Regel: haben wie alles zwei Seiten und sie haben einen Sinn, was vermutlich der Grund ist warum es sie gibt
Man kann dieses Thema von so vielen Seiten anfassen...
Regel sollen das Zusammenleben mehrerer Individuen vereinfachen, entkomplizieren...halt "regeln"
Wir finden geschriebe und ungeschriebe Regeln auf der ganzen Erde überall wo ein "Leben in Gruppen" stattfindet. Regeln schränken an irgendeinem Punkt ein Idividuum ein, dafür erhöhen sie die Qualität des Zusammenlebens der Gruppe. Rosa Luxemburg soll mal gesagt haben: "Die Freiheit des Einen endet da wo die Freiheit des Anderen beginnt" - toll gesagt und deshalb gibt es Regeln unteranderem.
Halte ich es für falsch den Egoismus der Menschen zugunsten der Gruppe mit Regeln zügeln zu wollen? Nein! Regeln werden manchmal gebrochen aber deshalb sehe ich keinen Grund Regeln generell anzulehnen! Wir sind Menschen, Menschen machen Fehler...klar nichts ist sicher außer dem Tod. Klar ist, wenn ein Partner in einer Beziehung, aus welchem Grund auch immer bestimmte Regeln nicht mehr will und Regeln ggf. bricht, Absprachen nicht mehr einhält -> kann ich nichts dagegen machen. Dieses Restrisiko - ist das Leben als Mensch. Muss ich deshalb auf Regelungen und Absprachen verzichten? Ich denke gar nicht daran!
Warum nun ist (hier in der Polygruppe besonders) der Begriff "Regeln" so negativ gesehen (ist meine Empfindung/Beobachtung...damit will ich keinem zu nahe treten)? Wenn es eine Nachtruhe gibt (Beispiel für Regel) bedeutet das ggf: ein Mieter ist in seiner Freiheit Nachts um eins die Musik aufzudrehen und zu tanzen eingeschränkt (vielleicht ist das seine Zeit, und er hat das dringende Bedürfnis zu Tanzen - es ist ihm wichtig)...ergo findet der die Regel doof. Die anderen, die dank der Regel ungestört durchschlafen, finden die Regel super, werden geschütz und nicht eingeschränkt!
Ein weiterer Faktor wird da sichtbar:denen die geschützt und nicht eingeschränkt wurden...wurde die Regel gar nicht bewusst ;)!! Nur denen die gerade durch eine Regel beschränkt werden, fällt diese auf! Das erklärt, warum Regeln häufig so negativ besetzt sind (obwohl sie meiner Meinung nach ein unverzichtbarer Bestandteil jedesd gruppenlebens sind und ein echter Segen für uns alle). Und es erklärt warum man in einer Polygruppe besonders oft auf die Meinung trifft das Regeln und Beschränkungen in der Liebe/Beziehung von übel sind. Beziehungen sind die Essenz menschlichen Zusammenlebens und ein ewiger Kampf des "wir" und des "ich" eine Kette von Kompromisse, Regeln, Absprachen.
Menschen haben unterschiedlich stark gewichtete Bedürfnisse und die sind in uns selbst oft konträr...Berechenbarkeit und Sicherheit, Geborgenheit...Abenteuerlust, Autonomiestreben.
Polyamorie zieht oft Menschen an deren Autonomiebedarf eher groß ist, diese Menschen haben laufen eher Gefahr an die durch Regeln gezogenen Grenzen zu stoßen, fühlen sich eher eingeengt dadurch und entwickeln deshalb eine Ablehnung gegenüber Regeln
Wer ab 22.00 Uhr eh im Bett liegt, weil er eine "Lärche" ist, stört sich erfahrungsgemäß nicht an der Nachtruhe...ja er bemerkt diese Regel im Alltag eigentlich kaum
ggf. ist er sogar dankbar, dass ihm diese Regel, die Möglichkeit eröffnet um 1 Uhr zum Nachbar zu gehen und ihn darauf hinzuweisen!
Unsere Gesellschaft ist groß...Regeln erleichtern das Zusammenleben. Aber in alten Zeiten als die Gruppe in der wir lebten kleiner und überschaubarer war...war das Individuum vermutlich an den Prozessen der Regelbildung direkter beteiligt...heute ist alles abstrakter und weit weg. Es ist leicht zu glauben, Regeln wären böse Dinge, die von irgendeiner Macht zu unserer Zähmung aufgestellt werden und gegen die es zu rebellieren gilt.
