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eine starke Empfindung der eigenen Existenz.
diese, so meine ich, ist am sinnlichsten im jetzt zu erfahren. mag sein, dass erinnerungen und déja vus auch ein quantum an gewahrsein entfalten, ein echo. aber das eigene da-sein ist eine sache des augenblicks.
ist der vergangen, branden unwillkürlich die gedankenmassen heran. sie lecken sich an die ufer heran, fluten den strand voll mit reflektiven wassern, unterhöhlen sandburgen und dämme, fressen sich in die stabilität der erde hinein und hinterlassen kultur.
algen, krabbeltier und schlick, wenn man nah am wasser baut und zum beweinen von geflutetem neigt. das selbe, nur fruchtbar, wenn man lernt die kulturelle durchnässtheit als gewinn zu verarbeiten. je nach tendenz.
um diesen tendentiösen einflüsterungen, der kulturellen erstverschattung und überblendung zu entgehen, entwarf ich vor einiger zeit das jetztgefäß. ich kann es erzählen, es wird davon nicht kleiner.
das imaginiere ich als kristallne schale, so, in gralsmanier. sie fängt alles auf, was jetztqualitäten hat. die "starke empfindung der eigenen existenz", die sensationellen momente der gelungenen kommunikation, sei sie versprachlicht oder physisch, die phasen der unmittelbaren übersetzung und translation, also der überwindung der wassermassen auf dem boot des selbstseins.
alle sekunden der wachheit.
ich lasse das in das jetztgefäß einlaufen und verschließe dann den deckel sobald ich den ersten geruch von algen wahrnehme. zack, aus. das jetzt ist drin und ich habe eine erzeugerabfüllung. dort, enthoben aller nachreifung, lagert das elixier also und bleibt beschützt. unbedarft. rein. gebunden nur an die bedingungen des jetzt, das fortan ein "damals" ist.
ich habe festgestellt, dass die kur mit diesem gebräu nicht das schlechteste ist. jedes mal, wenn ich schlick an den knöcheln habe, fessel, und mir dessen bewusst werde, gehe ich hin und entkorke das jetztgefäß. nicht einmal ist es passiert, dass die aufsteigende geistigkeit der existenz mich nicht mit ihrem unwiderstehlich sinnhaften duft betört hätte. die geste macht so viel verständnis frei, dass das jetzt unverdorben, unvergoren, sogleich destilliert aufstreben kann. man spürt ... sich. man downloadet ins eigene "damalige" selbst.
nun gilt es acht zu geben, dass der kontakt mit der aktuellen welt das land von damals nicht kontaminiert. dass kultivierung nicht das land erstickt. jedes öffnen des gefäßes ist ein anlauern von gift oder von arznei. je nach tendenz.
auf mein gefäß habe ich
arznei eingraviert; da liest alice "trink mich, werde groß", deshalb kann ich jetzt nicht mehr umhin als (am) jetzt von damals zu genesen. ich glaube der schrift.
also ist das etikettieren doch da, wir kommen nicht umhin zu werten. allein, die wertung als arznei holt einen zurück. immer wieder zum kraftort zurück.
eine linie besteht aus einer unzahl von punkten.
Die Sonne scheint, es ist Ebbe, und das Watt ist aufgeheizt. Man legt sich nackt in den Schlick und blickt in den Himmel.