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Was, wenn es den freien Willen nicht gibt?

**e Mann
2.564 Beiträge
Themenersteller 
So wie ich keinen freien Willen annehme, so nehme ich auch keinen unfreien Willen an.

So wie die Krokusse, die gerade im Garten keimen und blühen, eine Funktion ausfüllen, einem Auftrag folgen, jede an einem anderen Ort und keine in Form und Farbe der anderen gleich, ganz so geht es uns Menschen mit unserem Auftrag. Der ist vorher bestimmt.
Davon merken wir gar nichts, so lange wir nicht darüber nachdenken, denn das, was die Natur mit uns macht, Wind und Wetter, ein Fußtritt oder das Knabbern eines Nagers an unseren Wurzeln, das versuchen wir wegzustecken, haben Strategien entwickelt, zu überleben, um dann doch noch die schönsten Blüten hervor zu zaubern, die fleißigen Bienen anzulocken.
Natürlich leben wir im kollektiven Geist der Krokeen, denn dieser Geist ist die Idee dieser Pflanze an sich.

Nun hat der Krokus sich keine Gedanken gemacht (auch eine Hypothese) und ist nicht der fixen Idee erlegen, er könnte auch anders wenn er wolle. Er ist auch nicht auf die Idee gekommen, im kollektiven Geiste Einzelpflanzen zu maßregeln, weil diese sich quer entwickelt haben.
Braucht er anscheinend nicht, denn die Gesamtstrategie scheint aufzugehen, was jeden Frühling wieder zu bestaunen ist.

Die Kartoffelsuppe ist keine fiktive Idee und wenn es sie nicht geben sollte, dann müsste ich diese existierende Suppe in meinem Teller umbenennen. Das würde an der Sachlage wenig ändern.

Die Frage, "was, wenn es den freien Willen nicht gibt?" stellt sich etwas anders und sollte meinen: "was, wenn wir von der Illusion des freien Willens Abstand nehmen?". Wenn es ihn nicht gibt, dann ändert sich in unserem Umfeld ja erst einmal gar nichts. Dann hat es ihn vorher nicht gegeben und gibt es ihn jetzt auch nicht. Es hat ja alles recht ordentlich funktioniert ohne ihn (na ja).

Die Frage macht aber etwas mit uns, in uns. So stellt sich schnell die Frage, wofür ich noch ackern soll, wenn eh alles schon geplant ist?

Wie alles andere, so muss auch die Entstehung der Illusion vom freien Willen eingeplant gewesen sein.
Na ja, sagen wir so, sie hat sich zumindest entwickelt. Denn es ist ein Unterschied, ob es einen Plan gibt (dafür bräuchte es einen Planer) oder wir einfach nur in einer kausalen Kette eines riesigen Experimentes mit ungewissem Ausgang stecken.

Irgend ein Chemiker hat da ein paar Ingredienzien zusammen geschüttet und nun passiert, was da passieren musste. Was am Ende dabei heraus kommt, wissen weder wir, noch der Chemiker. Dennoch sind es, rekursiv betrachtet (Dank an die Katz), alles Kausalitäten gewesen. Eine Planlosigkeit bedingt also nicht zwangsläufig eine Zufälligkeit.

Was bleibt mir nun selber zu tun in diesem Experiment? Ich denke, mir bleiben meine Anlagen. Die Erfahrungen zeigen mir, dass ich gut daran tue, nach diesen Anlagen zu leben. Hatten wir schon einmal: die Triebe z.B.: Essen, Vermehren, Trinken und Briefmarken sammeln. Meine Anlagen haben es auch irgendwie geschafft, dass ich mir Gedanken um soziale Zusammenhänge mache, all so tue ich gut daran, mich weiter damit zu befassen. Zumindest so lange, wie es mir sinnvoll erscheint, ist das mein Wille. Ich will nämlich nicht neben mir leben und so scheint mir der Körper eines gesunden Menschen auch ausgerichtet.
Wir merken sehr schnell, wenn wir gegen diese Bestimmung, die ja aufgrund der verschiedensten Einflüsse bei jedem ein klein wenig unterschiedlich ausgefallen sind, leben. Es geht uns nicht gut, wenn wir kein Essen, keine Arbeit, keine Liebe etc. haben. So wird es uns auch schlecht gehen, wenn wir unsere sozialen Kontakte verlieren.
All den Antrieb für das, was ich tue, habe ich nicht deshalb, weil ich denke, juch hu, ich kann tun, was ich will.

