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... es gibt (gar) keine Gerechtigkeit...

@Lustliebender
'Objektive Gründe' ist (kategorial) korrekt; ob diese für Gerechtigkeit zutreffen, hatte ich bewusst offen gelassen (subjektiv wäre dann das Gegenteil, wobei aus n subjektiven Urteilen nicht m objektive Urteile werden, so wie aus n schwarzen Punkten nicht m weiße werden).

Die (/eine) Frage hierzu wäre z.B. ob ich meinen Willen ‚über’ den eines anderen stellen und ihn – gegen seinen Willen – zu etwas bewegen…drängen... zwingen darf.

Ist es (objektiv) gerecht jedem seinen (natürlichen) Wille gelten zu lassen oder nicht?. Wenn etwas der Natur (einer natürlichen Bestimmung) entspringt, wäre es so objektiv, wie es z.B. die Natur der gedachten (positiven) Zahlenreihe wäre, wo ein jedes Element größer als das vorher gehende ist.

Bei Tieren sagt man z.B., dass es gerecht ist, wenn sie andere Tiere töten, weil es in ihrer Natur liegt.

Das ist eine völlige andere Bedeutung von Natur, wie bei dir. Gerechtes handeln aber geht ohne Zweifel (auch) vom Menschen aus (es ist anthropomorph). Die daraus folgende Frage ist (unabhängig davon, welche ‚höhere’ Macht als seine Quelle gelten soll), wie die Natur des Menschen ist. Zu seiner Natur gehören (objektiv) z.B. Gefühle zu haben ebenso wie z.B. das Vermögen (logisch) zu denken.

Nur von dieser geistigen Natur kann man hier reden, nicht von der biologischen, weil diese als Materie zwar da sein muß, aber in keinem (sprachlichen) Zusammenhang mit Gerechtigkeit passt (Kategorienfehler…). Biologische Abläufe scheren sich nicht darum, was gerecht ist. Nur Gedanken und eben auch Gefühle haben mit gerecht etwas zu tun.

Du hast Recht mit diesen Beispielen, das es die Gründe für gerechtes Handle so gab (ich will nicht darauf eingehen, das an ‚objektiv’ von diesen Subjekten vielleicht gar nicht gedacht war; wobei ich Punkt h) nicht in deine Bedeutungsreihe kriege).

Sind also solche Gründe nun jeweils objektiv oder nur subjektiv gerecht?
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
ACHTUNG

Dieses Posting behandelt "nur" Objektivität und Subjektivität und würde unter Umständen vom Thema abrücken. Dieses Posting kann ggf. übersprungen werden, weil ich später eins mehr zur "Gerechtigkeit" bringen werde.

--------------------------------------------------------------


Lieber Yokowakare,

vielen Dank für Deinen ausführlichen Text, dennoch komme ich so nicht ganz weiter.

Ich stelle mir die Frage: Kann es "objektive Gründe" geben, wenn es keine Objektivität gibt?

Ich zitiere der Einfachheit halber mal hier einen Ausschnitt von Wikipedia, wobei man das Ganze sicher auch überspringen kann, und meinen Text darunter weiterlesen kann. Ich beziehe mich inhaltlich aber auf die in Wikipedia zusammengestellten Aussagen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Objektivit%C3%A4t
Objektivität

Objektivität ist die Unabhängigkeit der Beschreibung eines Sachverhalts vom Beobachter.

Wortherkunft und BegriffsabgrenzungWortherkunft und Begriffsabgrenzung

Substantiviert aus „objektiv“, über französisch objectif, kann man das Wort zurückverfolgen bis zum lateinischen obiacere (gegenüberliegen). Verwandte Begriffe sind Wertfreiheit, Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit, neutraler Standpunkt oder auch neutral point of view NPOV, größtmögliches Ausschalten von Gefühlen, Vorurteilen. Gegenbegriffe sind Subjektivität oder Einseitigkeit. Obiectum lässt sich auch von lat. obicere ableiten und bedeutet dann das Entgegengeworfene, der Vorwurf, der Einwurf. Subjekt wäre dann als Antonym mit „das Unterworfene“ zu übersetzen. Das Subjekt wäre beispielsweise einem Vorwurf unterworfen. Jaspers sieht in der Subjekt-Objekt-Spaltung eine wesentliche Eigenschaft des Denkvermögens, das stets bemüht ist, „das Gegenüberstehende“ zu erkennen und damit die Grenzen des eigenen Selbst zu erweitern bzw. zu überschreiten. Indem wir das Gegenüberstehende zum Gegenstand unseres Denkens machen, eignen wir es uns an, werden wir gar zum anderen.[1] Ähnliche Auffassungen vertritt Thure von Uexküll. Er betrachtet Subjekt und Objekt unter der Einheit von Motivzusammenhängen. Das Subjekt ist den Spielregeln unterworfen, die für den Umgang mit dem Objekt gelten.[2] Dem Objekt wird mit dieser Wortbedeutung eine Vorzugsstellung eingeräumt.

Objektivität der Forschung

In der wissenschaftlichen Forschung bezeichnet Objektivität ein Merkmal und Prinzip, das darauf gerichtet ist, in den von ihr abgebildeten Aussagen, Theorien, Thesen u. a. (im Folgenden "Aussagen") die Realität objektiv widerzuspiegeln.

Einer Aussage kommt Objektivität zu, wenn es in der Wirklichkeit Sachverhalte gibt, die unabhängig sind von der Aussage und denjenigen, die sie aufstellen, und die so beschaffen sind, wie es in der Aussage behauptet wird.

Im weiteren Sinn spricht man von der Objektivität von Aussagen um damit zum Ausdruck zu bringen, dass für ihre Aufstellung nicht subjektive Wünsche, Meinungen, Neigungen, spezifische Interessen, Vorurteile, unbelegte Zuschreibungen usw. maßgeblich sind, sondern allein die Sachverhalte, auf die sich die Aussagen beziehen.

