Ich kann das Gefühl sehrsehr gut nachvollziehen, dem Partner, der zunächst mal monogam eingestellt ist, nicht wehtun zu wollen - oder mehr noch, garnicht wirklich gehen zu können, weil der Partner leidet. Mit solch einem Gefühl im Bauch hat man wenig Platz für andere Menschen. Denn egal wie man nun eingestellt ist, ob mono oder offen oder poly oder sonstwie, der Wunsch ist doch da, den Partner glücklich zu sehen und nicht leidend.
Immer wieder Bezug zueinander aufnehmen, immer wieder zeigen, wie sehr man den Partner liebt - was ja auch nicht schwer fällt, wenn man ihn liebt. Immer wieder einen gemeinsamen Raum schaffen, der mit viel Liebe gefüllt ist. Selbst hinfühlen: ist das exklusiv? Und ja, es ist. Hat keine Konkurrenz, wird nicht angetastet.
Ich finde es gut, wenn Du sortieren möchtest, aber ich würde dabei nicht meine Gefühle wegsortieren.
Irgendwie ist da eine ganz blöde Schere, weil es zwei ganz unterschiedliche Positionen gibt. Der/die Monogame auf der einen Seite und der/die offen Liebende auf der anderen. Keiner kann sich wirklich verdrehen, aber natürlich die andere Position anschauen und zu verstehen versuchen. Nur: wie sollte der/die offen Liebende auf der/den exklusiv Liebenden eingehen im Versuch, eben nicht zu schmerzen? Lieben kann man nur aus der Fülle und nicht aus dem Mangel heraus, und Verzicht erzeugt Mangel, davon bin ich überzeugt. Zwischen Geben und Aufgeben gibt es einen schmerzhaft grossen Unterschied. Aber andersherum? Wie kann denn der/die monogam Liebende auf den Partner eingehen und sich in seiner Liebe sicher und geborgen fühlen? Für mich geht es nur so, sich eben auf die Liebe selbst zu konzentrieren, nicht auf die Beziehung. Es ist ja auch eine Chance, einmal ganz anders von einem Menschen geliebt und begehrt zu werden - für mich, und da bin ich leider der aus eigener Erfahrung Überzeugte. Ich finde es unglaublich schön, unglaublich liebevoll und nah und tief, eben einfach dem Menschen, den Du liebst, Deine Liebe zu geben, einfach durch die ganzen Schalen an Sozialisationsmustern und Religion und blablabla hindurch. Will sagen: nein, ich würde mich nicht zurückziehen, wenn Dein Herz und Bauch sagen, zu dem Menschen möchte ich. Es liegt nicht in Deiner Verantwortung zu entscheiden, ob Deine Liebe und Dein Begehren nun angenommen und erwidert wird oder gar Probleme bereiten könnte. Und ja, ich selbst möchte das auch versuchen, meine Partnerin zu lieben und mit ihr zu leben, die nunmal von Haus aus nicht so unterwegs ist. Wo kämen wir denn hin, wenn wir einen Katalog an Eigenschaften, Überlebensstrategien, Lebensfocus und alles erstellen würden, den bitte der zukünftige Partner zu erfüllen hat - und hat man eine Übereinstimmung von 97%, dann, ja dann kann man sich verlieben? Nö. Dann garnicht - Zeiten der Vernunftehe sind vorbei, jetzt geht es ins Leben!
Also, meiner Meinung nach: nein, dem Herz und der Erregung und der Freude folgen, wenn Du verliebt bist. Und auch mutig sein und sich selbst trauen und sich dem Anderen zutrauen: he hier bin ich, so bin ich, und ich bin verliebt in Dich.