Was also würde passieren, wenn es den freien Willen nicht gibt? Nichts!

Außer eben, dass wir eine ganz große Baustelle aufmachten: das Ende der Schuld.
*********anda Frau
577 Beiträge
Schön geschrieben. *top*

Ich frage mich, ob das Einführen der Schuld seinerzeit ebenso revolutionär gewesen ist? -- Und stelle mir vor, wie wir aus dem finsteren Keulenzeitalter mit niederer Gier auf all die anderen losgingen. Wenn ich in die Geschichtsbücher gucke, sehe ich keine friedlichen Krokusse, sondern blutrünstige Haudegen. Sogar Kain hat seinen Bruder Abel erschlagen!

Die Zehn Gebote mit ihrer klaren To-do-Liste, was man darf und was man nicht darf, werden schon aus einem Grund ins Spiel gebracht worden sein. Verbote werden mit Strafe belegt und wer Schuld hat, muss gestraft werden. Es klingt wahrscheinlich paradox, aber die Erschaffung von Schuld wird in der Menschengeschichte auch einmal sehr bahnbrechend gewesen sein.

Natürlich ist es nicht gut, gesellschaftliche Strukturen über die Verfallszeit lebendig zu halten. Es ist gegen das Abschaffen von Schuld nichts einzuwenden.

Khalil Gibrans "Der Prophet" ist 1923 erschienen.
Dieser Auszug passt -- wenngleich recht lang und dennoch von mir gekürzt -- in unsere Debatte:


Dann trat ein Richter der Stadt vor und sagte: Sprich uns von Schuld und Sühne.

Und er antwortete:

Selbst wie der Heilige und Rechtschaffene nicht über das Höchste hinaussteigen kann, das in jedem von euch ist, so kann der Böse und Schwache nicht tiefer fallen als das Niedrigste, das auch in euch ist.

Und wie ein einzelnes Blatt nicht ohne das stille Wissen des ganzen Baumes vergilbt, so kann auch der Übeltäter kein Unrecht tun ohne den verborgenen Willen von euch allen.

Ihr seid der Weg und die Reisenden. Und wenn einer von euch fällt, fällt er für die hinter ihm, eine Warnung vor dem Stolperstein. Ja, und er fällt für die vor ihm, die, obgleich schneller und sicherer im Schritt, den Stein des Anstoßes nicht entfernten.

Und noch dies, mögen die Worte euch auch schwer auf dem Herzen liegen: der Ermordete ist nicht ohne Verantwortung an seiner Ermordung und der Beraubte nicht schuldlos an seiner Beraubung. Der Rechtschaffene ist nicht unschuldig an den Taten des Bösen, und der mit sauberen Händen ist nicht rein von den Taten des Missetäters.

Ja, der Schuldige ist sehr häufig das Opfer des Geschädigten.
Und noch öfter ist der Verurteilte der Sündenbock für den Schuldlosen und den nicht Beschuldigten.

Ihr könnt nicht den Gerechten vom Ungerechten trennen und nicht den Guten vom Bösen; Denn sie stehen zusammen vor dem Angesicht der Sonne, wie der schwarze und der weiße Faden zusammengewoben sind. Und wenn der schwarze Faden reißt, wird der Weber das ganze Gewebe prüfen und auch den Webstuhl untersuchen. Und wenn einer von euch im Namen der Rechtschaffenheit strafen und die Axt an den Baum des Bösen legen möchte, soll er ihn bis zu seinen Wurzeln prüfen; Und wahrhaftig, er wird die Wurzeln des Guten und Bösen finden, des Fruchtbaren und des Unfruchtbaren, alle ineinander verflochten im stillen Herzen der Erde.