Der radikale Konstruktivismus und andere Denkrichtungen der Postmoderne widersprechen diesen Auffassungen. Eine Theorie sei danach kein Abbild, keine Spiegelung der Realität und habe damit auch keinen Anspruch auf Wahrheit, sondern sie sei nur ein subjektives Modell, das weitgehend widerspruchsfrei zur ontologischen Realität passe – etwa wie ein Schlüssel zu einem Schloss. Damit könne allerdings die Realität nicht beschrieben werden.

Die Argumente der Postmodernisten haben ihrerseits Kritik sowohl von Naturwissenschaftlern als auch von Erkenntnistheoretikern herausgefordert. Siehe dazu z. B. die Sokal-Affäre.

Bedeutungsfacetten in verschiedenen Wissenschaftsbereichen


Philosophie

Objektivität setzt die philosophische Erkenntnis der Trennung des Objekts vom Subjekt voraus (vgl. o. g. Subjekt-Objekt-Spaltung). Einige philosophische Systeme widersprechen dieser Trennung, so z. B. die von Kant und Fichte. Zur philosophischen Einordnung der Objektivität siehe u. a.: Erkenntnistheorie, Subjektivismus, Realismus.

Subjektivität der Objektivität (Abjektivität): Die Form von Erkenntnistheorie, nach der nur intersubjektive Erkenntnis möglich sei, nennt man Kritischen Rationalismus (Popper). Die Einschätzung einer Sache oder eines Zustandes als „objektiv“ beruhe demnach auf der subjektiven Einschätzung des Beobachters. Somit sei Objektivität nicht möglich, da sie stets der subjektiven Bewertung ausgesetzt sei.
Husserl hat in seiner Phänomenologie bereits vor Popper auf das Problem der Objektivität der Wissenschaften hingewiesen. Er spricht von „Objektivismus der Wissenschaften“. Seine Kritik wird von Habermas bestätigt. Die Wissenschaften mussten – so Habermas – „die spezifische Lebensbedeutsamkeit einbüßen“. Als Begründung dient auch hier die bereits erwähnte Subjekt-Objekt-Spaltung.[3]

Der Radikale Konstruktivismus widerspricht dieser Trennung von Objekt und Subjekt.

Ernst von Glasersfeld legt dar: Alle Wahrnehmung und jede Erkenntnis ist subjektiv. Intersubjektiv wird eine Erkenntnis dann, wenn auch andere Menschen diese Erkenntnis erfolgreich anwenden. Da auch deren Erkenntnis aber subjektiv ist, wird damit keine Objektivität gewonnen, sondern eben nur Intersubjektivität. Damit ist aber auch keine Erkenntnis der ontologischen Realität möglich. Der RK beansprucht daher, die vorausgesetzte Trennung von Objekt und Subjekt überwunden zu haben.[4]

Semiotik

Nach dem semiotischen Modell von Charles Sanders Peirce ist Objektivität das Zeichenobjekt, welches als reines Objekt nie fassbar ist, da es einerseits unserem menschlichen Verständnis immer der Interpretation unterliegt und andererseits für uns unlösbar mit dem Medium (Publikationsform), welches es zu uns Interpretanten leitet, verbunden ist.

Substantiviert aus „objektiv“, über französisch objectif, kann man das Wort zurückverfolgen bis zum lateinischen obiacere (gegenüberliegen). Verwandte Begriffe sind Wertfreiheit, Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit, neutraler Standpunkt oder auch neutral point of view NPOV, größtmögliches Ausschalten von Gefühlen, Vorurteilen. Gegenbegriffe sind Subjektivität oder Einseitigkeit. Obiectum lässt sich auch von lat. obicere ableiten und bedeutet dann das Entgegengeworfene, der Vorwurf, der Einwurf. Subjekt wäre dann als Antonym mit „das Unterworfene“ zu übersetzen. Das Subjekt wäre beispielsweise einem Vorwurf unterworfen. Jaspers sieht in der Subjekt-Objekt-Spaltung eine wesentliche Eigenschaft des Denkvermögens, das stets bemüht ist, „das Gegenüberstehende“ zu erkennen und damit die Grenzen des eigenen Selbst zu erweitern bzw. zu überschreiten. Indem wir das Gegenüberstehende zum Gegenstand unseres Denkens machen, eignen wir es uns an, werden wir gar zum anderen.[1] Ähnliche Auffassungen vertritt Thure von Uexküll. Er betrachtet Subjekt und Objekt unter der Einheit von Motivzusammenhängen. Das Subjekt ist den Spielregeln unterworfen, die für den Umgang mit dem Objekt gelten.[2] Dem Objekt wird mit dieser Wortbedeutung eine Vorzugsstellung eingeräumt.
Objektivität der Forschung [Bearbeiten]

In der wissenschaftlichen Forschung bezeichnet Objektivität ein Merkmal und Prinzip, das darauf gerichtet ist, in den von ihr abgebildeten Aussagen, Theorien, Thesen u. a. (im Folgenden "Aussagen") die Realität objektiv widerzuspiegeln.

Einer Aussage kommt Objektivität zu, wenn es in der Wirklichkeit Sachverhalte gibt, die unabhängig sind von der Aussage und denjenigen, die sie aufstellen, und die so beschaffen sind, wie es in der Aussage behauptet wird.

Im weiteren Sinn spricht man von der Objektivität von Aussagen um damit zum Ausdruck zu bringen, dass für ihre Aufstellung nicht subjektive Wünsche, Meinungen, Neigungen, spezifische Interessen, Vorurteile, unbelegte Zuschreibungen usw. maßgeblich sind, sondern allein die Sachverhalte, auf die sich die Aussagen beziehen.

