wie
soll der aussehen?
was ist da "schlecht"?
schlecht ist das, was offensichtlich dem kanonisierten niveau-leser widerspricht, also belanglos in der denke und mangelhaft in der form ist. schreibt einer thematisch bedeutungsarm und zweifelhaft geformt, und findet interessierte leser, dann findet er und die leser auch, das sei "gute" schreibe und "gute" lesbarkeit.
aber daa waren wir gar nicht; wir waren beim lesen des eigenen lebens und beim schreiben des eigenen feuilletons.
besteht ein kausaler zusammenhang zwischen einem bekloppten leben und einer noch dämlicheren interpretation desselben? oder umgekehrt, zwischen einer bedürftigen drehbuchanweisung und einem kassenflop an der betriebsinternen kinokasse?
aha.
da wollen dann wenigere abspringen, bei der hypothese: ist der input, sind skript, regie, produzent hundsmiserabel, kommt eben konsekutiv ein wacklig filmchen bei raus. und dann neigt man eher dazu, sich als leser, nachträglich, korrektiv und überlebenswichtig, zum helden zu gerieren. irgendwie die szenenfolgen so zu verkleben, dass der cutter bei dienstschluss befriedigt und brustvoraus nachhause kann. sobald eine story einen überzeugenden helden hat, einen, der tröstet, bestätigt, anheizt, inspiriert, kitzelt, einen, der das ruder in die hand nimmt, ist das sonstige drumherum egal. die story wird mörtelfrei um die figur herum gelehmt, wie einst pandora.
das erklärt, warum alle phänomenale politik, die legenden und die religionen, kultur überhaupt, so personenbezogen sind. die geschichte unseres erdballs und unserer hinterlassenschaft ist eine personalisierte. pro maßeinheit milimeterpapierne historische bewegung, soundsoviele grundprivatisierte visagen: herrscher. also leitfiguren, stammesführer, schamanen, priester, kirchenfuzzis, fürsten, revoluzzer, oppositionelle, mein lehrer, mein kaninchen und meine mutti.
das erklärt auch, warum es in miesen stories so sehr nach coolem helden verlangt; notfalls im jenseits, dann aber tête-à-tête mit dem allheiligen und brustanbrust mit den vierzigjungfrauen. wenn der ganze entwurf nicht mehr hinhaut, sorgt eine von amts wegen installierte betreuung für die verbrämung. wortnah bekommt man also einen pelz umgehängt, kopf-hoch-auch-wenn-der-hals-schmutzig-ist.
das bringt mich auf die frage nach dem leseapparat: womit soll ich lesen?
mein leben ergibt unter der lupe eine ganz andere welt, als unterm scheffel, unter der teleskoplinse, unter dem regenbogen oder unter dem flaschenboden. welche linse soll ich anlegen, um ein schönes design zu erreichen, das sich gut verkauft? nee, an das sogar ich glauben kann, weil es sooo schön ist?
mir scheint, leser zu sein ist beinahutopie. bestenfalls ist man lektor. typograph. das buch liest sich vom ende her am schlüssigsten, wie soll man also je zwischenstationär die eigene internierung kapieren?
dennoch: neulich lauschte ich einem mann. der sagte, er sei dort und dort gewesen. habe dies und das gesehen. nördlich und südlich des äquators, nach links und nach rechts auf der landkarte, und er zählte länder auf. da und dort. und dort, und dann da. und dann und dortauchnoch. nach einer weile fragte ich ihn, mit welchem zweck er das getan habe. er sagte: ich wollte es sehen. ich fragte, warum. er sagte, er sei neugierig gewesen. dann fragte ich, warum er das sei. er sagte, er sei halt so. dann fragte ich, was er denn an erkenntnis mitgebracht hätte, was er zu bündeln gedachte aus dem gesehenen. da überlegte er und sagte: na, überall auf der welt sind die leute anders. und ich fragte, ob ihm das im alltag geholfen habe. und er sagte, nein, denn hier seien die leute eben so und woanders anders. und hier gälten die hiesigen regeln, die können gut und gerne woanders machen, wie sie wollen, hier ist hier.
ich dachte, das viele kerosin hätte eingespart werden können. dem mann hätte man doch auch filme zeigen können, er wäre zum selben schluss gekommen. wozu all die reisen. wenn nicht dazu, hier und woanders unter einen hut zu bringen? mich und mein später-ich. jetzt und dann. wozu grenzen passieren, wenn man nicht glaubt, dass sie passierbar sind?
das hier und das dort, das jetzt und das dann, sind konstitutive momente einer erzählung. und mögen sie noch so verschüttet unter wortlawinen liegen. stories, die innehalten, sind keine stories, es sind meditationen, ein genre für sich.
also ich meine, gute schreibe und gutes lesen sind keine verhandelbaren termini. was verhandelbar ist, ist die ent-wicklung, das ausspinnen, das weben, das reißen.
maya entschleiern, ein hocherotischer akt.