenn die Geschichte festzementiert und genormt wird.
Das schränkt ein und hat - weil es eben um kollektives Bewusstsein geht - viel größere Auswirkungen auf unsere Gesellschaft als wir gemeinhin glauben. Denn Märchen mögen für Kinder sein. Aber die werden erwachsen.
Soll doch mal die Prinzessin den einfachen Gesellen retten, nachdem der vom Wolf verspeist wurde ...
und Die Geschichte vom Daumenlutscher hat mich doch sehr beeindruckt. Das war eine wirklich gelungene, lebensnahe, wertschätzende Pädagogik...
Es gibt nicht wenige Märchen über Frauen, die auszogen, ihre Männer zu retten. Dass diese heute nicht mehr so bekannt sind, liegt wohl auch an den Gebrüdern Grimm.
Die Herren hatten es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichten, die bis dahin nur mündlich überliefert waren, zu erhalten. Die Absicht mag gut gewesen sein und vielleicht gäbe es vieles wirklich nicht mehr ohne Jacob und Wilhelm.
Das wäre dann aber der natürliche, lebendige Lauf der Dinge!
Problematisch ist, dass es von jeder Geschichte in der mündlichen Überlieferung je nach Region und Zeitpunkt der Niederschrift vielerlei Versionen gab. Denn dieses kollektive Bewusstsein - nichts anderes sind Märchen und Sagen - ist etwas Lebendiges, schwer Fassbares.
Nicht immer gab es einen "befriedigenden" Schluss - denn so moralisch, wie die Herren das im Geiste ihrer Zeit gerne gehabt hätten, war und ist Volkes Stimme gar nicht.
(Der Struwwelpeter ist ein Paradebeispiel der schwarzen Pädagogik der Neuzeit, im Sinne von: "Und wenn du nicht brav bist, dann...!" Der hat mit Volkes Maul nicht viel zu tun, den hat sich 1845 ein Arzt selbst ausgedacht.)
Ich frag' mich wirklich, ob die beiden Herren, die die Märchen sammelten und aufschrieben, nicht in bester Absicht Unheil angerichtet haben. Denn sie haben all' die verschieden Versionen der Aufschreibbarkeit wegen in jeweils EINE Geschichte gegossen, die zwangsläufig den subjektiven Stempel ihrer "Retter" trägt.
Damit ist die Geschichte dann zwar bewahrt, aber gewissermaßen hinter Glas gestellt - sie lebt nicht mehr. Jeder kennt das Phänomen, dass Kinder genau wissen, wie die Geschichte zu sein hat und darauf pochen, dass es bei Schneewittchen z.B. erst der Kamm und dann das Mieder war, bevor der Apfel an die Reihe kam.
Es mag sein, dass sich das so zugetragen hat. Es kann aber auch ganz anders gewesen sein. Und diese Option wird abgewürgt, die eigene Vorstellungswelt wird eingezäunt, wenn die Geschichte festzementiert und genormt wird.
Das schränkt ein und hat - weil es eben um kollektives Bewusstsein geht - viel größere Auswirkungen auf unsere Gesellschaft als wir gemeinhin glauben. Denn Märchen mögen für Kinder sein. Aber die werden erwachsen.