Der radikale Konstruktivismus und andere Denkrichtungen der Postmoderne widersprechen diesen Auffassungen. Eine Theorie sei danach kein Abbild, keine Spiegelung der Realität und habe damit auch keinen Anspruch auf Wahrheit, sondern sie sei nur ein subjektives Modell, das weitgehend widerspruchsfrei zur ontologischen Realität passe – etwa wie ein Schlüssel zu einem Schloss. Damit könne allerdings die Realität nicht beschrieben werden.

Die Argumente der Postmodernisten haben ihrerseits Kritik sowohl von Naturwissenschaftlern als auch von Erkenntnistheoretikern herausgefordert. Siehe dazu z. B. die Sokal-Affäre.
Bedeutungsfacetten in verschiedenen Wissenschaftsbereichen [Bearbeiten]
Philosophie [Bearbeiten]

Objektivität setzt die philosophische Erkenntnis der Trennung des Objekts vom Subjekt voraus (vgl. o. g. Subjekt-Objekt-Spaltung). Einige philosophische Systeme widersprechen dieser Trennung, so z. B. die von Kant und Fichte. Zur philosophischen Einordnung der Objektivität siehe u. a.: Erkenntnistheorie, Subjektivismus, Realismus.

Subjektivität der Objektivität (Abjektivität): Die Form von Erkenntnistheorie, nach der nur intersubjektive Erkenntnis möglich sei, nennt man Kritischen Rationalismus (Popper). Die Einschätzung einer Sache oder eines Zustandes als „objektiv“ beruhe demnach auf der subjektiven Einschätzung des Beobachters. Somit sei Objektivität nicht möglich, da sie stets der subjektiven Bewertung ausgesetzt sei.
Husserl hat in seiner Phänomenologie bereits vor Popper auf das Problem der Objektivität der Wissenschaften hingewiesen. Er spricht von „Objektivismus der Wissenschaften“. Seine Kritik wird von Habermas bestätigt. Die Wissenschaften mussten – so Habermas – „die spezifische Lebensbedeutsamkeit einbüßen“. Als Begründung dient auch hier die bereits erwähnte Subjekt-Objekt-Spaltung.[3]

Der Radikale Konstruktivismus widerspricht dieser Trennung von Objekt und Subjekt.

Ernst von Glasersfeld legt dar: Alle Wahrnehmung und jede Erkenntnis ist subjektiv. Intersubjektiv wird eine Erkenntnis dann, wenn auch andere Menschen diese Erkenntnis erfolgreich anwenden. Da auch deren Erkenntnis aber subjektiv ist, wird damit keine Objektivität gewonnen, sondern eben nur Intersubjektivität. Damit ist aber auch keine Erkenntnis der ontologischen Realität möglich. Der RK beansprucht daher, die vorausgesetzte Trennung von Objekt und Subjekt überwunden zu haben.[4]

Semiotik

Nach dem semiotischen Modell von Charles Sanders Peirce ist Objektivität das Zeichenobjekt, welches als reines Objekt nie fassbar ist, da es einerseits unserem menschlichen Verständnis immer der Interpretation unterliegt und andererseits für uns unlösbar mit dem Medium (Publikationsform), welches es zu uns Interpretanten leitet, verbunden ist.


Also, ich kann sprachgebrauchlich und in philosopischen Teilbereichen "objektiv" als Wort so benutzen, als sei da etwas vom Betrachter unabhängig. Dies kann ein neutraler oder allgemeingültiger (göttlicher, naturgesetzlicher) Standpunkt sein, von dem etwas ist oder herleitbar erkennbar ist.

So wäre dies bei Gerechtigkeit z.B. die Unterstellung, dass es eine Gerechtigkeit unabhängig vom Menschen gäbe. Dies direkt oder indirekt als z.B. Ableitung gerechter oder ungerechter Dinge, Handlungen, etc. die von einem allgemein, natürlich, naturgesetzmäßigen, göttlichen ... Gut oder Böse herrührt.

Die Frage nach objektiver Gerechtigkeit wäre dann auch die Frage, ob es vom Menschen unabhängig Gut und Böse, Falsch und Richtig ... gibt.

Die meisten Religionen beantworten dies mit ja und sehen in Gut, Böse, Gerechtigkeit o.ä. eine Vorgabe Gottes bzw. mit einer von Gott unabhängige, eigenständige "Existenz" versehen. Ähnlich findet man in vielen früheren philosophischen Ansätzen (die oft aus religiöser Prägung kam), dass es etwas "übergeordnetes" geben müsse, ob das nun Gott oder Natur oder ... (wie auch immer) ... hieße, wo es vom Menschen unabhängig "Wahr", "Falsch", "Gut", "Böse", "Gerecht" ... gäbe und der Mensch müsse es nur entdecken.

U.a. im radikalen Konstruktivismus und ähnlichem wird dies aber i.d.R. verneint. Alle Erkenntnis bleibt subjektiv. Und auch aus dem Kollektiv subjektivem Erkennens wird kein objektiv.

Ich würde hier zum Anhänger dieser Denkweisen. Etwas wirklich Objektives kann es für mich nicht geben. Für mich gibt es Systeme, insbesondere Erkenntnissysteme, Logiksysteme, etc. Diese sind sicher auch nicht wirklich vom Himmel gefallen, aber subjektive Betrachtungen, die subjketive Modelle (oder Theorien) von subjektiven Erkenntnissen sind, die je nach Sichtweise neu subjektiv zusammengestellt werden könnte.

Eine breite Basis an Zustimmung bedeutet hier noch lange keine Objektivität.

So kann es innerhalb des vordefinierten Systems sicher so etwas wie einen neutralen Standpunkt, Objektivität, etc. geben, aber nicht darüber hinaus.