Und ihr Richter; die ihr gerecht sein wollt, welches Urteil sprecht ihr über den, der zwar aufrichtig im Fleisch, im Geist aber ein Dieb ist? Welche Strafe verhängt ihr über den, der im Fleisch tötet, im Geist jedoch selber getötet wird? Und wie verfolgt ihr den, der in seinen Handlungen ein Betrüger und Unterdrücker, doch auch gekränkt und verletzt ist?

Und wie werdet ihr die bestrafen, deren Reue schon größer ist als ihre Untaten?
Und wie wollt ihr Gerechtigkeit verstehen, wenn ihr nicht alle Taten im vollen Licht anschaut?

Erst dann werdet ihr wissen, dass der Aufrechte und der Gefallene nichts als ein Mensch sind, der zwischen der Nacht seines kleinlichen Ichs und dem Tag seines göttlichen Ichs im Dämmer steht, und dass der Eckstein des Tempels nicht höher ist als der niedrigste Stein in seinem Fundament.

Khalil Gibran - Der Prophet
Kleines Geheimnis: für den Spruch: "Sie haben keine Schuld" nimmt jeder Psychotherapeut mindestens 89 € die Stunde.

Entschuldige pue, deine Gedankengänge sind interessant. Die Schuld in Verbindung, mit "Ich kann ja nichts dafür", lassen das Herz eines jeden Juristen höher schlagen.

Prima. *top*
***er Mann
238 Beiträge
Wirft ja ein neues Licht in die Dikussion...
Wenn wir immer alles ohne Verantwortung tun würden, wer könnte uns denn zu etwas zwingen???
Dann sind Steuerhinterzieher also nicht verantwortlich?
Falschparker nicht verantwortlich?
Kinderschänder nicht verantwortlich?
Würde natürlich die Staatskasse wegen leerer Gefängnisse drastisch entlasten.
Aber das Zusammenleben hätte wieder den Charakter aus der Zeit der Kanibalen.
Wenn Regeln zum Zusammenleben entwickelt werden, muss entweder die Moral, der innere Antrieb oder die Vernunft so stark sein, das alle sich dran halten oder die Vernunft durch Abschreckung unterstützt werden.
Und man muss die Regeln so einfach machen wie die 1o Gebote (nicht Gesetze)!
Dann gäbe es vielleicht wieder "Willen" - wollen zu überleben...
Gute N8
WOlf
*******use Mann
3.197 Beiträge
Der Steuerhinterzieher
müsste keine Strafe fürchten, da er ja nichts dafür kann.
Aber er müsste 100% der Steuerschuld (incl. Verzugszinsen) ohne Verjährungsfrist
zurückzahlen, da der Staat (also wir) ja auch nichts dafür kann, daß er ständig Geld braucht... *g*
Armer
Ulli *floet*
**e Mann
2.564 Beiträge
Themenersteller 
Danke, Frau Nalanda für das Danke und danke auch für den Propheten, der da so wahr sprichet.

Hallo bager,

gehen wir mal in die Details: Steuerhinterzieher, hm, ich glaube nicht, dass die Strafen, die da verhängt werden (und auch nicht die für den kleinen Mann) so drastisch sind, dass sie von diesem "Kavaliersdelikt" abhalten. Ist nicht meine Erfahrung. Habe die eine oder andere Steuerprüfung hinter mir.

Der Falschparker. Die Einnahmequelle für Städte schlechthin. Da bin ich mir nicht so sicher, wo der Täter zu suchen ist. Die von unseren Steuergeldern gebauten Straßen gehören uns und ich empfinde es als eine Gaunerei, für den von mir gestellten Stellplatz auch noch Geld bezahlen zu müssen. Anders ein privates Parkhaus. Die kommen irgendwie auch ohne Strafen aus.

