Die Bücher differenzieren meine Gedanken
Ich erlebe diesen Effekt bei Büchern, die sich trauen, Klartext zu reden und Dinge beim Namen zu nennen.
Wenn aber jemand deklariert, die Liebe bilde
zwischen den gesellschaftlichen Ensembles von Sexualität, Freundschaft, Solidarität und Glauben ein Dispositiv, dann sagt dieser Satz exakt gar nichts aus, was ich nicht schon vorher wusste. Ihn zu verstehen ermöglicht mir lediglich, noch effektiver über die Liebe zu
theoretisieren und nunmehr in einem Halbsatz auszudrücken, wofür ich vorher drei ganze brauchte. Was meinem Zuhörer weniger Gelegenheit gibt, eine inhaltliche Diskussion zu führen, denn wenn der meine Worte ausgepackt hat (wofür er wissen muss, was Leute wie Michel Foucault mit "Ensemble" und "Dispositiv" eigentlich mein(t)en – böse Zungen behaupten, das wusste Foucault selber nicht, aber das soll hier nicht das Thema sein), dann bin ich schon zwei Sätze weiter.
Von einem Buch aus diesem Themenkomplex erwarte ich, dass es mir konkret dabei hilft, wie
ich durch diese Themen navigieren und meine Vorstellungen konkretisieren und kommunizieren lerne, gerade vor dem Hintergrund des nach wie vor gesellschaftlich übermächtigen Mono-ismus. Im Kontext der Mainstream-Gesellschaft, in dem die meisten von uns ihr Umfeld haben, ist der zitierte Satz nicht mehr als eine schöne Utopie – mit der sie, wenn sie einträte, genauso überfordert wären wie mit den tausendunddrölfzig Deo-Marken im Supermarkt. Nur dass die Wahl des falschen Deos keine psychischen oder langfristigen Konsequenzen hat, schon gar nicht auf Andere.