Gibt es keine Objektivität, gibt es keine objektiven Gründe für irgendetwas. Selbst Gerechtigkeit ist dann etwas Subjektives und unter Umständen ja auch nur eine Begriffsdefinition, die äußerst subjektiv davon abhängig ist, wer, welche Gesellschaft ("welche Menschheit") sie wie definiert.


*zwinker*
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
2. Posting: Gerechtigkeit
Ich gehe in diesem Posting deutlich weg von dem "Objektiv-Problem" und möchte eher mehr zu Deinem Eingangsposting und Deinem letzten schreiben, was das nicht berührt.

… in der Welt geht es nur ungerecht zu.

Das empfinde ich nicht so.

Wer handelt eigentlich gerecht? Gerechtigkeit war schon von Platon als Grundfrage des Menschen der in der Gemeinschaft lebt gestellt worden (Politea). Sie geht...

Ich glaube, wie die entsprechenden Wissenschaften es teilweise darlegen, es gibt wirklich eine genetisch angelegte Natur im Menschen, aus der sich ein Teil der Gerechtigkeit - oder besser: des Gerechtigkeitsempfinden - her ableiten lässt.

"Gerechtigkeit" ist hier erst einmal eine Wortfindung als menschliche Erfindung (und das aus einem menschlichen Bedürfnis heraus, etwas zu fassen, zu beschreiben, etwas mit einer Existenz zu versehen) für etwas, was aber unterschiedlich empfunden oder von unterschiedlichen Menschen unterschiedlich ausgelegt werden kann. Eine gewisse, vielleicht genetische Grund-Gerechtigkeit (dass der Mensch wohl ein gewisses Sozialverhalten in jeder Kultur hat) wird ergänzt mit einer kulturell-gesellschaftlichen entwickelten

So scheint es die Veranlagung zu geben, nicht Einzelgänger zu sein, sondern eher mit anderen nicht nur häufiger zu interagieren und zu kooperieren (was zwar nicht zwangsläufig Regeln voraussetzt, diese könnten aber schnell definiert werden) und sogar Gruppen bis hin zu komplexen Gesellschaften zu bilden. Hier entstehen dann nicht nur Dinge, die man kulturelle Gefüge oder schlicht "Kultur" nennen kann, sondern eben ganze Regelkomplexe und damit auch Gerechtigkeitsempfinden, was auf der (genetischen) Ur-Gerechtigkeitsbasis aufsetzt, aber eben kulturell-entwicklungsbedingt unterschiedlich zu anderen sein kann.

Und hier wäre dann die Frage: hat ein Vegetarier eine andere "Natur" als ein fleischessender Mensch? Hat ein menschenopferbringender Aztek oder ein Kanibale eine andere "Natur" als ein Humanist? Innerhalb des Nazi-Faschismus war es ganz logisch und klar, dass Untermenschen vernichtet werden dürfen. Das war keine Ungerechtigkeit aus deren Sinne, sondern natürliches Recht (ggf. des Stärkeren).

Der Kapitalist sieht sich genauso natürlich richtig wie der Sozialist. Wo ist da Platz für eine "Natur des Menschen"?

Wie gesagt, gibt es die vielleicht begrenzt in wissenschaftlichen Untersuchungen, wobei auch hier kaum trennbar ist, was genetisch, was geprägt, was "natürlich" Mensch ist...


*

Lassen sich objektive Gründe für eine gerechte Handlung finden?

Innerhalb dieses Systems (der Kultur, Religionsgemeinschaft, etc.): ja. Darüber hinaus? Nein. Das ist aber nicht schlimm. Weil wir mitentscheiden, was wir (alleine und als Gruppe) als Gerecht empfinden. Und gegen gewisse Dinge kann man sich ggf. auch wehren. Nur wenn man Pech hat, kann man auch sehr alleine dastehen.

Interessant sind dann die Perspektiven. Das kleine Detail kann ungerecht sein (z.B. ein Mensch stirbt viel zu früh). Von größerer Perspektive aber auch wieder gerecht (weil es grundsätzlich jeden treffen könnte).

Interessant sind besonders die Gerechtigkeiten, die der eine dem anderen zukommen lässt, die gar nicht zum eigenen Vorteil, sondern ggf. sogar zum Nachteil sein können. Interessant ist hier eben so etwas wie das, was manchmal als Humanismus, besonders als Solidarität bezeichnet wird... Handlungen, etc, die zum Wohl aller dienen sollen und über das eigene Interesse hinaus gehen.

Nein. Das Leben, die Welt ist nicht nur ungerecht. Und es ist nicht nur "Ansichtssache" Dinge als ungerecht zu empfinden. Es gibt auch viele wunderschöne, wundervolle, tolle Dinge in der Welt, die das Leben schön (und gerecht) machen.

Und manch eine Ungerechtigkeit (im kleinen Detail) könnte sein, was für ein unverschämtes Glück man manchmal haben kann. Will sich dagegen jemand wehren?

*zwinker*
@Lustliebender
Bei allem sonstigen Zweifel bin ich mir sicher, dass dein Zweifel an der Thementreue berechtigt ist, wenn wir über Objektivität/Subjektivität debattieren wollten. Deine Beiträge sind jetzt sehr komplex und ich versuche nur mal die letzte Frage von mir zu bündeln.

Bei meiner Frage nach objektiven Gründen setze ich zunächst voraus, dass es für Handlungen (auch) Gründe gibt (es mag sein, dass man manchmal auch grundlos handelt; etwas nach dem Gefühl, oder ‚aus dem Bauch heraus’).

Unter objektiv verstehe ich, das etwas nicht nur für mich, als Beobachter/Subjekt, sondern für alle (Beobachter/Subjekte) gilt. So gilt für alle Menschen (Beobachter/Subjekte), dass zwei Finger mehr als einer sind oder jemand gelebt haben muss, ehe er gestorben ist (vielleicht würde die Suche nach weiteren Beispiel das Verständnis für objektiv noch verbessern).

