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Nietzsches-Zárathustra

@pue
Es ist mir, bitte um Nachsicht, völlig egal, was Du denkst in Bezug auf den Menschen und der höchsten Entwicklungsstufe.
Ich bin nach wie vor mit Nietzsche der Überzeugung, dass dies undenkbar ist, weil alles Leben ein Prozess ist. Wenn wir nun in einer Phase der ständigen Wiederkehr des alles Gleichen leben (was auch Nietzsche schon bedauert hat), heisst das nicht, dass die Entwicklung am Ende, schon gar nicht auf der höchsten Stufe angekommen ist. Kamel, Löwe, Kind!!
**e Mann
2.564 Beiträge
Hallo Pyrrhon, entschuldige, ich ritt ein wenig auf der Sprache herum.

Zum Thema:

Nun nennen wir uns Mensch und können uns ganz gut vom Menschenaffen unterscheiden. Ich denke, der Menschenaffe ist auf seiner höchsten Stufe angekommen, genau so wie der Einzeller. Alle die gibt es noch!

Wie mir scheint, geht nicht eine Art in die andere über, sondern geht in sie ein. Unsere Zellen können in der Petrischale überleben, sind also in gewisser Weise autonom. Wie würde sich die eine Zelle deines Körpers nennen? Mensch?

Der Zellverbund und die Fähigkeit der Zellen, sich zu spezialisieren, diese werden Auge, jene werden Zeh, machen komplexe Lebewesen aus. Vom Geist des Menschen bekommt die Einzelzelle nichts mit.

Genau so, wie wir als Einzelmensch nicht erkennen, dass das www schon längst eine eigene Lebensform entwickelt hat. Die Menschen gehen darin ein, sind Teil des Wesens, den neu entstandenen Geist können sie vielleicht erahnen, werden ihn aber nie begreifen. Da das neue Wesen von ihnen getrennt scheint, kommen sie nicht auf die Idee, es Übermensch zu nennen. Sie müssten ja einsehen, dass sie selbst nicht mehr weiter kommen in ihrer Entwicklung.

Kamel, Löwe, Kind mögen Stadien geistiger Entwicklung darstellen, doch der Mensch als solcher wird immer Mensch bleiben. Und, der gute Mensch wird immer den bösen brauchen, um sich zu definieren. Der Intellektuelle immer den Wurm.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
Genau so, wie wir als Einzelmensch nicht erkennen, dass das www schon längst eine eigene Lebensform entwickelt hat. Die Menschen gehen darin ein, sind Teil des Wesens, ...

Genau genommen hat es diesen vernetzten planetaren Einzeller ja schon immer gegeben, jedenfalls solange die Erde und auf ihr Leben existiert. Den ständigen Austausch von Kohlenwasserstoffmolekülen können wir genauso informationstheoretisch interpretieren wie die Datenpakete im web. Aus einer bestimmten Perspektive hat das durch das Internet eine neue Qualität erreicht, aus einer anderen Perspektive ist der Sprung aber alles andere als berauschend.

Der anthropomorphe Nietzsche-Terminus "Übermensch" stiftet wie gesagt m.E. unnötig Verwirrung, wenn wir ihn zur Bezeichnung dieses Hyper-Organismus verwenden.

...den neu entstandenen Geist können sie vielleicht erahnen, werden ihn aber nie begreifen.

Das Ganze spiegelt sich seltsam holisitisch in seinen Teilen:

Dass die Selbst-Bewußt-Werdung des ganzen Planeten über das web eine neue Qualität erreicht, hat sein Pendant in unserem individuellen globalen Denken. Jede einzelne menschliche Zelle dieses Superhirns macht sich sozusagen seit Anfang der Siebziger Gedanken, wie es sich das Rauchen abgewöhnen kann.
**e Mann
2.564 Beiträge
Der anthropomorphe Nietzsche-Terminus "Übermensch" stiftet wie gesagt m.E. unnötig Verwirrung, wenn wir ihn zur Bezeichnung dieses Hyper-Organismus verwenden.

Das stimmt und ich habe das in den ersten Artikeln auch nicht sauber getrennt.

Aber selbst der Nitzschesche (?) Begriff vom Übermensch scheint ähnlich anthropomorph zu sein wie die Bezeichnung Menschenaffen. Wir definieren nun mal alles aus des Menschen Sicht. Die Frage, ob Mensch und Übermensch Wesen gleicher oder ungleicher Art sind, ist fraglich, wobei es ja scheinbar beim Übermenschen nicht darum geht, dass sich seine besonderen Fähigkeiten über Jahrhunderte hin entwickeln, sondern nach dem Kamel-Löwe-Hund-System vom jedem noch im gleichen Leben herausgebildet werden können.
*********anda Frau
577 Beiträge
Ich finde, wir drehen uns im Kreise. Die Frage ist doch, wie wir uns dem Begriff "Übermensch" annähern.

