"Hand aufs Herz: mir genügt das nicht" ?!
Puh, heute mal etwas, das ich nur ungern bei mir selber finde:Das Gefühl, dass mir jemand "nicht genügt".
Mir ist bewusst, dass die Formulierung provokant gelesen werden kann. Als "nutzenorientiert" oder funktionale, selbstzentrierte Bedürfnisbefriedigung durch andere Menschen.
Aber: mir genügen gerade einige Kontakte nicht (mehr).
Meine Frage: wenn man als Poly (oder, in meinem Fall als Beziehungsanarchistin) Menschen begegnet, steht immer im Mittelpunkt, "die Beziehung sich selbst gestalten zu lassen".
Ohne Vorstellungen und Erwartungen an das genaue Erscheinungsbild der Zwischenmenschlichkeit in Beziehung zu gehen. Weil es um den Menschen geht.
Klingt ehrenvoll und super. So mag ich gerne sein.
Nur.
In letzter Zeit stelle ich immer mal wieder fest, dass mir bestimmte Verbindungen, so, wie sie sind, nicht genügen.
Dass ich für die Zeit, die ich investieren würde, "nicht genug" herausfällt. Und dass es andere Menschen gibt, mit denen ich lieber (=nahrhafter, gegenseitiger) diese Zeit verbringen möchte.
Mein Problem: es handelt sich bei all dem trotzdem um Menschen, die mir sehr lieb sind. Die ich gerne habe und die mir zu wichtig sind, um sie "rational auszulagern aus meinem Terminplaner".
Viel mehr sind das Menschen, mit denen ich ein "lass uns gemeinsam schauen, was wir zusammen leben wollen" angegangen bin - und dass Ergebnis eine gläserne Decke zu erreichen scheint, die mir zu niedrig hängt.
Ist das ein mutwillig eingegangen Risiko?
In wie weit resultiert daraus für die Verantwortung, B zu sagen, weil ich A gesagt habe?
Letztlich schenkt mir jemand Vertrauen, einen Teil seines/ihres Herzens, öffnet sich, bringt sich ein, entwickelt (im besten Fall ^^) auch eine tiefere Zuneigung zu mir- wie mies ist denn das, jetzt zu sagen "Nee, sorry - ich habe dich sehr in meinem Herzen, aber mir ist/gibt das nicht genug"?
Das kommt mir unangenehm konsumentenhaft vor- ich bin gesättigt, danke, reicht? Unangenehm!
Auf der anderen Seite fühlt es sich auch falsch an, "jemandem zuliebe" auf einem weiterhin hohen Niveau in eine Beziehung zu investieren. (Ich würde jedenfalls überaus fuchsig, falls jemand glaubt, dass gegen seinen/ihren eigentlichen Wunsch bei mir machen zu müssen)
Zur Zeit macht mich das echt sehr nachdenklich. "Mal schauen, was lebendig wird" finde ich nach wie vor spannend und richtig und naheliegend. Frei.
Es hinterlässt nur im Zweifelsfall geöffnete Herzen, die ich zu verantworten habe. Das ist doch doof.
Erfahrungsberichte? Was übersehe ich in dieser Gleichung?
Momentan gehe ich einfach allen neuen Kontakten aus dem Weg- sicherheitshalber. Dabei bin ich doch so neugierig auf Menschen und Austausch und Begegnung. Der Preis erscheint mir nur gerade echt ganz schön hoch