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Polyamorie und christlicher Glaube

****79 Frau
19 Beiträge
Themenersteller 
Polyamorie und christlicher Glaube
Passend zur Osterzeit bin ich heute über einen älteren Artikel bei Deutschlandradio Kultur gestolpert, worin unter anderem eine Pastorin, die ebenfalls popyamor ist, sich für die Öffnung der Kirche für andere Liebesbeziehungen als die klassische Ehe einsetzt. Und eine Jugendmitarbeiterin - anonym - über ihre poly Beziehungen berichtet: http://www.deutschlandradiok … .html?dram:article_id=260748

Heute an Karfreitag, dem dunklen Kirchentag und dem Tag, an dem Jesus für jeden Mist gestorben ist, den wir Menschen so anstellen, habe ich meine Art, Beziehungen zu leben - nämlich in der Rückschau schon immer klar polyamor - kurz bei Gott hinterfragt. Aber ich kann da keine Sünde oder Kritik finden. Nur Liebe, Liebe, nochmals Liebe. Und unendliche Freiheit.
Ich will den christlichen Glauben auch nicht so biegen, bis alles hineinpasst, und auch keine neue Glaubensrichtung erfinden, aber meines Erachtens schließen sich Polyamorie und christlicher Glaube nicht aus. Im Gegenteil.

Mich interessiert, ob es hier unter euch noch andere Christen oder Polys mit frommen Hintergrund oder einer Glaubensgeschichte gibt.
Wenn ja: Was sind eure Erfahrungen mit Poly und Glaube? Könnt ihr das frei leben oder selektiert ihr, wem ihr was darüber sagt? Was wünscht ihr euch, was sich vielleicht ändern sollte? Und habt ihr manchmal Schwierigkeiten mit der Diskrepanz zwischen eurem Liebesleben und dem, was euch gepredigt wird?
Würde mich freuen, von euch zu lesen.

Ps: Irgendwo im Forum hat auch jemand geschrieben, dass Polyamorie auf eine spirituelle Erfahrung zurückgeht. Stimmt das? Wer kennt die Geschichte dahinter?
*********nchen Frau
5.062 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ich bin gläubig aufgewachsen und habe dann auch katholische Religion auf Lehramt studiert.
Im Laufe meines Studiums und meines Referendariats bin ich dann aus verschiedenen Gründen zum Atheisten geworden und habe in diesem Zuge auch die Monogamie abgelegt. Dieser ganze Wandel ging irgendwie Hand in Hand und Atheismus und Polyamorie trugen den Sieg davon *zwinker*
Für mich selbst kann ich keinen Bezug zwischen dem christlichen Glauben per Institution und der Polyamorie feststellen.

Allenfalls im Bezug auf die Äußerungen Christi selbst. Da trenne ich die Institution von der Lehre.
Ich bin evangelisch aufgewachsen, und habe noch vor zehn Jahren die Jugendgruppe meiner Tochter geleitet.

Wer sich einmal mit Eckhart Tolle beschäftigt hat mag erkennen, dass der Kern aller Religionen einen gemeinsamen Ursprung hat. Da geht es um den Menschen und die Liebe im Jetzt.

Allein der Mensch instutionalisiert, und entfremdet diesen Kern vom Menschen. Da geht es nur um Macht und nicht mehr um den Menschen, und die allumfassende Liebe.

Für mich ist der Kern die Brücke zwischen Religion und Liebe in polyamorer Form. Wir sind alle eins, und verbunden in Liebe. Wer das nicht erkennen und leben mag entfernt sich von der größten aller Kräfte - der Liebe...
Ich bin - glaube ich - ein Christ. Ich habe meine Jugend in einer baptistischen Gemeinde erlebt. Ich bin also kein Mitglied einer der großen Kirchen.
An Gott glaube ich nach wie vor! Aber ich glaube nicht an "die Kirche" und schon garnicht an das, was dort von irgendwelchen Pastoren, Pfarrern oder anderen Predigern erzählt wird. Ich bin stolz darauf, von Gott mit soviel Verstand beschenkt worden zu sein, dass ich in der Lage bin mir eigene Gedanken auch zu partnerschaftlichem Verhalten zu machen. Für mich ist Glaube und wie auch immer geartete Partnerschaft kein Widerspruch. Lügen und betrügen schon! Deshalb glaube ich, dass auch polyamores Leben durchaus kein Widerspruch zum Glauben darstellt.
Wenn ich mir die 10 Gebote ansehe, verstosse ich durch Polyamorie gegen keines. Ich breche keine Ehe, weil ich nicht falsch Zeugnis ablege! Ich liebe meine Nächsten und zeige es, weil ich mich nicht verstellen muss.
Ich werde mich nicht von irdisch gemachten Dogmen verbiegen lassen und hoffe, dass das auch Gott gefallen wird, denn er hätte mich ja nicht mit meinen Fähigkeiten zum selbstständigen Denken ausgerüstet, wenn ich diese nicht auch benutzen soll.
Liebe Grüße und frohe Ostern
Micha
kein Widerspruch
Ich trenne Glauben von institutionalisiertem Christentum, für mich widerspricht sich Christsein und Kirche inzwischen sogar. Wir glauben in einem basischristlichen Sinn an Gott und auch Jesus und da gibt es für mich keinen Widerspruch zu verantwortlungsvoll geführten, polyamoren Beziehungen.