Aus Sicht Nietzsches vielleicht, oder mehr aus eigener privater Sicht. Aus eigenem Erleben im spirituellen Vorankommen, und dieses dann übertragen auf andere Menschen, oder wollen wir global einen homo superior ausfabulieren, der als Messlatte für einzelne (Wurm)persönlichkeiten herhalten kann?

Oder wollen wir sogar den Übermenschen in der abstrakten Struktur des verzweigten WWW wiedererkennen?

Es nutzt nichts, eine private Hypothese nach der anderen aufzustellen, um am Ende auf Nietzsche zurückzukommen. Oder anders: Diskutieren wir den Begriff Übermensch doch einmal losgelöst von Nietzsches Zarathustra.

Also frage ich in die Runde:
Wie sollte der Übermensch in der heutigen Zeit beschaffen sein?
**e Mann
2.564 Beiträge
Weiß gar nicht, warum er überhaupt sollte.
*********anda Frau
577 Beiträge
Jetzt ist er nunmal da. *g*

Einen interessanten Aufsatz von Sri Aurobindo habe ich gefunden:
http://www.odinring.de/ubermensch/trilogie.htm
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
Diskutieren wir den Begriff Übermensch doch einmal losgelöst von Nietzsches Zarathustra.

Können wir gerne machen, aber wir waren uns am Anfang einig, dass wir in diesem thread mal enger am Text bleiben wollten. (auch wenn selbst mir das, was Eusebius vermutlich im Flieger verfasst hat, dann doch ne Spur zu heftig für meine Freizeit war. Der Beitrag ist ausgedruckt wohl an die 20 Seiten lang. Irgendwann les ich ihn trotzdem mal ganz, versprochen...)

Im verlinkten Aufstz fiel mir dies auf:

Der göttliche Mensch zu sein, heißt Selbstherrscher und Weltherrscher zu sein, aber in einem anderen als dem externen Sinn.

Ich glaube, hier ist der Knackpunkt für die oft mißverständliche Lesart des Zarathustra. Nach meinem Verständnis sind die Worte Zarathustras keine Anleitung zum innerweltlichen Handeln, sondern eine Aufforderung zur Refklektion, vor allem Reflektion über die unser Handeln unbewußt bestimmenden Moral-Codices.

Hier noch einmal das Zitat, das ich schon mehrfach brachte:

Aber ein Anderes ist der Gedanke, ein Anderes die Tat, ein Anderes das Bild der Tat. Das Rad des Grundes rollt nicht zwischen ihnen.

Zarathustra 1, vom bleichen Verbrecher

Imgleichen habe ich auch eine ganz andere Lesart des Terminus "Wille zur Macht" als Aurobindo sie - wenn ich das richtig verstanden habe - in Nietzsches Konzept hineinliest. Ich denke, Nietzsche geht es zunächst einmal darum, sich von den Fesseln des (christlichen) Altruismus zu befreien und JA zu sagen zur eigenen Durchsetzungsfähigkeit. Nirgendwo ist im Zarathustra die Rede davon, dass dieses Streben nach Macht (Geld, Einfluß, Tatkraft) dann zu einem neuen Götzen mutieren "sollte", dem sich der Mensch dann wiederum zu unterwerfen hätte. Ganz im Gegenteil.

Auch Siddharta hat ja den job als Berater des Königs irgendwann geschmissen, weil es ihn fett, träge und denkfaul gemacht hat.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
@eusebius
Irgendwann les ich ihn trotzdem mal ganz,

OK, hab ich eben gemacht.

Und dann, nach all seinen Ausführungen zur christlich-platonisch-cartesianischen Körperfeindlichkeit, und Nietzsches Gegenentwurf des gesunden Leibes, lese ich die Frage

Wie sollte der Übermensch in der heutigen Zeit beschaffen sein?

sportlicher!

Nein, echt. Ist wirklich die Basis für guten Sex. Wenigstens ein Minimum an Spannkraft muss einfach da sein. Ist nicht leicht für Intellektuelle, sich das zähneknirschend einzugestehen, aber wir kommen nicht drumherum.

