Sex und Philosophieren schließen sich nicht aus, sondern ein. Sex ist zwar nicht gleich Sex, aber das gilt für das Philosophieren genauso, und zwar in noch stärkerem Maße. Sieht man sich das Philosophieren in dieser Gruppe an, stellt man fest, daß es eine Bandbreite von klarem und hochvernetztem Denken bis hin zu abstrusem und einfältigem Schaumschlag gibt, dessen Entsprechungen auf der Seite des Sex’ in etwa das einfühlsame und tief befriedigende Liebemachen bzw. das grobe und unmotivierte Rubbeln sein könnten.
Aber Liebemachen i s t Philosophieren! Sich vereinigen ist weise, und wer diese Weisheit liebt, ist ein Philosoph. Im Grunde ist das Liebemachen, wenn man es richtig macht, das Aufheben der unsäglichen Dichotomie des >Entweder Kopf oder Bauch<. Sex ist eine halbe Sache, wenn man ihn für eine Sache des Bauches hält.
Im Sex vereinigen sich nicht nur zwei Menschen (oder mehr), sondern jeder einzelne wird ganz – durch das Vereinigen aller seiner Energien; er ereignet sich als Mensch erst durch Sex. Beim Liebemachen entsteht er als ganze Person, die nicht nur aus animalischer Kraft, sondern ebenso aus klarem, distinktem Verstand besteht, und mit Beidem empfindet und erkennt er sich als Teil der Schöpfung, derer er gerade in dem Moment vollkommen gewahr wird, in welchem er kommt und sie sich in ihm auf’s Neue ereignet.
Wenn er spricht, während er Liebe macht, lenkt er weder von sich oder seinen Gefühlen ab, noch taucht er das Geschehen in eine weniger emotional aufgeheizte und dafür kühl kalkulierende Atmosphäre (was er natürlich dennoch sehr wohl tun kann, weil er z.B. ein Problem mit Nähe hat); er bereichert und vervollständigt das Geschehen, indem er sich neben der archaischen Kraft ebenjener Macht bedient, mit der sich die Menschen seit tausenden Jahren ausstattet; der Sprache. Er verwendet und verwandelt sie, um aus ihr und in ihr eine phantastische Kulisse, eine hinreißende Melodie und eine betäubend erotische Stimmung zu zaubern, in die die Liebenden eintauchen, in der sie treiben und auf der sie fliegen können.
Das ist die faszinierende Dialektik des Liebemachens; sie ist das Gefühl aus dem Bauch, das im klaren Verstand erblüht, oder eben das ungetrübte Denken, das in den Thermen des Leibes sich entfaltet.