Nu kommt der Kinderschänder. Bravo. Des deutschen Lieblingstäter, immer herbei zitiert, wenns ans Herz gehen soll. Nein, die Anzahl der Kinderschänder wird, und das sage ich voraus, drastisch zurück gehen, wenn die Gesellschaft die Kraft, die sie heutzutage in die Abschreckung und das Strafsystem steckt, dazu nutzt, Bildung, Vertrauen, Verständnis, Kommunikation, Ursachenforschung, Aufklärung etc. zu fördern. Ich für meinen Teil würde noch nicht einmal ein Kind schänden, wenn ich ein Vermögen dafür bekäme. Du oder der böse Mann von nebenan?

Hast du wirklich den Eindruck, dass es tausende von Kinderschändern gibt, die nur nichts tun, weil eine Strafe darauf steht? Ich glaube es ganz und gar nicht. Interessant vielleicht der Thread, den ich demnächst über Sexualität und Gesellschaft und das Pornographieverbot im Besonderen eröffnen will. Der steht schon lange aus. Hier würde die Diskussion den Thread sprengen.

Ich verstehe, dass die Abschaffung von Schuld eine allgemeine Angst auslöst, glaube aber auch, dass die Gesellschaft einen Riesenschritt in Richtung Vertrauen gehen kann, wenn sie nur darüber nach denkt. Und dieses Plus an Vertrauen, da bin ich mir sicher, wird mehr wiegen als das Mehr an Straftaten durch die Abschaffung von Schuld und Strafe.

Wie schon in anderen Threads angedeutet, wird man aber nicht viel sparen bei der Prozedur. Die Kosten, die heute ein Verfahren mit sich bringt, werden vielleicht noch übertroffen durch die Kosten, die eine Beurteilung von Taten mit sich bringt, welche als gesellschaftsschädlich angesehen werden. Ich will ja nicht die Gebote abschaffen, sondern nur Schuld und Strafe. Ein "Täter" wird ein solcher bleiben und sich einem Verfahren unterziehen, dass seine Tat beurteilt und dessen Ziel ist (wie es auch heutzutage die Zielvorgabe ist), den Täter zu resozialisieren. Wahrscheinlich wird man pathologische Täter auch weiterhin einsperren müssen.
Es macht aber keinen Sinn für mich, sie zu strafen.
*******use Mann
3.197 Beiträge
Ulli
könnte sich ja einfach arm rechnen oder die Rückzahlung (erneut) hinterziehen
-da das Risiko =0 wäre.

Anwälte bräuchten sich wohl nicht arm rechnen... *g*
***er Mann
238 Beiträge
Wenn's
nur am Geld liegt*gruebel*
Dann sollte man das Geldfälschen, um den eigenen Bedarf zu decken wie beim Haschsich doch einfach legalisiesen *liebguck*,
und der Staat könnte sich einfach aus der Krise drucken... *lol*
Kaufleute bräuchten keinen Aussenständen mehr hinterherjagen, Banken hätten keine geplatzen Kredite mehr...
Eigene Geldscheine hätten dann den Charakter eines Gemäldes, weil jeder den eigenen Wert selbst drauf schreiben darf.
bei mir gäbs dann den 99,99 € Hustenschein, spart auch immens Wechselgeld *lol*
Eine Frage hätte ich noch: Was sorgt dafür das Triebe unter Kontrolle bleiben und somit Unheil verhindert wird?
Die Vernunft kann es ja nur dann sein, wenn alle am Projekt:
**e:
Bildung, Vertrauen, Verständnis, Kommunikation, Ursachenforschung, Aufklärung
teilnehmen. Du gehst aber davon aus, das jeder den freien (!) Willen hat, an diesem Projekt teilzunehmen. Die Gesellschaft, die dir vorschwebt ist ja davon abhängig, das jeder an dem Projekt: Bildung etc. teilnimmt. Aber zu der Entscheidung brauchen wir einen Willen. Ich sehe nicht, das wir das alle selbst unfrei wollen würden.
*******alm Paar
7.574 Beiträge
projektarbeit.........
.........zu einem projekt gehört eine basis, ein manifest, nehmen wir europa, in diesem länderhaufen gibt es nicht einmal eine verfassung.