Freude durch Kraft.
@Jincandenca
ich lese hier zwischen den Zeilen, daß Du "Übermensch" irgendwie mit "Führer" oder sowas gleichsetzt. Meinetwegen auch sowas wie Adornos Begriff vom (über Kapital) "Verfügenden." So dass das dann in der Frage kumuliert, ob die Welt nicht ohne die für ihre Fehlentscheidungen selten haftbaren Vorstandsvorsitzenden großer Aktienkonzerne oder Entscheider in Hedgefonds eventuell besser dran wäre.


*panik* *headcrash* *gleichplatz*


"Der Übermensch" ist für mich ein unglücklich gewähltes Wort. Das hatte ich hier auch schon geschrieben. Ich habe geschrieben, dass ich denke, dass Menschen, ganz normale Menschen sich (weiter)entwickeln und durch Erkenntnis und Einsicht in das Ganze zu humanen Wesen werden.

Ich bin überzeugt, es gibt bereits Menschen, die diese Einstellung und Erkenntnis haben.

Menschen, die nicht nur ihr Ego pflegen, sondern Menschen, die nicht fragen, nicht lange reden, sondern handeln.

Im Sinne der Menschlichkeit, der Nächstenliebe, der Solidarität und im Sinne einer kollektiven Ordnung, die für Mensch, Tier und Natur ein harmonisches Zusammenleben erschafft..


Eine Vorstellung, dass alle und alles ohne Mangel, aber auch ohne unnötigen Überfluss gemeinsam leben können.

Menschen, die bescheiden sind, voller Liebe, Güte und sich für das, was geschieht (mit)verantwortlich fühlen.

Kurz gesagt, Menschen, denen es nicht gleichgültig ist, die noch nicht abgestumpft sind.


Und das habe ich hier in diesem Thread deutlich geschrieben und bin deshalb doch sehr überrascht, dass mir der Wunsch nach einem "Führer" unterstellt wird. *gleichplatz*


Dem Kapital war schon immer egal ob Neger verhungern


und diesen Satz eben nicht hinnehmen, nicht akzeptieren ohne zumindest zu versuchen, etwas dagegen zu tun. Und es gibt Menschen, die selbstlos etwas tun und nicht nur *blabla* machen. Und Gott oder wem auch immer sei Dank, es gibt Menschen, denen das nicht egal ist. Menschen, die etwas tun.


Und das sind für mich ideale Menschen die meiner Vorstellung vom "Übermenschen" entsprechen.

Menschen, die Verantwortung übernehmen. Für sich selbst und für andere.



Wir können uns natürlich auch aufs "ficken" konzentrieren, uns täglich vollfressen und vollsaufen, uns vom (Blöd)TV berieseln lassen und sagen, uns gehts gut und solange es mir gut geht mir alles am Arsch vorbei und ist mir deshalb wurscht.


Das wäre dann der perfekte "Wurm" in einer Wurmgesellschafft, die alles hinnimmt und sich mit allem abfindet.


Dann bräuchten wir aber auch keine Bücher mehr, keinen Nietzsche und keinen Zarathustra, dann werfen wir die Bücher in die Tonne, scheißen auf Erkenntnisse und auf die Welt.

Und vor allem.....


wozu bräuchten wir dann überhaupt noch die Philosophie???



lg Ralf
**e Mann
2.564 Beiträge
Ich glaube, wir brauchen die Philosophie, um zu lernen, mit unserem Verstand umzugehen.

Um zu lernen, dass wir gerade auf uns selbst achten, indem wir auf die Gemeinschaft achten.

Ich Gegensatz zu dir, Ralf, halte den Egoismus für die eine entscheidende und positive Kraft und so wie ich Nietzsche verstehe, sehe ich in seinem Elaborat keine Aufforderung darin, den Arsch hoch zu kriegen und der Gesellschaft zu helfen, sondern sein eigenes Wesen in Einklang mit sich selbst und der Natur zu bringen.

Von Solidarität lese ich in dem Buch nichts, ganz im Gegenteil, es ist höchst anmaßend und diffamiert den Großteil der Mitmenschen als nichtsnutzige Würmer.

Wohl lernen sie auf ihre Art Schreiten und Vorwärts-Schreiten:
das heiße ich ihr Humpeln -. Damit werden sie jedem zum Anstoß, der Eile hat.
Und mancher von ihnen geht vorwärts und blickt dabei zurück, mit versteiftem Nacken: dem renne ich gern wider den Leib.

Ja, Gerechtigkeit und Mitleiden, kurz die Tugend, ist für Zarathustra nichts anderes als Feigheit.

