(Er schreibt.)
Zum einen möchte ich behaupten, dass solch ein Zustand keinen Gegensatz zur monogamen Beziehung darstellt. Wenn ich mir da so manche davon ansehe, ist dort Eifersucht sogar ein beherrschendes Thema, das schon losgeht, wenn der Partner jemanden ansieht, mit ihm spricht oder sich gar in der Freizeit mit ihm trifft. Selbst ArbeitskollegInnen sind da unterschwellig oftmals schon gefühlte Konkurrenz. Da würde ich mir in einer monogamen Ehe viel mehr Sorgen machen, dass die Partnerin mal die Faxen dicke vom Alltagstrott hat und sich für jemand anderen entscheidet. (Hier muss sich der Partner wohl eher viel Mühe geben, um ständig der Konkurrenz überlegen zu sein. Und Konkurrenz ist es prinzipiell immer, ob nun monogam, polygam oder polyamor.) In unserer polyamoren Ehe muss sie das einfach gar nicht und kann so viele Partner haben, wie sie emotional und zeitlich noch jongliert bekommt. Also eher ein Grund weniger, eifersüchtig zu sein, weil sich Verlustängste entwickeln. Wenn sie zu einem Freund fährt, gehe ich natürlich davon aus, dass sie mindestens Kuschelzeit miteinander verbringen und im Normalfall auch die Nacht (oder noch den ganzen Tag dazu
) im Bett verbringen; ich bin eher verwundert und finde es schade, wenn dergleichen mal nicht stattfand.
In unserem polyamoren Denken findet genau derlei Eifersuchtsdramatik überhaupt nicht statt. Ich freue mich über jeden neuen und interessanten Freund, und je mehr er meine Frau auch emotional erfüllt und je mehr er ihr gut tut, umso schöner ist das Erleben auch für mich (allerdings hat sie einen für mich auch treffsicheren charakterlichen Geschmack, so dass ich bislang noch bei keinem ihrer Partner dachte "Was fürn nerviger oder schwachmatischer Blödmann" - das wäre dann für mich schon eher ein Problem mit der irritierten Fragestellung: "Was gibt dieser Typ ihr, dass ihr sonst fehlt?"). In eine ähnliche Richtung ging in diesem Forum schon früher einmal ein Beitrag; ich hoffe, ich wiederhole mich da nicht allzu sehr.
Ein Gefühl drohender Überflüssigkeit stellt sich bei mir in keiner Hinsicht ein (ob das immer so sein wird, weiß man nicht). Ich weiß eher, dass die anderen Partner meiner Frau durchaus auch vieles geben, das sie bei mir nicht unbedingt vorfindet; das reicht von Gesprächspartnern zu bestimmten Themen bis hin zu Unternehmenslust für bestimmte Dinge und auch die eine oder andere Qualität im Bett - nicht jeder ist gleich standhaft, gleich zärtlich oder wild und die Art und Weise der Sexualität wird ohnehin von und mit jedem ganz anders ausgelebt (wobei ich irgendwelches Denken Richtung "Schwanzneid" gänzlich ausblenden kann, den kenne ich nicht, und die Natur hat mich ausreichend gesegnet
). Außerdem ist es bei vielen Zusammentreffen auch einfach so, dass ich ohnehin nicht "zur Verfügung" stünde, sei es nun als Partner für gedanklichen Austausch, für Unternehmungen oder fürs Bett. Das ist vornehmlich durch Arbeit (5 Uhr klingelt der Wecker, halb 5 erst wieder zu Hause, dementsprechend früh bin ich dann unter der Woche auch schon früh wieder müde verschwunden) oder durch die Kinder bedingt (mindestens einer muss sich eh um sie kümmern, und warum soll einer dann nicht mal die Nacht anderweitig nutzen) oder durch eine Kombination aus beidem (wenn die Lütten mal erst nach neun zur Ruhe kommen, bin ich schon völlig platt und falle ins Schlafkoma, da braucht mich keiner mehr anzubaggern
, und es ist ja auch am Wochenende nicht so, dass die brav bis neun Uhr schlafen).
Das sind aber alles "Details", die einfach ihr Leben bereichern und ergänzen und sie insbesondere im Hinblick auf über fünfzehn Jahre Miteinander frisch aufleben lassen und "verjüngen", aber nichts, das ihr nach meinem Gefühl zwingend bei mir fehlen würde. Ich habe selbst bei mir nicht das Gefühl und mir wird dieses Gefühl auch nicht gegeben, dass ich in meinem familiären und häuslichen Wirken oder in meinem "sexuellen Vermögen" irgendwie unzureichend für sie wäre. Die zwangsläufig geringere Häufigkeit des Sex und die im Vergleich ebenso geringe Möglichkeit, generell viel Zeit für einander zu haben (manchmal über das Gewusel der Kinder hinweg auch nur zusammenhängend ein paar Sätze und Infos auszutauschen), Dinge zu unternehmen etc., gegenüber unseren wilden Zeiten in den ersten vier Jahren wäre auf Dauer für sie aber schon schwer erträglich, und es würde unserem Miteinander eher schaden, wenn sie keine Möglichkeiten hätte, diese Verringerung der partnerschaftlichen Qualität und Quantität auszugleichen.
Das Einzige, was sich in Richtung Eifersucht bei mir einstellt, ist manchmal - und im Moment stärker - eine Art Neidgefühl - nicht in dem Sinne, dass ich ihr ihr reichhaltiges Liebesleben neide (ganz im Gegenteil, es erfüllt mich mit Freude und gelegentlich selbst mit Bauchkribbeln, wenn sie verliebt wie ein Schulmädchen herumhüpft), aber dass ich sie
um diese Reichhaltigkeit und die Möglichkeiten beneide. Das ist aber wohl eher "naturgegeben", da - wie man hier im Joyclub nur zu gut sieht - es für eine Frau, die Interesse bekundet, nur selten ein Problem ist, mit jemandem anzubändeln bzw. auf Gegeninteresse zu stoßen, wobei oft auch die familiären Verhältnisse zumindest anfangs oder bei rein nächtlichen Treffen keine Rolle spielen. Als Mann - so man nicht gerade mit Prachtkörper und/oder Vermögen gesegnet ist - rennen einem die Frauen nun jedoch nicht gerade die Tür ein, wenn man Interesse äußert, weil sie sich denken: Oh klasse, verheirateter Mann mit drei Kindern und Vollzeitjob, so was such ich doch.
Liebe Grüße
Papa Palin