Sie kann im Judentum und gelebtem Christentum über alle Zeiten nachgewiesen werden. Interessant ist hier, das die monogame Ehe KEINE christliche Erfindung ist und der Kult um die Hochzeit - wie auch die Oster- oder Weihnachtsbräuche - bis auf Randdetails nichts mit dem Glauben zu tun haben.

Im Moment kann ich nicht ins Detail, muss evtl. gleich nochmal los, jemanden aus dem Krankenhaus abholen. Ich finde die Frage von Dir sehr interessant und Blue oder ich stehen Dir für einen Austausch gerne zur Verfügung. Ich habe die ganze Gemeindekarriere in allen Schattierungen durch, behaupte also mal so ungefähr zu wissen, worum es geht.

Liebe Grüße

Baltic
******_67 Mann
78 Beiträge
Ich glaube nicht
das ein "Oh Gott" etwas mit Religion zu tun hat.
In dem Sinne ein schönes Pastahfest.
What would Jesus do?
Es gibt mehrere Stellen im neuen Testament, die eine polyamore Lebensweise Jesus nahelegen.

Die diversen religiösen Institutionen dürften schon aus machtpolitischen Erwägungen mit Polyamorie nichts am Hut haben. *zwinker*
***xy Frau
4.795 Beiträge
Ich bin im Christentum fest verwurzelt, bin aber nicht gläubig und sehe keine Notwendigkeit für institutionalisierte Religionsgemeinschaften.

Trixy
*****gra Frau
5.735 Beiträge
Wie
Trinchenbinchen habe ich unter anderem ( Ev. ) Religion auf Lehramt studiert, und auch mein Mann hat Theologie studiert.
Wir trennen, auch auf Grund sehr schlechter Erfahrungen mit der Institution Kirche als Arbeitgeber, zwischen Kirche und Christsein.
In extrem schweren Lebenszeiten waren es stets Mitmenschen, die uns begleitet und uns geholfen haben - manche christlich orientiert, manche nicht.
Wir leben als ChristenMenschen einen bewussten, barmherzigen, liebevollen, beschützten und die Schöpfung beschützenden, sinngebenden Alltag .
Da wird aber nichts an die große Glocke gehängt .
In Kirchen und auch Gottesdiensten bin ich mit meiner Musik sehr oft präsent. Da erlebe ich mich umfänglich glücklich im Klang, aber auch sehr kritisch distanziert beim Wort und manchen Ritualen.
Mit meinem poly-amoren Fühlen, dem Lieben und Leben desselben, hat das nichts zu tun.
******tar Frau
4.840 Beiträge
Ich glaube an Gott und auch ich habe mir, vermehrt und gerade in den letzten Tagen, die Frage gestellt, warum wir Liebe begrenzen sollen? Daher vielen lieben Dank für diese Thema. Glaube und Joy, wer will sich da schon gerne outen. *g*

Ich selbst halte mich von Gemeinden fern bzw. mische nicht aktiv im Gemeindeleben mit, sondern geh nur hin und wieder in die Kirche. Ich habe es mehrfach probiert und ich muss leider zugeben, dass ich mich nicht mehr traue, ich selbst zu sein, nicht ehrlich bin, mich verbiege usw.
Wenn ich mich als Person nämlich so anschaue, würde ich nicht sagen, dass ich allzu falsch geraten bin, meine Werte habe und sie auch lebe, ich habe nur keine Lust, mich bei etwas einzuschränken, was in meinen Augen keinen Sinn ergibt.

*my2cents*
*******001 Mann
190 Beiträge
ich mal wieder....
... wie ich ja in einigen Beiträgen hier bereits berichtet durfte,
so führen meine beiden Mädels und ich seit nunmehr 8 Jahren
eine gut funktionierende Polygemeinschaft.