Dies aber ist Feigheit: ob es schon "Tugend" heißt

Anmaßend und selbstüberheblich sieht er sich selbst als den verkannten Retter der Menschheit.
@pue
damit

Ich Gegensatz zu dir, Ralf, halte den Egoismus für die eine entscheidende und positive Kraft und so wie ich Nietzsche verstehe, sehe ich in seinem Elaborat keine Aufforderung darin, den Arsch hoch zu kriegen und der Gesellschaft zu helfen, sondern sein eigenes Wesen in Einklang mit sich selbst und der Natur zu bringen.


kann ich leben.


Ich bin davon überzeugt, dass ein Mensch, der mit sich selbst zufrieden ist, der sein eigenes Wesen in Einklang mit sich selbst und mit der Natur bringt, auch eine humane Lebenseinstelung entwickelt, die der Menschlichkeit zu nutzen ist.


Es geht doch nicht um den "Übermenschen".

Es geht doch nur darum, zu erkennen, was ist genug? Was brauche ich für meine elementaren Bedürfnisse?

Und wer erkennt, dass genug eben genug ist, der wird auch teilen wollen.

Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug.


Wie könnte ich mit mir selbst und mit der Natur in Einklang kommen, wenn mir nichts genug ist?
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
dass mir der Wunsch nach einem "Führer" unterstellt wird.

Es lag nicht in meiner Absicht, Dir das zu unterstellen. Ist wirklich bemerkenswert, was unsere Nachrichten im Empfänger so auslösen können.

Wir können uns natürlich auch aufs "ficken" konzentrieren, uns täglich vollfressen und vollsaufen, uns vom (Blöd)TV berieseln lassen und sagen, ...

Hier möchte ich Einhaken und das Ficken aus der Reihe der rein konsumptorischen Sucht-und-Gier-Tätigkeiten unbedingt rausnehmen.

Sicherlich KANN auch Sex zur Sucht werden, denn es verschafft ja wohl abgesehen von richtig harten Drogen das schönste Gefühl von Befriedigung, das wir uns vorstellen können.

Letztendlich sind alle diese Dinge mögliche Antworten auf die grundlegende Frage: "Wohin mit unserer Sehnsucht nach dem "anderen"? Wohin mit unserer Gier auf die Welt?

Wenn diese Gier die Quelle des allgemeinen Unfriedens in der Welt ist, so scheint mir der Sex derjenige Lösungsansatz, der - richtig verstanden - die geringsten Kollateralschäden mit sich bringt. Im Gegensatz zum Altruismus!

Mir fehlt im Moment die Zeit das näher auszuführen.

Hat irgendwas mit Energie-Potentialen und Spannungsausgleich zu tun.
*****one Frau
13.323 Beiträge
@Jincandenza
Hat irgendwas mit Energie-Potentialen und Spannungsausgleich zu tun.

völlig richtig!
wir menschenkinder sind vollgestopft mit wissen oder können uns das zugänglich machen.
wohin damit?
abspeichern und bei bedarf aus der kiste holen oder sofort und gleich in den lebensprozess integrieren.
letzteres würde bedeuten, dass menschenkind permanent seine pläne aktualisiert, neu definiert und und...
das widerspräche dem streben nach sicherheit und kontinuität.
sex ist eine der wenigen oasen, die uns verkopften bleiben kann.
vorausgesetzt, dass wir da mal abschalten können.

eine freundin von mir sagte:" bumsen macht spass und stobt(staubt) nicht."
recht hat sie.

gruß

diA
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
bumsen macht spass und stobt(staubt) nicht.

Genau. Und im Gegensatz zum Einsatz der Atombombe lassen sich die Trümmer nach der Explosion mit einem einfachen Handtuch (-> Douglas Adams) beseitigen. Hilfsweise lassen wir das Sperma gemächlich vor sich hin tropfen, und sinnieren über Heraklit und seine Flüsse.

Mit einer Sache will ich mich aber doch nochmal ein wenig unbeliebt machen:

Es geht doch nur darum, zu erkennen, was ist genug? Was brauche ich für meine elementaren Bedürfnisse?

Und wer erkennt, dass genug eben genug ist, der wird auch teilen wollen.

Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug.

Die Frage ist, mit wem ich teilen möchte.

Als mein ältester Sohn seine Hineingeworfenheit in die Welt ankündigte, war ich ein armer Tropf. Ich schlug mich so durch, und von dem wenigen was ich hatte, warf ich bisweilen sogar den Obdachlosen in der Fußgängerzone die eine oder andere Mark in ihren Hut. Ich war stolz, ein guter Mensch zu sein, weil keine überflüssigen Reichtümer zu horten.

