Precht wollte ja noch viel weiter gehen und sagte, wenn wir in der Forschung so weit sind, dass wir alle Ursachen für böses Handeln nachvollziehen können, dann wird es keine Schuld mehr geben. Dann nämlich werden wir merken, dass jegliche böse Tat ganz natürliche Ursachen hat und der Täter sich gezwungen sah, so zu handeln. Insofern bin ich schon glücklich, dass wir einen ersten Schritt dahin getan haben, von verminderter Schuldfähigkeit bei offensichtlich kranken Menschen zu sprechen.
Ich denke da eher in die Precht'sche Richtung und gehe in letzter Konsequenz von absoluter Schuldunfähigkeit aus.
Ein anderer Punkt fiel mir vor Jahren auf, als ich mich fragte, warum es in fast allen Märchen das Böse gibt. Der Frage gingen die beiden ja auch nach, als sie über die Faszination des Fernsehkrimis sprachen. Meine Erklärung, warum wir gebannt auf das Böse sehen, ist noch anders: Um Moral zu entwickeln, die die Gesellschaft zum Überleben braucht, braucht sie einen Begriff vom Guten und vom Schlechten. Da wir das Gute sehen können und im Normalfall ja auch leben können, haben wir kein Problem damit, den Begriff zu füllen und zu begreifen. Das Schlechte und Böse können wir nicht mal so eben tun. Einen Mord kann man nicht ausprobieren. Um den Begriff des Bösen all so zu füllen, müssen wir uns das Böse in erfundenen Geschichten vor Augen führen, damit wir ein Gefühl dafür bekommen.
Vielleicht korreliert so der Anteil der Schurken im Fernsehen mit dem Bedürfnis der Gesellschaft, im Guten zu leben.
Anders herum: Würde man die Gewalt, das Morden und Stehlen in den Geschichten außen vor lassen, stiege womöglich die tatsächliche Gewaltbereitschaft der Gesellschaftsmitglieder.