Da interessieren mich ehrliche Erfahrungen, Ängste, Sorgen, Probleme Glücklichmacher, neue Freiheiten, neue Liebe. Und ganz generell: Was meint ihr, wäre eine polymore Gesellschaft die bessere?
Wie sähe diese Gesellschaft aus, was würde sich eurer Meinung nach ändern?
Im Grunde ist jede Gesellschaft "polyamor".
Die Unsrige ist ebenso existenziell darauf angelegt und angewiesen, dass alle in ihr befindlichen Individuen prinzipiell jederzeit bindungs- und beziehungsfähig sind/sein müssen.
Bspw. könnte ein "Partner wegsterben", weshalb, womöglich für eine Fortpflanzung in jungen Jahren, erneut relativ zügig ein "Partner" her müsste.
Die Anlage zur Polyamory also ist prinzipiell vorhanden.
Unsere Wünsche, Leidenschaften und Triebe steuern das, wie beim Aussehen und den Äußerlichkeiten, die letztlich entscheiden, viel mehr: Für Menschen ist wohl eine bedingte Zahl an Individuen "kompatibel".
Aufgrund genetischer Faktoren, "Riechen" bspw., oder kultureller, soziodemografischer, sozionormativer - Alter, Kulturkreis, etc.
Uns verbindet mit dem Nachbarn auf der Straße alles und nichts:
Sind wir "zufrieden" interessiert er uns nicht sofern er unser "Gutes" nicht bedroht. Wir können Jahrzehntelang Tür an Tür wohnen ohne groß zu kommunizieren.
Ist das akut "Gute" aber weg oder stirbt, wird sich wieder "umgeschaut".
Sofort wird der Nachbar potenziell attraktiv.
Wir müssen kompatibel sein.
Übergeordneter biologischer Imperativ ist auch heute noch Fortpflanzung.
Einer der wenigen biologischen, genetisch und basalen Gründe für einen Sexualtrieb.
"Liebe", etc. ermöglichen, über mangelnde Passung, sofern nicht zu groß, hinwegzusehen und trotzdem den Fortpflanzungsakt zu begehen.
Ist dieser abgeschlossen, kann man sich ggf. erneut "Partner" suchen.
Also alle prinzipiell jederzeit zu allen kompatibel.
Im Rahmen gewisser vorherbestimmter Merkmale und Einflüsse.
"Problem" ist maximal die Gleichzeitigkeit, welche wiederum biologisch begründbar nicht erwünscht ist: Nach erfolgreicher Fortpflanzung wollen die weiblichen Wesen dies nicht sofort wiederholen, sie haben von sofortigen neuen Versuchen keine Vorteile.
Männliche hingegen durchaus.
Diese wiederum, so könnte man meinen, benötigten und seien angewiesen, auf "Liebe", die wiederum den Sexualakt möglich und wahrscheinlich macht.
Dass dies auch mit mehreren Menschen gleichzeitig möglich ist, ist eine Tatsache die bereits bewiesen wurde, nur nicht für alle Menschen gleichermaßen zur gleichen Zeit.
Meiner Meinung nach tendieren alle Gesellschaften bei wachsendem Entwicklungsstand zurück, bzw. "vor", zu einer Art "Stamm", in anderer Form und Organisation.
Zu einer "modernen Familie" gehören schon heute substanziell mehr Menschen als "nur Mann und Frau": Ohne Kita-Frauen, meist weibliche, kommen Viele heute nicht mehr aus.
"Liebe" kann das definierende Kriterium nicht sein, sie haben mit den Kindern meist mehr zu tun als die "Väter", manchmal auch als Mütter.
"Liebe" ist per se metaphysisch.
Sexualität hingegen absolut physisch.
Das Eine lässt sich nicht kontrollieren, einsperren oder konsequent verhindern, das Andere ist kontrollierbar, verhinderbar und damit monopolisierbar.
Dies, in Verbindung mit gesundheitlichen Vorteilen früherer Jahre sowie der Vorteilhaftigkeit zunächst stattfindender Nestpflege dürfte viel zur sexuellen Kontrolle der Frau durch Männer beigetragen haben.
Meiner Ansicht nach sind sowohl die Bildungsexpansion, als auch die "sexuelle Befreiung", die nicht unbedingt eine ist, im eigentlichen Sinne, DIE Triebfedern für Dinge wie Polyamory.
Ich halte solches für weibliche Phänomene.
Nicht nur, weil "Männer vögeln, Frauen lieben".
Wie oben geschrieben sehe ich die Zukunft, auch unserer, entwickelter Gesellschaften in anderen als älteren Beziehungsmodellen.
Ob das nun "offene Beziehung" oder "Polyamory" ist, weiß ich nicht.
Serielle Monogamie oder "Ehe" werden es meiner Meinung nach nicht sein.
Was meint ihr, wäre eine polymore Gesellschaft die bessere?
Ja.
Eigentum- und Besitz sollte sich nicht auf Menschen erstrecken.
Dafür und in deren Namen wurden schon genug Konflikte, Kriege, etc. ausgetragen.
Fragt sich natürlich, ob solche Gesellschaften dann "wehrhaft" und performant wären, im Gegensatz zu nicht-polyamoren.
Bei ersteren ist der Hang zur Diskussion reziprozitiv zur Entscheidungsfreude.
Zumal ja auch gilt:
Gesellschaften sind ja aus sich heraus nichts.
Diese Worte sind Konstruktionen, Symbole. Begreifbarmachungen, Handhabbarkeiten.
Millionen Individuen bleiben eben noch genau das: Millionen Individuen und bilden eben KEINEN "neuen Volkskörper" (Gauland et al).
"Gesellschaft" ist daher eine notwendig normative, sehr scharf-unscharfe Verallgemeinerung.
"Polyamory" ist kein "Zustand".
Sonst könnte man annehmen, dass man Jeden Jederzeit "lieben muss".
Jemand kann ja nur "polyamor" leben oder "sein", sofern er GERADE "liebt".
Insofern dann doch ein Zustand, Materialismus.
Aber eben nicht gesellschaftlich.
Weil nicht alle Individuen jederzeit "lieben", das nicht können oder wollen.
Die "Möglichkeit" dazu besteht aber prinzipiell für alle Individuen schon heute jederzeit, ist nur mit Kosten verbunden, die einige leichter, andere kaum oder gar nicht tragen können.
"Polyamory" wird, im Gegensatz zu "Polygamie" bei uns, im Ggs. zu anderen Ländern, nicht bestraft - und wer will schon ernsthaft heiraten?
Eine "polyamore" Gesellschaft sähe also zunächst so aus, dass alle Individuen prinzipiell jederzeit jedermann "lieben" könnten.
Ist dem nicht schon heute so?
Es gäbe vermutlich erneut einen, wohl subtileren, "Druck" auf non-polys, sich doch bitte dieser "überlegenen Form" anzuschließen.
Wobei ich sie, das sollte deutlich geworden sein, durchaus für "überlegen" halte.
Sofern sie funktioniert.
Ebendas halte ich aus diversen Gründen für den Knackpunkt.