Mit seiner Ankunft wurde mir schlagartig klar, dass ich auf dieser Welt ein durchlaufender Posten bin. Zu meinen vorher auf Sparflamme gehaltenen persönlichen Bedürfnissen gesellte sich dieses eine: Diesem neuen, hilflosen Erdenbürger Sicherheit zu verschaffen. Das war meine Bestimmung.

Die Ethik der Besitztumsverteilung als gesellschaftliches Problem wurde plötzlich für mein Denken sowas von irrelevant. All meine Menschenliebe, all mein Altruismus hatte plötzlich einen Fokus: Mein eigen Fleisch und Blut. Sollten doch der Neger und der Obdachlose selber zusehen, wie sie klar kommen, dies Wesen lag mir einfach näher am Herzen. Buchstäblich.

Kurze Zeit vorher hatte ich Engel's "über den Ursprung von Familie, Privateigentum und Staat" gelesen.

Über das Erbrecht läßt sich dieses hormonell gesteuerte Bedürfnis, dem eigenen Nachwuchs Sicherheit zu verschaffen, ad infinito in die Zukunft prolongieren. Und wer zu diesem Behufe Vermögen zu horten beginnt, wird sein eigenes Tun niemals als egoistisch empfinden.

Um die Kurve zum Zarathustra zurück zu kriegen:

Wäre die Umwertung der Werte die Egoismus/Altruismus-Achse betreffend in dieser Schärfe von Nietzsche erfolgt, wenn er einen Sohn gezeugt hätte? Für mich war das Thema nämlich nach der Geburt echt vom Tisch und es galt bestenfalls das "si tacuisses."

Ich bin zu meinem Bedauern mit dem Buch nicht viel weiter gekommen:

Relevante Zitate zum Thema "Geben und Nehmen"?

Oder äußert sich Zarathustra evtl sogar zur Virilität der vielzuvielen als Bremse und Behinderung des freien Denkens, so wie das bei mir dann wohl der Fall war?
Um
Die Ethik der Besitztumsverteilung als gesellschaftliches Problem wurde plötzlich für mein Denken sowas von irrelevant. All meine Menschenliebe, all mein Altruismus hatte plötzlich einen Fokus: Mein eigen Fleisch und Blut. Sollten doch der Neger und der Obdachlose selber zusehen, wie sie klar kommen, dies Wesen lag mir einfach näher am Herzen. Buchstäblich.

Kurze Zeit vorher hatte ich Engel's "über den Ursprung von Familie, Privateigentum und Staat" gelesen.

Über das Erbrecht läßt sich dieses hormonell gesteuerte Bedürfnis, dem eigenen Nachwuchs Sicherheit zu verschaffen, ad infinito in die Zukunft prolongieren. Und wer zu diesem Behufe Vermögen zu horten beginnt, wird sein eigenes Tun niemals als egoistisch empfinden.


das zu beantworten, muss ich etwas ausholen und mich auch der Philosophie bedienen.


Was genug ist, entscheidet "Mensch" für sich. Niemand sollte einen Mangel erleiden, natürlich auch nicht der eigene Nachwuchs.


Aber wo beginnt überflüssiger Überfluss?


Um diese Entscheidung geht es. Und die ist immer individuell! Was ist wirklich notwendig und sinnvoll und was erkenne ich als unnötigen Überfluss?




Mit wem soll ich teilen?


Auch das ist meine Entscheidung, nur meine eigene Entscheidung, zu bestimmen, was ich brauche und was ich geben, bzw. teilen kann oder will und für, bzw. mit wem ich teilen oder für wen ich sorgen möchte.

Genug ist, wenn ich mein individuelles für mich befriedigendes Maß gefunden habe.


Teilen ist oft eine Frage des "wollens", nicht des "könnens".



lg Ralf


@**n,

Hilfsweise lassen wir das Sperma gemächlich vor sich hin tropfen, und sinnieren über Heraklit und seine Flüsse.


Nun, Heraklit ist nicht nur für Spermaflüsse sinnvoll. *zwinker*



Es ist die Aufgabe eines jeden Menschen sich selbst zu kennen und das rechte Maß zu finden.

Das rechte Maß zu finden ist die höchste Kunst.


Heraklit / Fragmente
**e Mann
2.564 Beiträge
Ja, nun ist das eigene Maß wohl schwer in sich selbst zu finden.

Auch wenn ich selbst entscheide, entscheide ich doch in erster Linie, in dem ich die Bedürftigkeit meiner Mitmenschen abschätze und mit meinen eigenen vergleiche. Es ist als keine ureigene, sondern eine gesellschaftliche Frage.

