Eine emotionale Herausforderung (...) Christopher Gottwald (...): „Monogame Beziehungen stoßen schnell an Grenzen, wenn erotische Gefühle oder Liebesbeziehungen zu Dritten hinzukommen“. Doch statt mit Lügen, Betrügen und Vorwürfen darauf zu reagieren setzen sich „Polys“ mit dem Gefühl der Eifersucht auseinander.
Dieses ach so tolle Rumgezumpel mit "emotionalen Herausforderungen" beim Überschreiten von "Grenzen monogamer Beziehungen" kann ich nicht bestätigen.
Aktuell:
Ich bin polyamor.
Meine Partnerin ist monoamor.
Wir leben (in sexuellem Sinne) monogam.
Seit ich mich innerlich mit meiner Viel-Personen-Liebe auseinandersetze, ist und war mein polyamores Leben nie eine emotionale Herausforderung - weder mit noch ohne Beziehung(en).
(Davor war das zwar ein inneres Chaos, aber nur, weil ich damals nicht verstand, was mit mir "nicht stimmt".)
Mein polyamores Leben ist auch für meine monoamore Partnerin keine emotionale Herausforderung. Sie kennt meine Tendenz sowohl zu spontanen Verliebtheiten als auch zu langjährig wachsender Liebe gegenüber anderen Menschen. Ich pflege Beziehungen zu diesen Menschen, aber in Achtsamkeit zu allen Beteiligten auf eine für alle unkomplizierte Weise.
Für mich sind das Liebesbeziehungen mit starken Emotionen. Sexualität ist allerdings kein Thema. Die erleben wir erstens schon in der Einzelpartnerschaft sehr intensiv und zweitens sind meine anderen Lieben ebenfalls monoamor/monogam, daher pflege ich diese Beziehungen zwar hoch emotional, aber unsexuell.
Viele beschreiben schon das Liebesgefühl zu einer anderen Person als problematisch. Das ist bei uns nicht so. Ich bin selbst nicht eifersüchtig. Meiner Partnerin hätte ich zu Beginn unserer Beziehung durchaus Eifersucht gegenüber meinen anderen Lieben (die z.T. länger existieren als die zu ihr) zugetraut. Tatsächlich geht sie aber sehr entspannt mit meinen Gefühlen zu den anderen um und lässt mir jeden Freiraum, diese Menschen zu treffen.
Lange Rede, kurzer (aber ernsthafter) Sinn:
Polyamory ist nicht zwingend eine emotionale Herausforderung und eine monogame Beziehung kann auch sehr grenzfrei gelebt werden. Insofern attestiere ich diesem Artikel ein Unverständnis gegenüber anderen Lebens-/Liebesmodellen. Er kommt daher wie so viele Poly-Erklärungen: Bei uns Polys ist das soundso (Verallgemeinerung), bei den Monos ist das soundso (Verallgemeinerung).
Eine Grenzziehung... ein Abgrenzen von dem, was man selbst nicht leben will. Damit aber auch ein Ausgrenzen von den Anderslebenden, statt eines Aufeinanderzugehens.
Empathie und Rücksicht wichtig für Polyamorie
So was meine ich... Gelten Empathie und Rücksicht nicht für jede Form der Lebensgemeinschaft? Warum wird es immer so dargestellt, als ob Polyamory die einzige Variante ist, in der man empathisch und rücksichtsvoll miteinander umgeht?
Ich aus meiner Erfahrung kann nur sagen: Jede Form von Liebe hat die gleiche emotionale Basis und die gleichen moralischen Grundsätze. Und wie man sehen kann, können auch ein Poly und ein Mono wunderbar miteinander harmonieren - mit vollem Verständnis füreinander und ohne Eifersucht.
Im übrigen empfinde ich das als harmonischer und erfüllender als vieles, was ich von so vielen arbeitsintensiven Polybeziehungen so höre (nicht von allen, aber dennoch lese und höre ich viel mehr von komplizierten als von unkomplizierten Polybeziehungen).
Gruß
Ch.