calm*namd*
*******use Mann
3.197 Beiträge
Vermutlich
gäbe es keinen einzigen Triebtäter mehr. Aber die übergroße Mehrheit der Verbrechen
geschehen aus Kalkül.
Die Mordrate würde nicht nur deshalb drastisch steigen, weil es keine Dunkelziffer mehr gibt.

Ich müsste mein Tätigkeitsfeld ändern -zum Organisierten Nicht -Verbrechen... *smile*
*******alm Paar
7.574 Beiträge
recht und freier wille............
.........richter haben es gut, sie haben von berufswegen recht.

anwälte hingegen können ihren freien willen zu hause lassen und müssen sich den gesetzen beugen.

der angeklagte jedoch hofft auf schlupflöcher und das opfer weiß hinterher immer noch nicht, warum ich...............!

calm*namd*
**e Mann
2.564 Beiträge
Themenersteller 
Schön, dass ich eure Phantasie so beflügle. Ich bin aber nicht amüsiert darüber, dass das Gesagte nur Anlass für Party und Frohsinn ist. Ich finde es zu wichtig und würde mich über sachliche Argumente freuen.

Domsub möchte ich antworten, weil er eine klare Frage stellt:

Was sorgt dafür das Triebe unter Kontrolle bleiben und somit Unheil verhindert wird?

Ich glaube nicht, dass es die Strafe ist, die etwas verhindert. Mit Trieben meinst du sicher negativ angesehene Triebe wie Kindesmißhandlung oder Vergewaltigung. Ich frage mal ganz offen: hast du da Probleme mit, dann höre ich sie mir gerne an. Wenn du meinst, andere haben da ein Problem mit, dann könnte man versuchen, sich um sie kümmern. Kennt man sie gar nicht, dann wird es schwer und genau dort, außerhalb unseres Blickfeldes, wären sie zu finden, diese "ganz bösen" Menschen. Sie sind nicht zuletzt ganz böse deshalb, weil die Gesellschaft sie aus den Augen verlor (lest nochmal das Prophetenzitat von Frau Nalanda).

Da hilft nur vorbeugen. Und das wiederum geht nur mit Bildung, Vertrauen, Familie, Verständnis, Kommunikation, ...
Ich habe den Eindruck, nicht nur eine Hypothese zu überlegen, die pue hier aufstellte, nein, es ist viel schlimmer:

M.E. leben wir jeden Tag mit dem Gedankengang "es gäbe den freien Willen nicht". Überlegt doch mal, wie oft wir Menschen für ihre Handlungen entschuldigen. Wir machen uns gar nicht bewusst, dass jede Entscheidung, die jemand trifft, seinem sogenannten freien Willen unterlag. Könnte man überhaupt noch verzeihen und entschuldigen, wenn jede "Verletzung", die einem zugefügt wurde, verwerfbar wird und schuldhaft begangen war.
Nocheinmal: Du gehst davon aus, das jeder diese andere Welt voller Bildung, Familie, Liebe etc.... erstrebenswert hält. Du machst das, weil deine Veranlagungen dich dahin bringen. Andere Menschen haben allerdings andere Veranlagungen. Sie werden nach wegfall der Schuld sich bei dir bedanken, das Sie jetzt hemmungslos ihren Veranlagungen nachgehen können. Und sie werden anderen Menschen mit ihrem Vorbild inspirieren, es ihnen gleich zu tun. Und schon ade, schöne Welt.