Sind es einmal die Bettler oder die hungernden in Somalia, so ist es im nächsten Moment der eigene Sohn, für den angespart wird.

Wieviel und wem zu geben ist also gut? Oder ist es überhaupt gut zu Geben? Habe ich nicht dadurch, dass ich schon mehr als andere habe, zu viel genommen?

Womit wir endgültig weg von Zarathustra wären, weil es bei dem so gar nicht darum geht, wie mir scheinen will.
wie
soll den der Weg zu einem "besseren Menschen" für Zarathustra aussehen?


Worum geht es Zaratustra denn?


Ist nicht die Selbsterkenntnis die Voraussetzung dafür? Er war 30 Jahre in der Einsamkeit, um zu erkennen. Und die Menschen haben nach seiner Rückkehr nichts erkannt oder verstanden.


Nur auf den Pöbel hören sie.


Was könnte es sein, wenn nicht das "rechte Maß", zu entscheiden was notwendig ist und was überflüssig ist?

Ist es nicht die Reduktion auf das Notwendige und die Konzentration auf das Wesentliche?


Ist Geld und Macht wichtiger als Liebe und Zufriedenheit?


Oder ist eine maßvolle Bescheidenheit der Weg zum bessern Leben und zum "besseren Menschen?


Würde der "Übermensch" nach Geld und Macht streben? Oder würde er die humane gerechte Verteilung der Güter anstreben um Mangel und Überfluss auszugleichen?


Oder geht es dem "Übermensch" nur um geistige Werte und der Rest ist ihm egal?

Dann wäre der "Übermensch frei von sozialen Zwängen oder solidarischem Handeln.

Es ginge ihm nur um sich selbst.
*********anda Frau
577 Beiträge
Wahrscheinlich sind zwei Schwingen nötig, die die Flügel des besseren Menschen aufsteigen lassen. Ich denke, Selbsterkenntnis (Bewusstheit) ist die eine und Mitgefühl die andere. Zarathustra ist in meinen Augen linksflügellastig, da er ausschließlich um Selbsterkenntnis bemüht ist und er versteigt sich hierin bis zur Überheblichkeit. Jedenfalls für meine Lesart. Zum Glück erfährt er am Ende Mitgefühl, so dass er wiederhergestellt ist. Ob die Figur zum Schluss transformiert ist, weiß ich nicht. Die Vorbildfunktion geht für mich jedenfalls verloren, da ich eben dieses Ungleichgewicht zugunsten eines messerscharfen Verstandes und auf Kosten des Herzens spüre.

Wenn ich "Zarathustra" mit "Der Prophet" von Gibran vergleiche, spüre ich, wie solch eine Figur angelegt sein sollte. Aber vllt entspringt Zarathustra mehr unserem westlicher Pfad und wir kommen besser über den Intellekt ans Mitgefühl heran als über das Mitgefühl zu mehr Bewusstheit?
*******s10 Mann
194 Beiträge
Mitgefühl ist wohl nicht gerade das zentrale Thema von Nietzsches Philosophie, da hast du völlig Recht. Mitgefühl findet man bei Nietzsche gerne in der Nähe von Schwäche angesiedelt, die dem Willen zur Macht nicht besonders zuträglich ist.

Nietzsches Subjektkonzept mutet dem Individuum die wohl grösste Spanne von Selbstverantwortung zu, nur bei Sartre findet man noch einen derart aufgeblähten Verantwortunbsbegriff. So wird das Subjekt natürlich einsam, ist teilweise überfordert und labt sich am vielleicht doch etwas illusionären Pathos der Autonomie. Gleichwohl ist es ein konsequenes Weiterdenkens der praktischen Postulate der Aufklärung von Kant. Das wäre wohl auch der Ort, an dem Nietzsches Ethik zu suchen wäre: die radikale Autonomie des Subjekts aus unabwendbare Grundlage des eigenen Handelns - radikal auf sich selbst gestellt, nicht einfach nur vernunftzenterit wie bei Kant, sondern auf ein Selbst, einer Mischung aus Verstand, Gefühl, Körper, Begierde, Wollen, Phantasien, Träumen und Kraft. Rezepte für Gut und Böse gibt es nicht - der Mensch muss sich seinen eigenen Weg selbst erkämpfen, bürgerliche Moral ist unzuverlässig, weil in der Regel doppelbödig. Man kann icht einfach gut sein - das Schicksal der eigenen Konstitution ist unentrinnbar.
Verbindung
Nietzsche - Zarathustra - Heraklit