Finde ich immer alles Regeln gut? Nein, Die Gruppen verändern sich, Gesellschaften, Kultur, Möglichkeiten, die Zeiten...Regeln müssen genauso lebendig bleiben...eine Gruppe kann Regeln verändern, neue Aufstellen, sie anpassen -> gemeinsam und letzlich nicht im Konsens sondern eher nach Mehrheitsprinzip.
Das ist in unserer Zeit in einem Volk mit fast 80 Millionen manchmal ein zäher Prozess, in dem der Einzelne vielleicht frustriert ist, weil die Beteiligung so schwer ist. Das ist der Fluch unserer Zeit, da wir halt nicht mehr in kleinen Verbänden zusammenleben...alles scheint weiter weg von uns.
Ich bin bekenne mich: ich mag Regeln;) Habt ihr schon gemerkt nicht wahr?! Ich halte sie sogar für unverzichtbar, auch wenn ich mich über die eine oder andere manchmal ärgere und einige vielleicht auch versuche zu verändern!
Ein Wort direkt an den Themenersteller: Ich finde Eure Absprachen sinnvoll und in Eurer Situation, bald mit Baby, notwendig! Ihr seid nicht Buddha, ihr seid Menschen und ihr tragt gemeinsam Verantwortung für Eure Beziehung und Euer Kind (und Kinder verändern alles und fordern viel von Euch) und da braucht es in der Phase ggf. gerade mehr Verlässlichkeit und Sicherheit als Autonomie und die Freiheit jedes aufkommende romatische Gefühl auszuleben
Wenn das so ist - ist Eure Regel für Euch sinnvoll!
Gibt Euch das die totale Sicherheit, dass nicht eines Tages einer von Euch die Regeln bricht? Nein!
Aber: Ich persönlich würde daraus meine Schlüsse und Konsequenzen ziehen!
Und: es steht Euch ja jederzeit frei die Regeln zu verändern bzw. darüber zu diskutieren und neue Wege zu finden. Nur bis dahin, hätte für mich die Absprache 100% bestand und darauf würde ich mich verlassen.
Vertrauen, wird hier immer gerne angeführt, mehr Vertrauen und Flexibilität statt Regeln...Das ist nichts für mich. Meine Lebenserfahrung, und meine Beobachtung der Menschen und auch meiner Person, hat mich zu dem Glauben gebracht, dass Menschen großartig, großzügig und selbstlos sein können aber eben auch anders. In jedem Menschen steckt neben dem göttlichen Funken auch ein kleiner Teufel. Vertrauen ist für mich erstmal das Vertrauen, dass ein Mensch sich zu mir gut verhalten wird, wenn ich das tue und das er sich an Regeln und Verabredungen halten wird, so wie ich auch...das Leben lehrt, dass dies nicht immer der Fall ist. In diesem Fall werde ich der Person ggf. mein Vertrauen entziehen oder auch "es wurde zerstört" (von dem anderen, durch sein nicht nettes oder nicht absprachengerechtes Verhalten).
Das passiert alle naselang und ist total menschlich, jeder macht mal Fehler. Und genau das ist es aber: ein Fehler!
Dann zu sagen: wenn wir nicht so viele Regeln hätten, die nur überall aufgestellt wurden um mich bei der freien Entfaltung meines Egos zu hindern, wäre ich jetzt nicht in dieser Position. Ergo: nicht ich war schwach...sondern die Regel war schuld.
Eh Leute das ist ganz schwach!
Ich gucke mir die Gründe an, rede und ggf. verzeihe ich. Vertrauen kann auch wieder aufgebaut werden, (Ja, das ist dann schon Arbeit und kein Geschenk mehr) und fragt Euch doch selbst mal: wie?
Fazit: Stellt gemeinsam Regeln auf und vertraut darauf, dass der andere sich daran hält und versucht das selbe! Wenn eine Regel für Euch irgendwann zu einer zu großen Einschränkung führt, versucht diese gemeinsam (und in der Beziehung nicht demokratisch sondern im Konsens) zu verändern. Findet ihr keinen Kompromiss keine Regel, die führ alle das Zusammenleben glücklich gestaltet: trennt Euch (möglichst ohne vorher Vertrauen zu misbrauchen!)...denn ohne Regeln, die von allen als sinnvoll angesehen werden -> funktioniert auf dieser Erde kein Zusammenleben (meine feste Überzeugung)
Ich wünsche Euch viel Kraft und viel Glück und: herzlichen Glückwunsch!
Britta