@Morticia
Zu dem Teil deines Beitrags, der von den an MS erkrankten Menschen handelt, kann ich nichts sagen, da ich wirklich nicht sehe, was das mit der Wahrheit oder Unwahrheit von Aussagen zu tun hat. Die Wirksamkeit von Medikamenten und anderen, eher unorthodoxen medizinischen Hilfsmitteln hängt sehr oft nicht davon ab, ob es gut bestätigte Hypothesen über ihre objektive Wirksamkeit gibt, also unabhängig von Placeboeffekten. Die Wahl solcher Mittel ist jedem freigestellt. Die Hauptsache ist, sie wirken. Ich sehe da keinen Zusammenhang mit der Frage, welche Aussagen wahr sind und welche nicht.
Nun zum nächsten Punkt: Ich hatte gesagt:
... wenn ich jemand sagen will, welche Gründe ich habe, eine bestimmte Aussage für wahr zu halten, und er mir im Brustton der Überzeugung erwidert, dass es keine objektive Wahrheit gibt und mir allenfalls meine "eigene" Wahrheit zugesteht, d.h. ohne sich mit meinen Gründen/Argumenten auseinanderzusetzen -, wenn das eintritt, dann breche ich lieber das Gespräch ab. Ich kann ihn als Gesprächsparter nicht mehr ernstnehmen. Mit strikten Relativisten zu argumentieren bringt einfach nichts
Morticia sagt nun:
Da ist, glaube ich, der Knoten. Eine "eigene Wahrheit allenfalls zuzugestehen", sie also als etwas zu definieren, das "wertmäßig" unter der absoluten Wahrheit liegt, ist nicht das, was "Relativisten" (gegen diese Bezeichnung sträubt sich mir alles!) tun.
Das stimmt, dass tun sie normalerweise nicht. Sie halten jede Überzeugung für gleichberechtigt, weil es ja angeblich jedem zusteht, zu glauben, was er für wahr hält.
Die eigene Wahrheit ist in dem Moment nicht mehr fehler- und lückenhaft, in dem ich sage, dass eine absolute Wahrheit nicht existiert. In dem Moment wird jede einzelne, individuelle Wahrheit zu der einzigen, die irgendein Mensch erreichen kann
Nein, nicht automatisch fehlerhaft. Allerdings ist mir nicht klar, was der Ausdruck "eigene Wahrheit" eigentlich bedeuten soll. Ausser es heisst einfach dasselbe wie der Ausdruck "das, was ich für wahr halte". Nur Relativisten wollen den Unterschied zwischen "wahr sein" und "für wahr halten" einebnen. Ich glaube die meisten Menschen wollen das aber nicht. Insofern sind sie dann auch keine Relativisten.
Wenn aber jemand behauptet: "...dass es eine absolute Wahrheit nicht gibt", dann befindet er/sie sich in einem performativen Selbstwiderspruch. Ich hab das schon mehrfach erklärt und bis jetzt noch kein schlagendes Gegenargument gehört.
Selbst wenn der in obigen Zitat genannte Zuhörer sich Deine Gründe genau anhört und sie sorgfältig nachvollzieht, kann er Deine Wahrheit akzeptieren, ohne Deine Argumente für sich anzunehmen
Dann akzeptiert er meine Gründe, ohne sie überhaupt verstanden zu haben. Sein "Für-wahr-halten" meiner Behauptung ist reiner Zufall. Oder er will mir einfach einen Gefallen tun. Das würde ich nicht mal "akzeptieren" nennen. Es macht nämlich auch jede weitere Diskussion witzlos.
Wenn er meine Gründe sorgfältig nachvollzieht, wie du sagst, dann hat er entweder gute Gegengründe, oder nicht. Wenn nicht, dann macht es doch nur Sinn "meine" Wahrheit anzunehmen, wenn er meine Gründe für hinreichend hält.