Quelle Internet Wikipedia





Nietzsche meinte in Heraklit einen „Vorfahren“[149] zu erkennen, „in dessen Nähe überhaupt mir wärmer, mir wohler zu Muthe wird als irgendwo sonst“ und dessen Gedankengut er als „das mir Verwandteste“ anerkannte, „was bisher gedacht worden ist.“[150] In einem geplanten Philosophenbuch, dessen tatsächlich realisierte Passagen er in das Fragment Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen übernimmt, zeigt Nietzsche gerade zur Persönlichkeit Heraklits[151] eine Nähe, die besonders im Zarathustra in eine Identifikation mündet.[152] Nietzsche identifiziert sich mit dem Protagonisten Zarathustra, dessen Persönlichkeit und Auftreten stark unter dem Einfluss Heraklits steht. Im Zarathustra greift er zahlreiche Motive Heraklits auf; keine andere Quelle schöpft er dort so intensiv aus wie diese. In der Wahl der Metaphern sind deutliche Parallelen erkennbar, beispielsweise in der Lehre vom Übermenschen, die analog zur Affe-Mensch-Gott-Proportion der heraklitischen Fragmente entwickelt wird:

„Was ist der Affe für den Menschen? Ein Gelächter oder eine schmerzliche Scham. Und ebendas soll der Mensch für den Übermenschen sein: ein Gelächter oder eine schmerzliche Scham. Ihr habt den Weg vom Wurme zum Menschen gemacht, und Vieles ist in euch noch Wurm. Einst wart ihr Affen, und auch jetzt noch ist der Mensch mehr Affe, als irgend ein Affe.“

– Nietzsche: Also sprach Zarathustra, Vorrede, 3 (KSA 4, S. 14)

Philosophiehistorisch ist Nietzsche der gängigen Meinung der Philologie seiner Zeit verhaftet, die Heraklit in platonischer Tradition als Philosophen des Werdens, der periodischen Weltuntergänge und des Kampfes der Gegensätze interpretierte. „Im Zuge der Umwertung und Umstülpung der unter platonischem Vorzeichen stehenden Metaphysik“ stellt Nietzsches Hermeneutik „das Werden über das starre, einer fundamentalen Illusion entspringende Sein“ und sieht „Heraklit als die Vorweg-Widerlegung Platons“ an.[153] Zugleich rezipiert Nietzsche die von Platons Einfluss umgestaltete Flusslehre und verbindet sie mit der aus anderen antiken Traditionen stammenden Idee der ewigen Wiederkunft des Gleichen, die ihm heraklitisch erscheint und die er mit der Lehre seines Zarathustra[154] in Einklang zu bringen versucht.[155] Nach Nietzsches Interpretation verleugnet der heraklitische Begriff des Werdens die „eigentliche Existenz“ des Seienden; die Dinge sind lediglich „das Erblitzen und der Funkenschlag gezückter Schwerter, sie sind das Aufglänzen des Siegs, im Kampf der entgegengesetzten Qualitäten.“[156] So lässt er Heraklit ausrufen:

„Ich sehe nichts als Werden. Laßt euch nicht täuschen! In eurem kurzen Blick liegt es, nicht im Wesen der Dinge, wenn ihr irgendwo festes Land im Meere des Werdens und Vergehens zu sehen glaubt. Ihr gebraucht Namen der Dinge, als ob sie eine starre Dauer hätten: aber selbst der Strom, in den ihr zum zweiten Male steigt, ist nicht derselbe als bei dem ersten Male.“

– Nietzsche: Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen, 5 (KSA 1, S. 823)

*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
Auch wenn ich selbst entscheide, entscheide ich doch in erster Linie, in dem ich die Bedürftigkeit meiner Mitmenschen abschätze und mit meinen eigenen vergleiche. Es ist also keine ureigene, sondern eine gesellschaftliche Frage.

Sind es einmal die Bettler oder die hungernden in Somalia, so ist es im nächsten Moment der eigene Sohn, für den angespart wird.

Also zumindest in den ersten Monaten nach der Geburt des eigenen Sohnes wird doch sehr offensichtlich, wie fragwürdig es ist, bestimmte Entscheidungen als eigene auszugeben. Da schießen die Hormone in Kraut, soweit ich weiß, sogar bei den Vätern. Natürlich sind solche hormongesteuerten Entscheidungen auch Entscheidungen, aber vernunftgemäßes Abwägen ist dann doch was anderes.