Auf uns bezogen, bedeutet es zu fragen, ob es Gründe für gerechte Handlung gibt, die für alle gelten.

Zum Beispiel hatte ich die Hypothese aufgestellt, dass es ein Grund für eine gerechte Handlung ist, den Willen aller (dabei) gelten zu lassen.

Wenn also alle wollten von mir getötet zu werden, wäre es gerecht sie zu töten… Wenn man aber annimmt, dass der Wille zum Leben in der Natur des Menschen liegt, wird es mindestens einen (von allen) geben, der nicht getötet werden will. Somit gilt es nicht für alle, getötet zu werden und das töten wäre somit ungerecht.

Gerechtes Handeln ohne die anderen hat dabei niemals einen Sinn.
Und ich frage mich gerade, ob vielleicht nur eine relative Gerechtigkeit existiert; also eine, die immer im Bezug steht, sozusagen in ihrem jeweiligen Mikrokosmos.

Während es eine übergeordnete, (also von einem festen Punkt außerhalb aller Beziehungen betrachtet) absolute Gerechtigkeit nicht gibt - weil in diesem Raum auch keine Ungerechtigkeit vorhanden ist.

Warum nur denke ich nun auch noch ans "Foucaultsche Pendel" (nicht an den Roman, wohlgemerkt!)?
Morticia

Ich denke, das ist der richtige Ansatz:
in dem "Raum", wo es keine Ungerechtigkeit gibt, gibt es auch keine Gerechtigkeit weil sich die beidengegenseitig "überflüßig" machen.

Demzufolge ist in dem "Raum, wo es Gerechtigkeit gibt (subjektiv) es eben auch Ungerechtigkeit gibt.
Das ist eben die Frage, ob es die Gerechtigkeit immer nur in Relation gibt. I.e.: Relative Gerechtigkeit ja, absolute Gerechtigkeit nein.
Und können wir darauf eine Antwort finden, wenn jetzt sogar Einsteins Relativitätstheorie ja ins Wanken gekommen ist?

Vielleicht handelt es sich hier um eine Frage die unser derzeitiges menschliches Denk- und vorstellungsvermögen übersteigt?
Gerecht ist das, was ich für gerecht erkläre.

Gerechtigkeit ist kein Wert an sich, sondern ein individuelles Gefühl. Auch die Empörung über die ungerechte Behandlung anderer ist nur ein Ausdruck des Gefühls, selbst ungerecht behandelt zu werden.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
Etwas wirklich Objektives kann es für mich nicht geben.

Zu solchen und ähnlichen Schlüssen kommt die Philosophie ja immer wieder.

Bemerkenswerterweise kristallisieren sich aber in diesem Prozess der immer schärferen und präziseren Bestimmung der Grenzen unserer Vernunft neue Gegenstände des Denkens heraus, die immer weiter an dieses Ideal der Objektivität heranreichen.

Die Fehlertoleranzen von Intel-Prozessoren sind so gering, als ob von sieben Milliarden Menschen nicht mal ein einziger dem Befehl wiedersprechen würde. Das ist schon ein erstaunlicher Koeffizient von Nicht-mehr-Subjektivität.

Am Anfang jener Entwicklung, die zu diesen technischen Geräten geführt hat, stand die Formalisierung der Logik u.a. durch Frege. Natürlich müssen auch logische Beweise auf Zeichensysteme zurückgreifen, die seinerseits erstmal mit Zeichen erläutert und definiert werden wollen, was zu einem infiniten Regress führt, der 100%ige Wahrheit unmöglich macht.

Mit dieser linguistischen Wende hat die Philosophie die Unmöglichkeit von Erkenntnis auf einer qualitativ höheren Ebene erneut bewiesen, und dabei als Abfallprodukt ganz neue Erkenntnisinstrumente (Computer) hervorgebracht.

Es ist ein wenig wie bei Sisyphos: Wir wissen, dass wir den Gipfel nie erreichen, und rollen den Stein doch immer wieder hinauf. Das scheint auf den ersten Blick widersinnig, als Sport betrachtet ist das aber sehr gesund.

Ich denke, mit der Ethik verhält es sich ähnlich. Wir wissen, dass es keine Gerechtigkeit gibt bzw geben kann, aber wir suchen trotzdem immer wieder nach dem Fehler in diesem ungerechten System, weil dieser Unwohlsein erzeugt.
***na Frau
2.685 Beiträge
Gruppen-Mod 
~
Gerecht ist das, was ich für gerecht erkläre.

Halte ich für mehr als bedenklich.

Als ethische Norm, wäre damit "Unrecht" und Verbrechen an der Würde des Menschen alle Türen geöffnet.

Die persönliche "Gerechtserklärung" als Legitimation für mein Handeln?

Wie gut funktioniert bei den meisten die feinen Schwingungen der Moral und Erziehung, welche uns flüstert "Stopp bis hierhin und nicht weiter!"

Dieser oben zitierte Satz ist ein Schlag ins Gesicht für alle Opfer. egal welcher Couleur und ein Freibrief für die Motive der Täter.

lg Azana
****e_H Mann
8.282 Beiträge
...
Demnach, Azana, müsste es aber einer (demokratischen ?) Abwägung folgen und per Mehrheitsbeschluss festgelegt werden, was Recht und Unrecht sei ?
(tut es im Allg.ja auch schon :siehe Gesetzgebung. Dennoch findet wahrscheinlich jeder Verurteilte den Richterspruch subjektiv als Un(ge)recht)

Danke an dieser Stelle auch an Jincandenza, dessen Ausführungen lebensnah und anschaulich, somit für uns 'Otto Normalverbraucher' sehr verständlich werden.
"Es gibt (gar) keine Gerechtigkeit!"
sagt der Threadtitel, aber trotzdem ich Jincandenzas Herleitung zu 100% folgen kann, will ich das ein bisschen anders formulieren, wie schon weiter oben.