Gut nehmen wir an, du hättest die "Übergangszeit" mittels gottlicher Intervention überstanden. Jetzt geht es an die "Qualitätssicherng". Ein Großteil unserer Prägung erhalten wir im Elternhause. Doch deine Welt ist zu fragil, das du Erziehung einfach so passieren lassen kannst. Erziehung kann schon aus Angst, das schädliche Veranlagungen in die Gesellschaft mitgebracht werden, nur noch von der Gesellschaft selbst übernommen werden......

Die Frage ist, hättest du in dieser Welt nicht mehr Angst als heute? Angst sie würde zerstört werden? Angst, es könnte sich etwas "falsch" entwickeln (Erziehung)? Angst, Menschen verlieren nach und nach jede Hemmungen sich "schuldig" zu machen? Deine Welt ist verletzlich, da du dem "Bösen" (bewußte Absicht einer Schädigung) nichts mehr entgegensetzen kann wenn es in deine Welt einbricht.
*********anda Frau
577 Beiträge
Ich bin erst einmal auf sprachlicher Ebene für eine Abschaffung der virtuellen Räume. "Das Böse" oder "die Gesellschaft" oder "die Kinderschänder", etc., gibt es die wirklich?

Wer soll die spielen?
Hat jemand sie zu Gesicht bekommen?
Für euch bin ich "die andere",
für mich bin ich weit mehr.
Fassbar -- auch im Sinne einer Strafverfolgung.

Schuld ist ebenfalls ein virtueller Begriff.

Auf sprachlicher Ebene, durch das Benutzen virtueller Begriffe, entsteht eine Unschärfe, die einen Verdrängungsraum schafft und damit das ganz große schwarze Loch auftut -- jenes aus Unbewusstheit angstbesetzte "Was-Wäre-Wenn."
**e Mann
2.564 Beiträge
Themenersteller 
Du gehst davon aus, das jeder diese andere Welt voller Bildung, Familie, Liebe etc.... erstrebenswert hält.

Ja, davon gehe ich aus. Sonst hätten wir uns nicht unser Grundgesetz in dieser Form gegeben.

Die Angst, es könnte Sodom und Gomorrha über uns herein brechen, schafften wir die Schuld ab, halte ich für unbegründet. In einzelnen Beispielen habe ich das schon dar- bzw. widerlegt.
Ich stelle eine große, durch Angst hervor gerufene Fixierung auf das Böse fest, oder sagen wir besser, auf die unscharfe Hülle der Abstraktion des Bösen. Wenn ich mich richtig entsinne, Frau Nalanda, hatte ich schon im entsprechenden Thread gefordert, diese Hülle abzustreifen, um der Verdrängung keinen Raum mehr zu bieten. Ganz ihrer Ansicht.

Sicherlich gibt es in der Gesellschaft Taten, die wir als schlecht erachten. Überlegt mal, wie oft euch eine solche im Alltag begegnet. Nein, nicht im Fernsehen oder der Zeitung, sondern im realen Leben? Grüßen wir uns, weil wir Angst vor Strafe haben? Fahren wir rechts, weil wir sonst ein Knöllchen bekämen? Lassen wir den Ladendiebstahl, weil wir Angst vor der Bestrafung haben? In allen Fällen würde ich sagen, nein.
Selbst eine kleine Geldbuße nähmen wir lieber in Kauf, als vom Kaufhausdetektiv gestellt zu werden und vor dem Geschäftsführer den Diebstahl eingestehen zu müssen. Diese Peinlichkeit ist Strafe genug und so wäre es auch in meiner Welt. Eine unsoziale Tat würde ja weiterhin angezeigt und vor allem würden dabei rekursiv die Ursachen für diese Tat verfolgt. Die Gesellschaft (sorry, Fr. N., ich brauch die noch ein wenig) müsste es sich aber gefallen lassen, dass ihr ursächlicher Anteil an der unsozialen Tat des Einzelnen auch aufgedeckt würde.
Was ich mit das Böse gemeint hatte, habe ich bereits in Klammern hinzugefügt. dem habe ich nun wieder nichts hinzuzufügen.
Die Gesellschaft gibt es. Es sind die Gemeinschaften der Menschen. Die gibt es nunmal, ob du es so haben willst oder nicht. Alle Menschen auf dieser Erde bilden nunmal Gemeinschaften. -> Gesellschaft