Ich mag auch nicht glauben, dass jemand durch die Diktatur der Großhirnrinde so sehr domestiziert wird, dass er das Schicksal der eigenen Kinder mit dem irgendwelcher Neger in Ostafrika auf eine Stufe stellt. Jedenfalls nicht, wenn es (finanziell) ans Eingemachte geht.

Worum geht es Zaratustra denn?

Eben hierum: die Grenzen der Vernunft aufzuzeigen, aber ganz anders als Kant. Ich lese ihn grundsätzlich so, dass er im Westen Vorreiter war, wenn es darum ging darzustellen, dass die Weisheit des Körpers viel fundamentaler ist als die Weisheiten der platonisch-rationalen "zweiten Welt."

Ich kann bei Zarathustra nirgendwo Handlungsanleitungen im Sinne des "Du sollst" entdecken. Immer nur Beschreibungen der Welt wie er sie sieht und interpretiert, und dann bestenfalls ein "Ich will."

Ich glaube, wenn jemand Nietzsches Schriften unter der Fragestellung "Was muss ich tun um zur Weisheit zu gelangen?" liest, wird der eigentliche Zugang schlicht versperrt bleiben.
Es geht nicht
um

Mitgefühl ist wohl nicht gerade das zentrale Thema von Nietzsches Philosophie, da hast du völlig Recht. Mitgefühl findet man bei Nietzsche gerne in der Nähe von Schwäche angesiedelt, die dem Willen zur Macht nicht besonders zuträglich ist.


Mitgefühl, auch nicht um Mitleid.


Es geht um Erkennen, um Verstehen, um Vernunft.


Und es geht auch nicht um



Ich kann bei Zarathustra nirgendwo Handlungsanleitungen im Sinne des "Du sollst" entdecken. Immer nur Beschreibungen der Welt wie er sie sieht und interpretiert, und dann bestenfalls ein "Ich will."

ein Sollen, sondern immer um das Wollen, dass oft abhängig ist vom Können.

Erkennen, verstehen, einen Weg zur Vernunft finden......


das ist doch Ziel (fast) aller Philosophie.


Gerade die fernöstlöchen "Weisen" betonen dies sehr deutlich und auch die griechische Philosophie geht oft in diese Richtung.


Was das mit Mitgefühl zu tun hat, erschließt sich mir nicht.



lg Ralf
@Jincandenca
das

Ich mag auch nicht glauben, dass jemand durch die Diktatur der Großhirnrinde so sehr domestiziert wird, dass er das Schicksal der eigenen Kinder mit dem irgendwelcher Neger in Ostafrika auf eine Stufe stellt. Jedenfalls nicht, wenn es (finanziell) ans Eingemachte geht.


erwartet niemand und das soll auch niemand tun.


Ich betone permanent, dass niemand einen Mangel erleiden soll.

Es soll dir, deiner Frau und deinem Kind materiell gutgehen. Und ich habe niemals geschrieben "du sollst", oder irgendwer soll!

Niemand soll in seiner Existenz bedroht und in elemantaren Bedürfnissen eingeschränkt sein.


Ich schreibe über Überfluss.


Über UNNÖTIGEN Überfluss.



Und diesen gibt es, dass kann man wahrnehmen, verstehen und erkennen.


Und das verursacht bei vielen Menschen einen Mangel.


Wenn Nietzsche die Welt und die Menschen für gut befunden hätte.....


wenn alles in Butter wär.......



dann hätte er Zarathustra nicht geschrieben.
**e Mann
2.564 Beiträge
Ohne Mitgefühl wird man nicht zu der von dir, Ralf, zitierten Mitverantwortung kommen.

Vielleicht ist Zarathustra eher ein Beispiel dafür, was man so alles verpennt in dreißig Jahren Abwesenheit von der Gemeinschaft, was für eine Gesinnung erwächst aus dreißig Jahren Kommunikationsabstinenz.

Ich hoffe doch sehr, dass die Moral unserer Gesellschaft den Ansprüchen ihres allgemeinen Wandels in den letzten dreißig Jahren gerecht wurde, sich mit ihr gewandelt hat.

All die Sprüche der Weisen haben wenig mit meinen alltäglichen Schwierigkeiten im Umgang mit Richtig oder Falsch für mich zu tun.

Mangel und Überfluss: will ich Kleider spenden für Afrika und zerstöre damit deren eigene Infrastruktur, lieber Deutsche Produkte kaufen, weil die Chinesen Kinderarbeit ausbeuten oder geht es dem Kind nicht doch besser, gerade weil es Arbeit hat?

Das sind globale Fragen, die in dieser Form vor dreißig Jahren nicht bestanden.
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