Eine Gerechtigkeit gibt es immer in ihrem eigenen kleinen Kreis. Wenn ich ihn als in sich geschlossen betrachte, funktioniert das ganz gut.

Subjektiv betrachtet.
***na Frau
2.685 Beiträge
Gruppen-Mod 
~
(tut es im Allg.ja auch schon :siehe Gesetzgebung. Dennoch findet wahrscheinlich jeder Verurteilte den Richterspruch subjektiv als Un(ge)recht)

Hallo Uncle,

du gibst dir die Antwort hier ja selbst. In demokratischen Staaten mit einem Grundgesetz unserem vergleichbar funktioniert das ja ganz gut.

Weitherhin vertraue ich auf die Empathie und die Entwicklung des "moralischen Gewissens" eines jeden, welche selbst nach einer verquerten Erziehung immer noch herausgebildet werden können.
Ich glaube nicht, dass jeder Verurteilte sein Urteil als ungerecht empfindet und hoffe doch sehr darauf, dass die meisten so etwas wie Einsicht in ihr Fehlverhalten zeigen, soweit es ihnen dies geistig möglich ist.

Vielleicht bin ich auch nur zu gutgläubig für diese Welt *zwinker*

liebe Grüße
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Ich habe mich wohl etwas zu kurz augedrückt.
Ich meinte, dass es de facto schon wieder Mehrheiten gibt, die das Urteil (bzw. Strafmaß) eines Einzelnen (des Richters )gegenüber dem Verurteilten (Kinderschänder,Totschläger...) als nicht gerecht, weil zu milde, empfinden.
Gerechtigkeit ist ergo eine virtuelle Schimäre, die sich in realis als Ungerechtigkeit manifestiert.

Vielleicht bin ich auch nur zu gutgläubig für diese Welt..

Wenn Du gläubig gegen mütig tauscht, mag das wohl hinkommen.
*zwinker*
Zweifelhafte Objekte
Ich hege diesen Zweifel auch und denke, dass deduktive (objektive) Erkenntnis vielleicht hier nicht möglich ist. Denn die Grundsätze liegen hier im Handeln und nicht im Denken.

Aber wenn nun dem Handeln ein Denken voraus gehen muss…? Liegt die Schwierigkeit dann darin, dass diesem Gefühle (Emotionen) beigemischt sind, für die wir keine Objektivität gelten lassen wollen? Aber warum können wir keine Grundsätze für das Fühlen finden? Gilt nicht so etwas, dass wir auch eine ‚sicheres’ Gefühl für ungerechtes Verhalten haben, so wie wir es für das Denken als Gewissheit kennen (z.B. das man gelebt haben muß, um sterben zu können).

Stellen wir uns vor, wir würden Brot an eine Gruppe hungernder Menschen verteilen und einen benachteiligen, indem wir ihn auslassen. Empfindet das nicht jeder Mensch als ungerecht diesem einen gegenüber, ihn selbst eingeschlossen (wir können das sogar noch beliebig zuspitze, falls die Deutlichkeit solcher Beispiele nicht genügt). Wäre das somit kein objektives Empfinden?

Dabei sei angenommen, dass alle die gleichen Bedingungen gelten und der ausgelassene nicht gerade der einzige mit z.B. Normalgewicht ist während die anderen nur noch Skelette sind.
Aber warum können wir keine Grundsätze für das Fühlen finden?
Weil Fühlen subjektiv ist.

Dein Beispiel mit der Gruppe hungernder Menschen zeigt auch nur, dass es graduelle Unterschiede gibt in der Objektivität - aber nicht, dass sie irgendwie absolut zu setzen wäre, diese Gruppenempfindung von Ungerechtigkeit.
fundstück
zwischenrein... es ging um die idee des separees, edel-foyers für betuchte... um die rubrik der gesondertheit, priorität für zahlende... ich habe die genehmigung des verfassers, dies hier reinzustellen.

"ich würde ja das gegenteil machen wollen. ein etablissement für die ganz unten. bestes für die schlechtesten. etwas gegen die ungerechtigkeit tun, von der unverständlicherweise im filofred gar nicht die rede ist; daß zum beispiel kinder aus prekärfamilien keine guten sachen kriegen, weil ihre eltern kein geld und eine versoffene birne haben. also gutes essen, gute kleidung, gute bildung, gute betten, gute freizeit. gutegutegute."

weil mein kommentar dazu war:


" *herz2* ja. das!"
**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Ich glaube ebenfalls, dass "Gerechtigkeit" nicht mehr als ein subjektives empfinden ist, dem objektiv nichts entgegen steht. Es gibt eben kein (vom Menschen) unabhängiges Maß für Gerechtigkeit, was einen Anspruch an Allgemeingültigkeit stellen kann und es gibt auch keine (allgemeingültige) Logik zur Gerechtigkeit.

Gerecht ist, was wir so empfinden. Teilweise genetisch bedingt, größtenteils kulturell-soziologisch entwickelt geprägt. Und wie das so mit Gefühlen ist, sind die nicht immer logisch und sie sind auch nicht immer bei allen gleich, wie schon dargelegt. Und das kann natürlich zu "fatalen" Ergebnissen führen, je nach Gruppe, Gruppierung, Gesellschaft, Mehrheit oder Diktatur, die das Recht auf ihrer Seite sehen glaubt und durchsetzt man selber halt anders denkt, meint, fühlt.