Speziell was unsere Traugemeinde angeht, so durften wir
das ehrlich gemeinte Interesse unseres Pastors auf uns ziehen.

Unser Pastor begleitet uns, in diesem Falle eher meine
Partnerin Nr1, die tief in der evangelischen Gemeinde verwurzelt
ist, bereits seit unserer Eheschliessung vor 17 Jahren.

Sehr berührt hatte mich, dass wir nach vielen langen und
interessanten gemeinsamen Gesprächen VON IHM, unserem
Pastor, das Angebot bekamen, dass er uns gerne im Rahmen
eines Gottesdienstes zu dritt trauen würde.

Wohl der Hinweis, dass es keinen rechtlichen Faktor hätte,
aber den bräuchten wir ja wohl auch so nicht....

Ich persönlich war sehr tief berührt und glaube dass dies
auch auf meine Partnerinnen zutrifft.

Hat natürlich nichts mit der Institution als Ganzem zu tun,
doch es zeigt immer wieder den Einsatz der "kleinen"
Vertreter, die ihren Schäfchen das Beste wünschen.
Solche Pastoren wünsche ich mir! Davon mehr und ich überlege, doch wieder ab und zu einen Gottesdienst zu besuchen! Liebe Grüße und vor allem tiefsten Respeckt an Euren Pastor!
Micha
****79 Frau
19 Beiträge
Themenersteller 
Gott ist Liebe ...
... und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott, und Gott in ihm. So lautet eine Bibelstelle, die ich schon immer mochte.
Ja, wer hätte denn gedacht, dass es hier im JC (Joy-Club oder Jesus-Christus, ha! ;-)) noch weitere gläubige Polys gibt. Danke für eure Antworten und Hintergründe.

Ich selbst bin evangelisch, habe aber auch eine lange Geschichte in verschiedenen Kirchen der evangelikalen Szene (Baptisten, FeG, Methodisten, Pfingstler) hinter mir. Als emotionaler Mensch habe ich diesen Fokus auf die Beziehungsebene zu Gott und den Menschen immer genossen, aber der intellektuelle Part in mir kam da oft zu kurz, weil bei bestimmten differenzierten Themen gleich ein Dogma draus gemacht wird, was meines Erachtens oft eher etwas mit Moral und Angst, als mit Liebe und Glaube zu tun hat: "Solange du dich xy verhältst, haben wir dich lieb, aber wenn nicht, tja, liebt Gott dich zwar noch, aber gut finden wir das nicht."
Das hat auch dazu geführt, dass ich zwischen Kirche und Glaube unterscheide, und nur noch ab und zu einen Gottesdienst besuche, und auch kein Mitglied mehr in einer Kirche bin.
Da ich aber auch einen frommen Arbeitgeber habe, bin ich gezwungen, mein Privatleben, das sich ja auch erst seit diesem Jahr aktiv in poly Beziehungen entwickelt, von meinem Job zu trennen. Als authentischer Typ fällt mir das eher schwer, denn ich mag dieses Verbiegen und Mauscheln nicht, aber andererseits muss ja auch nicht jeder alles wissen und man kann selektiv entscheiden, wem man was sagt. Mein Bauchgefühl sagt mir aber, dass das so langfristig wahrscheinlich keine Lösung ist.

Mein Glaube, also meine Beziehung zu Gott, hat sich durch das Verlassen dieses eher engen Milieus nicht verändert. Im Gegenteil. Ich habe jetzt das Gefühl, endlich der Mensch zu sein, den Gott sich von Anfang an gedacht hat.
Heute Abend haben wir bei einer Taize-Andacht gesungen: "Gott ist nur Liebe. Wagt, für die Liebe alles zu geben. Gott ist nur Liebe. Gebt euch ohne Furcht."
Wie sollte das Polyamorie nicht enthalten?
Also: Schön, dass es euch gibt.
*******n_M Mann
1.670 Beiträge
Keine..
...der Kirchen ist in der Lage offen, nächstenliebend und mit Feingefühl irgendeinem Menschen etwas zu geben.

Der Grundgedanke des christlichen Wegs beeinhaltet jedoch vieles, vorallem aber keine Regeln zu der Art der Zusammenlebens.

Die Gesellschaft.. Ob Gläubige oder nicht.. Ist aber nicht nicht bereit, respektvoll mit Polyamoren umzugehen.
******tar Frau
4.840 Beiträge
http://www.tagesspiegel.de/b … sexuelles-paar/14007506.html

Vielleicht ist die Kirche dann auch irgendwann bereit für Polyamory? *bravo*
zumindest freut es mich sehr, dass in diesem Fall die Starrheit überwunden wurden konnte... *victory*
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