Du warst es doch selber, der von einem Muster beim Teppich sprach. Den Kinderschänder, das Böse und die Gesellschaft gibt es, als Knoten im Teppich, nicht als Teppich selbst.
**e:
Eine unsoziale Tat würde ja weiterhin angezeigt und vor allem würden dabei rekursiv die Ursachen für diese Tat verfolgt.

Mit welcher Begründung geschieht dies dann? Die Schuld ist ja weg...... Und wie ist es mit unbewußten unsozialen Handlungen?
*********anda Frau
577 Beiträge
********8209:
Du warst es doch selber, der von einem Muster beim Teppich sprach. Den Kinderschänder, das Böse und die Gesellschaft gibt es, als Knoten im Teppich, nicht als Teppich selbst.

Nein, das war nicht ich, das war Gibran.

Ich will nur anregen, die virtuellen Begriffe zu hinterfragen. Auch wenn wir "die" Gesellschaft noch brauchen, sollte man bewusst damit umgehen und sich eingestehen, dass durch die Anonymisierung dieses virtuellen Wortes eine lenkbare Unschärfe steht.

Dasselbe beim Gebrauch zum Beispiel von "die Familie". Es gibt keine Familie. Im Grunde und bei Licht betrachtet ist eine Familie eine Zusammenrottung einzelner Individuen. Das Du, das Ich und das, was wir als Kinder "gemacht" haben. Das lebt jetzt in einer Gesellschaft, die wir Familie nennen, zusammen. Aber "Familie" ist und bliebt ein virtueller Begriff. Ebenso "Gesellschaft."
Ich sehe dies nicht als virtueller Begriff sondern als Bezeichnung für etwas. Es ist doch egal welchen Bezeichnung ich nehme. Sie steht für ein Teilaspekt der Realität. Selbst wenn ihm keine eigene Entität zukommt. Dem Großteil in unser Sprache vorkommenden Bezeichnung kommt nach deinem Verständnis ja keine Entität zu. Was ist wohl eine Schraube? Nichts anderes Wie eine Bezeichnung für etwas... genauso wie Familie.


Den Kinderschänder als Ganzes gibt es nicht. Aber als Teilaspekt eben jenes Menschen schon.
Verzeihen ...
... in der Form des "darüber hinwegsehen." *zwinker*


Ich glaube nicht, dass es die Strafe ist, die etwas verhindert.


Prävention ist jedoch ebenfalls eines ihrer Zwecke, wie ebenfalls der angestrebte Schutz potentieller Opfer, um nur einige zu benennen. Dennoch wird sie den ersten Zweck nur dann erreichen, wenn jeder potentielle Täter mit Sicherheit wüsste, dass seine Tat bestraft wird. Da dies nicht der Fall ist, dürfte der Abschreckungszweck zweifelhaft sein.

gibt es die wirklich?

Bei der Gesellschaft hätte ich keine Probleme. Mit „die Gesellschaft“ könnte bei einer Konkretisierung etwa die XYZ-GmbH als eine Gesellschaftsform umschrieben werden. Hier wird der Begriff aber anders genutzt und mit „gutem Willen“ ist dies auch erkennbar und muss nicht wesensnotwendig in Frage gestellt werden. Soweit man es staatsrechtlich betrachtet, werden als „die Gesellschaft“ die Bürger eines Staates umschrieben, also alle Personen und damit Menschen und die von ihnen errichteten juristischen Personen. Soziologisch handelt es sich, und hierfür ist eine vorherige Einigung oder Definition geboten, um die Menschheit in ihrer Gesamtheit oder als Netzwerk, bestimmte Gruppen, also die staatsrechtlich beschriebene Gesellschaft etwa, oder nach besonderen Merkmalen typisierten Gruppen.