Ein religöser (o.ä., z.B. ideologischer) Mensch kann meinen, es gäbe eine allgemeingültige, von Gott gegebene Ethik, die man nur mit richtiger Einsicht erkennen müsse. Nein. Ethik ist subjektiv, menschlich, in gewissem Sinne mehrheitlich oder diktatorisch geprägt und von daher wandelbar und wandelnd. Man sollte hier auch nicht glauben, dass wir eben heute kein steinzeitliches oder mittelalterliches Recht mit Auge um Auge und Zahn um Zahn haben, weil wir uns ja weiter entwickelt und "zivilisiert" hätten. Nehmen wir das krasse Beispiel "Todesstrafe". Warum sollte der Humanist, der gegen sie ist, mehr im Recht sein, als der Befürworter? Beide haben für sich schlüssige, unter Umständen logische Argumente für die jeweilige Auffassung. Beide fühlen sich gut mit ihrer Meinung und ungerecht behandelt, wenn es anders wäre/ist. Der außenstehende Betrachter wird sich das angucken und beurteilen. Nur, war er vorher schon Gegner, wird er wohl kaum seine Meinung ändern, analog der vorherige Befürworter. Der "Unbeleckte" wird sich einer Meinung anschließen. Aber wohl kaum wegen einer überzeugenden Logik, sondern aus dem "Bauch" heraus. Aufgrund der Gefühle, die er als Gerechtigkeitsempfinden hat. Und ein islamisch-fanatischer Taliban wie ein "moderner" US-amerikanischer fundamentalistischer Christ hat sicher andere Gerechtigkeitsgefühle als wir hier gerade.

Es ist ja auch immer wieder die Frage, ist der Mensch des Menschen Wolf.

Das schöne ist aber, dass bei solchen sozialen "Dingen" wie etwas zu teilen, Solidarität, zu helfen, ... viele Menschen gute Gefühle dabei haben wie Zuneigung, Liebe, Mitleid, Gemeinschaftssinn ... die ganz massiv den Begriff Gerechtigkeit prägen bzw. in eine spezielle, soziale Richtung verschieben. Aber das ist bei Leibe keine Selbstverständlichkeit! In unserer Natur (der Natur des Menschen) ist eine "soziale Ader" verborgen, die aber nicht zwangsläufig zu einer speziellen sozialen Gesellschaft führen muss. Auch eine reine Anarchie wäre von außen betrachtet gerecht, denn die einzelnen Ungerechtigkeiten können ja wieder um alle treffen.

Eine, es allen richtig (gerecht) machende Gesellschaft kann es nicht geben. Dafür sind wir Menschen zu unterschiedlich.
*******enza Mann
3.454 Beiträge
...
Gerecht ist das, was ich für gerecht erkläre.

Gerechtigkeit ist kein Wert an sich, sondern ein individuelles Gefühl.

Weitherhin vertraue ich auf die Empathie und die Entwicklung des "moralischen Gewissens" eines jeden

Mir scheint beides nicht weit voneinander entfernt, wenn wir uns noch einmal eine der Herleitungen des Begriffs Objektivität aus dem Wiki-Zitat vergegenwärtigen:

Jaspers sieht in der Subjekt-Objekt-Spaltung eine wesentliche Eigenschaft des Denkvermögens, das stets bemüht ist, „das Gegenüberstehende“ zu erkennen und damit die Grenzen des eigenen Selbst zu erweitern bzw. zu überschreiten. Indem wir das Gegenüberstehende zum Gegenstand unseres Denkens machen, eignen wir es uns an, werden wir gar zum anderen.

Aus irgendeinem Grund verbinden wir ja mit dem Begriff "Objektivität" irgendetwas - wie Lustliebender sagt -

(vom Menschen) unabhängiges

Dieses Objektivitäts-Ideal gilt aber heute nicht mal mehr für die Physik als Paradedisziplin der empirischen Wissenschaften. In der Ethik hat es möglicherweise nie Sinn gemacht.

Wenn wir uns auf die oben zitierte Bedeutung von "Objekt" als "das Gegenüberstehende", "das mir Entgegengeworfene" zurückbesinnen, dann wird gerade in der Ethik immer ein konkret mir gegenüberstehender Mensch Gegenstand meines moralischen Denkens und Fühlens. Um diesen Menschen geht es. Nicht um das Regelwerk.

Ich bin genau dann wahrhaft "objektiv", wenn ich mich in mein Gegenüber empathisch hineinversetze, mit ihm mitfühle.

-----------------

In den (moralischen) Regelwerken der Theologie und der Jurisprudenz hat der Begriff der Widerspruchsfreiheit nie jene Bedeutung gehabt, die er in Logik und Geometrie hatte. Wie dieses euklidische Ideal in die philosophische Ethik hineinschwappen konnte, wäre eher ein kulturhistorisches Rätsel.

Wollt ihr die totale Gerechtigkeit? Wollt ihr sie - wenn nötig - totaler und radikaler als wir sie uns heute überhaupt erst vorstellen können?

(frei nach Joseph Goebbels)

**********_Gogh Mann
5.291 Beiträge
Gedankenspiele
Das Problem:

Auf einer entlegenen, abgeschotteten Insel leben 10 Menschen. Die Nahrung der letzten Ernte reicht aber nur für 9 bis zur nächsten Ernte.


1. Keiner möchte sich freiwillig opfern! Alle setzten sich zusammen und wollen alle gleichbehandeln und jeder bekommt die gleiche Menge zu essen. Dies ist absolut gerecht, aber am Ende sind alle tot.

2. Alle (ggf. 5 oder 3) wollen sich für die anderen opfern (oder erklären sich bereit, sich zu opfern, wenn das Los auf sie fällt). Zwischen allen opferwilligen wird gelost. Alle finden das gerecht.

3. Einer meldet sich freiwillig. Ihm wird ein Denkmal gebaut und er wird die nächsten hundert Jahre verehrt, so lange sich jemand an die Geschichte erinnert. Von den 9 ist aber kaum einer glücklich.

