Bibliographische Angabe:
Reinhard Gasser: Nietzsche und Freud. 1997. De Gruyter.
Die biographische Methode mag ihre Berechtigung haben. Sie stammt aus der Hermeneutik der Romantik, und wurde schon oft kritisiert bzw. weiterentwickelt. Zum Verständnis philosophiegeschichtlicher und kulturgeschichtlicher Zusammenhänge kann sie relativ wenig beitragen. Zur Erschliessung des genuin philosophischen Gehalts auch wenig, sie kann immerhin genealogisch einiges erklären und auch Theorien konkret-anschaulich fassbar machen. Dekonstruktivistische Hermeneutik à la Derrida schafft es dann durch akribische Analyse auch autobiographischer Textsorten auch dem philosophischen Gehalt eines Werkes neue Aspekte abzugewinnen. Diesen Ansatz finde sehr produktiv. Aber diese Methode ist in der Regel nicht gemeint, wenn man Biographie und Werk verbindet.
Das Problem ist, dass ein problematisches Frauenverhältnis im Leben eines Philosophen dessen Philosophie der Frau nicht widerlegen kann. Ebenso umgekehrt, eine problematische Philosophie der Frau hat nicht zwangsläufig ein problematisches Leben mit Frauen zur Folge. Rousseaus Erziehungskonzept ist nicht deswegen falsch, weil er selber ein schlechter Erzieher war. Kants kategorischer Imperativ ist nicht deswegen falsch, weil er selbst im Leben zwanghaftes Verhalten gezeigt hat. Insofern muss man Biographie und Philospohie trennen. Das ist natürlich nicht besonders romantisch, weil wir das Bild des edlen Weisen so gerne vor uns haben. Und weil es natürlich auch eine richtige und wichtige Feststellung ist, wenn man aufzeigt, dass ein Mensch inkonsistent ist, wenn philosophisches Werk und eigen Lebenspraxis nicht zusammenpassen. Daraus folgt aber nicht, dass das philosophische Werk falsch ist oder Ähnliches. Der Gehalt von philosophischen Gedanken muss anders kritisiert, thematisiert, problematisiert werden - mit Argumenten. Ansonsten haben wir eine Diskursvermischung, Ebenenvermischung oder noch einmal anders gesagt, einen Kategorienfehler - was methodisch doch sehr fragwürdig ist. Und abendländische Philosophie verpflichtet sich nun mal der Logos, sei es auch in einer logozentrismus-kritischen Form.
Reinhard Gasser: Nietzsche und Freud. 1997. De Gruyter.
Die biographische Methode mag ihre Berechtigung haben. Sie stammt aus der Hermeneutik der Romantik, und wurde schon oft kritisiert bzw. weiterentwickelt. Zum Verständnis philosophiegeschichtlicher und kulturgeschichtlicher Zusammenhänge kann sie relativ wenig beitragen. Zur Erschliessung des genuin philosophischen Gehalts auch wenig, sie kann immerhin genealogisch einiges erklären und auch Theorien konkret-anschaulich fassbar machen. Dekonstruktivistische Hermeneutik à la Derrida schafft es dann durch akribische Analyse auch autobiographischer Textsorten auch dem philosophischen Gehalt eines Werkes neue Aspekte abzugewinnen. Diesen Ansatz finde sehr produktiv. Aber diese Methode ist in der Regel nicht gemeint, wenn man Biographie und Werk verbindet.
Das Problem ist, dass ein problematisches Frauenverhältnis im Leben eines Philosophen dessen Philosophie der Frau nicht widerlegen kann. Ebenso umgekehrt, eine problematische Philosophie der Frau hat nicht zwangsläufig ein problematisches Leben mit Frauen zur Folge. Rousseaus Erziehungskonzept ist nicht deswegen falsch, weil er selber ein schlechter Erzieher war. Kants kategorischer Imperativ ist nicht deswegen falsch, weil er selbst im Leben zwanghaftes Verhalten gezeigt hat. Insofern muss man Biographie und Philospohie trennen. Das ist natürlich nicht besonders romantisch, weil wir das Bild des edlen Weisen so gerne vor uns haben. Und weil es natürlich auch eine richtige und wichtige Feststellung ist, wenn man aufzeigt, dass ein Mensch inkonsistent ist, wenn philosophisches Werk und eigen Lebenspraxis nicht zusammenpassen. Daraus folgt aber nicht, dass das philosophische Werk falsch ist oder Ähnliches. Der Gehalt von philosophischen Gedanken muss anders kritisiert, thematisiert, problematisiert werden - mit Argumenten. Ansonsten haben wir eine Diskursvermischung, Ebenenvermischung oder noch einmal anders gesagt, einen Kategorienfehler - was methodisch doch sehr fragwürdig ist. Und abendländische Philosophie verpflichtet sich nun mal der Logos, sei es auch in einer logozentrismus-kritischen Form.