Was, wenn alles gut geht?
Ich brauche gerade mal ein bisschen Hilfe, ich habe mich irgendwie verschwurbelt. In letzter Zeit fühle ich mich erneut konfrontiert mit meinen eigenen (Vor)urteilen zu offenen Beziehungen, Polyamorie und BA (Beziehungsanarchie). Auslöser dieses Mal: alles läuft gut! Es ist total verrückt, ich bin schon seit Jahren daran, mir mein Leben so aufzubauen, wie ich es richtig finde, mehrfach in Beziehung, fließend, frei.
Und irgendwie fiel es mir in der Phase des Ungewissen, des Ausprobierens, des Riskierens leichter, Unkenrufe und Vorurteile einfach zu ignorieren- oder sie sogar zu nutzen. Ich habe viel Kraft und Schwung aus einem ganz gesunden Trotz gezogen, nach dem Motto "Wollen wir doch mal sehen, ob das nicht doch klappt, was ich mir da in den Kopf gesetzt habe".
Es gab gar nicht so viel Platz für meine eigenen Zweifel, schließlich musste ich alleine auf weiter Flur meinen Standpunkt legitimieren- und alles war hübsch schwarz-weiß. Alle anderen skeptisch bis ablehnend, ich überzeugt. Jetzt, wo die Ausrufe von außen verstummen, weil so langsam das Warten auf vermeintliches Drama lächerlich wird (alle drei Beziehungen laufen rund, entwickeln sich, werden enger und in kleinen Schritten sogar auch vernetzter), wird die kritische Stimme in mir plötzlich laut(er).
"Ist das wirklich das, was du willst? Was ist mit dem glorreichen Gefühl, genau zu wissen, wo du am ersten Weihnachtstag hingehörst? Was mit der flüchtigen Erinnerung an Zeiten, in denen du nicht immer mindestens einen Menschen vermisst? Empfinden dich die anderen denn überhaupt als so zugehörig zu sich und ihrem Leben, dass du das "Beziehung" nennen kannst? Oder bleibt es für immer und für alle Zeit eine Art Zwischenlösung, die unverbindlicher, weitläufiger, zugiger sein wird als die verlobte Version von dir im Einfamilienhaus?"
Und in letzter Zeit vor allem: "Kannst du diesen Menschen, die du liebst und die dich lieben, wirklich gerecht werden? Oder bleibst du immer hinter dem zurück, was du eigentlich gerne an Zeit und Aufmerksamkeit geben möchtest? Wie ist das auf Dauer zu bewerten? Solltest du dich nicht doch auf einen Menschen konzentrieren, den du beschenkst?"
Freunde. Menschen. Ich wünsche mir gerade ein wenig Erinnerung daran, dass es in Ordnung ist, so zu empfinden, wie polyamore Menschen empfinden. Ich freute mich über ein wenig einfühlsames Teilen von positiver Aussicht und, insbesondere, würde ich gerne mehr in Kontakt sein mit dem Gefühl, dass mein größtes Problem gerade ist, dass es einfach mal richtig, richtig gut läuft
Würdet ihr mit mir einen kleinen Teil dieser seltsamen Traurigkeit vertreiben helfen?