Beziehungsanfangsenergie & Verliebtheit
Ich stecke gerade mitten drin in so einer Situation und freue mich gerade darüber, dass auch andere Menschen über das Thema nachdenken.
Ich bin seit 2-3 Monaten ganz schön verliebt und es gibt einen wundervollen Primärmenschen, der schon lange da ist. In diesen Wochen hat sich meine Verliebtheit verwandelt und wieder verwandelt, was sich sehr interessant anfühlt. Am Anfang war für mich ganz klar, dass ich für den neuen Menschen ein Ersatz für seine vorherige Beziehung bin und dass er für mich einfach eine wunderbar warme Erfrischung ist und wir uns nach kurzer oder mittlerer Zeit wieder auf unsere ziemlich entfernte FreundInnenschaft zurückziehen werden. Aber die zurückhaltende Vernunft und diese Klarheit sind mittlerweile weitgehend über Bord gegangen. Beides war/ist gut, fühlt sich wunderschön an.
Am Anfang war es leichter meinem Primärmenschen genug Aufmerksamkeit, Zeit und Liebe zu schenken, aber das ist schwieriger geworden. Vor allem merke ich, wie viel Zeit so eine neue Verliebtheits-Beziehung in Anspruch nimmt oder nehmen kann. Und dann will ich ja auch ich bleiben, leben und daneben muss ich noch irgendwelche Sachen erledigen. Puh, das ist schon ganz schön viel gerade. Die letzten ein, zwei Wochen haben wir es wohl auch etwas übertrieben mit den Treffen, sodass mein Primärmensch subjektiv, aber auch objektiv ziemlich wenig Aufmerksamkeit und Zeit abbekam. Das macht mir ein schlechtes Gewissen. Und wenn ich das schlechte Gewissen fühle merke ich auch, wie wichtig er für mich ist und wie viele tolle Sachen ich mit ihm teilen kann, die ich mit dem neuen Menschen nicht oder nicht so gut teilen kann. Das bringt mich dann wieder dazu, mehr Zeit mit meinem Primärmenschen verbringen zu wollen. Und das fühlt sich gut an, denn es gab auch Situationen, in denen ich eigentlich keine Lust auf ihn hatte, aber aus Gewohnheit und Verpflichtung ihn dann doch getroffen habe. Ich glaube, dass es wichtig ist, immer wieder zu reflektieren, was ich gerade mache und was ich noch wollen könnte. Wenn ich nicht nur spontan bin, sondern genau nachdenke, dann fallen mir nämlich tolle Sachen an meinem Primärmenschen ein und ich bekomme Lust, irgendwas mit ihm zu machen. Und das ist gut für unsere Beziehung, für mich und für ihn.
Schwierig ist für mich gerade, dass der neue Mensch sich sehr viel Aufmerksamkeit wünscht und im Moment jeden Tag ein Treffen vorschlägt. Ich denke ganz rational, dass das nicht gut sein kann, egal in welcher Beziehungsform und egal wie viele weitere PartnerInnen noch da sind. Und natürlich muss ich auch noch alle möglichen anderen Dinge tun, will das (teilweise) auch und dann gibt es eben auch noch diesen Primärmenschen. Hmm. Bei mir ist es glaube ich so (und vielleicht ja bei der ein oder dem anderen auch): Ein Teil von mir will ihn so oft treffen, weil es gerade neu und aufregend und wunderschön ist. Ein anderer Teil, weil ich mit ihm so viel Sex haben kann, wie ich will, was mit dem Primärmenschen nicht so ist (gut, dass ist vielleicht wirklich speziell). Ein weiterer Teil will ihn so oft treffen, weil er sich das wünscht und ich will, dass er glücklich ist. Und noch ein Teil will das, weil ich ein bisschen immer noch glaube, dass ich nur die Ersatzbeziehung bin und unsere jetzige Beziehung nicht sehr lange andauern wird und ich deswegen so viel Glück wie möglich auskosten will. Und dann gibt es noch einen Teil, der sich so oft mit ihm treffen will, weil ich mir wünsche, dass wir langfristig irgendeine stärkere Beziehung als vorher haben (wir sind seit 10 Jahren entfernte FreundInnen mit großer Bekanntenkreis-Überlappung) und dass das vielleicht nicht passiert, wenn wir jetzt diese Phase nicht ausleben.
Bei meinem Primärpartner, der schon 5 Jahre da ist, schwanken die Gefühle auch ganz schön. Eine Zeitlang waren wir beide ein bisschen von Ferne verknallt in den neuen Menschen. Dann hat sich zwischen mir und ihm diese neue Form von Beziehung (im Vergleich zur der vorherigen losen FreundInnenschaft) entwickelt und mein Primärpartner wollte die Regel aufstellen, dass wir machen können, was wir wollen, aber er den Austausch von Zärtlichkeiten oder Erotik zwischen uns nicht sehen will. Am gleichen Tag sind wir alle zusammen im Bett gelandet, was dann aber auch ok war. Dann gings ne Weile mit dieser Regel weiter, was ok war für alle Beteiligten. Als sich die neue Beziehung intensiviert hat und wir beide zufällig und aus verschiedenen Gründen für ne Woche in einer anderen Stadt waren, kam dann doch etwas mehr Eifersucht auf. Die hat sich dann weiterentwickelt, bis wir unser geplantes fröhliches Hippie-Triaden-Wochenende nicht feiern konnten, weil er nicht darauf klar kam. Er fühlt sich weit weg von mir, ich fühle mich für ihn fremd an. Das war wahrscheinlich ziemlich viel Mindfuck und Filmgeschiebe und selbsterfüllende Prophezeiung, weil ein längeres Gespräch ihm gezeigt hat, dass wir sehr wohl immer noch ganz vieles teilen und wir immer noch genauso toll miteinander reden können, wie eh und je.
Ich lerne gerade selber ganz viel. Etwas hab ich gelernt und ich glaube ich kann es Euch so ausdrücken: Um mich nicht allzusehr von meinen bestehenden Beziehungen zu entfernen muss ich für einen Moment "künstlich" eine gemeinschaftliche Situation schaffen (mich mit ihmIhr treffen, obwohl mein Impuls sagt, dass ich das nicht will und die ganze Zeit mit dem neuen Menschen verbringen will). Wenn ich dann mit demDer alten PartnerIn zusammen bin, verfliegt das Künstliche aber ganz schnell und ich merke, wie toll dieser Mensch doch ist und was ich alles an ihmIhr schätze. Dafür ist allerdings wichtig, dass der Mensch sich darauf einlassen kann und nicht unangenehm ist, weil erSie eifersüchtig / neidisch ist und das in Genervtheit, Frustration, Wut, Lethargie o.ä. umwandelt.