evolutionärer Vorteil
@*******_58
Es gibt aber auch im Tierreich Arten, die Monogam leben. Hier sind Einflüsse durch Moral wohl auszuschließen. Es muss also unter Umständen auch einen evolutionären Vorteil geben Mono zu leben.
Sicher gibt es den. Wie er bei den diversen Tierarten aussieht, weiß ich nicht, aber beim Menschen ist er leicht erklärt: Männchen, die zu Eifersucht neigen, besitzergreifend sind, potenzielle Nebenbuhler aus dem Feld schlagen oder sonstige Maßnahmen ergreifen, um sicher zu stellen, dass ihr Nachwuchs auch biologisch ihr Nachwuchs ist, haben – auch wenn ihnen dies nicht immer gelingt – unterm Strich sicher größere Chancen, ihre Gene an die nächste Generation weiter zu geben, als solche Männchen, denen das relativ egal ist. Weibchen, die eifersüchtig und besitzergreifend sind, haben bessere Aussichten, ihre Brut durchzubringen und damit ihre Gene weiterzugeben, wenn ein beschützendes Männchen (das nicht unbedingt der biologische Vater sein muss) in der Nähe bleibt und sich nicht mit diversen anderen Weibchen verzettelt. Unter den harten Bedingungen der Alt- bis Jungsteinzeit und der gnadenlosen Auslese konnte schon ein sehr geringer Genweitergabe-Vorteil in den Hunderttausenden von Jahren der Entwicklung des Homo sapiens zu bevorzugten Verhaltensformen geführt haben.
Daher denke ich, dass eine Vorliebe für monogames Verhalten des Partners/der Partnerin durchaus im Erbgut vorhanden sein könnte und somit natürlich wäre.
Natürlich gibt es auch den entgegengesetzten Aspekt. Polygameres Verhalten führt zu einer schnelleren Durchmischung des Genpools und somit zu höherer genetischer Vielfalt, was für die Population als Ganzes von Vorteil ist, insbesondere in Phasen rascher Änderungen der Umweltbedingungen, wie es in unseren Breiten zum Beispiel im Quartär (Eiszeitalter) der Fall war.
Am natürlichsten wäre folglich die Einstellung, die eigenen Gene möglichst weit zu streuen, also viele Sexpartner zu haben, von dem Partner/der Partnerin aber Monogamie zu verlangen. Möglicherweise haben sich patriarchalische Gesellschaftsformen mit dem Gebot sexueller Exklusivität (zumindest auf Seite der Frauen) aus solchen genetisch angelegten Präferenzen entwickelt und wären damit ebenfalls als natürlich anzusehen.
In der Jetztzeit gilt dies alles nicht mehr, zumindest in unserem Kulturkreis. Da kann ungewollte Weitergabe der Gene verhütet werden, das Weibchen ist in der Regel nicht mehr auf männlichen Schutz angewiesen, und außerdem hat ein Großteil der Bevölkerung die reproduktive Lebensphase hinter sich und ist somit evolutionär uninteressant geworden. Es spräche also evolutionstechnisch nichts mehr gegen polygame (oder polyamore) Lebensformen. Sie haben keinerlei evolutionäre Nachteile mehr und haben sich vielleicht nur deshalb nicht etabliert, weil die Evolution noch nicht die Zeit gehabt hat, sich darauf einzustellen.
Eine bewusste Entscheidung zur Monogamie halte ich deshalb – wie der Autor (
Michael McDonald) – für durchaus respektabel, aber – im Gegensatz zu ihm – nicht für eine Weiterentwicklung polyamorer Beziehungsformen, sondern eher für eine Rückbesinnung.