4. Keiner will sterben und keiner meint, es könne auch nicht von der Gruppe jemand in den Tod geschickt werden. Da aber auch keiner des Hungers sterben will, wird kollektiver Selbstmord aller begangen.

5. 8 melden sich sofort bereit, für die anderen sterben zu wollen. Man beratschlagt und beschließt mit 8 Stimmen, dass die 2, die sich weigerten, zum Tode verurteilt werden, da sie das Verbrechen begingen, sich nicht für die Gemeinschaft zu opfern...

6. Als die Nachricht bekannt wird, fallen alle übereinander her; (ggf. manch einer brutal, manch einer nur verteidigend). Hierbei gibt es gleich 3 Todesfälle und der Rest lebt viel üppiger, als gedacht. 4 meinen, zurecht überlebt zu haben, da sie ja stärker als die Toten waren. 3 finden es ungerecht, wie das Ganze abging, sind aber auch froh, überlebt zu haben und wollen nicht groß meckern. (Zahlen beliebig veränderbar)

7. Der Ober-Azteke beschließt, es muss ein Menschenopfer her, damit die Götter nicht mehr erzürnt sind (auch, damit die nächste Ernte dann besser wird! Der denkt voraus!) und wählt unter den 9 anderen einen (natürlich den, der ihm die meisten Widerworte gab) aus zum Opfern. Alle, auch das Opfer, finden diese Entscheidung gerecht und akzeptieren sie, denn der Ober-Azteke ist ein weiser Mann, der weiß, was die Götter wollen. Das Opfer gibt sich der Abschlachtung bereitwillig hin.

8. ... wie zuvor, aber das Opfer findet das gar nicht lustig. (... gerecht.)

9. Der Rat setzt sich zusammen und beschließt (Variante 1: einstimmig; Variante 2: 6 zu 4), dass einer für die anderen sterben muss Als zweiter Beschluss wird (gleiche Varianten hier neu) festgelegt, dass der Älteste (Variante X: er hatte beim ersten Beschluss mit ja gestimmt; Variante Y: er hatte nein gestimmt) ja am meisten schon vom Leben gehabt hat und sterben muss. (Hier wären noch zig andere „nette“ Kriterien denkbar: der mit der hellsten Haut; der Dümmste; der mit dem Pickel im Gesicht ...).

a. Der Ratsbeschluss fällt einstimmig. Alles sind einverstanden und finden das gerecht.
b. Der Ratsbeschluss fällt 9 zu 1 aus. Ausgerechnet der Älteste hat dagegen gestimmt.
c. Der Ratsbeschluss fällt 9 zu 1 aus. Der Jüngste hat dagegen gestimmt!
d. Der Ratsbeschluss fällt 6 zu 4 aus...

10. Die 3 Adligen wählen einen der 7 Sklaven zum Sterben aus.

a. Der Sklave weiß, dass dies Schicksal zu akzeptieren ist und alle finden das gerecht.
b. Der Sklave findet das nicht lustig.
c. Auch der Adlige, dem der Sklave gehört, fühlt sich ungerecht behandelt, da er jetzt alles selber tun muss.

...


Gerechtigkeit hat viel mit Gefühl (gefühlte Gerechtigkeit) zu tun, wobei es nicht nur gerecht ist, wenn es sich gut anfühlt und umgekehrt.

Gibt es also Gerechtigkeitshierarchieen? Also mindestens eine Detail-Gerechtigkeit/Ungerechtigkeit im Kleinen und eine übergeordnete? Pech/ungerecht für den Einen, gerecht für die Gruppe? Und gleiches Recht für alle ist nicht immer die Lösung.

Hier könnte man sicher jetzt noch weitere Möglichkeiten durchspielen. Interessant fand ich, worüber ich stolperte. Was, wenn ich die Zahlen ändere?

„Auf einer entlegenen, abgeschotteten Insel leben 1000 Menschen. Die Nahrung der letzten Ernte reicht aber nur für 900 bis zur nächsten Ernte. ...“

Dass die gleichen Gedankenspiele also nun ggf. mit einem Hundertfachen durchspielt werden, ändert ja eigentlich nichts am prozentualen Verhältnis (statt einem würden dann 100 sterben, aber in beiden Fällen sind es 10 Prozent). Trotz des Bewusstsein, dass auch umgekehrt 90 % überleben, es mal 9, mal 900 sind, so fand ich die Vorstellung, dass ev. 100 statt 1 sterben würde, viel schlimmer. Was ändert sich da? Und warum?

*gruebel*
Gerechtigkeit hat viel mit Gefühl (gefühlte Gerechtigkeit) zu tun, wobei es nicht nur gerecht ist, wenn es sich gut anfühlt und umgekehrt.
Gerechtigkeit hat nur und ausschließlich mit Gefühl zu tun?! Es gibt keine Objektivität?! Es gibt keine absolute Wahrheit?!
****e_H Mann
8.282 Beiträge
Gerechtigkeit hat viel mit Gefühl (gefühlte Gerechtigkeit) zu tun, wobei es nicht nur gerecht ist, wenn es sich gut anfühlt und umgekehrt.


Was ändert sich da? Und warum?


Lass mal Bruce Willis ran !
Trotz des Bewusstsein, dass auch umgekehrt 90 % überleben, es mal 9, mal 900 sind, so fand ich die Vorstellung, dass ev. 100 statt 1 sterben würde, viel schlimmer. Was ändert sich da? Und warum?

Das Gefühl?
so fand ich die Vorstellung, dass ev. 100 statt 1 sterben würde, viel schlimmer.

Vermutetes Leid mal hundert? Verlust an Arbeitskraft mal hundert? ???

Ich hänge immer an der Frage, wie das Gerechtigkeitsempfinden mit persönlicher Bekanntschaft und daran hängenden Gefühlen füreinander zusammenhängt.
Gerade bei diesem Beispiel von 10:1000 oder mehr.
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