Soweit es sich um „das vermeintlich Böse“ oder „die Kinderschänder“ handeln soll, stimme ich zu. Schnell wird der Blick für die Individualität und das Besondere im Konkreten verloren. Nur weil viele unreflektiert von „den Kinderschändern“ oder „den Ausländern“ sprechen, verbirgt sich dahinter keinerlei Aussagewert. Solche Betrachtungen erinnern vielmehr an „eine Lynchjustiz“, die ihre Rechtfertigung daraus ableitet, dass die Masse sudelt.


Schuld ist vorrangig kein virtueller, sondern ein abstrakter und ausfüllungsbedürftiger Begriff. Angewandt in der Praxis folgt der Inhalt einer Einigung. Man sieht auch hier, wenn über Schuld gesprochen wird, dass dort ein Vorwurf mit verbunden wird. Sie muss vorwerfbar sein, um die Qualität von Schuld zu erhalten. Demzufolge knüpft man an Begehungsformen an, um sich ein vorwerfbares Unwerturteil zu gestatten.

Könnte man überhaupt noch verzeihen und entschuldigen, wenn jede "Verletzung", die einem zugefügt wurde, vorwerfbar wird und schuldhaft begangen war.

Wohl nicht oder schwer. Dennoch wird eine Verletzung – ob physischer oder psychischer Natur – erst einmal objektiv betrachtet. Sie wird auch subjektiv empfunden. Der objektive Befund und das subjektive Empfinden können hierbei jedoch bereits weit auseinanderklaffen.

Abstrakt: Jemand fühlt sich gezwungen, etwas zu tun. Schnell könnte man denken, hier wird jemand genötigt. Auf die Frage, wie er gezwungen wird, fällt die Kinnlade, weil er etwa nur dachte, eine dritte Person verlange eine bestimmte Handlung ab. Dieser war jedoch nicht bewusst, dass sich der ganze Vorgang nur im Kopf der vermeintlich gezwungenen Person abspielte. Also hätte man zwar eine empfundene Verletzung. Tatsächlich gibt es sie aber nicht. Die Wahrnehmung hat wieder einmal zugeschlagen. Ungeachtet dessen sollte man in der Lage sein, auch eine vorwerfbare und schuldhafte Verletzung zu verzeihen. Hierfür ist jedoch eine Betrachtung der tatsächlichen Umstände im Einzelfall erforderlich. Ein Verletzender könnte Defizite an einer Vorausschau und damit einhergehenden Vermeidbarkeit allein deshalb haben, weil er unmittelbar davor selbst subjektiv oder sogar objektiv verletzt wurde und seine Wahrnehmung irritiert ist.
**e Mann
2.564 Beiträge
Themenersteller 
pue:
Eine unsoziale Tat würde ja weiterhin angezeigt und vor allem würden dabei rekursiv die Ursachen für diese Tat verfolgt.

Domsub:
Mit welcher Begründung geschieht dies dann? Die Schuld ist ja weg...... Und wie ist es mit unbewußten unsozialen Handlungen?

Warum sollte ein unsoziales Verhalten nicht wie heutzutage auch angezeigt werden?
Ich halte alles, was wir tun, zu 99,99% vom Unterbewussten gesteuert. Selbst einen geplanten Banküberfall.
Eine unbewusste unsoziale Tat wird natürlich angezeigt. Wir wollen doch lernen und versuchen, gut miteinander umzugehen.
Schau dir an, was ein Kindergärtner macht, wenn ein Kind dem anderen den Löffel weg nimmt. Man redet darüber. Strafen ist out, passee. Warum sollte man das nicht einfach auf Erwachsene übertragen?
**e Mann
2.564 Beiträge
Themenersteller 
Fällt mir gerade ein. man könnte mal unter diesen Aspekten den Terrorismus diskutieren.
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